Kap. 9
Levi
»Herr Ackerman, wie geht es Ihnen heute? Sie wirken heute auf mich etwas entspannter, als sonst«, merkte mein Therapeut an und legte nachdenklich die Spitze seines Kugelschreibers an sein Kinn.
Mit verschränkten Armen, überschlug ich mein Bein und lehnte mich in der Couch zurück. »Kann sein. Was auch immer«, entgegnete ich tonlos.
»Haben Sie meinen Rat doch in Erwägung gezogen und Ihre Gefühle anderweitig kompensiert?«
»Schon möglich.«
»Wie fühlen Sie sich dabei?«, bohrte er weiter nach. »Haben Sie eine Zeichnung von sich dabei? Ich hatte Ihnen ja schonmal gesagt, dass ich sehr daran interessiert wäre, ein Werk von Ihnen zu sehen.«
»So besonders ist es nun auch nicht«, brummte ich und schaute beiläufig auf meine Armbanduhr. Gerade mal fünfzehn Minuten waren vorbei.
»Warum glauben Sie, dass ihre Werke nichts Besonderes sind? Ich wollte Ihnen kein Hobby aufzwängen, was ihre tiefsten Gefühle ausdrückt, Herr Ackerman. In erster Linie müssen Sie es von selbst wollen.«
»Sie wissen doch, dass ich schon vorher gelegentlich etwas auf Papier verewigt habe. Das tue ich nicht erst, seid Sie mir diesen Vorschlag unterbreitet haben.«
»Ich verstehe. Was haben Sie dann für sich Neues entdeckt, Herr Ackerman? Oder rührt ihre leichte Entspannung nur von den Zeichnungen?«
»Nun ja, ich habe nach langer Zeit wieder begonnen mein Klavier zustimmen.«
»Ach so«, murmelte er und fügte weitere Notizen seinem Block hinzu. »Sie sind ein äußerst kreativer Mensch, Herr Ackerman. Das ist etwas sehr Positives. Wie kommt es dann, dass die Stimmen in ihren Kopf so negativ sind?«
Kaum merklich zuckte ich mit den Schultern. »Tcch! Vielleicht, weil mich die ganze Welt ankotzt. Unsere ganze Gesellschaft versteckt sich hinter einer Maske. Jeder Mensch läuft mit einem falschen Lächeln durchs Leben«, knurrte ich genervt.
»Jetzt werden Sie wieder zynisch, Herr Ackerman. Woher kommt diese Wut? Geben Sie ihrem Onkel die Schuld dafür oder vielleicht ihrer Mutter? Vielleicht empfinden Sie Wut ihr gegenüber, dass sie Sie einfach so zurückgelassen hat. Allein gelassen in die graue Gesellschaft«, entgegnete er und tippte mit der Spitze seines Stiftes auf dem Block hin und her.
»Ich weiß, was Sie ausdrücken wollen, Doktor. Aber, meine Mutter hat damit überhaupt nichts zu tun. Sie war eine herzensgute Frau und hat in allem das Gute gesehen.«
Für einen kurzen Moment schaute der Therapeut mich überrascht an. »Es ist das erste Mal, dass sie so leicht von ihrer Mutter erzählen. Haben Sie sich mit den Umständen ihres Todes auseinandergesetzt?«
»Tcch!«
Doktor Katsuki nickte nur verstehend und notierte wieder etwas, bis er leise aufseufzte. »Herr Ackerman, ich verstehe, dass Sie die Mauer, die Sie um sich aufgebaut haben, um keinen Preis verlassen wollen. Nur, befürchte ich, dass wir auf längeren Zeitraum nicht viel weiter kommen. Wenn Sie sich weiter so versperren. Verstehen Sie? Nach der dreißigsten Sitzung verlangt das Gericht von meiner Seite aus ein Protokoll. Und bisher kann ich ihnen nichts Nennenswertes, seid dem letzten Protokoll mitteilen. Herr Ackerman, wir haben ja bereits über Ihre Persönlichkeitsstörung gesprochen. Bitte geben Sie mir die Chance, dies auch dem Gericht noch eindringlicher vorlegen zu können. Die Tests allein sind nicht der ausschlaggebende Punkt.«
»Es gibt nichts zu erklären. Ich hatte genauso eine beschissene Kindheit, wie jeder der hier sitzt. Wie jeder Mensch«, brummte ich und stützte meine Ellenbogen auf meinen Schenkeln ab.
»War Ihr Onkel, so etwas wie ein Vaterersatz für Sie?«, fragte er unbeirrt weiter. »Oder haben Sie ihm die Schuld gegeben, dass ihre Mutter starb? Weil, er ihnen, in Ihren Augen, nicht geholfen hat?«
»Es ist vollkommen egal, was ich empfinde«, zischte ich. »Tote scheren sich einen Scheiß um die Gefühle der Hinterbliebenen.«
Wieder seufzte er auf. »Ich verstehe. Kommen wir auf Ihre leichte Entspannung zurück, die ich am Anfang der Sitzung bei Ihnen bemerkt hatte. Was haben Sie die letzten Tage über erlebt?«
»Interessante Dinge«, gab ich knapp an, und lehnte mich wieder zurück. Mein Blick schweifte zur Zimmerdecke. »Etwas sehr interessantes.«
»Tatsächlich? Ist es also etwas Positives? Denn ich erkennen eine leichte Erregung in Ihrer Stimme.«
»Ach«, ich hob eine Braue, »ist das so, ja?!«
»Wie steht es um Ihre Sexualität?«
Meine Augen verengten sich und ich blickte den Therapeuten finster an. »Warum fragen Sie?«, knurrte ich kehlig auf.
»Sie müssten doch eigentlich wissen, wie einfach Männer, in dieser Hinsicht gestrickt sind«, schmunzelte er amüsiert. »Ein noch so grimmiger Mann, kann durch Sex äußerst friedfertig gestimmt werden. So ist das nun mal. Sind Sie sexuell aktiv, Herr Ackerman?«
»Tcch! Ich denke, nicht, dass das ins Protokoll gehört!«
»Hmm, ich verstehe«, gab Doktor Katsuki knapp an und notierte sich wieder etwas. Die Sitzung war jetzt eh vorbei. Worüber ich ganz froh war. Ausdruckslos nahm ich den Zettel mit dem nächsten Termin entgegen, und verließ genervt das Gebäude.
Amaya
Mit zittrigen Fingern hielt ich mein Handy in der Hand und starrte auf Hanji's Nummer. Auch wenn ich nicht abschätzen konnte, was passieren würde, aber, so konnte es nicht weiter gehen! Ich musste ja nicht einmal direkt werden! Vielleicht verstand Hanji auch zwischen den Zeilen zu lesen. Und wenn sie von sich aus, Levi damit konfrontierte, dann ..... Nein!
Er würde es so oder so, auf mich zurückführen! Ich konnte doch nicht zulassen, dass Tsujido da mit hineingezogen wurde! Wobei ... morgen würde sie mich eh besuchen ... sie würde mir sowieso Fragen stellen, wegen des Fragebogens. Vielleicht konnte ich ihr etwas erzählen und versuchen sie zu warnen. Ich lehnte mich im Stuhl zurück und seufzte.
Wieso fühlte ich mich nur so Hilflos?! Es stand außer Frage, dass dieser Mann mir Angst machte. Er hatte mir seine Macht demonstriert! Aber ich wollte mich nicht so von ihm beherrschen lassen! Ich war nicht seine Puppe! Tief atmete ich durch, und schaute entschlossen auf das Display. Ich werde Hanji darüber informieren!
Piep.
Eine neue Nachricht.
[Unbekannte Rufnummer]
Guten Morgen, Amaya. Hat sich dein Körper wieder beruhigt?!
Ich schluckte schwer. Augenblicklich zog sich mein Magen wieder zusammen. Und seltsamerweise durchzog ein kurzes Kribbeln mein Unterleib, als sich wieder die Bilder von gestern Nacht, in meinen Gedanken ausbreiteten. Wie er mich mit seinen grauen Augen durch dringlich fixiert hatte, während seine Finger meine Mitte erforscht hatten. Ich schloss die Augen und schüttelte hektisch den Kopf. Nein! Er durfte nicht auch noch meine Gedanken beherrschen!
Dann, urplötzlich, kam mir etwas in den Sinn.
Meine Angst amüsierte ihn, wie ich bisher reagiert hatte. Vielleicht ... vielleicht würde er mich in Ruhe lassen, wenn ich diesmal ganz anders reagieren würde.
[Sadaoka]
Guten Morgen, Levi. Ich muss zugeben, dass sich mein Körper immer noch nicht beruhigt hat. Wenn du alles immer nur anfängst, aber nie zu Ende bringst. Was soll ich davon halten? Erst erregst du mich und dann verschwindest du einfach.
Mein Daumen, war schneller, als mein Verstand. Verdammt! So wollte ich es doch gar nicht schreiben! Ich wollte selbstsicher rüberkommen, aber nicht provokant!
Was hatte ich gerade nur getan?!
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