Kap. 6

Amaya

Mein Körper bewegte sich nicht. Wie paralysiert stand ich da und schien mich in seine Quecksilber grauen Augen zu verlieren. Ein undeutbarer Glanz lag in ihnen. Mein Magen verkrampfte sich.

»Sadaoka, ich wiederhole mich äußerst ungern!«, knurrte er tief und kam wenige Zentimeter vor mir zum Stillstand. Unweigerlich kam mir sein Duft entgegen.

»W-wie soll ich mich schon fühlen?! Zuerst diese Nachrichten und jetzt stellst du mir sogar nach!«, kam es in einem Rutsch über meine Lippen.

»Vielleicht stellst du mir aber auch nach.«

»Bitte, was?! Das ... das ist doch wohl -«

Seine Finger platzierten sich um mein Kinn. »Der Ausdruck in deinen Augen, wenn du durcheinander bist ... unbezahlbar ...«, hauchte er und wieder funkelten seine Augen undeutbar auf.

Ich entzog mich schnaubend seinem Griff und gewann wieder Abstand. Meine Fingerknöchel wurden weiß, als ich meine Tasche umklammerte, so als könnte sie mich vor ihm beschützen.

»Du willst, dass ich dich in Ruhe lasse, ja?«, begann er unheimlich ruhig.

»Allerdings!«, zischte ich aufgebracht.

»Lass mich dir folgendes vorschlagen. Achtundzwanzig Tage. Ich stelle dir jeden Tag eine Frage. Danach lass' ich dich dein Leben leben wie bisher.«

»Was? Du glaubst doch nicht im Ernst das ich -«

»Es sind doch nur Fragen, oder Sadaoka?! Wie schlimm können diese schon sein. Dafür dass du mich dann los wärst, verlange ich doch nun wirklich nicht viel. Oder«, wieder kam er mir etwas näher, »wäre es dir lieber, ich würde mir deinen Körper nehmen?«, fuhr er flüsternd fort.

Ich fuhr zusammen und wich zurück. »Nein! Ich will, dass du mich gänzlich in Ruhe lässt!«

Levi's Gesicht wurde von einer Sekunde auf die nächste kalt. Mit zügigem Blick überprüften seine Augen die Umgebung, dann ging alles blitzschnell.

Ein kurzer Schmerz durchzog meinen Rücken, als er mich hart gegen die Wand drückte. Sein Unterarm war gegen meine Brust gepresst, während er seinen anderen Arm neben meinen Kopf an der Wand abstützte. Sein Atem streifte meinen Hals. Ein Schauer überzog jede Faser meines Körpers. Hektisch rang ich nach Luft.

»Was bildest du dir eigentlich ein? Bist du dir zu fein, solch einer simplen Bedingung nachzukommen? Was macht dich bitte so besonders, dass du der Meinung bist über mir in der Gesellschaft zustehen?«

Panisch kniff ich die Augen zusammen und schluckte schwer. »So ... so etwas denke ich ... nicht ...«, stotterte ich brüchig.

»Dann sag mir, was hindert dich daran, diesen Vorschlag anzunehmen? Ist es dein Stolz? Den du gar nicht besitzt! Aber, vielleicht sollte ich mir die Gegenleistung von Tsujido abholen. Schließlich, waren es ja auch ihre Fragen.«

Schlagartig öffnete ich die Augen. »D-Das würdest du nicht ....«

»Nichts im Leben ist umsonst, meine Liebe.«

Meine Gedanken rasten. Das konnte nicht sein Ernst sein! Nein! Ich wollte auf keinen Fall Tsujido mit hineinziehen!

»Versprichst du es? Versprichst du, dass du mich nach den achtundzwanzig in Ruhe lässt?«

Ein süffisantes Grinsen legte sich auf seine Züge. »Ich kann vieles, aber ich hasse Lügen. Das wirst du schon noch früher oder später merken, Sadaoka. Also?«

Der Druck auf meiner Brust wurde weniger.
»Ich ... Ich werde dir die Fragen beantworten. Doch du wirst Tsujido daraus halten! Und mich danach in Frieden lassen! Das ist meine Bedingung! Solltest du dich nicht daran halten, werde ich Hanji kontaktieren!«

Levi ließ von meinem Körper ab, und nahm wieder Abstand zu mir. Mit einem undeutbaren Ausdruck tätschelte er kurz meinen Kopf.

»Braves Mädchen, Amaya«, murmelte er und wandte mir den Rücken zu. »Ach, und bevor ich es vergesse. Sollten mir die Antworten nicht gefallen, überdenk ich den Vorschlag nochmal«, fügte er rau hinzu und ging einfach weiter.

Überfordert stand ich da und beobachtete ihn, wie er um die Ecke bog. Meine Beine gaben nach wie Streichhölzer, und ich rutschte auf den Boden.
Was hatte ich nur getan?

*

Immer noch völlig durcheinander ging ich in meinem Wohnzimmer auf und ab.

Wie blöd war ich eigentlich? War ich wirklich diesen Handel mit ihm eingegangen? Dieser Mann war unberechenbar! Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Glaubte ich wirklich, dass es so einfach war? Als ob er sich mit einfachen Antworten zufriedengeben würde! Und was erwartete mich überhaupt, wenn ihm das, was ich angab, nicht gefiel? Gab es überhaupt etwas was ihn zufriedenstellen konnte?

Flüchtig sah ich auf die Uhr. Ich war so mit meinen Gedanken beschäftigt gewesen, dass ich gar kein Zeitgefühl mehr hatte. Es war schon halb Elf Abends, und ich lief durch meine Wohnung wie ein aufgescheuchter Welpe. Dieses ungewisse, was er fragen würde und wann .... es machte mich wahnsinnig! Nein! Ich musste mich beruhigen! Das ist nur das, was er erreichen wollte! Doch ich würde nicht seine Marionette sein! Ich werde mich nicht verrückt machen lassen!

Jedoch, fuhr ich unweigerlich zusammen, als mein Handy ertönte.

Soviel dazu ...

Sofort beschleunigte sich mein Puls. Schwerfällig ging ich zum Tisch herüber, und schaute auf das Display. Mein Wunschdenken zerfiel in wenigen Sekunden. Meine Finger zitterten, als ich das Handy nahm, und es entsperrte.

[Unbekannte Rufnummer]
Eigentlich hatte ich vor, erst morgen mit den achtundzwanzig Tagen zu beginnen. Aber es ist bestimmt auch in deinem Sinne, wenn ich einen Tag vorziehe, nicht wahr?

Gott! Sein siegessichere Grinsen konnte ich selbst durch die Nachricht erkennen! Für ihn war das wirklich alles nur ein Spiel!

[Sadaoka]
Da sind wir ausnahmsweise mal einer Meinung. Dann fang an!

[Unbekannte Rufnummer]
Warum denn so gereizt, meine Liebe. Ich beginne auch mit einer ganz einfachen Frage.

[Sadaoka]
Ich warte immer noch, dass du endlich anfängst!

[Unbekannte Rufnummer]
Meine Frage von heute Nachmittag. Ich will, dass du sie mir jetzt beantwortest! Was hast du empfunden, als ich vor dir stand?

Meine Brauen schoben sich zusammen. Was sollte das? Ich hatte sie doch eigentlich beantwortet! Und daran hatte sich auch nichts geändert! Ich empfand immer noch das gleiche!

[Sadaoka]
Ich will nur, dass du mich endlich in Ruhe lässt!

Nach einem kurzen Augenblick des Zögerns schickte ich die Nachricht ab. Eine ganze Weile wartete ich noch auf eine Antwort, seiner Seits. Aber es kam keine. Was sollte mir das jetzt sagen?! Gefiel ihm die Antwort, oder?! Ich schnaubte auf und packte mein Handy wieder zurück auf den Tisch.

Ich brauchte Schlaf! Ich musste zur Ruhe kommen!
Ein letztes Mal überprüfte ich meine Haustür und hing die Kette vor. Dann betrat ich mein Schlafzimmer und schloss auch diese Tür ab. Ich sollte mich morgen darüber kundig machen die Schlösser auszutauschen!


Levi

Das war ja wirklich süß. Als ob mich so eine plumpe Kette aufhalten würde. Dieses Mädel hatte absolut keine Ahnung wen sie vor sich hatte! Dennoch, ich war doch kurz überrascht, als ich bemerkte, dass sie auch ihr Schlafzimmer abgeschlossen hatte.

Doch wie gesagt, es war so lächerlich.

Amaya ... du hast leider nicht die richtige Antwort gegeben ... Nicht einmal ansatzweise! Denn die Antwort, die du hättest, geben müssen, war, Angst, Furcht, Hilflosigkeit. Aber keine Sorge. Es war ja erst der erste Tag, ich bin bereit dir die Antwort aufzuzeigen ...

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