Kap. 5
Levi
Mit einem finsteren Grinsen steckte ich mein Zweithandy zurück in die Schublade meines Schreibtisches. Es war das erste Mal, dass ich nicht vorher sagen konnte, wie Sadaoka handeln würde. Das logischste wäre natürlich, wenn sie sich an Hanji wenden würde. Mir war es gleich wie sie sich entschied. Endlich bekam das Grau um mich herum Risse.
Zuerst hatte ich es nur aus einer Laune heraus getan, es reichte mir sie mit meinen Nachrichten zu verwirren. Jedoch ... nachdem ich das Gemälde fertiggestellt hatte, wurde der Druck in meiner Brust unerträglich. Ich wollte sie dabei beobachten, wie sich ihre Augen, beim Lesen meiner Nachrichten, weiteten. Die alleinige Vorstellung daran ließ einen leichten Stromstoß durch meinen Körper fahren.
Erst als ich ihre Wohnungstür öffnete, realisierte ich, was ich tat. Nur ... war es zu spät und in meinen tiefsten Inneren wollte ich auch gar nicht zurück. Mein Körper bewegte sich wie von selbst durch ihre Wohnung, in ihr Schlafzimmer.
Schon erstaunlich wie fest ein Mensch schlafen konnte. Sie bekam absolut nichts mit.
Dass ich sie dabei fotografierte, war für mich die Art, ihr deutlich vor Augen zuführen, wie unwissend sie war. Wie machtlos sie im Grunde war. Und dies alles amüsierte mich. Ich hatte schon längst vergessen, was für ein Gefühl es war, einen Menschen zu beherrschen. Nur mit dem Unterschied, dass ich diesmal nicht den Impuls hatte ihre Kehle zu durchtrennen. Ich weiß nicht, wie lange ich einfach nur da stand, und ihrem ruhigen atmen zuhörte.
Nach einer Weile entfernte ich mich jedoch, und war im Begriff zugehen, bis mein Blick kurz in ihr Badezimmer schweifte. Von Ordnung hielt dieses Weib wohl nicht viel! Dieser Anblick war für mich unerträglich! Automatisch bewegte sich mein Körper, und ich sortierte ihre Wäsche. Wobei ich es schon interessant fand, was für einen Unterwäschegeschmack sie hatte. Ich hätte lügen müssen, dass mich die Vorstellung, diese an ihren Rundungen zusehen, kaltlassen würde. Ich ignorierte die Spannung in der Mitte meiner Jeans, und verließ danach ihre Wohnung.
Ich schloss die Tür meines Arbeitszimmers, und drehte den Schlüssel um. Doch zeitgleich, mit dem Beschluss mir einen Tee aufzusetzen, wurde ich in meinem Vorhaben unterbrochen, als es an der Tür klingelte. Leicht genervt fuhr ich mir über den Nacken und ging zur Haustür. Kaum hatte ich diese geöffnete, trat eine übereifrige Hanji in meinen Flur. Gereizt brummte ich auf und verengte die Augen.
»Wie wäre es, wenn du erstmal warten würdest, dass man dich rein bi -« Hanji's Hand klopfte kurz auf meine Schulter und sie begann sich die Schuhe auszuziehen.
»Weißt du was heute für ein Tag ist?!«, kicherte sie. Ich überlegte kurz und seufzte dann.
Stimmt, es war der zehnte. Dies hieß, dass wir wieder einmal das Protokoll schreiben mussten. Wobei es eh immer das Gleiche war. Wir hielten uns an die Auflagen, die das Gericht gestellt hatte. Ich hatte meinen Therapeuten und vor kurzen hatte ich auch einen Teilzeitjob, den ich bequem von Zuhause aus ausführen konnte. Für die ersten drei Monate war es zwar nur auf Probe, aber die Chancen standen gut, dass ich mit einer Vollzeit Anstellung rechnen konnte.
»Es ist doch völlig unnötig, dass du dafür jedes Mal zu mir kommen musst. Im Grunde kopieren wir doch nur den Inhalt vom letzten Mal«, knurrte ich und schob mich an ihr vorbei, zum Wohnzimmer.
»Nicht ganz, diesmal listen wir mit, auf, dass du etwas Gemeinnütziges getan hast«, lachte sie und folgte mir.
Ich hob eine Braue. »Die Fragen von dieser Göre, kann man jawohl kaum als solche Tätigkeit bezeichnen, Vierauge.«
Hanji winkte nur mit der Hand ab. »Ist doch egal. Einen schlechten Eindruck wird es keineswegs hinterlassen, Levi.«
Ich brummte nur zur Antwort und setzte mich, während sie in ihrer Tasche rumkramte. Bei ihr passte wirklich der Spruch; nur das Genie beherrscht das Chaos. Dass sie überhaupt noch bei ihrer Unordnung durchsah.
»Ist etwas Gutes passiert?«, erkundigte Vierauge sich beiläufig.
Ich überschlug mein Bein und sah sie monoton an.
»Was sollte denn bitte passiert sein?«, zischte ich.
Hanji zuckte mit den Schultern, und holte den Papierkram hervor. »Ich weiß nicht. Du wirkst heute etwas entspannter. Heute hast du auch den Termin bei deinen Therapeuten, oder?«
»Hinterfrag nicht immer so offensichtliche Dinge, Vierauge.«
Mir wurde immer mehr bewusst, dass Sadaoka sich wohl noch nicht an sie gewendet hatte.
Braves Püppchen. Anscheinend wollte sie doch mit mir ein Spiel spielen. Ich grinste kaum merklich und nahm dann die Unterlagen entgegen.
*
Völlig abgespannt verließ ich die Praxis. Und wie jedes Mal steckte ich mir eine Zigarette an. Dieser Typ war wirklich anstrengend! Was interessierte ihn nur so sehr daran, die Beziehung zwischen mir und meinem Onkel zu beleuchten? Er war eh unter der Erde! Und erneut biss er auf Granit, wenn er irgendeine Reaktion meiner Seits erwartete, wenn meine Mutter zur Sprache kam. Angestrengt massierte ich mir die Schläfe und schritt Richtung meines Autos, vorbei an den Menschen, die auf mich eher wie Schweine wirkten. Sie waren unbedeutend. Genervt schnipste ich die Zigarette weg. Und meine Laune verfinsterte sich Zusehens
Amaya
Wie versteinert blieb ich stehen, als ich aus dem Laden kam. War ich jetzt schon paranoid? Halluzinierte ich etwa schon? Das konnte doch kein Zufall sein, dass ich ihm ausgerechnet hier in der Stadt über den Weg lief!
Mit ausdrucksloser Miene stand Levi, etwas weiter weg, an seinem Wagen und tippte etwas in seinem Handy ein. Was machte er hier? Warum war Hanji nicht bei ihm?
Dann fiel es mir ein, in diesen Stadtteil gab es ziemlich viele Ärzte. War hier etwa auch sein Therapeut?
Mein Handy vibrierte in der Jackentasche. Mein Atem stockte. Es war unmöglich, dass er mich gesehen haben könnte. Ich ging etwas zur Seite, und holte zögerlich mein Handy hervor.
[Unbekannte Rufnummer]
Es freut mich, dass du anscheinend doch bereit bist mir meine Gegenleistung zugeben, Sadaoka.
[Sadaoka]
Was bezweckst du damit? Ich habe bisher noch nicht Hanji kontaktiert, weil ich dir die Chance geben wollte, mich in Ruhe zulassen. Aber anscheinend verstehst du es nicht anders!
Mein Puls dröhnte in den Ohren. Ich hatte die Nase voll! Eine andere Sprache verstand er nicht! Ich schnaubte auf und scrollte durch meine Kontakte, nach Hanji's Nummer. Jetzt war Schluss! Ich ließ nicht zu, dass er über mich bestimmte! Wahrscheinlich geilte ihn das auch noch auf!
Gerade, als mein Daumen auf den grünen Hörer drücken wollte, wurde mir mit einem Ruck, das Handy aus der Hand gerissen.
Erschrocken fuhr ich auf, und wandte mich zur Seite. Mein Atem stockte.
Levi's kalte Augen waren auf mich gerichtet. Unbeirrt stand er neben mir, ein Arm neben meinem Kopf, an der Wand abgestützt.
Hatte er mich vorhin doch bemerkt? Wie kam er so schnell hierher?
Mit einem finsteren Grinsen hielt er mein Handy hoch. »Na na, willst du das Spielchen denn so schnell beenden?! Dabei hat es doch noch gar nicht angefangen, meine Liebe.«
Völlig überfordert hielt ich die Luft an, und nahm Abstand zu ihm. Unweigerlich begannen meine Beine zu zittern. »G-Geben Sie mir mein Handy wieder!«, presste ich unsicher hervor.
Levi's Augen verengten sich. »Du weißt, was ich möchte, Sadaoka. Es ist doch so einfach. Wenn du mir das gibst, was ich will, gebe ich es dir zurück. So einfach ist das.«
»V-Von Wegen! Ich ... ich glaube Ihnen kein Wort!«, kam es brüchig über meine Lippen. Warum versagte mir nur die Stimme?
»Unfassbar, selbst jetzt versuchst du noch höflich zubleiben. Welch eine Facé. Ich muss sagen, das langweilt mich.«
Meine Muskeln spannten sich an und ich ergriff zügig mein Handy. Als wäre ich Meter weit gelaufen, presste ich atemlos das Handy an mich.
»Du bist doch verrückt! L-Lass mich endlich in Ruhe!«, gab ich aufgebracht an, kam jedoch nicht gegen das Zittern in meiner Stimme an.
Levi fuhr sich kurz durchs Haar und grinste süffisant. »Jetzt fängt deine Maske an zu bröckeln«, brummte er rau. »Es wird wieder interessant. Sag mir, Sadaoka, was empfindest du? Ist es Hass, Angst oder Hilflosigkeit?«
Ich blinzelte ungläubig. »Bitte?! Ich will einfach nur, dass du mich in Ruhe lässt!«
»Sadaoka ...«, murmelte er und kam mir näher, »beantworte meine Frage!«
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