Kap. 25

Flashback Levi

Mit trüben Augen sah der vierzehnjährige Junge, auf das Mädchen herab. Er schätzte sie in seinem Alter. Aber eigentlich war es ihm herzlich egal. Sie hatte eh einen großen Fehler begannen, genau ihm bestehlen zu wollen. Nun lag sie mit panischen Augen auf dem Boden und ihr ganzer Körper zitterte vor Angst.

»I-Ich habe mich doch schon entschuldigt«, jammerte sie. Doch Levi blieb weiterhin ausdruckslos. In den ganzen Jahren, die er zusammen mit Kenny verbracht hatte, hatte sich sein anfangs kleines, einsames, trauriges Herz in einen Eisblock verwandelt. Man bekam im Leben nichts geschenkt und kein Mensch wird dir zur Seite stehen, wenn es ums überleben geht. Der Alte hatte Levi vor einem Jahr urplötzlich einfach zurückgelassen und seitdem an streifte der Junge umher und versuchte sich ein Zuhause zu schaffen.

Seinen jetzigen Wohnsitz verdankte er auch nur einem Jungen. Levi wusste nicht genau, wie alt er war. Es spielte auch keine Rolle. Furlan war genauso wie er. Heimatlos, ohne Zukunft. Doch im Gegensatz zu seinem blonden Mitbewohner wollte Levi nichts vorheucheln, um zur Gesellschaft zugehören. Die Welt sollte ihn so akzeptieren, wie er war! Er würde sich für niemanden ändern!

Auch das jammernde Mädchen zu seinen Füßen würde er nicht anders behandelt, nur weil sie weiblich war. Er war der Stärkere und sie hatte sich ihm zu beugen. Ganz einfach.

Levi hinterfragte die Logik, die Kenny ihm beigebracht hatte, nicht. Wozu? Es war doch offensichtlich. Der Schwarzhaarige hatte es ja schon bei seiner Mutter gesehen. Sie war einfach zu gutgläubig gewesen, und gerade deswegen nutzten andere dies aus. Doch er gab ihr nicht die Schuld, eher gab er sie sich selbst. Weil er damals noch klein und naiv gewesen war, konnte er sie nicht beschützen!

Jedoch hatte sich einiges in ihm verändert. Langsam ging Levi vor dem Mädchen in die Hocke und spielte mit seinem Messer vor ihrem Gesicht hin und her. Die Augen des Mädchens weiteten sich angsterfüllt.

»Wie sehr tut es dir Leid?«, hauchte der Junge und war in solchen Momenten froh, dass er den Stimmenbruch hinter sich hatte. Denn so würde seine Ausstrahlung nur halbwegs bedrohlich wirken.

»Bitte! Lass mich gehen! Ich stehl auch nie wieder! Ich verspreche es!«, presste sie heiser hervor.

Levi verengte die Augen. »Und warum hast du mir dann noch nicht alles zurückgegeben, was du mir entwendet hast?«, hackte er kühl nach.

Der Körper des Mädchens zuckte kurz zusammen, ehe sie erschrocken aufrückte, als Levi ihren Hals packte und rücklings nach hinten auf den Boden stieß. In dieser Gegend würde sie eh keiner schreien hören. Mit festem Griff umfasste er mit einer Hand ihre Kehle, während die andere sein Messer seitlich ihres Körpers entlang führte.

Panisch zog sie die Luft ein und kniff unter Tränen die Augen zusammen.

Der Schwarzhaarige legte den Kopf leicht schief und beobachtete ihren gequälten Ausdruck. Früher hatte er es nie verstanden, was Kenny daran fand, Frauen zu demütigen. Jedoch überkam den Jungen immer öfter dieses Kribbeln, sobald er einen wimmernden Menschen unter sich hatte. Wie er um sein Leben bettelte und unter Tränen versprach, alles zu tun. Vor allem bei dem Mädchen verwandelte sich dieses Kribbeln immer mehr in einen intensiven Stromstoß, der sich durch seinen ganzen Körper zog. Levi konnte es nicht genau benennen, aber ihr schluchzen und zittern, löste in ihm das Bedürfnis aus, sie einfach ganz langsam büßen zu lassen.

Die Klinge seines Messers glitt unter ihr Top und mit einem Ruck war es zerteilt. Ihre halb entwickelten Brüste kamen ihm entgegen. Unbewusst leckte der Junge sich über die Unterlippe und ließ die Spitze der Klinge ihre Haut entlang wandern. Der Körper des Mädchens bebte vor Anspannung und Angst. Jedoch unterschätzte der Junge den Druck, den er mit der Klinge ausübte, und schnitt ihr vom Brustbein bis zum Bauchnabel in die Haut. Das Mädchen schrie entsetzlich auf. Doch seine Miene blieb ausdruckslos. Monoton beobachtete er den Schnitt. Wie sich langsam die Haut teilte und dickes Blut aus der tiefen Linie trat und ihre Seiten herunterfloss.

Irgendwie fand er dieses Schauspiel faszinierend. Was für eine Reaktion sie von sich gab. Er wusste gar nicht, dass Menschen solche Töne von sich geben konnten. Und noch ehe Levi daran dachte noch einen Schnitt zusetzen, hatte sich seine Hand unbewusst immer kräftiger um ihre Kehle geschlungen. Nun lag das Mädchen einfach nur da und bewegte sich nicht mehr. Ungläubig blickte er in ihre leblosen Augen. War das Spiel jetzt schon vorbei?

Levi lehnte sich etwas zurück und legte den Kopf in den Nacken, ehe er wieder zu der Schnittwunde sah. Seine Fingerspitzen glitten über das warme Blut, und seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. Ein Gefühl der Macht durchströmte seinen Körper. Doch bevor er es richtig genießen konnte, war es auch schon vorbei und seine Miene wurde wieder ernst.

»Tcch!« Mit einem verächtlichen Ton richtete der Junge sich wieder auf und wandte dem toten Mädchen den Rücken zu. Wie es aussah, musste er sich doch etwas zurückhalten, wenn er länger seinen Spaß haben wollte. Er wollte wissen, wie weit er wirklich gehen konnte. Und dieser Gedanke daran ließ wieder dieses Kribbeln in ihm aufsteigen, während er auf dem Weg zur Wohnung war.

Kaum hatte Levi den Schlüssel zur Haustür umgedreht und die Tür aufgestoßen, kam ihm ein heilloses Durcheinander entgegen. Die Kartons, die eigentlich ordentlich in eine Ecke standen, waren nun kreuz und quer in der Wohnung verteilt. Levi selbst gehörte nur ein Karton davon. Mehr Habseligkeiten hatte er nicht.

»Oh, du bist wieder zurück.« Levi wandte seinen Kopf zur Seite. Furlan stand grinsend an einem Karton und öffnete ihn.

»Was wird das hier?«, brummte der Schwarzhaarige gereizt. Dieses Chaos gefiel ihm absolut nicht! Er hatte es eigentlich immer sehr begrüßt, dass Furlan kein vollkommener Chaot war. Doch selbst dies war zu viel!

Unbeirrt kramte der Blonde in dem geöffneten Karton herum. »Ich weiß nicht mehr, wo ich dieses Zeugnis habe. Weißt du es?«

»Ich halt mich aus deinen Sachen raus, Furlan. Das weißt du. Außerdem ist das Zeugnis doch eh gefälscht«, gab Levi tonlos zur Antwort, ehe er ungläubig blinzelte.

Augenblicklich spannte sich sein Körper an, als er erkannte, dass sein Mitbewohner gerade in seinem Karton herumsuchte.

»Ich brauch’ das! Verdammt! Eher will mich dieser alte Sack nicht mein Praktikum beginnen lassen. Wenn ich mich gut anstelle, dann kann ich wahrscheinlich fest -«, der Blonde hielt mitten im Satz inne und blickte nun genauer in den Karton.

Erschrocken zuckte er zurück und nahm Abstand.
»Was … warum ist da eine Urne im Karton?!«, presste Furlan geschockt hervor.

Levi’s Augen verengten sich. »Das ist mein Karton.«

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