Kap. 17
Levi
Fassungslos starrte Doktor Katsuki den Kratzer auf meiner Wange an. »Herr Ackerman, was ist passiert?«, erkundigte er sich besorgt, während ich mich auf die Couch setzte und mein Bein überschlug. Sanft strich ich mit dem Daumen über die Schicht der Wundheilung.
»Das? Es ist nichts. Ich habe nur etwas umgestaltet, dabei habe ich wohl bestimmte Faktoren außer Acht gelassen«, antwortete ich tonlos. Jedoch konnte ich ein kurzes Grinsen nicht verbergen.
Katsuki nahm wieder seinen Notizblock zur Hand. »Umgestaltet? Kann ich das so verstehen, dass sie Ihre Wohnung umgeräumt haben?«
Ich schloss kurzzeitig die Augen und lehnte mich zurück. »Ja. Nennen wir es so.«
Doktor Katsuki nickte nur und sah mich dann direkt an. »Wie fühlen Sie sich? Wenn man von Ihrem kleinen Unfall mal absieht.«
Ich atmete hörbar aus und legte den Arm über die Rückenlehne, derweil neigte ich meinen Kopf etwas zur Seite. »Ganz wunderbar.«
Ungläubig fing mein Therapeut anzublinzeln. »Wie kommt es dazu? Warum? Wie definieren Sie Ihr Befinden, dass Sie es als wunderbar betiteln, Herr Ackerman?«
Meine Augen wanderten quer durch den Raum. »Ich weiß nicht. Vielleicht habe ich jetzt etwas gefunden, was, meine Gefühle kompensieren, kann. Wie Sie es nennen. Wobei«, ich kramte in der Innentasche meiner Jacke und holte eine zusammengefaltete Zeichnung hervor, »Sie wollten doch ein Bild sehen. Das ist aber nur eine Skizze«, erklärte ich tonlos und reichte Doktor Katsuki das Blatt.
»Sehr schön. Sehr schön«, murmelte er begeistert und öffnete das Papier. Seine Augen schweiften ernst über das Motiv. »Diese Darstellung ist schon sehr speziell, oder irre ich mich?«
»Finden Sie? Wie gefällt es Ihnen?«
»Nun, die Haltung dieser Person ist sehr unterwürfig. Bis auf das Rot, sind die anderen Linien, die den Körper der Frau darstellen, sehr weich und kaum sichtbar. Ist das beabsichtigt?«
»Kann sein. Ich habe nicht wirklich nachgedacht, Doktor Katsuki. Der Stift glitt einfach so über das Papier, wissen Sie.«
»Interessant. Ist diese Frau Ihre Mutter?«
Mein leichtes Grinsen verschwand mit einem Schlag. »Wie kommen Sie darauf?«, brummte ich gereizt.
Doktor Katsuki gab mir die Zeichnung wieder und blickte mich nachdenklich an.
»Ich habe nur gefragt, Herr Ackerman. Ich finde es immer noch erstaunlich, wie schnell sich ihr Gemütszustand ändern kann. Aber, bitte verzeihen Sie, ich wollte Ihnen nicht zu nahe tre -«
»Es zeigt lediglich, was meine Gefühle kompensiert.«
Irritiert schob Doktor Katsuki die Brauen zusammen. »Frauen kompensieren Ihre Gefühle oder ist diese Zeichnung der Ausdruck dafür, dass Sie sich nach einer Partnerschaft sehnen?« Und wieder einmal hatte er es geschafft meine, etwas entspannte Haltung, im Keim zu ersticken.
»Meinen Sie? So etwas wie eine Partnerschaft interessiert mich nicht!«
»Sind Frauen für Sie nur Objekte, mit denen Sie Ihren Druck abbauen können?«
»Wenn es sich ergibt. Warum nicht?!«, knurrte ich gereizt und beugte mich nach vorne. »Hören Sie Doktor. Um ehrlich zu sein, ich habe sehr viel, sehr viel Druck in mir. Wenn sich die letzten Tage nicht etwas gefunden hätte, was diesen Druck abbauen kann, würde ich jetzt nicht so ruhig vor Ihnen sitzen! Glauben Sie mir.«
»Kann ich das so verstehen, dass Sie sexuell aktiv sind, oder es die letzten Tage waren?«
Kaum merklich huschte mir wieder ein Grinsen über die Lippen. »Der Sex ist nur eine Art Zugabe, verstehen Sie? Ich habe etwas gefunden, was mein Blut vollkommen in Ekstase bringt. Schon lange hatte ich nicht mehr so ein Gefühl.«
»Das, was Sie für sich gefunden haben, erfüllt Sie also, Herr Ackerman?«
»Ja. Man könnte es so bezeichnen. Es erfüllt mich momentan sogar sehr.«
*
Amaya
Augenblicklich begannen meine Glieder zu schmerzen, nachdem ich die Augen aufgeschlagen hatte. Ich fühlte mich träge, kraftlos und schlapp. Trübe begann ich den Raum wahrzunehmen, in dem ich mich befand. Sofort schossen mir die Ereignisse der letzten Stunden wieder durch den Kopf. Hektisch wandte ich den Kopf umher.
Ich befand mich immer noch an diesen schrecklichen Ort! Alles in mir zog sich zusammen. Mein Blick richtete sich auf meine verletzte Hand. Sie war verbunden. Doch kaum wollte ich die bewegen, begann sich sofort ein stechender Schmerz über meinen Arm hinauf auszubreiten.
Erst jetzt realisierte ich, dass ich auf der Couch lag und zugedeckt war. Ich verzog mein Gesicht und warf die Decke, mit einem verzweifelten Schrei, von mir. Ehe ich in Tränen ausbrach. Nur in meiner Unterwäsche, zog ich die Beine an, und ergab mich meinen Gefühlen. Ich wusste nicht, wie lange ich einfach nur da hockte und weinte. Doch für mich war es eine gefühlte Ewigkeit. Erst als ich mich langsam beruhigte, blickte ich auf und sah mich im Raum um. Es gab wirklich keine Tür. Nur die Treppe, die zum Keller führte und das wenige Mobiliar.
Meine Augen schweiften zum Tisch hinüber. Dort lag, ordentlich zusammen gefaltet, Kleidung. Ein einfaches T-Shirt und eine Hotpen. Dort neben lag eine Fernbedienung mit einem Zettel.
Schalte mich ein!
Ich biss mir auf die Unterlippe, ergriff die Kleidung und die Fernbedienung und schmiss sie wutentbrannt in eine Ecke. Was war das alles hier?! Was für ein krankes Spiel spielte er mit mir?!
Alle Bilder, der letzten Stunden, zeigten sich vor meinem inneren Auge. Die tote Frau. Das viele Blut. Levi's finsteres Grinsen. Seine leuchtenden Augen, sein Duft, er lag schwach im Raum. Mein Körper begann zu zittern. Im Raum war nichts mehr von unserem Kampf zuerkennen. Selbst das ganze Blut war verschwunden. Matt sah ich auf die Couch auf der er mich ...
Ich schlug mir die Hand vor dem Mund und schluckte schwer. Verzweifelt kniff ich die Augen zusammen und versuchte mich zu beruhigen. Es musste einen Ausgang geben! Levi trat hier doch auch ein und aus. Ich musste ihn finden. Entschlossen öffnete ich meine Lider, und fuhr zeitgleich erschrocken auf, als ich ein lautes Summen vernahm. Blitzschnell drehte ich meinen Kopf herum. Ungläubig blickte ich auf das Bild vor mir an der Wand. Nein. Ich hatte es vorher für ein simples, schwarzes Bild gehalten. Doch nun starrte ich auf einen Monitor. Deren Oberfläche sich in vier Felder aufteilte. Wie bei einer Überwachungskamera.
Mein Magen verkrampfte sich. Mein Puls beschleunigte sich. Sofort erkannte ich Levi's Apartment. Ein Feld zeigte sein Wohnzimmer. Das zweite war auf die Haustür gerichtet. Ein anderes wiederum zeigte eine Art Arbeitszimmer. Das letzte Feld war schwarz.
Was sollte das? Wieso überwachte er sein eigenes Apartment? Und noch viel wichtiger. Warum sollte ich diesen Monitor einschalten? Geilte es ihn etwa auf wenn er wusste, dass ich ihn beobachten könnte? Wie krank musste ein Mensch sein?!
Über die Lautsprecher konnte ich hören, wie sich ein Schlüssel drehte, und ich sah, wie Levi seine Wohnung betrat. Ein kalter Schauer überfuhr mich bei seinem Anblick und ich sah kurz zur Seite. Schnell suchte ich nach der Fernbedienung. Ich wollte mir diesen kranken Scheiß nicht länger antun!
Zähne knirschend, hastete ich zu der Ecke, und ergriff die Bedienung. Mit einer schnellen Kopfbewegung wandte ich mich zum Monitor, und richtete die Fernbedienung auf ihn. Jedoch ließ ich sie im selben Moment fallen, und mein ganzer Körper spannte sich an. Das letzte Feld. Es war nicht mehr schwarz. Es zeigte sein Schlafzimmer. Die Perspektive war direkt über das Bett gerichtet. In diesem lag Tsujido. Als würde ich ein schwarz-weißes Gemälde betrachten, lag sie ruhig da und schien zu schlafen.
Mein Herz setzte aus. Meine Kehle schnürte sich zu.
Levi trat ans Bett und hob seinen Kopf langsam zur Kamera. Seine Augen schienen regelrecht zu glühen. Mit einem süffisanten Lächeln legte er den Zeigefinger auf seine Lippen.
»Psscchh.«
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