Kap. 14
Amaya
Ein vollkommen absurdes Bild spielte sich vor meinen Augen ab. Levi’s Blick war ausdruckslos auf die Urne gerichtet. Er rührte sich keinen Millimeter. Gerade so, als würde er auf eine Antwort von ihr warten.
In meinen Kopf drehte sich alles. Mein Körper zitterte unkontrolliert. Im ganzen Raum verteilte sich der Geruch von Blut. Die Tränen hörten nicht auf meine Wangen herunterzufließen. Aufstehen. Ich könnte jetzt einfach aufstehen und durch die Tür gehen! Es zumindest probieren!
Doch … ich hatte Angst. Einfach zu große Angst .... vor dem wozu dieser Mann fähig war … fähig sein könnte …
Jedoch, so wie Levi gerade da stand, und die Urne ansah. Es war so absurd, aber dennoch, obwohl sein Körper in Blut getränkt war, hatte dieser Anblick etwas tief trauriges. Levi schloss die Augen und wirkte nachdenklich. Ich wiederum, nahm meinen Körper immer noch nicht wahr, um die Chance einer eventuellen Flucht zu nutzen. Ich biss mir auf die Unterlippe. Meine Beine sollten sich bewegen! Ich wollte doch weg! Nur diesem Albtraum entkommen!
Zittrig … ja … kaum spürbar … spannten sich meine Muskeln an. Ich spürte den festen Boden unter meinen Füßen. Ganz langsam kam ich wankend auf die Beine. Sofort richtete sich mein Blick wieder zu Levi. Dieser stand immer noch an der Urne und schien völlig in Gedanken. Ich jedoch, dankte meinem Instinkt. Adrenalin pumpte durch mich, als ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte, und begann mich zu bewegen. Ich traute mich kaum zu atmen. Alles in mir war angespannt.
Wie ein Hammerschlag, sagte mir eine innere Stimme, ich solle jetzt loslaufen! Jetzt, oder es würde zu spät sein!
Ich atmete stoßweise ein und hielt die Luft an.
Dann lief ich los …
Ich selbst wusste nicht wie schnell ich war, doch ich war in wenigen Sekunden bei der Metalltür. Mit dem Gedanken am Leben bleiben zu wollen, riss ich sie auf und trat in den Flur. Nicht ein einziges Mal drehte ich mich um. Meine Lungen schmerzten, dennoch lief ich weiter und stieg hastig eine Treppe hinauf. Für eine Sekunde blieb ich stehen und schaute mich hektisch um. Egal wo ich war, dies war nicht Levi’s Apartment. Der Innenraum wirkte mehr, als würde er sich in einem Containergebäude befinden. Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken! Meine Augen suchten nach einer Tür.
»Ich. Hab. Dich.« Eine Gänsehaut durchzog meinem gesamten Körper. Zitternd wandte ich meinen Kopf über meine Schulter, und blickte in graue leuchtende Augen, die von einem Rotschimmer durchzogen wurden. Unweigerlich schrie ich erschrocken auf und stolperte nach vorne, auf alle Vier. Panisch schaute ich hinter mich. Langsam, trat Levi aus dem Schatten hervor, und schwang seine Klappmesser zwischen den Fingern hin und her.
Seine Lippen verzogen sich zu einem bitteren Grinsen. »Du möchtest also fangen spielen, Amaya«, hauchte er rau und überschritt die letzte Stufe. Sein amüsiertes Grinsen wich von einem Augenblick auf den anderen und seine Miene wurde starr und kalt. Wieder. Wieder spürte ich, wie ich vor Angst paralysiert war. Wieder begann ich zu zittern.
»Ich .... ich bitte dich .... lass mich gehen …«, verließen die Worte brüchig meinen Mund.
Levi verzog keine Miene und trat näher zu mir heran. »Sagtest du nicht eben noch, ich solle dich benutzen?«, merkte er knurrend an. Meine Augen sahen verzweifelt zu ihr herauf. Levi wiederum hob gleichgültig seine Brauen. Ehe ich mich versah, schmeckte ich Blut und mein Körper fiel zur Seite, als er mir ins Gesicht trat. Ein Stromstoß durchfuhr mich, und ich schrie schmerzvoll auf, als sich die Klinge seines Messers durch meine Rechte bohrte und sie so am Holzboden fixierte. Qualvolle Tränen stiegen in mir auf und ich biss verzweifelt die Zähne zusammen.
»Weißt du, Amaya. Fangen spielen hat mich schon immer angeödet«, murmelte Levi tonlos und ging vor meinem Gesicht in die Hocke. Mit einem Ruck zog er das Messer wieder heraus. Erneut schrie ich schmerzverzerrt auf, und zog die Hand reflexartig zu meinem Körper heran. Warmes Blut floss meinen Arm herunter. Die Klinge blitzte vor meinen Augen auf. »Das nächste Mal fixiere ich«, begann Levi und die Spitze seines Messers wanderte zu meiner Kehle, »dich genau da durch. Wenn du nochmal wegläufst, Amaya. Gefällt dir die Art etwa nicht, wie ich dich benutze?« Ich war unfähig zusprechen. Nur mein Wimmern antwortete ihm. »Wobei, du liegst hier ja schon halb nackt«, merkte er weiter an und erhob sich.
Schwungvoll ließ er das Messer fallen, und es bohrte sich kurz vor meinem Gesicht in den Boden. Ich sah von dem Metall zu Levi herauf. Seine Finger begannen, die Schnalle seines Gürtels zu öffnen. »Wollen wir dann mit meinem Spiel beginnen, Amaya?« Ich hatte das Gefühl, mein rasender Puls, würde meinen Körper zerbrechen. Mein Blickfeld wurde von einem schwarzen Nebel umrandet. Mein Atem ging stoßweise. Hastig ergriff ich das Messer. Ignorierte jeden Schmerz. Stemmte mich vom Boden auf und stürzte, mit der Klinge voraus, auf Levi zu.
Wenn ich nicht fliehen konnte, wollte ich mich wenigstens wehren! Seine Miene blieb ausdruckslos. Seine Brauen hoben sich missbilligend. Blitzschnell zog er den Gürtel aus seiner Jeans und schlug mir das Messer aus der Hand. Dabei knallte das Leder hart gegen meine Wunde. Ein stechendes Gefühl breitete sich von der Verletzung über den gesamten Arm aus. Das Messer schwang durch die Luft, und traf mich an der Wange, ehe es zu Boden ging. Mein Körper gab der Verletzung, dem Schmerz und der Erschöpfung nach. Kraftlos sank ich auf die Knie' und hielt meinen Arm.
»Interessant«, flüsterte Levi und kniete sich vor mich. »Es gefällt mir, wie du reagierst, wenn du in die Enge getrieben wirst.« Seine Zunge fuhr die feine rote Linie an meiner Wange entlang, ehe seine Lippen zu meiner Ohrmuschel wanderten. »Sehr sogar.« Grob packte er mich an den Schultern und drückte mich rücklings auf den Boden. Seine Hüfte positionierte sich zwischen meine Beine. Mit panischen Augen starrte ich Levi einen Moment an. Ein finsteres Grinsen lag auf seinen Lippen, und seine Augen funkelten undeutbar auf. Völlig verzweifelt stieß ich meine Hände gegen seine Brust, um ihn von mir zu stoßen. Jedoch gab sein Körper nicht einen Zentimeter nach, und meine Wunde begann noch mehr zu schmerzen.
Überfordert und hysterisch, holte ich mit der Linken aus, und kratzte seine Wange entlang. Sein Kopf neigte sich zur Seite. Stille erfüllte den Raum. Bis er seinen Kopf wieder langsam zu mir wandte. Ruckartig packte er meine Handgelenke und fixierte meine Arme, über meinem Kopf hinweg, am Boden. Aus dem kleinen Kratzer an seiner Wange trat Blut hervor.
»Das macht mich nur noch schärfer, meine Liebe.« Gierig pressten sich seine Lippen auf die meinen. Überfordert riss ich die Augen auf. Sein Duft vermischte sich mit dem des Blutes an ihm. Fordernd leckte Levi über meine Unterlippe, und presste seine Zunge zwischen meine Zähne, in meinen Mund. Der Kuss wurde immer aufgeheizter. Verzweifelt versuchte ich, mit meinen Beinen, Levi von mir zuschieben. Vergebens. »Ja«, raunte er im Kuss hinein, und biss mir kurz auf die Unterlippe, »versuche dich zu wehren«, fuhr er heiser fort und leckte über den Riss an meiner Lippe, bevor er sie mir wieder in den Mund schieben wollte. Ich kniff die Augen zusammen und biss in diese hinein. Jedoch zeigte er keinerlei Reaktion. Unbeirrt erkundete sie weiter meinen Mund. Der metallische Geschmack von Eisen breitete sich aus, und ich wusste genau, dass es von ihm kam. Ein Speichelfaden, rot gefärbt vom Blut, spannte sich zwischen unsere Lippen, als er den Kuss löste.
Mit hektischem Atem verzog ich das Gesicht. Levi richtete seinen Oberkörper auf, und auch seine Brust hob und senkte sich angestrengt. Mit undeutbarer Miene, sah er auf mich herab und lächelte finster. »Genau, diesen Blick wollte ich bei dir sehen, Amaya«, presste er erregt hervor. »Jetzt hasst du mich bestimmt, oder?«
Ich blinzelte und realisierte erst jetzt, dass ich meine Arme wieder frei bewegen konnte. Augenblicklich versuchte ich ihn weiter von mir weg zustoßen. Aber Levi blieb weiter in seiner Haltung. Da fiel das Messer in mein Sichtfeld. Es war gar nicht weit entfernt. So, als hätte das Schicksal gewollt, dass ich mich wehren kann.
Ich presste entschlossen die Lippen zusammen, und mein Oberkörper schnellte nach vorne. Mir war es egal, dass sich mein Kopf gerade an seine feste Brust drückte. Hektisch streckte ich meine Finger nach dem Messer aus und bekam es zufassen.
Doch in dem Moment, als ich zustechen wollte, stieß mich Levi grob nach hinten und die Klinge streifte nur seine Schulter. Dennoch, begann sich die Haut an der Schnittstelle zu teilen, und Blut sickerte hervor. Das Messer wurde mir erneut aus der Hand geschlagen, und ich lag wieder auf dem Rücken. Levi stemmte seine Arme, an jeder Seite meines Kopfes, hinweg und schaute mir tief in die Augen. Kleine Schweißperlen rannen seiner Schläfe entlang.
»Weißt du eigentlich, wie scharf du mich gerade machst?!«
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