Kap. 12

Amaya

Jegliches Gefühl wich aus meinem Körper. Schon längst hatte ich die Kontrolle über mein Atmen verloren. Mein rasender Puls dröhnte in den Ohren. Für mich war es eine grausame Ewigkeit. Wie ich einfach nur da stand. Meinen Arm hinter meinem Rücken fixiert. Panisch waren meine Augen auf die Klinge des Klappmessers gerichtet, die Levi über meine Kehle gleiten ließ. Es war fast nur ein Hauch, an dem mich das Metall berührte. Dennoch durchzog mich erneut ein kalter Schauer.

Ich schluckte schwer und betete zu Gott, dass dies alles doch nur ein Traum sein möge. Aber ich erwachte nicht.

»Amaya!«, hauchte Levi bedrohlich in mein Ohr, wobei er meinen Namen extra, gespielt, langzog. Meine Unterlippe zitterte, als ich meinen Mund öffnete. Die Spitze der Klinge funkelte vor meinem rechten Auge. »Was soll ich mit dir anstellen?«, fuhr er fort und leckte kurz an meinem Ohrläppchen. »Wenn du mir nicht bald antwortest, beschließe ich dir einfach das Augenlicht zunehmen. Was hältst du davon?« In seiner Stimme schwang ein amüsierter Unterton mit.

»B-Bitte ...«, flüsterte ich zittrig und musste erneut schwer schlucken. Ich spürte seine Lippen an meiner Ohrmuschel.

»Hmm? Was? Ich verstehe dich nicht!«, brummte er tief.

»Bitte ... lass mich los! Was willst du von mir?«

Ein kehliges Lachen seinerseits ertönte. »Hach Amaya, ich möchte nur ein Spiel mit dir spielen ...«
Ein plötzliches Poltern ließ mich zusammen zucken. Levi atmete genervt aus und senkte sein Messer. Mit einem Ruck ließ er mich los und stieß mich nach vorne. Um Kontrolle ringend, wankte ich nach vorne und fiel auf die Knie. Hastig wandte ich meinen Kopf nach hinten. Ausdruckslos schaute Levi zur Tür und fuhr sich durchs Haar. Ohne eine Regung, beobachtete ich mit ihm, wie sich zögerlich die Tür öffnete. Fassungslos schoben sich meine Brauen zusammen, als eine junge Frau eintrat. Ich schätzte sie ungefähr in meinem Alter.

Nur noch in ihrer Unterwäsche, schritt sie in den Raum, und lächelte verschmitzt, als sie Levi erblickte. »Da bist du ja, Süßer. Wie lange wolltest du mich denn noch warten lassen?«, fragte sie beleidigt nach und schmiegte sich an seinen Oberkörper. Man musste kein Arzt sein, um zuerkennen, dass mit diesem Mädchen irgendetwas nicht stimmte! Ihre Bewegungen wirkten verzögert, ihre Augen waren glasig. Sie musste unter irgendwelchen Drogen stehen. Es schien fast so, als würde sie gar nichts um sich herum wahrnehmen, nur Levi.

Dieser verzog angewidert die Mundwinkel. »Stimmt. Dich habe ich ganz vergessen«, nuschelte er tonlos und seufzte.

»Du hast mir einen unvergesslichen Abend versprochen, mein Hübscher. Es ist nicht gut, eine Dame wa -« Ihr Satz brach abrupt ab. Ihre Augen weiteten sich. Langsam senkte sie ihren Kopf und schaute an sich herunter. Schwungvoll, zog Levi das Messer aus ihrem Unterbauch. Er hob eine Braue und ließ die blutige Klinge, nachdenklich, über seine Wange gleiten. An der sich eine Blutlinie zog.

»Eigentlich wollte ich mich ja um dich kümmern, während sie noch schläft. Doch da sie nun wach ist«, gab er kühl an und packte die Frau an den Haaren. Diese war von der ganzen Situation, und aufgrund ihres Zustandes, völlig überfordert, »kann ich dich nicht mehr gebrauchen«, fuhr Levi fort und schwang erneut die Klinge. In ihre Kehle. Ich schrie erschrocken auf und kniff die Augen zusammen. Verzweifelt legte ich meine Hände auf meine Ohren.

Nein! Ich wollte aufwachen! Bitte, Gott, lass mich doch endlich aufwachen!

Etwas stieß gegen meinen Rücken. Zögerlich wandte ich wieder meinen Kopf nach hinten. Sofort wich jegliches Gefühl aus mir, und mir schwanden die Sinne. Levi hatte seinen Fuß leicht gegen meinen Rücken gedrückt und hielt den Kopf, der jungen Frau, an den Haaren in der Linken. Seine Rechte umfasste die blutverschmierte Klinge. Sein Oberkörper war voll mit Blut. Monoton blickte er mich an, dann den Kopf der Frau. Erneut seufzte er auf.

»Sie war eh nicht sonderlich hübsch«, knurrte er und warf den Kopf von sich, als wäre er irgendein beiläufiges Insekt. »Wo waren wir stehen geblieben?«, fuhr er unbeirrt fort und sah mich mit einem finsteren Lächeln an.

Mein Magen verkrampfte sich. Kein Gedanke erfasste meinen Verstand. Mit einem Schlag brach alles über mich herein und ich musste mich übergeben. Eine gefühlte Ewigkeit rang ich nach Atem und mein Magen rebellierte entsetzlich.

»Tcch! Bist du jetzt fertig?!« Mit einem Ruck, packte Levi meine Haare am Hinterkopf und zog meinen Kopf nach hinten. Mein Gesicht war zu ihm nach oben gerichtet. Ein roter Tropfen glitt von seinem Kinn und fiel auf meine Wange. Verzweifelte Tränen bildeten sich in meinen Augen.

»B-Bitte ... ich ... ich will nicht sterben ...«, flehte ich.
So hilflos. So machtlos. Ich hatte Angst. Panische Angst um mein Leben!

»Amaya, es steht immer noch die Frage im Raum, was ich mit dir anstellen soll. Hör zu!«, raunte er tief und ließ mich los. »Du wirkst halbwegs attraktiv, auf mich. Daher findest du schonmal nicht so ein schnelles Ende wie das Miststück da.« Mit einem kurzen Nicken wies er auf den Kopf. Sofort kniff ich wieder die Augen zusammen, als ich spürte, wie sich Galle ihren Weg zu meinem Hals bahnte. Schwer schluckend versuchte ich meine Gedanken zuordnen.

»W-Wieso benutzt du mich nicht einfach?«, brachte ich brüchig hervor. Ich hatte die leise Hoffnung, dass er mich nur benutzen wollte, und mich dann frei ließ. Es war meine naive Hoffnung. Der naive Gedanke, am Leben zubleiben. Levi hob wieder eine Braue und lachte dann finster auf. Er fuhr sich durchs Haar und schüttelte amüsiert den Kopf.

»Benutzen ... sagt sie ...«, murmelte er grinsend und schritt zu dem Regal, auf dem nur eine Kiste stand, jedoch war dieser Körper nur anhand der Form zu erraten, da er von einem Tuch verdeckt wurde. Mit der gesamten Situation überfordert, folgten meine Augen seinen Bewegungen. Immer noch, sichtlich amüsiert, neigte Levi seinen Kopf zu der Kiste. »Hast du das gehört?! Es ist das erste Mal, dass mich jemand darum bittet, ihn zu benutzen«, flüsterte er. Seine blutigen Fingerspitzen glitten über den Stoff des Tuches. Durch diese Bewegung rutschte dieses von dem Körper und gab eine gläserne Box frei.

Ich schlug meine Hand vor dem Mund.

»Was meinst du?!«, wandte sich Levi zu der Urne hinter den Glaswänden. »Soll ich dieser Bitte nach kommen?«

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