116. Morgen
So, es wird eng, auf geht's. Ich wünsch euch eine wunderschöne Woche, der Advent läuft auf Hochtouren, genau wie der Stress, aber versucht, auch mal durchzuatmen...man braucht das <3
Noch ein Marvelfan hier?
you still have my heart even if you dont deserve it
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Pov Harry
Den gesamten Rest des Nachmittages und des Abends war ich zwar glücklich, ja, aber je länger ich hier war, desto größer wurde auch meine Furcht. Denn auch wenn ich jetzt alle meine Freunde, mein Zimmer und alles, was London an Vertrautheit bieten konnte, wiederhatte, trennten mich nicht mehr länger tausende Kilometer Luftlinie vom ersten Schritt auf zu einer Veränderung, sondern nur noch ein ein paar U-Bahnstationen und ein Portier. Und das war beängstigender als die Aussicht, ab Montag wieder in die Schule zu müssen, um in wenigen Wochen die Prüfungen zu schreiben.
Man konnte nicht ewig auf den Wolken des Glücks schweben. Die Frucht zog einen gerne zurück zum Boden der Tatsachen. Vor Derek selbst hatte ich Angst und vor dem, was ich würde sagen müssen und vor dem, was möglicherweise dabei herumkommen würde.
Eigentlich fühlte ich mich grade einfach nur danach, mich in mein Bett zu verkriechen und die Bettdecke über den Kopf zu ziehen, um die Welt und alles, was mit ihr und ihrer Realität zusammenhing, zu vergessen. Es war vielleicht ein kindischer Gedanke, aber unter meiner Decke erschien mir vieles weniger beängstigend, mein Zimmer bedeutete ein Stück weit Sicherheit. Alternativ war auch meine Freunde zusammen zu packen und den nächsten Flug nach Sydney buchen eine gute Option, um all dem zu entfliehen.
Aber so funktionierte das nicht. Ich wollte nicht länger fliehen. Gut, vielleicht schon, aber ich wusste, dass das so nicht weiterging und nicht ewig funktionieren konnte. Ich musste an mehr als den jetzigen Moment denken.
Seinen Ängsten musste man sich stellen, aber darin war ich nie gut gewesen. Ich war nie gut in Dingen gewesen, die den meinetwegen nur scheinbaren Frieden brachen. Aber dieses Mal gab es keine andere Möglichkeiten für mich. Das wusste ich.
Mir fehlte also nicht länger die Gewissheit, dass ich diese Beziehung beenden musste, jetzt fehlte mir bloß noch der Mut dazu. Und das machte mich nervös und wütend zugleich, denn je länger ich darüber nachdachte, desto weniger fähig fühlte ich mich, Derek überhaupt nur in die Augen zu sehen. Und dass ich diese ganze Sache persönlich von Angesicht zu Angesicht klären musste, stand für mich außer Frage. Ich war ein Feigling, ja, aber ich wusste trotzdem, dass die Jahre mit Derek nicht durch eine kleine Nachricht über WhatsApp fortgewischt werden könnten.
Fortwischen. All die Zeit, all die Liebe. Aber auch all die Gewalt, die Angst, die Manipulation. Vieles, was mich dazu brachte, mich als Mensch als nicht gut genug zu empfinden. Vieles, das mit an meine Grenzen und darüber hinaus gebracht hatte.
Fortwischen, ein unschönes Wort. Es war zu...einfach. Denn das hier war nicht leicht und die Konsequenzen würden das auch nicht sein. Ich brach zwei Herzen. Aber ich rette vielleicht einen Teil von mir, den Derek weiter unterdrücken und umformen würde. Es musste das alles wert sein.
Ich würde das durchziehen, ich wollte es.
Bloß wusste ich nicht, wie ich Derek gegenübertreten und ihm und mir damit das Herz brechen sollte. Oder wie ich ihm überhaupt vermitteln konnte, dass ich es ernst meinte, dass ich nicht einfach vor mich hin murmelte, sondern eine überdachte Entscheidung traf, die er akzeptieren musste. Würde er das? Vielleicht würde er mich nicht mal zu Wort kommen lassen. Vielleicht würde ich nur vor mich hin stammeln und nichts formulieren können.
Mein Herz tat weh, es wurde nur schlimmer.
Ein kleines bisschen fühlte ich mich, als würde ich Derek verraten, nachdem wir so viel zusammen getan und für die Zukunft geplant hatten. Seine letzten Nachrichten hätten süßer nicht sein können und ich wusste, dass er es nie darauf abgesehen hatte, mich wirklich zu zerstören. Er glaubte, was er mir erzählte und was ihn rechtfertigte. Er brauchte Hilfe und ich ließ ihn im Stich.
Aber ich wusste, dass Derek niemals meine Hilfe annehmen würde und dass sich nie etwas ändern würde. Ich half ihm nicht, ich machte alles nur schlimmer. Und ich musste eine Grenze ziehen, das hatte ich getan und ich würde sie jetzt verteidigen. Es war vorbei.
,,...und dann hat Mom uns alle auf ne Runde Pizza eingeladen und der ganze Zoff war vergessen, selbst die Mädchen waren wieder Freunde.", beendete Zayn in diesem Moment irgendeinen Monolog und ich zuckte zusammen, als ich realisierte, dass ich kaum eines seiner Worte überhaupt gehört hatte, weil sich in meinem Kopf wieder alles nur um mich und meine Probleme drehte. Um Derek.
Mein schlechtes Gewissen und all die Sorgen brachten mich zum Schaudern. Dabei wollte ich doch endlich besser werden. Ich kreiste nur um mich, dabei sollte ich mich grade freuen, neben Lou am Tisch sitzen zu können, den ich so sehr vermisst hatte, dass mir am Flughafen die Tränen gekommen waren. Aber mein Fokus lag grade wo anders und das war den anderen gegenüber einfach nicht fair.
,,Klingt so, als wär's ne schöne Abwechslung von uns gewesen, was?", kommentierte Nils Zayns Worte, deren Inhalt mir schon jetzt nicht mehr einfallen wollte, während er nach der Schüssel mit den Nudel griff, die die Tischmitte des reichlichen Abendmahls darstellte. Ich blickte auf meinen unberührten Teller hinab. Mir war schlecht, ans Essen war nicht zu denken.
,,Wer ist anstrengender, wir oder deine Familie?", fragte Niall an Zayn gewandt und ich gab mir wirklich Mühe, die Antwort mitzubekommen und mich auf das Gespräch zu konzentrieren, aber irgendwie war nicht mal das möglich. Wütend auf mich selbst bohrte ich meine Fingernägel in meine Handflächen. Was konnte ich denn eigentlich?
Angst haben. Zögern, während ich es besser wusste. Mich selbst als Priorität betrachten.
Mein Blick wanderte zur Uhr an der Wohnzimmerwand. Halb sieben. Ich spürte, wie die Müdigkeit des Fluges meinen Körper träge werden ließ, aber Schlafen würde ich jetzt noch weniger können als essen. Dazu war es zu laut in meinem Kopf, definitiv.
,,Und du, Harry?" Etliche Augenpaare starrten mich erwartungsvoll an und ich blinzelte mehrere Male, bevor ich sichergehen konnte, dass ich wirklich gemeint war. Mitbekommen hatte ich nichts.
,,Was?" Geistesreich wie immer, Harry. Sei stolz auf dich.
,,Magst du auch noch ein Stück Kuchen haben oder lieber was Obst?", wiederholte Louis geduldig, bis sein Blick auf meinen gefüllten Teller fiel und er die Stirn runzelte.
,,Oder bist du noch etwas reisekrank und magst heute Abend lieber nichts mehr essen?" Schnell nickte ich. Sah so aus, reisekrank.
,,Bist du sicher?", hackte Liam besorgt nach und dachte sicher daran, wie viele Nährstoffe mir jetzt entgingen, aber ich wollte seine Sorge ebenso wenig wie die Aufmerksamkeit des gesamten Tisches, zumindest nicht, solange mein Kopf brüllte und ich mich fühlte, als würde die Last des Himmels auf meinen Schultern ruhen. Ich wollte sie alle umarmen und glücklich sein, bei den Menschen zu sein, die mir die Welt bedeuteten, aber ich konnte das grade nicht. Das schlechte Gewissen, die Angst, die Fragen, sie ließen mich fühlen als müsste ich jeden Moment explodieren.
,,Ich geh zur Toilette, tschuldigung." Überhastet stand ich auf und schob den Stuhl quietschend zurück, ignorierte die Blicke meiner Freunde und beließ es bei den wenigen Worten.
Ich eilte ins Badezimmer. Fahrig drehte ich den Schlüssel im Schloss, um für eine Sekunde meine Ruhe zu haben. Stiller wurde es nicht und alles in mir rumorte. Mir war schrecklich schlecht. Vor der Toilettenschüssel sank ich auf die Knie und schaffte es grade noch rechtzeitig den Deckel anzuheben, bevor ich meinen gesamten Mageninhalt in die weiße Porzellanschale erbrach.
Jämmerlich würgend hing ich über der Kloschüssel und schaffte es nicht, den Reiz abzuschütteln, auch dann nicht, als nichts mehr zurückblieb, das ich hätte erbrechen können. Mein Körper war leer, verbraucht, erschöpft und maßlos überfordert. Meinem Geist ging es vermutlich geringfügig besser. Eine Träne rollte über meine Wange und ich klammerte mich mit beiden Händen an der Toilette fest, als ein weiterer Würgereiz mich packte und nichts als ein bisschen Flüssigkeit hochkam.
Erst einige Minuten später beruhigte ich mich soweit, dass ich mit zitternden Händen nach dem Klopapier greifen und mir den Mund abwischen konnte. Ich fühlte mich nicht besser als zuvor, nur schwächer. Schade, dass man Probleme und Ängste nicht einfach erbrechen konnte wie Nahrung, das würde es leichter machen.
Ich spülte gründlich ab und zog mich auf meine wackligen Beine, um mir zumindest die Zähne zu putzen, der wiederliebe Geschmack sollte meinen Mund verlassen und ich fühlte mich dreckig und verbraucht.
Mit zusammengekniffenen, vor Tränen schwimmenden Augen tastete ich nach der Zahnpaste und der richtigen Zahnbürste, bevor ich damit begann, meinen Mund zu reinigen. Meine Knie zitterten wie verrückt und sicherheitshalber ließ ich mich auf dem geschlossenen Toilettensitz nieder. Nicht, dass ich noch Kreislauf bekam.
Weitere salzige Tropfen zogen Spuren über meine Wangen und mein Körper schüttelte sich unwillkürlich. Der war mit dem Tag durch, aber mein Kopf beruhigte sich noch lange nicht. Ich musste mich entscheiden, den Mut aufbringen, eine klare Idee formulieren, was und wie ich Derek erzählen sollte, was raus musst. Ich konnte nicht hier stehen, Zähneputzen und nichts tun, während so eine Hürde vor mir lag. Ich würde nie den Mut aufbringen, wenn ich es nicht jetzt gleich tat.
Na also, einen Plan konnte ich das nicht nennen, aber diese ganze Sache musste ich unbedingt so bald wie möglich hinter mich bringen, wenn ich nicht Gefahr laufen wollte, doch zu kneifen. Das würde nach mir klingen.
Ich schluchzte und spülte meinen Mund aus. Es tat alles weh, ich zitterte am ganzen Körper und trotzdem hatte ich mich entschlossen; jetzt oder nie. Ich musste zu Derek fahren, ich musste das hinter mich bringen, egal, wie viel Angst ich hatte. Ich wollte diese Entschlossenheit und Gewissheit nicht mehr an leere Worte verlieren.
,,Harry? Alles klar bei dir?" Louis, vor der Tür. Ich zuckte zusammen und räusperte mich mehrere Male, bevor ich antwortete.
,,Geht schon, mir ist nur vom Flug etwas schlecht, weißt du?" Louis schwieg, aber so wie meine Stimme gezittert hatte, hätte ich mir selbst auch nicht geglaubt. Lügen war auch keine meienr Stärken.
,,Darf ich rein kommen, Haz?"
Er klang so sanft, so verständnisvoll, so...sicher. Ich schluchzte schon wieder auf und zuckte mit den Achseln. Louis konnte mich nicht sehen, aber das war alles, was ich von mir geben konnte. Keine Ahnung, ob Lou grade jetzt hier hinein kommen sollte, aber ich wollte, dass mir jemand half, all diese Scherzen loszuwerden. Nur wenn ich ihn jetzt an mich ranließ, würde ich nie zu Derek kommen. Es wurde immer später.
Und das war es. Ich musste das jetzt tun.
Ich riss mich zusammen und wischte mir über die Augen, bevor ich die Tür aufschloss und öffnete, um meinem besten Freund ins Gesicht sehen zu können. Ich würde jetzt nicht mehr kneifen.
Louis Blick erfasste mein fleckiges Gesicht, die verquollenen Augen und sicher roch er den noch nicht ganz vernichteten Gestank des Erbrochenen. Seine Züge waren weich, langsam und vorsichtig trat er in den Raum hinein und öffnete die Arme für mich. Er fragte, ob ich wollte und ich war dankbar, mich in seine Wärme fallen lassen zu können. Auch wenn das bedeutete, dass ich die Fassung abermals verlor und die Tränen nicht mehr stoppten. So würde das nichts werden.
,,Shhhh." Als ich mich zusammenkrümmte, rieb Louis meinen Rücken und seine Stimme war so familiär, dass ich gleich schon wieder schluchzte. Louis war hier, Louis hielt mich und er wusste doch nicht, was schon wieder mein Problem war.
Vorsichtig lotste mein bester Freund mich weiter ins Bad hinein, um die Tür wieder schließen zu können und uns etwas Privatsphäre zu geben. Dann tat er meinen wackligen Beinen einen Gefallen und brachte mich dazu, in seinen Armen zu Boden zu sinken. Ich ließ Lou nicht los, aber gemeinsam lehnten wir uns an die geflieste Wand und obwohl es unglaublich stank könnte mir das Ambiente grade nicht egaler sein.
Ich sollte auf dem Weg zur U-Bahn sein. Und stattdessen saß ich heulend im Badezimmer und zog Louis mit rein, der gar nicht wusste, wieso ich hier hockte und der mir doch auch nicht helfen konnte. Ich musste mich einfach aufrichten und zu Derek fahren. Jetzt oder nie.
,,Ist dir noch sehr übel?", fragte Louis, als er bemerkte, dass ich endlich wieder gleichmäßig atmete und nicht mehr schluchzte, die Tränen ließen nur noch stumm über meine Wagen. Das sanfte Lächeln meines besten Freundes machte das nicht besser. Ich sollte nicht mehr hier sitzen.
,,Nein." Meine Stimme klang fruchtbar. Ich war so unglaublich müde.
,,Möchtest du drüber sprechen?" Louis Arme boten mir das Gefühl von Geborgenheit ebenso wie sein typischer Geruch und seine Wärme und ich wusste, dass ich eigentlich den Kopf schütteln und starten sollte, aber die ehrliche Sorge in Louis Augen gab mir einen kleinen Schubser.
,,Ich bin einfach so...ich habe Angst, weil ich mit Derek Schluss machen muss und das jetzt, jetzt grade, weil sonst werde ich das niemals schaffen, aber ich weiß nicht wie. Es tut so weh, Lou, ich..." Ich blinzelte die Tränen fort und klammerte mich noch etwas fester in Louis Pullover. Mein bester Freund drückte mich sanft und ich blickte zu ihm auf, um die Gedanken durch seine Augen wandern zu sehen. Louis räusperte sich leise.
,,Wieso zweifelst du so sehr an dir, Sun?", flüsterte er und ich spürte den Knoten in meinem Hals wachsen.
,,Ich bin nicht stark genug, er würde mich doch nur wieder um den Finger wickeln und vielleicht will ein Teil von mir das ja auch...ich...ich habe Angst, dass ich einfach nie aus diesem Kreislauf rauskomme, weil er so...so vertraut ist.", flüsterte ich zurück und schloss die tränenden Augen, um sie vor dem immer greller wirkenden Licht im Bad zu beschützen. Wenigstens beruhigte sich mein Magen endlich wieder. Meine Gedanken schwammen.
,,Das ist wohl Liebe, oder?", fragte Louis leise, ein bisschen Sehnsucht in der Stimme. Ich zuckte mit den Schultern.
,,Ich wünschte, ich würde ihn nicht mehr lieben. Es ist einfach...Liebe tut bloß weh."
,,Nein, und das wissen wir beide. Sie tut nur grade weh, weil sie nicht das Einzige ist, das zählt." Louis stockte.
,,Entschuldige, ich...ich hab an mich gedacht. Aber Haz, was ich sagen wollte war, dass es okay ist, dass du so fühlst. Dich so zerrissen und verletzt fühlst. Das ist Liebeskummer und leider...leider musst du da durch, fürchte ich, ich kann nichts anderes behaupten. Aber du bist nicht allein, Sun. Wir sind bei dir. Und was auch immer die Zukunft bringt, du musst dass nicht alleine durchstehen.", fuhr er fort und seine Stimme brach ein wenig. Ich zitterte.
Ich wusste, dass sie alle da waren, dass Louis da war und ich wusste das zu schätzten. Ich wusste auch, dass Louis recht hatte, ich musste da jetzt durch, so funktionierte das eben mit gebrochenen Herzen. Ich kannte das doch. Aber nicht in diesem Ausmaß, nicht so. Und die Welt drehte sich einfach weiter.
,,Aber...aber wie soll ich das schaffen, Lou, wie soll ich ihn ansehen und...und...", nicht mal aussprechen konnte ich es. Schluss machen. Was für eine unbedeutende Phrase für so eine große Veränderung. Ich wischte mir die Augen und musste im gleichen Atemzug gähnen .
,,Kannst du nicht, naja, eine Nachricht schreiben? Anrufen?", warf mein bester Freund ein und ich schüttelte augenblicklich vehement den Kopf.
,,Nein!"
,,Wieso nicht, das wäre doch einfacherer, oder nicht?"
,,Wir waren so lange zusammen, Louis, Jahre. Da ist so vieles, all die Erinnerungen, die Gefühle. Ich muss das mit ein paar Worten alles beenden. Die Pläne zerstören, die Zukunft unmöglich machen, all unsere Träume...das ein einziger Satz so eine Wirkung haben kann ist schon wahnsinnig, aber den dann auch noch unpersönlich zu verschicken...Das geht nicht. Das wäre schrecklich, das würde ich nicht ernst nehmen und Derek erst recht nicht."
Ich wusste, dass ich recht hatte. Derek würde mich doch so schon kaum ernst nehmen, ein paar Nachrichten wären für ihn nicht mehr als eine Beleidigung. Für mich und für ihn musste ich das persönlich machen. Sonst würde niemand es glauben. Mal davon abgesehen, dass man Brücken nur mit den Händen einreißen konnte, nicht indem man daran dachte.
Louis brummte nachdenklich und malte weiter Kreise auf meinen Rücken. Ich blinzelte und gähnte abermals.
,,Okay, ich denke, das kann ich verstehen. Aber..." Er unterbrach sich.
,,Was?", hackte ich nach. Ich musste wissen, was er dachte.
,,Aber ich habe Angst um dich, Harry. Wir beide kennen Derek. Er wird das nicht gut aufnehmen und ich hab Angst, dass er dich verletzt - ob er das jetzt will oder nicht.", erklärte Louis sich leise und ich vergrub mein Gesicht wieder in seiner Brust, um meine Tränen zu verstecken.
Allein dass es möglich war, dass Derek so reagierte, tat unglaublich weh. Aber Louis hatte recht. Und ich konnte nicht behaupten, dass ich nur deshalb Angst hatte, Derek gegenüber zu treten, weil ich wusste, wie sehr das weh tun würde, sondern auch, weil ich Angst vor Derek hatte. Vor dem Jungen, den ich eigentlich liebte.
Mehr als ein Nicken brachte ich nicht zustande, aber Louis wusste, dass ich seine Worte verstanden hatte. Nur würde kein Weg daran vorbei führen, dass ich Derek gegenübertrat. Es ging nun mal nicht anders. Ich musste das so durchziehen.
,,Ich muss los.", wisperte ich. Ich würde das sonst nie schaffen.
,,Heute Abend musst du nirgends mehr hin, du musst an dich glauben, Sun. Du bist stark und du hast gelernt, Morgen wird ein neuer Tag, aber bitte zieh das nicht ungeplant und völlig am Ende deiner Kräfte durch. Du brauchst jetzt ein bisschen Ruhe und Schlaf.", widersprach Louis mit einer Sanftheit, die mich zum zittern brachte. Es klang so logisch. Aber ich hatte kein Vertrauen in mich, gar keins.
,,Die Nacht wird mir nichts bringen außer noch mehr Angst, zerrissene Gefühle und noch mehr Wut von Derek. Besser früher als später, nicht?", schniefte ich und versuchte mich aufzurichten, aber meine Beine trugen mich nicht und alles drehte sich. Schwerfällig plumpste ich neben Louis auf die Fliesen zurück und seine Wärme und offenen Arme waren zu verlockend, um nicht hinein zu sinken. Ich wusste es besser, aber ich war so, so müde.
,,Die Nacht bringt dir die Auszeit, die dein Körper grade braucht, Harry. Und morgen früh überlegen wir uns gemeinsam, wie du die Sache angehen kannst. Wenn du denn unsere Hilfe möchtest, okay?", argumentierte Louis. Mein Körper stimmte ihm definitiv zu, da gab es keinen Zweifel, immer weiter rutschte mein Kopf auf die Schulter meines besten Freundes und meine Augenlider wurden schwerer und schwerer. Aber ich wusste auch, dass das hier nicht das war, was ich entschieden hatte. Und doch konnte ich nicht mehr anders.
,,Sun?"
Louis wollte eine Antwort, aber die konnte ich ihm nicht mehr geben, ich konnte nicht mehr sehen, nicht mehr vernünftig denken, erstrecht nicht sprechen. Es war zu spät, ich hatte schon wieder versagt und die Wut auf mich selbst köchelte in meinem Magen. Trotzdem war ich zu müde, um mich darüber noch schlecht zu fühlen, ich nahm die Gegenwart irgendwie an. So wie mein Körper es tat.
Morgen. Morgen. Morgen würde ich aufwachen und...und.
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Nicht zu meiner Zufriedenheit.
Wie findet ihr es?
Habt ihr schon alle Weihnachtsgeschenke zusammen? Ich nicht, ich bin mal wieder völlig hinterher mit absolut allem.
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