78
Das stetige Piepen zeigte jedem, der das Zimmer des Blauhaarigen betrat, dass dieser lebte. Ganz im Gegensatz zu ihm selbst. Yoongi lag da, rührte nicht einen Finger und hatte eine neutrale, fast schon entspannte Mimik. Seine Augen waren geschlossen und jedes Piepen, jede Sekunde, hoffte Jungkook, dass er eben diese öffnete und sich in kleinen Schritten anfing zu bewegen. Aber diese Hoffnung hatte er schon seit mehreren Stunden und sie wurde immer geringer. Die Ärzte hatten ihm keinen genauen Zeitraum nenne können, wann der Jüngste aufwachen würde. Sie sagten ihm, als er mit Namjoon komplett durch den wind und abgehetzt das Gebäude betreten hatte, dass er in nächster Zeit erwachen sollte.
Die kalte Hand, an der unter anderem der Pulsmesser und ein Zugang war, der ihn mit Flüssigkeit versorgte und gleichzeitig Schmerzmittel gab, lag schlaff in der Hand des Älteren. Ab und zu drückte er sie leicht und hoffte jedes Mal aufs Neue, dass der Druck erwidert wurde. Doch blieb alles still.
Das gute Gefühl, dass er bei Namjoons Vater noch gehabt hatte, verflüchtigte sich nach und nach und er begann wieder zu zweifeln. Doch nicht an seiner Entscheidung, sondern viel mehr um Yoongis Gesundheit.
„Ich weiß." – nicht wissend, wie er anfangen sollte, überlegte er einen Moment, was er sagen wollte, bis er sich dazu entschied, einfach drauf los zu quatschen. – „Du willst sicher nicht aufwachen. Ich weiß das, was passiert ist, ist scheiße, aber ich bin mir sicher, wir finden eine Lösung. Du könntest von zu Hause unterrichtet werden und ich mache mit. Dann wärst du nicht allein und ich würde vielleicht mal gute Noten schreiben und Aussicht auf einen guten Abschluss haben." – leicht lachend, wegen seiner Idee schüttelte er den Kopf. – „Ich würde sogar lieb sein."
Namjoon, der in der Ecke stand, lachte ebenfalls leise vor sich hin. Eigentlich hatte Jungkook ihn nach Hause geschickt, doch wollte er ihn nicht im Stich lassen. Sein fester Freund schlief sowieso wie ein Stein und ihm würde langweilig werden, wenn er nach Hause gefahren wäre.
„Aber so scheiße es hier auch ist... bitte wach auf. Ich brauche dich bei mir. Du hast dem irgendwie Farbe gegeben. Klar habe ich vor dir auch ein Leben gehabt, aber irgendwie waren die letzten Wochen viel besser mit dir, auch wenn wir uns gestritten hatten und ich zu dumm war, dir meine liebe zu gestehen. Ich war echt dämlich, mit H." – wieder leise lachend, damit er nicht weinen würde, drückte er die kalte Hand wieder etwas. – „Ich weiß nicht, ob du es spüren oder mich hören kannst, aber bitte komm zurück. Öffne deine Äugelein. Mach irgendwas. Du darfst mich sogar schlagen. Und ich werde dir versprechen, wenn du aufwachst, dass ich immer bei dir sein werde, egal wie schwer es wird. Ich habe meine dämliche Seite bestimmt überwunden." – nur dumm vor sich her quatschend, wobei er alles todernst meinte, sah er sich das Zimmer an. Es war trostlos und er fragte sich echt, wie weiße und sterile Zimmer dazu beitragen sollten, dass man schnell genesen würde. Eigentlich waren Farben und Bilder doch hilfreicher, wenn er sich nicht irrte. Außerdem waren die Lampen an den Decken, die alle länglich waren, überaus hässlich.
Das Bett neben dem des Jüngsten war frei und er war überaus glücklich drüber. Wer weiß, welche Vollidioten in das Zimmer kommen würden und er wollte möglichst vermeiden, dass Yoongi sich unwohl fühlen könnte, gar bedroht durch jemanden, den er nicht kannte. Wenn das aus der Schule erneut passieren würde, könnte er es sich nicht verzeihen.
Tief seufzend blickte Jungkook wieder auf die schlafende Schönheit runter, die noch immer reglos im Bett lag. Das sanfte Heben der Bettdecke beruhigte ihn irgendwie. Es war neben dem Piepen ein Zeichen, dass der Blauhaarige noch am Leben war.
„Habe ich dir eigentlich jemals gesagt, wie wunderschön du bist. Bestimmt nicht, also sage ich es jetzt und ich werde es immer wieder sagen, denn egal, wie oft ich es sage, es wird nie genug sein." – verliebt ein Küsschen auf die Hand drückend störte Namjoons Lachen die Ruhe.
„Jetzt wirst du aber kitschig." – weiter lachend beugte sich der Silberhaarige nach vorne, wobei er von seinem besten Freund böse angesehen wurde.
„Wenn es dir zu viel wird, dann kannst du ja gehen." – bissig fauchte er den Älteren an, der nur abwehrend die Hände hob und sich so langsam beruhigte. - „Außerdem sage ich nur die Wahrheit. Jin muss doch inzwischen schon vor Neid platzen, wenn er Yoongis Schönheit sieht."
„Lass ihn da raus." – nun war für den Größeren auch der Spaß vergangen.
„Wie du meinst." – mit den Schultern zuckend richtete er sich wieder an Yoongi, wobei er immer wieder Kreise auf dessen Handrücken entlangfuhr.
Er hoffte irgendwie dadurch dem Kleineren ein Gefühl von Sicherheit zu geben und dass dieser es spürte. Zumindest sagten Menschen immer, man soll mit denen, die so im Krankenhaus liegen, reden. Sie könnten einen angeblich hören und sie dazu bewegen, wieder oder schneller zu erwachen. Und eben genau dies veranlasste Jungkook dazu, sich zu dem Ohr des Blauhaarigen herunter zu beugen, sanfte Küsse auf diesem zu verteilen und leise in eben dieses hineinzuflüstern, um Namjoon nicht weiter zu kränken. - „Du bist dennoch viel schöner als Jin, auch wenn sie es nicht zugeben wollen."
Die Hand, mit der er noch immer Yoongis Hand fest umklammert hielt, spürte eine leichten, fast schon viel zu zarten Gegendruck, der Jungkook auf der Stelle zu Eis erstarren ließ. Er hatte mit einem Mal eine Vorfreude und Hoffnung in sich, dass er lieber so blieb, anstatt sich aufzurichten. Viel zu groß war die Angst, dass er enttäuscht werden würde, wenn er jetzt schaute. Vielleicht war es ja nur ein Hirngespinst und sein Unterbewusstsein verarschte ihn auf eine der grausamsten Art und Weisen.
„P-pinky Pr-rom-is?" – es war nicht mehr als ein Hauchen und Jungkook konnte aufgrund dessen, dass er so nahe am Gesicht des Jüngsten war, dessen unregelmäßigen Atem wahrnehmen, der aufgrund der Anstrengung, die wenigen Worte zu formulieren, entstanden war.
Aus Schock, da ihm nun bewusst wurde, dass der Kleinere wach war, rührte er sich noch immer nicht von der Stelle, bis ein zaghaftes, fast schon fragendes Drücken an seiner Hand entstand.
„Pinky Promis. Auch dass ich dich nie verlassen werde. In guten wie in schlechten Zeiten."
Ein leises, zitterndes kichern verließ die Lippen des Blauhaarigen.
„Ich liebe dich." – Jungkook hauchte es dem Jüngsten ins Ohr, drückte auf die Muschel noch einen Kuss, bevor er sich aufrichtete und ihm mit einem vor Liebe kribbelnden Bauch in die müden und dennoch vor Freude glänzenden Augen blickte. – „Mehr, als du dir vermutlich vorstellen kannst."
---
<3
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top