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"Kannst du wirklich nicht mitkommen?" - flehend hing Yoongi schon fast am Weißhaarigen, der jedoch nur den Kopf schüttelte. 

"Nein, ich muss jetzt echt los. Und ich denke, es ist besser, wenn du das alleine machst oder zumindest nicht mit mir." - seinen Arm befreiend, schlüpfte der Ältere in seine Schuhe. - "Und denk daran. Du tust es für dich. Nicht für mich oder jemand anderen." - aufmunternd lächelte er den Blauhaarigen an, der in der Eingangshalle saß, den Rucksack des Schwarzhaarige nun umklammerte und ihn einfach nur vollkommen fertig mit den Nerven leidend ansah. 

"Hmm." - zum Abschied winkend ließ er sich, nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, auf den Rücken nach hinten auf die kalten Fliesen fallen. Es waren nun einige Tage vergangen, seit Jungkook ihn sitzen lassen und Hoseok sich durchgehend um ihn gesorgt hatte. Jimin hatte ihm noch am gleichen Tag geantwortet, ohne dumm Fragen zu stellen und seit dem hatte er sich darum gedrückt. Doch konnte er auch nicht ewig damit warten, den Rucksack zurückzubringen. Umso länger er sich damit Zeit lies, desto unangenehmer würde es werden. 

Der Benachrichtigungston seines Handys, das unweit von ihm entfernt auf dem Boden lag, lenkte seine Aufmerksamkeit von dem Problem ab, auf sich. Inzwischen hatte er es auch hinbekommen, nicht mehr direkt zu weinen, sobald er sich über irgendwas, was den Schwarzhaarigen betraf, Gedanken machte. 

Gähnend auf das helle Display sehend, viel ihm direkt die Nachrichten des Braunhaarigen auf, der für den Ton verantwortlich war. 

Chat: Jinnie 💅🏻

Jinnie: Hey, ich hoffe, es geht dir gut, oder zumindest so gut, wie es dir gehen kann... 

Jinnie: Ich wollte mich jedenfalls noch mal dafür entschuldigen, dass ich mich so daneben benommen habe. 

Jinnie: Du kannst mir gerne sagen, wenn ich irgendwas für dich tun kann. Ich will wirklich helfen. 

Zuerst wollte der Blauhaarige noch sauer auf den Älteren sein, entschied sich jedoch dagegen. Wenn er ihm so unbedingt helfen wollte, dann könnte er ja auch mitkommen.

Yoonie: Alles gut, mach dir keine Sorgen, ich bin dir nicht böse. 

Yoonie: Da gibt es aber dennoch etwas, wo du mir helfen kannst. Begleitest du mich zu Jungkook, um den Rucksack zurückzubringen? Hobi hat keine Zeit. 

Lange musste der nicht auf eine Antwort warten. 

Jinnie: Ich mache mich direkt fertig. Bin dann gleich bei dir. 

Darauf nichts mehr erwidernd, rappelte der Teenager sich auf, um sich wenigstens etwas ansehnlicher zu kleiden. Er hatte zwar nur die Kleidung Hoseoks, die er bei dem Date getragen hatte, doch könnte er wenigstens seine Haare in einen etwas besseren Zustand bringen. 

Im WC neben der Treppe riss er erst mal das Fenster auf, damit er sich gleich darauf Tonnen an Trockenshampoo auf die Haare sprühen konnte und sich nicht versehentlich selbst erstickte. Anschließend begann er mit dem Kämmen, wobei sich weiße Flocken bildeten, die dann langsam auf den Boden rieselten. Seufzend versuchte er umständlich die meisten weißen, ungebetenen Gäste von seinem Kopf zu entfernen, damit er sie anschließend normal stylen konnte. 

Geradeso mit dem Vogelnest auf seinem Kopf fertig werdend klingelte es auch schon. Noch einmal kritisch und umständlich in den Spiegel sehend, dabei versuchend, seinen Hinterkopf irgendwie sehen zu können, lief er anschließend zur Haustür, wo ihn eine überschwängliche Umarmung von Jin begrüßte. 

"Danke, danke, danke. Ich hatte schon Angst, dass du mich nie wieder sehen willst." 

"Ja." - genervt davon drückte er den Älteren weg, fuhr sich durch die Haare, welche im Anschluss überhaupt nicht mehr so lagen, wie sie sollten. Also hätte er sich seine Arbeit auch sparen können. - "Bringen wir es lieber hinter uns." - sich das Nasenbein massierend, seufzte Yoongi müde. Dunkle Augenringe zierten trotz seines vielen Schlafes sein Gesicht. Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, befand er sich wieder am See, auf der Party oder in der 6. Klasse. Jedes Mal ging es darum, dass jemand was von Yoonji erfuhr und sich anschließend ekelte. Und jedes Mal war Jungkook irgendwie in die Geschichte verwickelt, meistens als fester Freund, der ihn anschließend verließ. 

"Gib her, ich trag das." - Hilfsbereit nahm Jin dem Blauhaarigen den Rucksack aus der Hand. 

"Bitte, tu dir keinen Zwang an." - die Tür hinter sich zuziehend machten sich die beiden Teenager auf den Weg zu dem Wohnkomplex mit den vielen, in Yoongis Augen überteuerten Apartments. Er hatte sich zuvor im Internet darüber informiert, wo sich die Wohnung des Schwarzhaarigen befand. Und laut seiner Recherche hatte jedes Apartment ungefähr ein Stockwerk. Das wiederum bedeutet das, wenn Jungkook Yoongi nicht reinlassen würde, jeder, der im Treppenhaus war, seine Erklärung mit anhören könnte. 

"Woher weißt du eigentlich, wo wir hinmüssen?" - der Ältere neben ihm versuchte, die entstandene Stille zu brechen, wobei der Kleinere ganz andere Sorgen hatte. 

"Jimin." - kurz angebunden und damit das Gespräch wieder zum Erliegen bringend, bog der Teenager nach kurzer Zeit ab und lief auf ein Gebäude zu, das sich sehr hoch hinaus erstreckte. 

"Oh Gott, sag mir bitte nicht, wir müssen laufen." - fassungslos blieb Jin stehen, wurde von Yoongis Kopfschütteln jedoch direkt wieder erlöst. 

"Es gibt so weit, wie ich weiß, einen Fahrstuhl. Ich hoffe einfach, man kann ihn nutzen und muss nicht erst klingeln und dann die Erlaubnis von der Person bekommen, die du gerade besuchst." - in das kühle Gebäude tretend, wurde Yoongis Befürchtung sogleich Realität. 

Um den Fahrstuhl nutzen zu können, musste man entweder eine Schlüsselkarte für eines der Apartments haben oder man musste klingeln. 

"Ich befürchte, wir müssen die Treppen nehmen." - sich zu den Braunhaarigen drehend, streckte er bereits die Hände wartend nach dem Rucksack aus. 

"Huh, was willst du damit sagen?" - der Ältere klammerte sich noch immer an die Riemen des Rucksacks. 

"Gib mir den Rucksack und warte einfach hier. Ich kann nicht verantworten, dass du beim Weg in den 50. Stock hyperventilierst, dehydrierst und stirbst." 

Der Jüngste musste nicht mehr weiter reden, denn sobald das Wort 'Fünfzig' gefallen war, hatte er den Rucksack bereits in der Hand und Jin saß in einer Ecke, direkt unter der Klimaanlage. - "Ich warte hier."

Den Kopf schüttelnd drehte Yoongi sich um und begann direkt damit, das Treppenhaus nach oben zu laufen. Fünfzig Stockwerke waren nicht unbedingt ein Leichtes. Aber immerhin gab ihm dies genug Zeit, über die jetzige Situation nachzudenken und was er ihm erklären wollte, vorausgesetzt, man hörte ihm zu. 

Die letzten Tage hatte er nur damit verbracht, darüber nachzudenken, wie er das ganze Thema verdrängen könnte, so tun könnte, als wenn alles okay und nichts geschehen wäre. Und vor allem wollte er seinem Herzen, welches nach wie vor unangenehm stach, sobald er an Jungkook dachte, klar machen, dass es ihn nicht lieben sollte. Da hätte er fast noch ein besseres Los gezogen, wenn er sich in Hoseok verliebt hätte. 

Im 20. Stockwerk angekommen machte er eine kurze Pause, lehnte sich an die Wand und betätigte dadurch die Klingel, woraufhin sich die Tür zu seiner rechten öffnete. 

"Huh, wer sind sie denn?" - eine alte Dame, die vermutlich schon seit einer längeren Zeit Rentnerin war, musterte den Blauhaarigen, der sie nur etwas aus der Puste ansah. So trainiert man auch war bei warmen Temperaturen viele Stockwerke mit einem Rucksack zu laufen, war nun auch nicht die beste Idee. 

"Yoongi, aber warum fragen sie das?" - vor lauter Verwunderung vergaß er sogar, sich aus Respekt zu verbeugen. 

"Es hat geklingelt." 

Der Teenager guckte erschrocken hinter sich, wo die Klingel unter dem Rucksack vergraben wurde. Fast sofort verbeugte er sich in einem 90° Winkel, um seinen Respekt zu zeigen und um Entschuldigung zu bitten. - "Verzeihung, ich habe es nicht bemerkt." 

"Alles gut Kindchen, wo willst du denn hin?" - die Bewohnerin besah den etwas Größeren interessiert und die Augen blitzten fast schon frech hinter der großen, runden Lesebrille. 

"Zu den Jeons, Miss." - sich unwohl am Nacken fassend blickte er auf seine Schuhe. 

"Warum klingelst du nicht einfach. Ich meine, der 50. Stock ist jetzt nicht der Spaziergang, den man zum Mittag machen möchte." - interessiert und doch verwundert musterte sie den Schüler. 

"Ich.., er... will mich, glaube ich, nicht sehen, aber ich muss ihm was bringen und etwas erklären." - der prüfende Blick der alten Frau ließ ihn sich immer kleiner und schwächer fühlen, obwohl das Einzige, womit ihm die Frau vermutlich schnell Schaden zufügen könnte, der Gehstock im Flur wäre. 

"Tja, die Liebe." - wissend nickte sie und der Blauhaarige hatte schon Angst, sie würde ihm gleich einen Monolog über ihr Leben halten. Dabei hatte er viel Wichtigeres zu tun, zumal er nicht mal wirklich wusste, ob Jungkook auch zu Hause war. - "Warte kurz." 

Die Zähne zusammenbeißend fluchte Yoongi innerlich. Er fand sie zwar ganz nett, auch wenn alte Menschen für ihn immer nach Tod rochen, doch hatte er nicht die Zeit. Sich bereits leise umdrehend hielt ihn die knöchrige Hand der Dame auf. 

"Wo willst du denn hin. Willst du echt die Treppen laufen?" - eine Karte mit der Aufschrift 'Jeon' blitzte in ihrer schrumpeligen, gealterten Hand auf und sie lief langsam und wackelig auf den Fahrstuhl zu. - "Die Jeons beauftragen mich häufig, wenn sie im Urlaub sind, ihre Blumen zu gießen." - fast so, als wenn sie Gedanken lesen könnte, beantwortete sie die Frage, die dem Teenager auf der Zunge lag. 

Direkt nachdem sie die Karte mit dem Magnetstreifen durch das Lesegerät gezogen hatte, erklang ein leises 'Ping' und die Fahrstuhltüren öffneten sich. 

"Vielen Dank." - sich mehrmals verbeugend bedankte Yoongi sich bei der Frau, sobald er in der Kabine stand.

"Ich wünsche dir viel Glück." - ihm noch zulächelnd schlossen sich die Türen und der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung. 

Innerhalb weniger Sekunden war er im gewünschten Stockwerk angekommen und mit einem 'Ping' öffneten sich die Türen wieder. 

Der Mut, den Yoongi zu Hause noch hatte, war nun verflogen. Er stand vor dem zu Hause des Schwarzhaarigen und mit einem Mal war alles weg, was er ihm erzählen wollte. In seinem Kopf herrschte Leere und sein Herz zog sich wieder unangenehm zusammen. Der Rucksack auf seinen Schultern hatte unangenehm viel an Gewicht zugenommen und sein Bauch rumorte, sodass er das Gefühl hatte, gleich wieder erbrechen zu müssen. 

"Du hast es bis hier her geschafft." - sich selbst Mut zusprechend machte, beziehungsweise stolperte der Jüngste die paar Schritte vorwärts und verfehlte nur ganz knapp die Klingel. - "Nein, ich gebe Hoseok den Rucksack einfach zu Schulbeginn und der macht dann alles." - sich umdrehend wollte er schon wieder gehen, zuckte durch ein Türknallen im Treppenhaus jedoch zusammen und viel nach hinten, mit dem Rucksack gegen die Klingel, zum zweiten Mal und wieder unabsichtlich.

Erschrocken hielt Yoongi die Luft an. 

Eine leise, hohe Klingel ertönte im Inneren des Apartments. Danach herrschte kurz Stille und er hatte sich fast schon gefreut, dass keiner da wäre. 

"Namjoon, mach mal Pause! Es hat geklingelt!" 

Ein leises, leidendes Geräusch verließ die Lippen des Blauhaarigen, als er die Schreie des Schwarzhaarigen hörte, der offensichtlich mit Namjoon etwas machte. 

Schnelle Schritte näherten sich nun der Tür und Yoongi blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Er wartete eine lange Zeit, doch nichts passierte. 

"Jungkook! Wer ist es denn!"

Offensichtlich stand der Ältere direkt vor der Tür. Zumindest ging der Kleinere davon aus, da der Silberhaarige ihn rief. Und er hätte es sich eigentlich schon denken können. Ein solches Apartment war mit Sicherheit, mit einer Gegenkamera und Sprechanlage ausgestattet und Jungkook wollte ihn offensichtlich nicht reinlassen. 

Weitere Schritte näherten sich der Tür, doch erstarben mit seiner Einschätzung neben dem Schwarzhaarigen und nichts weiter geschah. 

Sich leise räuspernd trat Yoongi näher an die Tür heran, damit er nicht schreien musste. Jetzt oder nie. 

"Jun-ungkook, ich weiß, du kannst mich hören." - schluckend knetete er seine Finger, die daraufhin anfingen zu schmerzen. - "Ich weiß.. du hasst mich bestimmt und willst sicher nichts mehr mit mir zu tun ha-aben." - tief luftholend dankte er es den letzten Tagen, dass er sich so richtig ausgeheult hatte und nun einigermaßen gefasst reden konnte. - "Aber lass es mi-ich bitte erklären." - flehend guckte er irgendwo in Richtung Tür, konnte jedoch nicht genau feststellen, wo die Kamera ist. 

Nach weiteren Minuten der Stille seufzte der Jüngere, er musste wohl einfach reden, in der Hoffnung, ihm würde zugehört werden. - "Al-lso... ich wurde als Mädchen und Junge geboren.. Und meine Eltern haben durch ein Lo-os entschi-ieden welches Geschle-echt ich sein soll." - er fühlte sich, als wenn er gerade nackt im Treppenhaus stand. Er war ausgeliefert und konnte nicht mal was dagegen tun. Er sprach mit einer verschlossenen Tür und jeder neugierige Nachbar könnte irgendwo versteckt mit zuhören. - "Die Entscheidung viel mit dem Los auf meinen Dad.. und er wollte lieber ein M-mädchen haben. Daraufhin haben sich meine Eltern gestritten und getrennt.. Da ich in der Schulzeit bei meiner Mom lebe, muss ich ein Junge sein. Ich muss jeden belügen... Sobald es raus kommt, muss ich we-egziehen und soll somit keine Be-eziehung haben... Und um ihren Traum, einen Sohn zu haben, zu verwirklichen, hat sie mir die Tabletten gegeben... Du erinnerst dich an den Tag, wo sie in den Unterr-richt kam?" - sich immer unwohler fühlend, schloss der Blauhaarige einfach die Augen und senkte den Kopf. - "Ich weiß nicht, was du so gegen Mädchen hast... und ich verlange auch nicht, dass du es mir erzählst... aber ich kann mich änder, okay? W-wegen den Tabletten soll und kann ich mich umentscheiden und umoperieren." - da er immer noch keine Antwort bekam, seufzte er resigniert. - "I-ich möchte dich wegen so was nicht verlieren.. bitte sag doch was." - angestrengt in die Stille lauschend, könnte man sogar eine Stecknadel im Inneren der Wohnung fallen hören, doch keiner der Jungen regte sich offensichtlich. - "Wir sind... waren doch Freunde.. Ich will dich wegen so was wirklich nicht verlieren, okay? Du bist mir verdammt wichtig geworden und ich lasse mich auch umoperieren. Und dann kann wieder alles so wie vorher sein. Ich kann nichts dafür, dass so damals entschieden wurde, aber dann bin ich eben ab jetzt... bald ein Junge, okay?" - sich in Rage redend, bekam Yoongi Panik, dass die Jungen nicht mehr vor der verschlossenen Tür standen, wodurch es ihm auch fast egal war, was er sagte. - "Okay.., ich sehe es ein, ich habe Fehler gemacht. Ich habe nicht die Wahrheit gesagt, aber jeder macht Fehler. Und man verzeiht einem. Bitte, Jungkook... Ich liebe dich, hörst du!?" - einige Tränen kullerten ihm aus den Augen und es war ihm inzwischen egal, wer zuhörte und ob die beiden ihn nervlich so am Ende sahen. 

Immer mehr Tränen vielen ihm aus den Augen, kullerten seine Wangen herunter und tropften anschließend auf das schwarze Oberteil. - "J-jungk-kook?" - zitternd drückte er noch mal auf die Klingel, doch geschah nach wie vor nichts in dem Apartment. 

"O-okay.. ich verst-tehe..." - den Rucksack abnehmend, legte er diesen an die verschlossene Tür. - "D-du weißt j-ja, wo du mi-ich find-ddest." - noch einmal unendlich traurige zu der verschlossenen Tür blickend, drehte sich der Jüngste um und lief in Richtung Treppen. Er brauchte die Zeit, um sich zu sammeln, bevor er Jin wieder unter die Augen treten würde, und vermutlich reichten nicht mal die 50 Stockwerke, um ihn wieder einigermaßen normal aussehen zu lassen. 

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Ich hoffe, ich habe in diesem Kapitel nicht zu viele Fehler drin. 

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