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Koo: Wie dem auch sei, wer ist das Mädchen?

Juli: Niemand, sie stand nur zufällig da und hat was ähnliches anprobiert.

Koo: Aha. 

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Yoonji starrte bereits so lange auf den Chat, dass ihre Augen zu tränen begannen und sich ihr Handydisplay wieder von selbst verdunkelte und ausschaltete. 

Die Blauhaarige hatte sich, nach dem sie bezahlt hatten, von den Geschwistern verabschiedet und sich von ihrem Dad nach Hause fahren lassen. Denn seit die Schwimmerin sie dazu überredet hatte, wenn auch mit der Hilfe von den restlichen Gruppenmitgliedern das weiße Outfit zu kaufen, fühlte sie sich nicht mehr so wohl und wollte einfach nur nach Hause in ihr Bett und eine ihrer Serien weiter gucken. 

Und genau das hatte sie ursprünglich vorgehabt. Sie lag auch eingekuschelt in ihrem Bett, nur lief keine Serie. Stattdessen zerbrach sie sich den Kopf über den Chat, den sie erst im Nachhinein gelesen hatte. Jungkook benutzte nie Emojis, das machte sein Geschriebenes nur umso ernster. 

Die Blauhaarige konnte den Älteren inzwischen nicht mehr einschätzen, was er alles wusste, vermutete oder nur aus Spaß sagte. Und sollte es irgendwann herauskommen, dass er ein Mädchen war, würden ihre Chance mit ihm eine Beziehung zu führe, auf null sinken. 

Ja, sie hatte es eingesehen. Die Art und Weise des Größeren verwirrte die 16-Jährige zwar ungemein und dennoch war da etwas, was sie anzog. Er war ein Draufgänger und machte sich nicht viel aus der Meinung anderer und dennoch war er, seit sie auf der Schule war, immer da gewesen. Er war immer um sie herum. Egal wie gemein Hoseok zu ihm war und trotz seiner Sticheleien war er die letzte Woche äußerst süß zu ihr gewesen. Er hatte sich immer nach ihrem Wohlbefinden erkundigt, ihr einen 'Guten Morgen' gewünscht und sich, wenn er 'Fehler' machte, entschuldigt. Sie bekam den gemeinen Jungkook zu spüren, keine Frage, nur war er nicht so zu ihr und das ließ sie wieder hoffen. Es gab der Blauhaarigen ein Gefühl von Sicherheit und dass sie etwas Besonderes für ihn war. 

Jede zärtliche Berührung, wenn es nur die ihrer Arme oder Beine war oder er sie wieder von hinten sanft um die Taille umarmte, sorgte für eine gewisse Spannung, sowohl um sie herum als auch in der Jüngeren. Es waren Stromschläge, die durch ihre Körper flossen, sobald er sie berührte, wenn auch nur aus Versehen. Das Gefühl sorgte für ein angenehmes Kribbeln, was fast unweigerlich ein Lächeln auf Yoonjis Gesicht zauberte. Sie fühlte sich im Gegensatz zu ihrem ersten und zweiten Tag wohl in seiner Nähe. Er zog sie an und die Schülerin hatte nicht das Bedürfnis, sich dagegen zu wehren. Im Gegenteil, sie wollte das Gefühl nur viel öfter und viel intensiver fühlen. So kam es nicht selten dazu, dass sie sich in den Pausen auf der Feuertreppe nach hinten an die Beine des Älteren angelehnt und dessen Streicheleinheiten durch ihre Haare genossen hatte. Die tadelnden Blicke Hoseoks und die vielsagenden Seokjins hatte sie ignoriert. 

Schließlich genoss sie nur die Nähe des Schwarzhaarigen und wie er mit ihr umging. Gerade das wollte sie sich nicht nehmen lassen. Sie wusste, wie sich Verliebtsein anfühlte und es stimmte mit ihrer jetzigen Gefühlslage überein. Sie machte sich zum ersten Mal sogar Gedanken darüber, wie sie in der Schule aussah. Aber nicht, ob es jedem gefällt, sondern nur, ob es dem Älteren gefallen würde, der sowieso schon immer recht stylisch in die Schule kam.  

Und so sehr sie dieses aufregende Kribbeln, diese Stromschläge und die Energie genoss, die sie fühlte, gemischt mit etwas Nervosität, so sehr wusste sie auch, dass das ganze begrenzt sein würde. Sie konnte ihn nicht Daten zumindest nicht für lange. Er würde dahinter kommen und dann nichts mehr mit der Blauhaarigen zu tun haben wollen. Er würde sie von sich stoßen, genauso wie ihre erste Liebe. Ihre damalige Klassenkameradin wollte nicht wahrhaben, dass Yoongi ein Mädchen war. Das war dann das erste Mal, wo sie die Schule und die Stadt wechseln musste. Seitdem hatte ihre Mutter ihr verboten, sich zu verlieben. Trotz dessen musste sie einige Male noch die Schule wechseln, da ihre Masche irgendwie aufflog. Und dennoch hatte sich die Blauhaarige über die Jahre nicht ein einziges Mal verliebt oder es zumindest nicht zugelassen. 

Doch nun hatte sie einfach nicht mehr die Kraft, sich dagegen zu wehren. Erstrecht nicht, nachdem ein Teil ihrer Freunde ihr Outing so gut aufgenommen hatte. Sie fühlte sich das erste Mal wohl, auch wenn Juli gerne übertrieb. Sie fühlte sich angenommen und akzeptiert und eben mit diesem Gefühl kam die Liebe wieder. Nur diesmal hatte sie den Moment, sich zu wehren verpasst. Sie hätte ja sogar Unterstützung von Hoseok erhalten. Er hatte ja versucht, Yoonji von Jungkook fernzuhalten. Dennoch hatte die Blauhaarige die Augen vor der Realität verschlossen und sich diesem wunderschönen Gefühl hingegeben, wo man nur die eine Person sieht und alles andere in den Hintergrund rutscht. Die Hürden verdrängt man, die schlechten Seiten redet man schön und die Warnungen tut man mit einem Winken ab. 

Und jetzt, jetzt war es zu spät, um etwas zu retten. Yoonji wusste, es würde ihr sehr, sehr weh tun. Und bevor der Schmerz kommen würde, wollte sie noch die Zeit genießen und insgeheim hoffte sie, Jungkook würde nie hinter ihr Geheimnis kommen. Sie hoffte auf ewig in dieser Bubble leben zu können, doch so sehr sie es sich wünschte, so sehr wusste sie, dass dies nicht möglich war. Ihre einzige Möglichkeit war die Zeit, die ihr noch blieb, zu genießen. Egal wie kurz diese war, bevor ihr Herz zum zweiten Mal im Leben brutal gebrochen werden würde.

Ein Klopfen riss die Teenagerin aus ihren Erinnerungen an das wunderschöne Kribbeln, das der Schwarzhaarige in ihr auslöste. - "Ja?" 

"Hey Süße." - der Mann mittleren Alters streckte seinen Kopf durch die Zimmertür seiner Tochter, nachdem er die Erlaubnis erhalten hatte. - "Ich weiß zwar nicht, was vorgefallen ist und ich weiß, du willst nicht mit mir reden, aber ich bin da, wenn was ist." - er lief nicht weiter ins Zimmer, respektierte die Privatsphäre seines einzigen Kindes und lächelte sie stattdessen aufmunternd an. 

"Ich weiß, danke." - ihre Bettdecke weiter nach oben ziehend, grinste das Mädchen leicht. 

"Und denkt daran, morgen geht es zum Arzt."  - nach dem bestätigen Nicken schloss er die Tür, öffnete sie jedoch noch mal einen Spalt breit und schielte durch diesen, wie er es damals immer getan hatte, als die Blauhaarige noch klein war. - "Gute Nacht Prinzessin und keine Angst, alle Monster wurden nach Hause geschickt."

Lachend schmiss Yoonji ein Kissen, das genau für diese Angelegenheiten auf ihrem Nachttisch lag, nach ihrem Vater. - "Ich bin kein kleines Kind mehr." 

"Und dennoch schläfst du mit deiner Lieblingslichterkette." - schmunzelnd schloss er die Tür, wissend, dass es seiner Tochter inzwischen irgendwo unangenehm war. Dies war unter anderem der Grund, weswegen sie nie jemand zu sich nach Hause nahm, neben dem Fakt, dass das hier ein Mädchenzimmer war und jeder dachte, sie wäre ein Junge. 

"Das ist was anderes!" 

"Ich hab dich lieb Zuckerschnute und jetzt schlaf, bevor du morgen wieder grummelig wirst." - er kannte seine Tochter gut, sehr gut. Besser als seine Ex-Frau. Denn im Gegensatz zu ihr nahm er sich frei. Er kümmerte sich um seine Tochter, auch wenn das damals hieß, dass er nachts arbeitete, wenn sie schlief und am Tag vollkommen übermüdet mit einer quirligen 7-Jährigen in einen Freizeitpark gehen musste. Und genau dieses Verhalten hatte er sich beibehalten, was nun dazu führte, dass er trotz der wenigen Zeit, wo er die Braunhaarige sah, ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Teenagerin hatte. Er würde einfach alles für Yoonji tun und insgeheim tat es ihm sehr weh, dass sie nie eine wirkliche Beziehung führen konnte. Denn jedes Mal, wenn sie sich anfing zu verlieben, hatte sie die Ferien genutzt, um genau diese richtige Verliebtheit zu vermeiden. Sie schlüpfte in die Rolle als Mädchen und schaffte sich somit einen Weg, den Menschen fremder zu werden. Sie betrachtete diese dann aus einem anderen Blickwinkel und tief in sich wünschte sich der Vater, dass es dieses Mal anders verlaufen würde. 

Er kannte die Braunhaarige, ihre Stimmungen und ihr Verhalten. Somit wusste der Schwarzhaarige schon lange, dass sie dabei war, sich zu verlieben, wenn sie es nicht schon längst war.

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<3

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