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Unwohl sah sich Yoongi in seinem eigenen Zimmer um. Er wusste nicht, was ihn dazu getrieben hatte einzuwilligen. Er konnte es sich nicht erklären, warum der Schwarzhaarige, der ihn nicht mal in das Apartment gelassen hatte, nun auf seinem Klavierhocker in seinem Zimmer saß und sich mehrmals räusperte, jedoch kein Wort mehr von sich gab.

"Du wolltest reden." - der Jüngste versuchte es kalt klingen zu lassen, doch klang es eher erbärmlich, so leise und schwach wie die Wörter sich aus seinem Mund bewegt hatten.

"Ja." – seinen Blick auf den Blauhaarigen richtend, der den Blickkontakt jedoch nicht erwiderte, versuchte er sich zu sammeln. Er konnte den Kleineren nicht einschätzen, ob er ihn ausreden ließ und wie viel Zeit er ihm gab. Somit sollten seine Worte weise gewählt sein. - "Ich kenne deine Geschichte ja schon." - sich noch mal über die trockenen Lippen leckend, versuchte er gleichzeitig seine Stimme gefasst klingen zu lassen. Denn um so länger er hier war, um so trockener wurde sein Mund, was nur dazu führte, dass er unsicherer klingen würde. - "Aber du kennst nicht meine." - tief luftholend faltete er kurz seinen Zettel auseinander und überflog noch mal die Stichpunkte.

"Was ist das? Musst du dir echt ein Skript schreiben." - die Betonung Yoongis war vollkommen neben der Spur. Was vielleicht eigentlich gefasst und wie eine Provokation klingen sollte, klang nun eher wie der Partner bei einem Vortrag, der gerade ungemeine Angst hatte, sich zu blamieren. Dabei war Jungkook unweigerlich der Unzuverlässige, der die Situation des anderen nicht besser machte.

Kopfschüttelnd zerknüllte der Schwarzhaarige daraufhin den Zettel. - "Ich muss mich entschuldigen. Mehrmals. Einmal dafür, was ich dir an den Kopf geworfen habe, an dem See. Der Tag war superschön und ich habe ihn genossen, das musst du mir glauben und dann zerstöre ich ihn. Ich hatte nicht das Recht, so zu handeln und dich alleine zu lassen. Auch war es nicht fair, dass ich mich nicht als erster gemeldet habe. Nein, du bist zu mir gekommen, um zu reden und ich habe dich einfach stehen gelassen. Das war ein Fehler, das weiß ich jetzt auch." - umso länger Jungkook redete umso hysterischer und höher wurde seine Stimme. Etwas, was man so gar nicht von ihm kannte und seinem Gegenüber leichte Sorgen bereitete. - "Aber ich habe einen Grund. Verstehst du? Ich weiß, ich mache Fehler und habe viele gemacht, aber jeder macht die. Und es waren Fehler, da meine Absicht niemals die war, dass ich dich verletzte. Das wollte ich alles nicht, verstehst du? Ich hatte Angst. Ich hatte einfach Angst." - seine Hände vor sich wedelnd, als wenn er irgendwas abwehren wollte, viel eine Träne aus Jungkooks Augen. Erst eine, dann noch eine, bis sie fast wie kleine Bäche über die Wangen kullerten. Dabei schluchzte er leise auf und überforderte den Jüngsten maßlos. - "Ich wollte das alles nicht." - die Hände aufs Gesicht drückend, um seine Tränen zu verdecken, machte sich der Größere klein, so klein, wie es eben ging.

Immer mehr Schluchzer erfüllten den Raum und ließen Yoongis Herz sich schmerzhaft zusammenziehen. Ja, der Junge vor ihm hatte ihn verletzt und für tausende Tränen gesorgt, doch so, wie er vor ihm saß, zerriss es ihn von innen. Beim Anblick des Schwarzhaarigen fühlte es sich so an, als wenn sich seine Organe verknoten und umdrehen würden, was es ihm nun unmöglich machte, einfach auf dem Bett sitzen zu bleiben und zuzusehen, wie er weinte.

Noch bevor der Blauhaarige alle Möglichkeiten abgewägt hatte, war er bereits aufgestanden, auf Jungkook zugelaufen und hatte seine kleinen Ärmchen um dessen muskulösen Oberkörper geschlungen. Seinen Griff nur festigend, als das Schluchzen lauter wurde, versuchte er ihn durch leises Summen etwas zu beruhigen, was am Anfang eher das Gegenteil bewirkte.

"I-ich wol-llte das ni-icht.." - immer wieder den Kopf schüttelnd krallte der Größere sich in die zierliche Taille des Jüngsten, um ihn anschließend, nachdem er seine Beine auf den Boden gestellt hatte, auf seinen Schoß zu ziehen und nun komplett an seine Brust drückte.

Während der Schwarzhaarige sich durch den Körperkontakt langsam beruhigen konnte, spielte bei Yoongi alles verrückt. Sein Magen, der sich noch immer schmerzhaft zusammenkrampfte, kribbelte nun zusätzlich. Sein Herz schlug fast schon schmerzhaft schnell gegen seine Rippen, sodass er sich sicher war, dass der Ältere es fühlen konnte. Auch fühlten sich seine Arme urplötzlich seltsam kraftlos an und er ließ sich von den muskulösen Armen des Teenagers halten. Der Größere, auf dessen Schoß er gerade saß, hatte eine verdammt starke Wirkung auf alles, was Yoongi anging. Er wurde wortwörtlich Wachs in seinen Armen.

Das Schluchzen, welches nun immer weniger und weniger wurde, bis es gänzlich erstarb, bekam der Kleinere schon gar nicht mehr mit. Viel zu benebelt war er von dem Geruch Jungkooks und den starken Armen um seine Taille, von welchen er dachte, sie nie wieder um sich spüren zu können.

"Es tut mir wirklich leid." - das Nuscheln und die Berührungen der Lippen an Yoongis Hals brachten ihn wieder in die Realität. Jedoch dachte er nicht mal daran, Abstand zwischen sie zu bringen.

"Ich weiß... Wir beide haben Fehler gemacht." - leise in Jungkooks Nacken flüsternd kuschelte er sich unbemerkt näher an den Größeren. - "Aber warum. Wovor hast du Angst. Das ich keinen Schwanz habe?" - durch die schwarzen Haare des Älteren fahrend, wartete er geduldig auf eine Antwort.

"Kann man so sagen." - seufzend atmete er den Geruch des Blauhaarigen ein. Trotz, dass er nicht mehr wie eine Blumenwiese oder Ähnlichem roch, beruhigte es ihn irgendwo. - "Ich habe böse Erfahrungen mit Frauen gemacht."

"Haben sie mit dir gespielt?" - immer weiter mit seinen Streicheleinheiten fortfahrend, wollte er die ganze Wahrheit wissen.

"Ja." - zitternd luftholend verfestigte Jungkook wieder sein Griff. Zu groß war die Angst auf Unverständnis zu treffen und deswegen wieder allein zu sein. - "Ich wurde mit 8 von meiner Lehrerin sexuell misshandelt." - keine Regung war im Gesicht des Schwarzhaarigen festzustellen, und das Einzige, was man hörte, war das scharfe Luftholen des Kleineren.

"Deswegen also." - es mehr zu sich selbst murmelnd, ging er all die Erfahrungen mit dem Größeren durch und außer Juli gab es kein Mädchen, mit dem er jemals geredet hatte. Sie waren als 'Jungs Gruppe' immer unter sich.

"A-aber das bedeutet, dass du keine Beziehung mit mir führen willst oder kannst." - sich versuchend wegzudrücken kam Yoongi nicht weit, als die starken Arme ihn wieder an den trainierten Oberkörper zurückzogen.

"Ich..." - sich genau überlegend, was er jetzt sagen wollte, wartete Jungkook kurz, doch viel ihm absolut nichts Besseres ein. - "Steht das von Donnerstag noch?"

"Was?" - verwirrt zog der Blauhaarige die Augenbrauen zusammen, auch wenn dies niemand sehen konnte.

"Liebst du mich?" - er hatte Angst. Angst vor der Ablehnung. Angst davor, dass es zu spät war.

"Spürst du es nicht." - die Hand des Größeren auf seine Brust legend, wo sein Herz noch immer unnatürlich schnell schlug, färbten sich seine Wangen leicht rot. - "Ich würde nicht mit dir hier sitzen und dich umarmen. Ich hätte dich nicht mal reingelassen, wenn es nicht mehr so wäre." - tief luftholend sah Yoongi den Schwarzhaarigen in die Augen. Er hatte schließlich nichts zu verlieren. - "Ja, ich liebe dich und daran hat sich bis jetzt nichts geändert."

"Ich liebe dich." - Jungkook, der in die Augen des Blauhaarigen sah, lächelte schwach, als diese sich verwirrt und erstaunt weiter öffneten.

"A-aber ich dachte... i-ich..." - verwirrt wollte er schon den Kopf schütteln, wurde jedoch von zwei großen Händen behutsam fixiert, bevor er ein sanftes Lippenpaar ganz kurz und zaghaft auf seinen eigenen spürte. Es war fast zu kurz, als dass man es realisieren konnte und doch war es geschehen.

Jungkook hatte ihn, Yoongi, geküsst. Und dass, obwohl er ein Mädchen war.

Ein angenehmes Kribbeln breitete sich in dem Kleineren aus und legte sich wie eine heilende Salbe um seine seelischen Wunden. Fast schon paralysiert fasste er sich an seine Lippen, musste erst mal wirklich verarbeiten, dass diese, wenn auch nur für den Bruchteil einer Sekunde, auf denen von Jungkook lagen.

"Ich wäre nicht hier, wenn ich deine Gefühle nicht erwidern würde. Ich weiß, dass es nicht leicht wird. Aber ich habe mich in dich, Yoongi, verliebt und nicht in deinen Schwanz, wie Namjoon so schön meinte. Ich möchte dich und wenn ich dafür noch weiter zur Therapie gehen muss, dann ist das so. Ich habe Fehler gemacht, die ich kein zweites Mal machen möchte. Ich weiß jedoch auch, dass ich andere machen werde. Also bitte habe Geduld mit mir und wir können es irgendwie gemeinsam schaffen. Ich möchte nichts unversucht lassen." - eine der fettigen blauen Haarsträhnen aus den fast schon funkelnden Augen des Jüngsten streichend, der ihn wie gebannt anstarrte, lächelte er leicht. - "Wir gegen das Problem und ich bin mir sicher, wir schaffen es. Auch wenn du dich nicht umoperieren willst."

"W-was heißt das jetzt." - noch immer in die Augen des Schwarzhaarigen sehend breitete sich in Yoongi eine Vorfreude aus, die ihm das Gefühl gab, gleich explodieren zu müssen.

"Wenn du noch willst. Möchtest du mein fester Freund*in sein?" - schief grinsend wartete Jungkook auf eine Antwort, die nicht lange auf sich warten ließ.

"JA!" - seine Arme und Beine lachend, wegen der Formulierung seines nun festen Freundes um ihn schlingend verlor Yoongi einige Freudentränen, bevor er sich jedoch schlagartig vom Größeren entfernte und aufsprang.

"Was?" - verwirrt und verunsichert sah der Ältere ihm nach, als der Blauhaarige zur Tür rannte.

"ICH MUSS DUSCHEN! ICH STINKE!" 

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Ja, naja haha. 

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