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"Du schiebst es vor dir her." - es war eine trockene, nicht wertende Aussage des Psychiaters und dennoch fühlte Jungkook sich schlecht. 

Ja, er ging dem Gespräch jetzt schon zwei Wochen aus dem Weg. Er hatte all die Zeit der Welt, irgendwann in den Ferien in einem geschützten Rahmen auf Yoongi zuzugehen. Sie hätten sich beim Reden Zeit lassen können, doch stattdessen kniff der Ältere. Er traute sich schlichtweg nicht, den Minzbonbon anzuschreiben. Viel zu groß ist die Angst, auf Ablehnung zu treffen, oder dass er ihn blockiert hatte und eigentlich nichts mehr mit ihm zutun haben wollte. 

Also begann er Tag für Tag Ausreden und Entschuldigungen zu finden, warum er nicht zu Yoongi gehen konnte. Die erste und wahrscheinlich noch glaubwürdigste Entschuldigung war die, dass er nicht wusste, wo der Vater des Jüngsten wohnte. Doch selbst das Problem hätte er mit ein paar Fragen aus der Welt schaffen können. 

Ansonsten ging es damit weiter, dass er entweder zu müde war, gerade bei der Therapie gesessen hatte oder komischer Weise seiner Mutter urplötzlich im Haushalt helfen musste. Die Frau war ganz verwundert gewesen und wollte eigentlich bei ihrem Sohn fiebermessen, doch hatte er ihr versichert, nur etwas Kochen für die Zukunft lernen zu wollen. Und so hatte er es tatsächlich geschafft, nicht ein einziges Mal Zeit zu finden, um mit Yoongi zu reden, obwohl alle seine Freunde es ihm immer wieder ans Herz gelegt hatten. Doch anstatt auf ihre Ratschläge zu hören, wurde er laut. Es tat ihm weh, wenn sie den Blauhaarigen ansprachen, da verdrängte er lieber all seine Gefühle, die momentan Achterbahn fuhren. Er befand sich auf Wolke 7, wenn er an das Geständnis dachte und dann aber sofort wieder im Keller, als ihm das Problem einfiel, warum der Kleinere nicht gerade jetzt bei ihm zu Hause in seinen Armen lag und irgendeine schnulzige Liebeskomödie mit ihm ansah. 

"Ich rede morgen mit ihm." 

"Du musst morgen mit ihm reden. Morgen ist der Montag nach den Ferien, zumal ihr euch eure Freunde teilt." 

"Davor war es auch kein Problem, sich notfalls aus dem Weg zu gehen." - und da war sie wieder. Die Entschuldigung, nicht mit Yoongi zu reden, zumal dort ihre Zeit begrenzt war. 

"Du glaubst echt, dass mein Sohn und Seokjin das mitmachen." - dem Teenager vor Augen führend, was sich alles in den letzten Wochen verändert hatte, beobachtete der Psychiater, wie sein Patient resigniert die Schultern fallen ließ und einfach nur, wie ein Häufchen Elend da saß. Sein Leid wollte dieser allerdings nicht ansprechen. - "Du musst es auf dich zukommen lassen."

"Sie meinen wie ein Tsunami und einfach beten, dass man schnell ertrinkt und nicht schmerzhaft langsam irgendwo verblutet und zerquetscht wird?" - Ironie baute sich als Schutzschild um Jungkook auf. Er hasste diese Ratschläge. 

"Nein. Du musst aber aufhören, dich an die Kontrolle zu klammern. Man hat weder Kontrolle darüber, in wen man sich verliebt, noch Kontrolle über die Liebe und die andere Person an sich. Du willst unbedingt in das Gespräch reingehen, ihm die Lösung sagen und dann so weiterleben. Aber so läuft das nicht. Du kannst Yoongi nicht vorschreiben, wie eure Lösung aussieht. In Beziehungen, Freundschaften, Lebensgemeinschaften oder einfach nur Projekten basiert alles auf Kompromissen. Man wird nie die Lösung finde, die jeder zu hundert Prozent wollte und das ist auch kein Problem. Man muss viel eher seinen Fokus auf den Mittelweg lenken, den ihr beide gemeinsam beschreiten wollt." 

"Ich fühl mich wie in einer Paartherapie nur ohne Partner." 

"Jungkook." - seufzend sah er den besten Freund seines Sohnes an. Er war fast schon ratlos, was er noch machen sollte, damit der sture Teenager endlich mal den nächsten Schritt machen würde. - "Dich dagegen zu wehren, macht alles nur noch schlimmer."

"Ach echt? Ich glaub schlimmer geht kaum mehr." - die Arme verschränkend, dachte er wieder an Yoongi, wie vollkommen verletzt und erschöpfte er einfach vor seiner Tür stand. Und insgeheim hoffte er, dass es ihm nun besser ging, wovon er jedoch nicht ausging, wenn der Jüngste ihn wirklich liebte. 

"Ich werde dir jetzt etwas sagen." - sich auf den Knien abstützend, erlangte der Erwachsene die vollste Aufmerksamkeit, da der Schwarzhaarige sich irgendwie in die Ecke gedrängt fühlte und genau wusste das, was jetzt kommt, gefällt ihm nicht. - "Wenn du auf Yoongi triffst und nicht direkt das Gespräch suchst, machst du es schlimmer. Ihr werdet euch auseinanderleben. Yoongi wird die 5 Phasen des Liebeskummers durchlaufen und ab einem bestimmten Punkt braucht er dich nicht mehr, da will er dich nicht, da du ihn bis dahin so sehr verletzt haben wirst. Sein Herz mag dich vielleicht noch immer, doch seine Abwehrmechanismen und der rationale Verstand wird dich von ihm fernhalten. Zwischendurch wird er dich vielleicht sogar hassen. Also, um es kurz zu sagen, du befindest dich in einem Wettlauf gegen die Zeit. Du musst schneller sein, als er es verarbeitet und abschließt. Versuch dein Glück, bevor es zu spät ist." 

Vollkommen vor den Kopf gestoßen, blinzelte Jungkook den Psychiater an, bevor er aufsprang, dabei mit einem Schuh am Sofa hängen blieb, wodurch es beim Weglaufen einen leichten Knall gab. 

"Ich hab was zu tun, man sieht sich." - noch bevor der Ältere den Schwarzhaarigen richtig verabschieden konnte, waren mehrere Türen zugefallen und der Junge schon längst aus der Praxis auf die Straße gestürmt. 

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Ich habe gerade echt das Gefühl, ich kann nichts außer schreiben und selbst dass könnte besser sein.

Die nächsten Tage werden stressig, Kofferpacken, Abschluss etc. Ich glaub, da schaffe ich es nicht zu updaten.

<3

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