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In das auf ihre Haare farblich abgestimmte Handtuch gewickelt, kramte die 16-Jährige in ihrer Sporttasche herum, verzweifelt auf der Suche nach anderer, frischer Kleidung.
"Yoonji, was machst du da?" - Juli beugte sich zu der Jüngeren rüber.
"Ich suche andere Anziehsachen." - sie würde ein Teufel tun und die Sachen von der Schule wieder anziehen. Es war in ihren Augen einfach nicht hygienisch und dann dürfte sie zu Hause wieder duschen, was wiederum ihrer Haut und Haare nicht guttun würde.
"Warum? Das Outfit ist doch niedlich." - auf den kurzen Rock mit dem übergroßen Hoodie deutend schmunzelte die Grünhaarige, welche gerade dabei war, sich in eine Skinny-Jeans rein zu quetschen.
"Ja, sehr niedlich." - die Stimme der Blauhaarigen triefte nur so vor Sarkasmus, bevor sie seufzend aufgab.
Es hatte sowieso kein Sinn, weiter nach anderer Kleidung zu suchen. Ihr Dad hatte nun mal nur 'Mädchen-Kleidung' von ihr. Dementsprechend konnte sie lange danach suchen, etwas 'jungenhaftes' zu finden.
Sich in Rekordzeit die lockere Kleidung überstreifend schmiss Yoonji alles, was sie dabei hatte, in die Tasche, verstaute die Wertsachen ordentlich und verschwand mit einem Türknallen aus der Umkleide. Es war nicht ihre Absicht gewesen, solch ein Abgang zu machen, doch je weniger Personen sie in Rock und blauen Haaren sahen, desto besser. Es war zwar schon spät, doch konnte man nie wissen, wer sich um diese Uhrzeit noch draußen herumtrieb. Besonders bei hormongesteuerten, möchtegern coolen Teenagern.
Die Verabschiedung des Wachmanns, der nun an der Eingangstür stand, ignorierend, lief sie schnell auf den Wagen ihres Vaters zu, riss die Tür auf und ließ sich erschöpft ausatmend in den Sitz fallen. Erst jetzt kam die Erschöpfung des Schwimmens hoch und mit knurrendem Magen schnappte sie sich die Brezel, welche ihr Dad jedes Mal nach dem Schwimmen für sie holte.
"Und, hattest du Spaß?" - den Wagen startend bog der Schwarzhaarige auf die Hauptstraße ein, in Richtung dem Haus seine Ex-Frau.
"Hmmm." - das etwas zu trockenen Brezelstück schwer runterschluckend, nickte die Blauhaarige leicht. - "Ja, war ganz okay. Nur gibt es wieder eine Möchtegern-Olympiagewinnerin."
Das leise Lachen von ihrer Linken bestätigte ihr, dass ihr Dad an das gleiche dachte. In Yoonjis altem Schwimmteam gab es ein Mädchen, welches jünger als alle anderen war. An sich war das kein Verbrechen, doch wenn es um Wettkämpfe ging, schwamm man in Jahrgangs- und Geschlechtergruppen, damit möglichst die gleichen Voraussetzungen geschaffen wurden. Schließlich wäre es nicht fair, eine Neunjährige gegen einen ausgewachsenen Mann schwimmen zu lassen. Da das Mädchen die jüngste war, schwamm sie dementsprechend immer gegen sich allein und wenn es nur ein Teilnehmer gab, dann könnte sie sich so viel Zeit lassen, wie sie will und würde trotzdem den ersten Platz belegen. Ihre Eltern und auch sie selbst haben immer vor allen mit der Goldmedaille angegeben, obwohl sie sich für diese nicht mal angestrengt hatte. Diese Medaille sagte schlichtweg nichts über das Können des Mädchens aus und dennoch fand sie sich immer als die Beste.
Die Blauhaarige hatte damit eigentlich nie ein Problem gehabt. Es war schön für das Mädchen gewesen, wenn sie sich darüber freuen konnte, doch mit der Zeit wurde es schlimmer. Sie begann andere zu kritisieren und anzuschreien, wie schlecht diese doch waren. Ihre Eltern hatten das Schwimmteam finanziell unterstützt und somit konnte kaum jemand etwas gegen sie sagen.
Im Inneren hoffte Yoonji einfach, dass diese Rothaarige nicht eine Kopie des Mädchens aus Daegu war.
"Hast du eigentlich inzwischen deine Tage bekommen?" - seine Tochter an einer Ampel von der Seite ansehend, wartete er geduldig auf eine Antwort, seufzte jedoch enttäuscht aus, als sie den Kopf schüttelte.
"Nein." - die Blauhaarige hatte ein offenes und gutes Verhältnis mit ihrem Dad und somit waren solche Themen vollkommen normal. Anders als ihre Mom zeigte er wenigstens Interesse, dabei war sie doch die Ärztin in der Familie.
"Ich habe für die Ferien einen Arzttermin vereinbart, denn langsam mache ich mir Sorgen."
"Ist gut." - den Kopf an die kühle Scheibe legend seufzte sie frustriert. Es war nicht so, dass sie unbedingt ihre Tage oder Brüste bekommen wollte. Ohne diese Faktoren war es deutlich einfacher, ein Junge zu sein, jedoch machte sie sich auch Sorgen. Als Kind wurde ihr eigentlich alles entfernt, was zum männlichen Geschlecht gehörte. Somit müssten die Hormone in ihrem Körper vollkommen denen eines Mädchens entsprechen und so langsam müsste das Wachstum der Brust beginnen und die Tage kommen. Klar gab es auch Frauen mit kaum Busen, doch gar nichts war auch nicht gut.
Nach weiteren schweigenden Minuten bog der Wagen auf die Auffahrt zu dem Haus ein.
"Hier, nimm das." - einen langen Mantel von der Rückbank nehmend hielt er ihn Yoonji hin. - "Ich weiß, wie Jae darauf reagiert, dich in 'Mädchen-Kleidung' zu sehen, doch ich hatte nichts anderes Zuhause."
Die Augen verdrehend nahm sie dem Mantel an. - "Danke, aber sie sollte es vielleicht irgendwann mal akzeptieren. Außerdem dürfen auch Jungs Röcke tragen."
"Nimms ihr nicht übel." - seiner Tochter einen Kuss auf die Stirn drückend verabschiedete er sich von ihr. - "Am Donnerstag kann ich dich nicht zum Schwimmen fahren."
"Ich find schon eine Lösung." - aus dem Auto kletternd schmiss sie die Tür zu, auch wenn das ihr Dad nicht gerne sah und winkte dem Auto noch einmal, bevor sie durch die Tür im Inneren des Hauses verschwand.
Den Mantel zog sie nicht an. Sie hatte es satt, sich vor ihrer Mutter zu verstecken. Yoonji liebte beide, doch sollten beide akzeptieren, dass sie mit beiden Geschlechtern aufwuchs und das hauptsächlich durch ihre Eltern. Denn entschieden, welches Geschlecht sie war, hatten beide bereits eine Stunde nach ihrer Geburt.
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Zum vorherigen Kapitel: Bei den 1000 m schwimmen... es ist lediglich ein Wettkampf unter den Teammitgliedern, deswegen habe ich den Wasserstart außen vorgelassen.
<3
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