Schweiß und Trauben

Am nächsten Morgen wurden wir von einem lauten, dröhnenden Geräusch geweckt, das sich wie das metallische Echo einer Trommel in meinem Kopf anfühlte. Neben mir stöhnte Noah und vergrub ihr Gesicht tiefer ins Kissen, als würde sie versuchen, der unvermeidlichen Realität zu entkommen. Ich konnte mich selbst kaum aufrappeln, als ich den Schlaf wie einen Nebel aus meinen Augen wischte und das schrille, nervtötende Geräusch vergeblich zu ignorieren versuchte.

Die Nacht war unerwartet lang geworden, nachdem wir Amalias Geburtstag bis in die frühen Morgenstunden gefeiert hatten. Ein Fest, das in der Dunkelheit der Nacht aufblühte, bis der Morgen, von dem wir nun viel zu früh geweckt wurden, an unsere Tür klopfte. Die Sonne war noch nicht einmal vollständig über den Horizont geklettert, geschweige denn das Zimmer in Licht getaucht. Alles in mir sträubte sich gegen das Aufstehen, gegen den unbarmherzigen Wecker, der uns aus der sanften Umarmung des Schlafes riss.

Doch das Geräusch wurde nur lauter, aggressiver, bis es plötzlich von einer lauten Stimme unterbrochen wurde. Rae versuchte, etwas zu sagen, seine Worte jedoch gingen im Lärm unter.

Noah stemmte sich mit einem Knurren aus dem Bett und stampfte zur Tür. Verschlafen und mit schwerem Kopf sah ich ihr nach. Die Tür wurde von ihr aufgerissen, und der Flur kam in unser Blickfeld. Direkt gegenüber standen Amalia und Rae, die genauso verschlafen und verwirrt wirkten wie wir. Ihre Gesichter spiegelten dieselbe Mischung aus Ärger und Müdigkeit wider, die auch in meinem Inneren tobte. Doch was den Flur wirklich beherrschte, waren meine Tante Florence und mein Dad. Beide standen mit großen Töpfen und Löffeln bewaffnet, die sie lautstark gegeneinander schlugen, um ein ohrenbetäubendes Scheppern zu erzeugen. Vor der Tür war das Geräusch noch einigermaßen gedämpft gewesen, doch jetzt dröhnte es mit voller Wucht durch das Zimmer. Ich hielt mir die Ohren zu, so unerträglich war der Lärm.

„Mum! Mum! Hörst du mal-Mum!", versuchte Rae es erneut, doch Tante Florence reagierte nur, indem sie noch härter auf die Töpfe einschlug. Sie sah dabei erschreckend amüsiert aus. Immer wieder brachen sie und mein Dad in lautes Lachen aus.

Hatten die beiden etwa getrunken?

Wir vier starrten die beiden Erwachsenen verwirrt und genervt an, bis Dad plötzlich laut „Halt!" rief und sie sofort mit dem Krach aufhörten. Die Erleichterung stand uns ins Gesicht geschrieben. Mittlerweile stand ich neben Noah, die sich gegen den Türrahmen gelehnt hatte. Ihre Augen waren geschlossen-ob vor Müdigkeit oder um sich zu beherrschen, wusste ich nicht. Doch wahrscheinlich hatten wir alle den Drang, die Kochutensilien aus dem Fenster zu werfen.

Dad schob seine Brille, die ihm weit auf die Nase gerutscht war, wieder hoch und holte dramatisch Luft. „Wir erwarten euch in zehn Minuten vollständig angezogen in der Küche. Dort werdet ihr euer Frühstück einnehmen und euch dann auf den Hof begeben. Wer zu spät kommt oder gar nicht erscheint, übernimmt die nächsten Tage den Abwasch-ohne Spülmaschine." Seine Worte klangen streng, beinahe wie die eines Offiziers, und ließen keinen Raum für Widerspruch. Noch bevor wir richtig reagieren konnten, hatten sich Dad und Tante Florence schon umgedreht und gingen die Treppe hinunter, nicht ohne noch ein letztes Mal auf die Töpfe zu schlagen. Doch das war nichts im Vergleich zu dem Lärm von zuvor. Wir sahen uns nur fragend an, keiner von uns verstand, was da gerade passierte.

„Was haben die jetzt schon wieder vor?", fragte Noah noch immer mit geschlossenen Augen.

Rae zuckte mit den Schultern. „Ist gerade echt egal. Habt ihr nicht gehört? Der Abwasch-alleine und ohne Spülmaschine!"

Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, stürmten wir zurück in unsere Zimmer, um uns rechtzeitig fertig zu machen. Rae war der Erste, der die Treppe hinunterrannte, dicht gefolgt von mir, Noah und dann Amalia. Trotz der Hektik waren wir alle pünktlich in der Küche, wo uns ein bereits gedeckter Tisch erwartete. Neben frisch gepresstem Orangensaft und kaltem Tee waren auch Teller voller Früchte, Spiegeleier und knuspriger Bacon angerichtet. Der köstliche Duft erfüllte den Raum, und trotz des Festessens am Abend zuvor lief mir das Wasser im Mund zusammen.

Tante Florence hatte sich, wie so oft, alle Mühe gegeben, um uns zufrieden zu stellen. Diese Frau hatte wirklich jeden Preis auf der Welt verdient. Hungrig setzten wir uns an den Tisch und begannen sofort zu essen, ohne zu bemerken, dass es noch nicht einmal halb zehn war und keiner der Erwachsenen zu sehen war. Im Moment war das Frühstück das Wichtigste. Teller wurden herumgereicht, Gläser erneut gefüllt, und so verbrachten wir mindestens eine dreiviertel Stunde nur mit Essen.

Bis mein Vater den Raum betrat. Sein Gesichtsausdruck war ernst, fast grimmig, und wir starrten ihn fragend an. Er hob seine Hand, in der er eine weinrote Weintraube hielt-eine von denen, die überall auf dem Hof wuchsen. Noch immer mit demselben ernsten Blick musterte er jeden von uns.

„Weiß jemand, was das ist?", fragte er in die Runde.

„Uhm, ja? Eine Weintraube?", antwortete Amalia sofort, skeptisch die Hand hebend.

Dad nickte nur und behielt dabei seinen ernsten Ausdruck. „Warum, glaubt ihr, habe ich diese Weintraube in der Hand?"

Rae stöhnte auf und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. Wir anderen sahen meinen Vater nur an, während sich in mir das leise Gefühl verstärkte, dass er und Tante Florence vielleicht doch getrunken hatten.

„Naja... vielleicht hast du sie gepflückt?" Noahs Stimme verriet, wie wenig ernst sie die Situation nahm.

„Falsch!", schrie Dad plötzlich laut und ließ uns alle zusammenzucken. Amalia fasste sich erschrocken ans Herz. „Sie ist mir heute Morgen auf den Kopf gefallen! Überall liegen sie im Hof! Ihr wisst, was das bedeutet!" Seine Stimme klang wie die eines Generals, der seine Truppen vor der Schlacht motiviert. Es wäre fast amüsant gewesen, hätte ich nicht sofort gewusst, was das zu bedeuten hatte. Sofort erklang Gemurre und Protest von uns, doch es half nichts.

„Na na! Das ist aber die falsche Reaktion! Ihr habt die Ehre, diese kostbaren Früchte zu pflücken! Also! Wo ist eure Begeisterung?" Auffordernd hob er die Faust in die Luft, seine Augen funkelten vor Begeisterung.

Unsere Reaktion war ein langgezogener, kraftloser Jubelruf, doch es gab kein Entkommen. Widerwillig trotteten wir hinter Dad auf den Hof, wo schon Tante Florence mit Strohhüten, Eimern, Zangen und Handschuhen auf uns wartete. Mehrere Leitern lehnten an der Hauswand. Auf ihrem Gesicht lag ein strahlendes Lächeln, das selbst die Sonne in den Schatten stellte.

„Auch mal da, ihr Schlafmützen!", begrüßte sie uns enthusiastisch. Wir antworteten nur mit Gemurre, das natürlich ignoriert wurde. Dad gesellte sich zu seiner Schwester.

„Also, wie ihr bestimmt wisst, müssen die reifen Trauben gesammelt werden", begann er mit seiner Erklärung, während wir ihn unbeeindruckt anstarrten.

„Aber das wäre ja total langweilig für euch, sie einfach nur einzusammeln und dann uns zu übergeben", führte Tante Florence fort.

„Kriegen wir Geld?", rief Amalia dazwischen.

Sofort erntete sie einen bösen Blick von ihrer Mutter. Also kein Geld.

„Wir machen daraus einen Wettbewerb. Das Team, das die meisten Weintrauben gesammelt hat, bekommt eine Belohnung."

Sofort war unser Interesse geweckt. Wettbewerbe waren schon immer unsere Schwachstelle gewesen. Wir liebten es, uns gegenseitig zu übertreffen, was oft in hitzigen Diskussionen und Streitereien endete. Doch am Ende hatten wir uns immer wieder versöhnt, weshalb unsere Eltern solche Wettbewerbe auch so gerne inszenierten.

„Eine Belohnung?", fragte Rae skeptisch, während er die beiden Erwachsenen musterte.

„Ja, eine Belohnung, aber die bleibt natürlich geheim", antwortete Dad mit einem verschmitzten Grinsen, das ihn eindeutig erfreute, als wir uns lauthals beschwerten.

„Nun seid einmal still. Wir wissen alle, dass ihr viel zu neugierig seid, um Nein zu sagen", konterte Tante Florence leicht genervt.

„Als hätten wir eine Wahl", flüsterte Noah, und ich musste leise kichern. Sie hatte recht-wir hatten keine Wahl. Tante Florence gegenüber konnte einfach niemand Nein sagen.

„Also gut! Noah und Amalia, ihr seid ein Team. Rae und Gracie, ihr seid das zweite Team. Ihr habt ab jetzt eine Stunde Zeit, dann kommen wir wieder und schauen uns das Zwischenergebnis an."

Mit einem letzten Seufzen ergaben wir uns in unser Schicksal. Noah und Amalia zogen ihre Strohhüte tiefer ins Gesicht, während Rae und ich uns entschlossen, diesen Wettbewerb mit aller Ernsthaftigkeit anzugehen. Mein Dad und Tante Florence gaben uns die letzten Instruktionen und zogen sich dann zurück, vermutlich um unseren Eifer aus sicherer Entfernung zu beobachten und vielleicht auch, um über unsere Bemühungen zu schmunzeln.

Rae und ich machten uns sofort an die Arbeit. Der Hof war weitläufig, und überall hingen die Weintrauben schwer und saftig an den Reben. Die Luft war erfüllt von dem süßen Duft der reifen Früchte, und das leise Summen der Bienen, die ebenfalls von den Trauben angezogen wurden, bildete eine beruhigende Hintergrundmelodie.

Während wir uns auf unsere Aufgabe konzentrierten, konnte ich jedoch nicht ganz die bitteren Gefühle unterdrücken, die in mir aufstiegen. Es war nicht lange her, dass Rae mich und Noah einfach in der Mall stehen gelassen hatte. Ich erinnerte mich noch genau an seinen Gesichtsausdruck, kühl und distanziert, als er mir erklärte, dass meine romantischen Gefühle gegenüber Noah „falsch" seien. Diese Worte hatten mich tief getroffen, nicht nur, weil sie meine Gefühle abwerteten, sondern auch, weil sie von jemandem kamen, den ich lange als einen engen Freund betrachtet hatte. Wie konnte er so sicher wissen, was richtig und was falsch war, wenn es um mein Herz ging? Und jetzt, während wir hier Seite an Seite arbeiteten, war ich mir nicht sicher, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Sollte ich so tun, als wäre alles in Ordnung? Sollte ich ihm die kalte Schulter zeigen? Doch während diese Gedanken in mir wühlten, konnte ich nicht leugnen, dass Rae sich Mühe gab, sich wieder mit mir zu verstehen.

„Okay, Plan: Wir konzentrieren uns auf die besten Stellen", schlug Rae vor, während er sich die Zangen schnappte und begann, eine Leiter an eine besonders üppige Rebe zu lehnen. „Wenn wir die Trauben an den hohen Stellen pflücken, die die anderen wahrscheinlich ignorieren, haben wir eine bessere Chance."

Ich nickte und schnappte mir ebenfalls einen Eimer. „Guter Plan. Du kletterst, ich halte unten die Eimer und pflücke, was ich so erreichen kann."

Obwohl wir eine gute Arbeitsteilung gefunden hatten, war da immer noch eine Spannung zwischen uns, die wie eine unsichtbare Mauer im Raum stand. Rae hatte die Worte „Es tut mir leid" nicht direkt ausgesprochen, aber sein Engagement und seine Ernsthaftigkeit sprachen Bände. Vielleicht war dies seine Art, sich zu entschuldigen. Doch konnte ich das so einfach akzeptieren? Konnte ich vergessen, wie er mich verletzt hatte, nur weil er jetzt so tat, als wäre nichts gewesen?

Ich versuchte, mich auf die Trauben zu konzentrieren, die prall und glänzend in der Morgensonne leuchteten. Es war fast meditativ, sie abzuzupfen und in den Eimer fallen zu lassen. Von irgendwo auf dem Hof hörte ich Amalia lachen, gefolgt von einem lauten Fluch von Noah. Sie hatten wohl auch schon angefangen, und ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie Noah bereits genervt aufgab, während Amalia sich in den Wettbewerb stürzte. Ein Teil von mir wünschte, ich wäre in ihrem Team, ohne all diese unausgesprochenen Spannungen.

Nach einer Weile kam Rae wieder herunter, sein Eimer bereits halb voll. „Wie läuft's bei dir?", fragte er, und ich zeigte stolz auf meinen eigenen Eimer, der ebenfalls gut gefüllt war.

„Nicht schlecht! Wenn wir so weitermachen, sollten wir gut im Rennen liegen", antwortete ich grinsend. Rae nickte zufrieden und begann, die Leiter ein Stück weiter zu tragen, während ich meinen vollen Eimer gegen einen leeren austauschte.

Wir arbeiteten in konzentriertem Schweigen weiter, ab und zu unterbrochen von kurzen Rufen der anderen, die irgendwo auf dem Hof beschäftigt waren. Die Sonne kletterte langsam höher, und die Wärme des Tages machte sich bemerkbar. Schon bald hatten wir Schweißperlen auf der Stirn, und das Gras unter unseren Füßen war angenehm kühl.

Eine Weile später, als Rae und ich eine kurze Pause einlegten, sahen wir Amalia und Noah in einiger Entfernung. Sie hatten ihre Leitern zusammengestellt und arbeiteten Seite an Seite, was mich ein wenig neidisch machte. Auch wenn Rae und ich gut zusammenarbeiteten, vermisste ich manchmal das lockere Geplauder, das ich mit Noah führen konnte, während wir uns über die einfachsten Dinge unterhielten.

„Hey, keine Zeit zum Trödeln!", rief Rae plötzlich und schnippte mir eine kleine Traube zu, die er in der Hand gehalten hatte. „Wir haben einen Wettbewerb zu gewinnen!"

Ich lachte und fing die Traube auf. „Schon gut, ich bin dabei." Wir machten uns wieder an die Arbeit, und die nächsten Minuten vergingen wie im Flug. Wir kletterten, pflückten und lachten, und obwohl der Tag langsam heißer wurde, verloren wir unser Ziel nicht aus den Augen.

Endlich, als die Stunde fast um war, tauchten Tante Florence und mein Dad wieder auf. Sie inspizierten unsere Fortschritte mit kritischen Blicken, nickten aber anerkennend, als sie unsere gut gefüllten Eimer sahen. Rae und ich klatschten uns gegenseitig ab, während die beiden Erwachsenen zu Amalia und Noah weiterzogen.

Nachdem sie auch dort ihre Runde gemacht hatten, stellten sie uns alle in einer Reihe auf und verkündeten feierlich: „Die erste Runde ist vorbei! Und das Gewinnerteam... wird nach der nächsten Runde bekannt gegeben!"

„Was?!", riefen wir alle gleichzeitig, während sich meine Tante und mein Vater mit verschmitzten Grinsen ansahen.

„Es gibt noch eine zweite Runde", erklärte Dad, die Hände in die Hüften gestemmt. „Dieses Mal geht es darum, die Trauben richtig zu verarbeiten. Schließlich müssen sie eingemacht, zu Saft gepresst oder getrocknet werden. Ihr habt wieder eine Stunde Zeit, und die Teams bleiben dieselben."

„Was? Das war doch nicht abgemacht!", beschwerte sich Noah sofort, während Amalia neben ihm protestierend die Hände in die Luft warf.

„Tja, das Leben ist voller Überraschungen", sagte Tante Florence und zwinkerte uns zu. „Also, an die Arbeit!"

Obwohl wir alle ein wenig enttäuscht waren, uns nicht sofort ausruhen zu können, packten wir es an. Rae und ich machten uns daran, die Trauben in der Küche zu waschen und zu sortieren, während Noah und Amalia sich auf das Entsaften konzentrierten. Es war chaotisch, die Trauben rutschten uns aus den Händen, der Saft spritzte überall hin, und wir konnten das Lachen nicht zurückhalten, als Rae sich den Daumen mit einer Weintraube verklemmte.

Die Zeit verging schnell, und als die Stunde fast um war, hatten wir alle Hände voll zu tun, den Saft in Flaschen abzufüllen und die Traubenreste zu trocknen. Unsere Küche glich einem Schlachtfeld, überall lagen Trauben und Tropfen von Saft.

Als wir schließlich fertig waren, versuchte ich, meine widersprüchlichen Gefühle zu ordnen. Rae hatte sich heute wirklich angestrengt, und vielleicht war das seine Art, wieder Boden gut zu machen. Doch etwas in mir war immer noch verletzt. Konnte ein guter Tag voller Arbeit und Lachen die Worte vergessen lassen, die so tief getroffen hatten?

Schließlich riefen uns Dad und Tante Florence in den Hof zurück. Schweißgebadet, aber stolz auf unsere Arbeit, traten wir an.

„Gut gemacht, alle zusammen", sagte mein Vater und betrachtete unsere Arbeiten. „Aber es kann nur ein Gewinnerteam geben..."

„Und das Gewinnerteam ist...", fügte Tante Florence hinzu, indem sie die Spannung ins Unermessliche zog.

Wir hielten alle den Atem an, während sie uns mit funkelnden Augen ansahen.

„Rae und Gracie!", verkündete Dad schließlich, und Rae und ich brachen in Jubel aus. Noah und Amalia murrten zwar, aber letztendlich schlossen sie sich dem Applaus an.

Ich konnte nicht anders, als bei Raes zufriedenen Grinsen auch ein wenig stolz auf uns zu sein. Vielleicht war das ein erster Schritt in Richtung Versöhnung.

„Und eure Belohnung...", begann Tante Florence, bevor sie eine kleine Schachtel aus ihrer Tasche zog. „...sind diese hausgemachten Pralinen!"

Unsere Augen leuchteten auf, als wir die kleine Schachtel mit den köstlich aussehenden Pralinen entdeckten. Diese Pralinen waren nicht einfach nur Süßigkeiten. Sie waren ein echtes Familiengeheimnis, von Tante Florence mit größter Sorgfalt und Liebe zum Detail hergestellt. Jede Praline war ein kleines Kunstwerk, mit einer Füllung aus den feinsten Zutaten, die man sich vorstellen konnte. Sie waren eine seltene Delikatesse, die nur zu besonderen Anlässen verteilt wurde. Als Kinder hatten wir uns immer darum gestritten, wer die meisten bekam, und auch jetzt konnte ich den verlockenden Duft der Schokolade und den feinen Nuancen der Füllungen kaum widerstehen. Noah und Amalia sahen zwar enttä...Noah und Amalia sahen zwar enttäuscht aus, versuchten aber, ihre Gesichter zu wahren. Noah zuckte schließlich die Schultern und meinte mit einem schiefen Grinsen: „Na gut, ihr habt's euch verdient. Aber erwartet nicht, dass wir das nächste Mal so leicht aufgeben."

Amalia nickte zustimmend. „Genau, beim nächsten Mal sind wir dran."

Rae und ich lächelten nur. Wir wussten beide, dass der Sieg uns beiden gutgetan hatte, vielleicht aus unterschiedlichen Gründen. Ich fühlte mich bestärkt, und obwohl die Spannungen zwischen uns nicht völlig verschwunden waren, war dieser Tag ein Schritt in die richtige Richtung. Es war, als hätten wir eine Brücke zwischen uns gebaut, die stark genug war, um die Risse der Vergangenheit zu überbrücken.

Wir nahmen die Pralinen mit leuchtenden Augen entgegen und teilten sie unter uns auf. Der erste Biss war einfach himmlisch. Die Schokolade schmolz förmlich auf der Zunge, und die Füllung - ein Hauch von frischem Obst, Nüssen und ein Hauch von Gewürzen - war genau die richtige Balance aus süß und reichhaltig. Es war, als hätte man einen kleinen Moment des Glücks eingefangen.

„Okay, genug davon", meinte Tante Florence schließlich und tätschelte mir lächelnd den Rücken. „Lasst uns jetzt alles aufräumen und dann den restlichen Tag genießen. Ihr habt es euch verdient."

Während wir gemeinsam die Küche aufräumten und den Hof wieder in Ordnung brachten, spürte ich eine leise Zufriedenheit in mir aufsteigen. Dieser Tag hatte nicht nur Spaß gemacht, sondern auch geholfen, ein paar Wunden zu heilen - oder zumindest den Heilungsprozess einzuleiten.

Als wir schließlich alle fertig waren und uns zusammen im Schatten der großen Eiche vor dem Haus niederließen, lehnte ich mich zurück und schloss die Augen. Der Tag war heiß, die Arbeit anstrengend gewesen, aber ich fühlte mich, als hätte ich einen wichtigen Schritt gemacht.

„Hey, Gracie", hörte ich Rae neben mir sagen. Ich öffnete ein Auge und sah, wie er sich ein wenig verlegen die Haare aus der Stirn strich. „Ich... ich wollte dir nur sagen, dass ich das heute echt genossen habe. Danke, dass du mich nicht ignoriert hast."

Ich lächelte leicht und zuckte mit den Schultern. „Es war okay. Und... vielleicht sollten wir das öfter machen."

Er nickte ernst. „Ja, vielleicht sollten wir das."

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