36 - Vorbereitungen


POV Gio

Die Sonne schien durch die dünnen Vorhänge, als ich in Tianos Armen aufwachte.

Die vergangene Nacht war schon wie die davor sehr lang und wir haben erneut bis zum Morgengrauen gefeiert, nachdem wir am Tag die Finca und die Terrasse geputzt hatten, während  die Jungs einige Reparaturen erledigten und die Einkäufe besorgten.

Der Cachaça von Joãos Onkel Benício war echt stark, was sich an meinem pochenden Kopf bemerkbar machte.

Mit geschlossenen Lidern blieb ich auf Tianos  Brust liegen und lauschte seinem Herzschlag, während sich sein Brustkorb langsam und gleichmäßig hob und senkte.

Von draußen drangen Stimmen zu uns herein. So wie es sich anhörte,  waren die Hochzeitsvorbereitungen schon im vollen Gange.

Langsam ließ ich meine Augen über Tianos Oberkörper schweifen, während ich mit den Fingerspitzen sanft die Linien eines seiner Tattoos nachzeichnete.

Ich konnte mir gut vorstellen, dass seine Eltern nicht sehr begeistert davon waren. Ich hatte auch noch nie einen Politiker mit Körperbemalung gesehen.

Aber dieses Thema lag zum Glück hinter ihm.

„Bom dia, mi vida", hörte ich ihn verschlafen sagen, während er zärtlich über meine Haare strich.

„Wir sollten aufstehen und den anderen helfen", hauchte ich dann an seinen Lippen, bevor ich sie mit meinen berührte.

„Hmm... dann solltest du das aber besser lassen", stöhnte er in meinen Mund, während sich unsere Zungenspitzen immer wieder leicht streiften.

„Und wenn ich das aber gar nicht möchte?", flüsterte ich während der Küsse.

„Dann werden sie wohl die Hochzeit ohne uns feiern müssen", lächelte er an meinem Mund, bevor er erneut an meiner Oberlippe knabberte.

Nachdem wir uns dann irgendwann voneinander losreißen konnten, putzten wir  gemeinsam die Zähne in dem angrenzenden Badezimmer.

Dann verschwand Tiano nach draußen um João dabei zu helfen die Stühle und Tische richtig zu platzieren.

Währenddessen tapste ich barfuß und nur mit einem langen T-Shirt bekleidet in die Küche, wo meine Mom gerade dabei war ihre berühmte Feijoado zuzubereiten.

„Bom dia, Mama", begrüßte ich sie mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange und klaute eine Orangenscheibe vom Teller, woraufhin sie mir leicht auf die Hand klopfte.

„Wirst du wohl die Finger von meiner Dekoration lassen",  schimpfte sie mit einem warmen Lächeln und schnitt ein weiteres Stück von der Orange ab um es mir zu geben.

„Wo ist Danilo?", erkundigte ich mich, während ich an der Scheibe knabberte und sie dabei beobachtete, wie sie sorgfältig die Teller dekorierte.

„Der ist mit Onkel Benício unterwegs", erwiderte sie und reichte mir eine kleine Schüssel mit verschiedenem Obst, welches übrig geblieben war.

„Nimmst du eigentlich noch deine Medikamente?", sprach ich dann ein Thema an, was so gar nicht zu diesem fröhlichen Tag passte.

„Ja, das tue ich. Mach dir bitte um mich keine Sorgen", kam sie zu mir herüber um mich zu betrachten.

„Ich bin so froh, dass du von diesem Jesús weg bist. Er war kein guter Mann."

Sie umschloss mit ihren warmen Händen meine Wangen und sah mir förmlich in die Seele.

Ich hatte ihr nie verraten, woher das Geld für ihre Medikamente und die Miete kam. Denn ich wusste, dass sie lieber an ihrer Krankheit gestorben wäre,  als dass sie es auch nur eine Sekunde geduldet hätte, mich als Prostituierte arbeiten zu lassen.

„Du solltest dich langsam anziehen. Die Gäste werden bald kommen", ermahnte sie mich und ich fühlte mich für einen kurzen Moment wieder wie die fünfjährige Gio.

Es war mittlerweile spät am Nachmittag, als wir uns langsam für die bevorstehende Trauung zurecht machten.

„Ich glaube, ich werde nie heiraten", seufzte Triana wehmütig, während wir Kata dabei halfen in ihr Brautkleid zu steigen.

„Halt die Klappe Sailor Moon. Irgendwann wird der Richtige kommen und dann wirst du wahrscheinlich noch vor mir heiraten", versuchte ich sie, wie so oft auf lustige Weise aufzumuntern.

„Klar, wer will schon so jemanden wie mich haben?", verzog sie daraufhin ihren Mund.

„Jemand der dich auch verdient hat", kniff ich ihr in die Wange, während wir beide auf dem Boden hockten um das Brautkleid in Form zu bringen.

„Gio hat Recht. Irgendwann steht plötzlich der Richtige vor dir in einem Moment, wo du gar nicht damit rechnest. So war es zumindest bei mir und João", mischte sich Kata jetzt ein und drehte sich zu uns herum.

„Meu Amor...", ging plötzlich die Tür auf und João steckte seinen Kopf um die Ecke.

„Verschwinde hier!", sprangen Triana und ich geistesgegenwärtig hoch und stürmten zur Tür um ihn wieder nach draußen zu schieben.

„Du weißt schon das es Unglück bringt, wenn du die Braut vorher siehst?", rief ich ihm durch die geschlossene Tür zu.

„War das auch der Grund, warum ich die letzten zwei Nächte alleine auf dem Sofa verbringen musste?", murmelte er genervt von der anderen Seite und man konnte sein Augenrollen dabei hören.

„So sind nun mal die Traditionen", erklärte ich ihm. Allerdings mit einem breiten Grinsen im Gesicht und auch Triana und Kata hielten sich die Hand vor den Mund um nicht laut los zu lachen.

„An so einen Scheiß glaubt auch nur ihr", knurrte er.

„Okay, dürfte ich jetzt trotzdem bitte mit meiner Frau sprechen?"

„Nein!", brüllten Triana und ich gleichzeitig und stemmten uns mit dem Rücken gegen die Tür.

„Was ist denn hier los?", hörte ich Tiano irritiert  fragen.

„Keine Ahnung, aber ich hasse diese Traditionen", knurrte João sichtlich genervt.

„Gio? Darf ich kurz reinkommen?", klopfte er an die Tür, woraufhin ich sie einen Spalt öffnete.

„Aber nur kurz. Wir haben nämlich noch ziemlich viel zu tun", erklärte ich und zog ihn dann an der Schulter zu uns herein, sodass João nichts sehen konnte.

Kaum das Tiano drin stand, verriegelte Triana sofort wieder die Tür.

„Ach und der darf meine Frau sehen? Tolle Tradition", meckerte João weiter, sodass Kata Mitleid mit ihm bekam und sich durch die fünf Zentimeter dicke Holzschicht hindurch mit João unterhielt.

„Euch geht's gut wie ich sehe", meinte Tiano mit einem schiefen Lächeln, während er seinen Blick über  die Weinflaschen schweifen lies.

„Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich kurz ins Nachbardorf fahre Zigaretten kaufen", meinte er anschließend und strich mir gleichzeitig eine Strähne hinter das Ohr.

Er sah einfach atemberaubend aus in seinem dunkelgrauen Designer Anzug, sodass ich mir unbewusst auf die Unterlippe biss.

„Du rauchst ziemlich viel seit gestern", stellte ich  dann besorgt fest, während ich ihm tief in die Augen sah.

„Ist wirklich alles in Ordnung bei dir?", fragte ich ihn zum wiederholten Male.

Doch außer einem kleinen Lächeln bekam ich erneut keine Antwort.

Wortlos legte er seine Hand auf meine Wange um mir einen Kuss auf die Stirn zu geben.

Dann verschwand er zur Tür hinaus, was Triana kurz aufschreien ließ, weil er sie versehentlich zu weit geöffnet und João schon wieder seinen Kopf drinnen stecken hatte.

„So kann ich nicht arbeiten", gab Triana auf und goss sich ein weiteres Glas Wein ein.

Nachdem  wir es endlich geschafft hatten Katas Haare zu bändigen, zogen wir uns die rosé farbenen Brautjungfern Kleider an, welche sie schon einige Tage vorher besorgt hatte.

Denn die Hochzeit war nicht ganz so spontan, wie es vorgestern noch den Anschein hatte.

Während Triana Kata noch ein wenig beim Make up half, machte ich mich auf den Weg nach draußen um zu sehen, ob ich noch irgendetwas tun konnte.

Als mir plötzlich an der Tür ein Mann mit einer Torte entgegen kam, welche so riesig war, dass ich ihn dahinter kaum erkennen konnte.

„Wo soll ich sie hinstellen? Senhor Lopez meinte etwas von einem Abstellraum. Könnten sie mir vielleicht den Weg zeigen", sprach mich der   Mann  mit der typischen, weißen Konditor Kleidung an und lugte hinter der Torte hervor.

„Na klar, gerne. Kommen sie mit", erwiderte ich ohne ihn näher zu betrachten.

Dann folgte er mir in den hinteren Teil des Hauses, wo es einen riesigen, kühlen Raum gab, in dem Onkel Benício all seine Lebensmittel lagerte. Unter anderem auch die Bananen die er erntete und zum Verkauf vorbereitete.

„Stellen sie sie am besten dort drüben auf den Tisch", wies ich ihn an und blieb in der Tür stehen.

Die Torte sah wunderschön aus. Sie bestand aus drei Etagen und war mit unzähligen Blüten aus Zucker verziert.

"Hat Ihnen João schon das Geld gegeben?", erkundigte ich mich leicht abwesend, während er die Torte sicher abstellte.

"Ist alles erledigt", erwiderte er immer noch mit dem Rücken zu mir gewandt und ich beobachtete ihn stirnrunzelnd, was er so lange machte.

"Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?", fragte ich zögerlich.

"Vielleicht", meinte er daraufhin und mein Herz setzte mehrere Schläge aus, als er sich zu mir wandte.

"Ola, Gio!"

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