32 - Abgeschlossen


POV Tiano

"Kannst du dich bitte beruhigen, Veronique", tätschelte ich ihr unbeholfen und total überfordert  auf dem Rücken herum, während wir vor dem Eingang standen - und schob sie dann an den Schultern vorsichtig von mir.

Sie kam mir plötzlich wie eine Fremde vor, was selbst mich für einen kurzen Moment schockierte.

"Ich habe dich so sehr vermisst", ignorierte sie mein abweisendes Verhalten und schlang erneut ihre Arme um meinen Hals.

"Lass das bitte, okay", gab ich ihr mit deutlich ernster Stimme zu verstehen, während ich ihre Arme von mir löste.

"Aber was ist denn los, Mozão? Was habe ich getan?", sah sie mich verzweifelt an.

"Nichts, aber wir müssen trotzdem reden", erklärte ich ihr, während ich ihre Handgelenke noch immer festhielt.

"Freust du dich etwa nicht auf das Baby?"

"Doch, sehr sogar. Und genau deshalb müssen wir dringend miteinander sprechen."

"Tiano Salvatore de Loreto Vargas. Wo hast du gesteckt?", kam mein Vater durch die Eingangshalle auf uns zugestürmt und an seinem roten Gesicht konnte ich erkennen, das er nicht gut auf mich zu sprechen war.

Trotzdem war ich in diesem Moment froh, dass er diese unangenehme Situation zwischen Veronique und mir unterbrach.

"Hallo Vater", erwiderte ich kühl und versuchte irgendwie ruhig zu bleiben.

"Du nimmst dir ohne ein Wort zu sagen den Privatjet.  Du schaltest dein Handy tagelang aus. Deine Mutter war ganz krank vor Sorge", schrie er mich an.

"Es tut mir leid", blieb  ich gefasst.

"Es tut dir leid?", rieb er sich mit einer Hand über die Stirn.

"Ich habe die verdammte halbe Armee von Rio nach dir suchen lassen und es tut dir leid? Du kommst hier einfach herein spaziert und tust so als wäre nichts gewesen. Was ist bloß in dich gefahren?", er richtete seinen Blick in den Himmel und atmete einmal tief durch um sich zu beruhigen. Doch an seinen geballten Fäusten konnte ich erkennen, dass es nichts half.

"Salvatore. Jetzt lass ihn doch erstmal herein kommen. Ich bin mir sicher es gibt eine Erklärung für alles", setzte sich meine Mutter für mich ein und erst jetzt bemerkte ich sie in der Halle stehen.

Doch auch ihr Blick verriet, dass sie sehr enttäuscht von mir war.

"Olá Mama", ging ich zu ihr und begrüßte sie mit einem Kuss rechts und links auf die Wange.

"Ich würde sagen, wir beruhigen uns jetzt erst einmal alle und Essen gemeinsam, bevor es ganz kalt wird. Und dann werden wir sehen, wie es nun weiter geht. Immerhin erwarten wir einen Familienzuwachs und das sollte durchaus gut geplant werden. Vor allem die öffentliche Bekanntgabe", versuchte meine Mutter wie immer einen kühlen Kopf zu bewahren, indem sie die Kontrolle über alles behielt.

Ich liebte sie schon immer mehr als meinen Vater, aber in diesem Moment fiel mir zum ersten Mal Veroniques Ähnlichkeiten zu ihr auf und ich hielt für einige Sekunden die Luft an.

"Natürlich Soraya, du hast Recht. Wir sollten jetzt alle die Nerven behalten und als Familie zusammen halten. Tut mir Leid, das ich laut geworden bin", entschuldigte sich mein Vater bei meiner Mutter und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

Mit gerunzelter Stirn beobachtet ich stutzig sein unterwürfiges Verhalten.

Ich wusste, dass meine Mutter hier im Haus das Sagen hatte und er sich nur in der Öffentlichkeit als der Stärkere präsentierte. Aber das er so den Schwanz einzog, war mir neu.

Das anschließende Essen verlief dementsprechend ruhig, fast schon zu ruhig und ich bekam kaum einen Bissen herunter, weil ich die ganze Zeit überlegte, wie ich es Veronique am besten erkläre ohne das sie ausrastet.

"Wo ist eigentlich Nati?", erkundigte ich mich nach meiner Schwester um die unangenehme Stille mit etwas erfreulichem zu durchbrechen.

"Sie ist bei Tio Cesar und Tia Vitória", erwiderte meine Mutter knapp, bevor sie sich weiter mit ihrem Essen beschäftigte.

"Okay, dann eben nicht", murmelte ich und presste anschließend meine Lippen zusammen.

"Können wir nach oben gehen?", forderte ich Veronique leise auf, als diese mit dem Essen fertig war. 

Ohne eine Reaktion, erhob sie sich.

"Ihr entschuldigt uns", gab ich meinen Eltern ganz förmlich zu verstehen. Dann verließen wir unter ihren kritischen Blicken den Saal.

Der Weg zu meinem alten Zimmer erschien mir endlos und ich folgte ihr stillschweigend, während ich immer noch nach den passenden Worten suchte - die es für solch eine Sache wahrscheinlich gar nicht gab.

"Wie geht es dir und dem Baby?", erkundigte ich mich kaum das ich die Tür hinter uns verschlossen hatte.

"Uns gehts gut", erwiderte sie knapp, während sie durch das Zimmer lief und sich umsah, als wäre sie das erste Mal hier.

"In der wievielten Woche bist du?", fragte ich weiter.

"Im vierten Monat", wandte sie sich zu mir und mein Blick schweifte automatisch auf ihren  Bauch.

"Das Wochenende als ich dich in LA besucht habe", erinnerte sie mich, woraufhin ich nur schweigend nickte.

"Ich dachte du nimmst die Pille?"

"Habe ich auch, aber ich musste sie eine Weile absetzen, weil ich sehr schlechte Haut bekommen habe", erklärte sie mir trocken.

"Und wieso hast du mir nichts gesagt? Dann hätte ich ein Kondom benutzt", hob ich fragend meine Hände. Doch sie wand sich von mir ab.

"Unser erster gemeinsamer Urlaub auf Hawaii. Wusste gar nicht, dass du das Foto hier stehen hast", ignorierte sie mal wieder gekonnt alles was sich hier gerade abspielte und betrachtete stattdessen das Bild, welches sie nun in der Hand hielt.

"Du hast das dort hingestellt", erinnerte ich sie.

"Oh", erwiderte sie mit gerunzelter Stirn und stellte es zurück ins Regal.

"Weißt du noch wie glücklich wir da waren?", kam sie auf mich zu und strich mir mit ihren Fingern über die Wange, woraufhin ich schluckte.

"Lass das bitte, okay", griff ich ihr Handgelenk und schob sie von mir.

"Was ist bloß passiert mit uns? Meinst du nicht wir können wieder genauso glücklich werden wie am Anfang?", hauchte sie trotz alledem nah an meinen Lippen und begann ihre andere Hand sanft in  meinen Nacken zu schieben.

"Du sollst das lassen", sah ich sie ohne jegliche Mimik von oben herab an.

Doch ihre Worte und ihre Nähe ließen vertraute Gefühle aufkommen, sodass ich  für einen Moment die Lider schloss, um mich zu sammeln.

"Lass uns wieder dahin fliegen. Nur du und ich. Weit weg von deinen Eltern und dem ganzen Stress mit den Medien", flüsterte sie und ihr heißer Atem vermischte sich mit meinem.

Dann berührten sie meine Lippen und plötzlich  war nur noch leere in meinem Kopf.

Ihre Arme um meinen Hals, presste sie ihren Körper an meinen und begann zärtlich an meiner Oberlippe zu saugen, bevor sie sanft ihre Zunge in meinen Mund schob, während ich wie zu Eis erstarrt alles über mich ergehen ließ.

"Du, ich und das Baby. In unserer eigenen Villa. Wir werden so glücklich miteinander sein und du ein ganz toller Vater. Die Medien werden uns Millionen für die ersten Fotos bezahlen", redete sie leise zwischen den Liebkosungen auf mich ein und brachte meine Gedanken vollkommen durcheinander.

Alles vermischte sich  miteinander, sodass ich plötzlich nicht mehr wusste, wo mir der Kopf stand.

"Natürlich empfindest du noch was für mich", meinte sie weiter, als sie ihre Finger über meine aufkommende Erektion gleiten ließ.

"Schlaf mit mir", stöhnte sie in meinen Mund, während ihre Hand langsam in meine Hose wanderte.

"Hör auf damit!", stieß ich sie von mir, als ich plötzlich ihre Finger an meinem Schwanz spürte.

Wütend funkelte ich sie an.

Wie konnte ich es soweit kommen lassen.
Verzweifelt fuhr ich mir mit beiden Händen durch die Haare.

"Ich will dich nicht heiraten und ich will auch nicht  mit dir zusammen sein, Veronique. Wir haben nie zusammen gepasst und wir werden es auch nie. Denn ich habe schon lange keinen Bock mehr auf deine ganze inszenierte Scheiße für die Presse. Ich weiß nicht einmal mehr wer du wirklich bist", ließ ich meine ganzen angestauten Emotionen freien Lauf  und stürmte dann durch die Tür.

Ich wollte einfach nur noch raus aus diesem Haus und zu den Menschen, denen ich wirklich vertraute, Menschen die mich kannten und die ich kannte - die mir nichts vorspielten und mich so nahmen, wie ich war.

Und ich wollte zu der Frau, die mich wirklich liebte und für die ich mein Leben geben würde

"Was hast du vor?", knurrte mein Vater hinter meinem Rücken, als ich gerade die Tür öffnen wollte.

"Du wirst jetzt verdammt nochmal hier bleiben. Du hast eine Frau um die du dich kümmern solltest und bald ein eigenes Kind. Also hör auf dich wie ein Teenager zu verhalten."

"Dir geht es doch gar nicht um Veronique und das Baby. Du willst doch nur, dass ich in deine Fusstapfen trete und den Schein der angeblich intakten Familie wahre. Aber soll ich dir was sagen. Hör endlich auf mein Leben zu planen. Ich bin kein Politiker und werde es auch nie sein", gab ich ihm deutlich zu verstehen, woraufhin er mich schockiert ansah. Denn es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich ihm meine Meinung ins Gesicht sagte.

Dann kehrte ich ihm den Rücken zu und öffnete die Tür.

"Wo willst du hin?"

"Einfach nur weit weg", erwiderte ich ohne ihn anzusehen.

"Ich wünschte Lorenzo wäre hier an deiner Stelle", brachte er daraufhin über die Lippen.

Dann herrschte für einen Moment absolute Stille.

Die Worte lagen schwer in der Luft und erfüllten die ganze Halle. Denn seit Lorenzos Verschwinden durfte niemand auch nur einmal den Namen meines Bruders erwähnen.

Man geht davon aus, dass er ertrunken ist, aber eine Leiche wurde nie gefunden.

Das ist zumindest die Geschichte, die man mir damals erzählt hatte. Obwohl ich lange Zeit Zweifel daran hatte und heimlich nach ihm gesucht habe.

Mit geschlossenen Augen atmete ich tief ein, bevor ich mich meinem Vater erneut zuwandte.

"Lorenzo hat dich genauso sehr gehasst, wie ich", presste ich zwischen den Zähnen hindurch, während ich ihn anfunkelte.

Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, spürte ich einen Schlag im Gesicht.

Den kurzen Aufschrei von meiner Mom und Veronique im Hintergrund ignorierte ich.

Vollkommen gefasst, rieb ich mir mit einer Hand über die Wange, während ich ihn mit meinen Augen  fixierte.

Ich warf einen letzten Blick über seine Schulter und sah in die traurigen Augen meiner Mutter.

Dann kehrte ich ihm wortlos den Rücken zu und verschwand durch die Tür.

"Wenn du jetzt gehst, dann bist du für mich gestorben, Tiano de Loreto Vargas", rief er mir hinterher.

"Ich scheiß auf das alles hier und ich scheiß auf deine Kohle", streckte ich ihm den Mittelfinger entgegen, während ich weiter die Auffahrt entlang lief.

"Das wirst du bitter bereuen. Dafür werde ich persönlich sorgen", waren seine letzten Worte. Dann herrschte absolute Stille.

Weit genug entfernt vom Haus, blieb ich einen Augenblick stehen um kurz durchzuatmen.

"Tiano, Mozão! Geh nicht", nahm ich Veros Stimme hinter mir wahr, und ich bereute es stehen geblieben zu sein.

"Was willst du noch, Veronique? Hast du mir eben nicht zugehört?", raufte ich mir innerlich die Haare und wandte mich ihr erneut zu.

"Ich wollte dir etwas zeigen", meinte sie mit bebender Stimme und reichte mir einen Briefumschlag.

"Was ist das?", verzog ich genervt die Mundwinkel und dachte nicht daran hineinzusehen.

"Mach ihn auf", drängte sie mich und schob meine Hand zurück, als ich ihr den Umschlag wiedergeben wollte.

"Das ist dein Kind", erklärte sie mir daraufhin mit einem zufriedenen Lächeln, woraufhin ich sie kurz ansah, bevor ich mit zittrigen Händen den Brief öffnete und ein Utraschallbild herausholte.

Normalerweise zeigte ich nie meine Emotionen. Etwas, was mir mein Vater beigebracht hatte. Er meinte immer, das zeige nur Schwäche.

Aber in dem Moment, als ich mein Kind das erste Mal sah, spürte ich wie mein Herz zu stolpern begann und meine Augen feucht wurden.

Ich konnte einfach nicht glauben, was ich da sah. Es war bereits ein richtiger kleiner Mensch, mit Augen, Ohren und sogar einer kleiner Stupsnase.

"Ich werde Vater", murmelte ich, während ich immer noch regungslos auf das Bild starrte.

"Ich will das du bei mir bleibst. Das du bei uns bleibst", meinte sie mit sanfter Stimme und legte meine Hand auf ihren Bauch.

"Wir brauchen dich, meu Amor", redete sie weiter auf mich ein, während ich nun ihren Bauch betrachtete, welcher sich unter dem bunten Blumenkleid bereits leicht zu wölben schien. Was wahrscheinlich auch daran lag, dass sie von Natur aus extrem Schlank war.

Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.

"Ich weiß für euch Männer ist so eine ungeplante Schwangerschaft nicht einfach und du fühlst dich wahrscheinlich total überrumpelt damit.  Aber glaub mir, für mich ist es auch nicht leicht. Du weißt, was ich für Pläne als Modell hatte. Die kann ich jetzt natürlich erst einmal vergessen", erklärte sie mir in einem verständnisvollen Ton, während sie ihre Hand über meine legte.

"Aber weißt du was. Das ist mir ganz egal, solange du an meiner Seite bist, bin ich glücklich", strahlte sie mich an"

"Wir können das schaffen, Tiano.  Você e Eu", blinzelte sie mich mit ihren großen, runden Augen an und mir drehte sich bei diesen Worten augenblicklich der Magen um.

Denn das waren meine letzten Worte an Gio.

Ruckartig zog ich meine Hand unter ihrer hervor, woraufhin sie mich völlig perplex ansah.

"Tut mir leid, Vero. Das ist alles echt toll was du hier erzählst. Aber ich kann nicht mit jemanden zusammen sein, den ich nicht liebe! Ich werde mich um unser Kind kümmern, gar keine Frage. Ich werde dich zu allen Untersuchungen begleiten und bei der Geburt dabei sein, wenn du das möchtest. Du kannst das Strandhaus behalten und den roten BMW den du so magst. Aber ich kann und werde nicht mit dir zusammen sein", betonte ich noch einmal deutlich den letzten Satz, während ich sie eindringlich dabei ansah.

Ihr eben noch strahlendes Gesicht veränderte sich von einer Sekunde zur anderen und man konnte die immer größer werdende  Spannung in der Luft förmlich spüren.

"Keine Hure der Welt kann dir das bieten, was ich dir geben kann", zischte sie zwischen ihren bebenden Lippen hindurch, während sie mich mit zusammengekniffenen Augen fixierte.

"Sei dir da mal nicht so sicher, Veronique", gab ich ihr deutlich zu verstehen und hob eine  Augenbraue.

"Wenn du jetzt gehst, dann wirst du dein Kind niemals zu Gesicht bekommen, Tiano de Loreto", begann sie mir zu drohen und zeigte nun  ihr wahres Gesicht.

"Das werden wir sehe. Ich bin der Vater und ich habe ein Recht darauf, vergiss das nicht. Und jetzt verschwinde aus meinen Augen. Alles weitere klären wir über unsere Anwälte", raunte ich nah an ihrem Gesicht.

Dann verließ ich ein für alle mal dieses Grundstück und schwor mir, nie wieder auch nur einen Fuß in dessen  Nähe zu setzen.

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Was hat sein Vater vor? 😳

Wird er seine Drohungen wirklich wahr machen? 😣

Und wird Vero seine Abfuhr einfach so hinnehmen? 😒

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