39. Period. End of Sentence.

Unruhig wälze ich mich in meinem Bett hin und her. Ich öffne die Lider einen Spalt breit auf der Suche nach dem fluoreszierend leuchtenden Zeiger von Lindas Wecker.

Die Nacht fühlt sich wie eine endlose Ewigkeit an. Wider Erwarten dauert es noch etliche Stunden bis zum Morgengrauen.

Ich gähne, hole die Decke bis zum Kinn und drehe mich zur Wand. Dieses Unwohlsein dringt zuerst schwach durch meine Träume, dann immer stärker. Irgendwann kann ich es nicht mehr ignorieren. Dafür drängt es mich zu stark in die Realität.

Seufzend ziehe ich die Beine näher an meinen Oberkörper. Keine Pose ist mir recht, keine warme oder kalte Temperatur, kein Gedankengang, um zurück in die Welt des Schlummerns zu fliehen. Mühselig setze ich mich auf.

Übelkeit breitet sich wegen der Bewegung aus, dreht meinen Magen um. Ich spüre eisige Kälte, weiß jedoch nicht, wo sie am meisten auftritt. Von innen heraus zeigt sich ein wacherer Zustand, kommt bis zu meinen trockenen Augen.

Der drückende Schmerz unterhalb meines Bauches ist unverkennbar. Wie ich ihn doch verabscheue. Sein Ursprung, seine Bestimmung, die Geschichten, die mit ihm einhergehen. Frauen haben nichts Unreines an sich. Sie haben nur das Pech, eine Gebärmutter in ihrem Leib zu tragen, die sie monatlich an ihre Existenz erinnert. Oder wenn man zu den gleichen Pechvögeln wie ich gehört, dann gibt es höchstens eine Woche Pause von den Strapazen. In diesem Fall meldet sie sich für den Eisprung, dessen Vorwarnung, der Periode und dessen Vorwarnung. Es schleimt, es läuft, es drückt.

Diesen Umstand als eine Krankheit zu bezeichnen, wie es in manchen Ländern dieser Erde noch immer aus Unwissen getan wird, macht mich jedes Mal aufs Neue traurig.

Die Randentage – wie ich sie gerne nenne – hängen mit dem natürlichen Zyklus einer Frau zusammen. Wir sind nicht abartig, nicht dreckig, nicht unnatürlich. Wir haben einfach einmal im Monat Schmerzen, die uns den Alltag unnötig erschweren.

Dies als eine Krankheit zu bezeichnen, kommt der Assoziation von Luft oder Schlaf als Droge gleich. Wenn wir nicht atmen, nicht ruhen, zeigt sich das Verlangen danach. Doch das sind keine Entzugserscheinungen, nein. So ist das Leben. Ohne Sauerstoff und ohne dem Gehirn eine Pause zu gönnen, können wir nicht überleben. Das ist ganz normal. Genauso normal, wie als Mädchen zwischen elf und dreizehn zum ersten Mal Blut in der Unterhose vorzufinden und dieses Schicksal bis weit in die Vierziger mit sich herumzutragen.

Aber liebe Mutter Natur, warum zum Kuckuck tut es so weh? Willst du mich dafür bestrafen, dass ich mich nicht jedes Jahr aufs Neue schwängern lasse? Stell dir nur vor, ich würde das glauben. Dann wäre die Welt innerhalb kurzer Zeit nicht nur völlig überbesiedelt – denn das ist sie bereits – sondern bestände aus einer einzigen Tierart: dem Menschen.

Alle anderen Wesen würden verdrängt, wir begännen, Krieg um die restlichen Ressourcen zu führen, jämmerlich zu sterben oder uns gegenseitig zu verspeisen. Das kann unmöglich dein Ziel darstellen!

In gebückter Haltung taumle ich Richtung Bad, fühle die kühle, metallenen Türklinke, später den leicht rauen Klodeckel an meinen Fingern. Ich stütze mich ab. Nur langsam sinke ich auf das Toilettenbecken. In der Vorstellung gleicht die Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen einem Gemetzel, einem Schlachtfeld, einem Blutbad der Jahrtausende. In Wahrheit erkenne ich im Licht der Lampen ein kleines Rinnsal, nicht mehr als ein paar Tropfen.

Ich verstehe nicht, weshalb es den Leuten so viel Angst macht, dass sie diesen Prozess verschweigen, dass er in kaum einem Medium beschrieben wird. Eine weibliche Hauptperson? Nein, die kriegt ihre Tage nicht. Und wenn schon, dann erwähnen wir es einfach nicht. Das stelle ich auf die gleiche Ebene mit der Beschreibung einer Szene im Bad. Duschen ist okay. Nackt sein ist ok. Aber wehe, jemand geht mal kacken. Ich meine: „Hallo? Das ist voll eklig", fällt die Reaktion da unweigerlich aus. Doch warum eigentlich?

Warum empfinden wir das so?

Beim Essen sagen wir auch nicht „Igitt! Du steckst dir Nahrung in den Mund!" Warum also tun wir das, wenn eben diese Mahlzeit wieder verarbeitet unten rauskommt?

Dasselbe gilt für Schimpfwörter, die ich nicht nachvollziehe. Gut, das tue ich im Allgemeinen nicht ganz. Wozu jemanden mit Bezeichnungen bewerfen, die von normalen Dingen kommen?

Arsch! Ja, jeder hat einen Hintern, na und?

Pussy! Die besitze ich, genau. Doch was soll daran schlecht sein?

Wir beleidigen in den wir etwas neu benennen und es dann als Beschimpfung verwenden, bis es tatsächlich als eines durchgeht, als derb, frech oder unanständig gilt. Warum? Ich verstehe es einfach nicht.

Wimmernd versteife ich mich, als mich eine neue Welle des Schmerzes überkommt. Meine Gebärmutter zieht sich zusammen, presst wortwörtlich Eizellen aus meinem Körper. Ich greife nach einer Schmerztablette aus meinem naheliegenden Necessaire, schlucke das Medikament mit Mühe herunter.

Erschöpft fahre ich mir über die Schläfen. Einen Stufenschnitt gemacht zu haben, entspricht einem echten Fehler. Das bemerke ich erst jetzt. Mir kleben die Strähnen im Gesicht, wahllos streiche ich sie zurück. Sie kehren unbeirrt an Stellen, bei denen sie mich stören.

Vermutlich sind sie eines der kleinsten Probleme, mit denen ich mich momentan herumschlage.

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