14. Unfreiwillig auf Parties

„So, das war's." Meine Motivation fällt in ein tiefes Loch. Es von dort wieder herauszuholen, nehme ich mir für einen anderen Tag vor.

Ich schreibe meine Stunden in das Buch auf dem Tisch mit den Faltungsbeispielen ein, irre mich durch die Gänge und schaffe es tatsächlich nach dem Holen meiner Sachen zu den Duschräumen.

Kaltes Wasser ergießt sich über meinen verschwitzen Körper. Mit den Gedanken finde ich mich bei keinem bestimmten Thema wieder. Stattdessen springe ich ziemlich willkürlich zwischen vergangenen und zukünftigen Plänen hin und her. Ob dieses Internat tatsächlich die richte Wahl darstellt?

Bisher wirkt die Organisation eher mittelmäßig und auch die Freizeitaktivitäten – wenn man sie denn überhaupt als solche betitelt – gleichen eher einer Strafe als einer angemessenen Tätigkeit für Jugendliche. In die Arbeitswelt steigen wir alle so oder so irgendwann ein, da muss man nicht zwingen für einen verfrühten Anfang sorgen.

Gähnend trockne ich mich ab und rolle mit den Schultern. Die Ruhe nach getaner Anstrengung tut echt gut. Auf leisen Sohlen tapse ich über den feuchten Boden bis zu meinen frischen Anziehsachen und schlüpfe in sie hinein. Man lernt saubere Wäsche ziemlich schnell zu schätzen, wenn man einmal beim Prozess mitwirkt. Nun wächst die Achtung vor meiner früheren Nanny noch ein wenig weiter an. Neben all den anderen Gründen, warum sie mein Leben vielseitig positiv geprägt hat.

Zum Schluss ziehe ich mir den secondhand Pullover mit dem an die Native Americans angelehnten Muster über. Der weiche Stoff schmiegt sich an mein Unterhemd, wie wenn es ganz leicht geladen wäre. Es kitzelt an meiner freien Haut.

Ich drücke mein dickes Haar ein letztes Mal aus, flechte es zu zwei langen Zöpfen, in der Hoffnung auf eine unrealistisch schnelle Trocknung in diesen feuchten Gemäuern.

Mittlerweile geht die Navigation durch den Irrgarten um einiges besser, sodass ich ohne unnötige Umwege zu unserem Schlaftrakt finde. Dort wartet bereits eine Überraschung auf mich. Also nicht auf mich persönlich. Aber für überraschend halte ich es trotzdem.

Zu zehnt sitzen, stehen und plaudern teils fremde, teils bekannte Jugendliche in unserem Zimmer. Es fühlt sich wie eine Party an, zu der ich nicht eingeladen worden bin.

„Na, sieh einer an, die Neue kommt auch her!", begrüßt mich der nervenauftreibende Junge von vor einer Stunde und legt völlig hemmungslos seinen Arm über meine Schulter. Den beleidigenden Kommentar bei unserer ersten Begegnung habe ich ganz bestimmt nicht vergessen, weswegen ich mich mit einer einzigen Bewegung aus seinen Fängen befreie.

„Hat dir niemand beigebracht, junge Frauen nicht ungefragt zu betouchen?", gebe ich giftig von mir. Wenn ich eines nicht leiden kann, dann sind es Menschen, die sich einen Dreck um das Einverständnis und das Wohlergehen anderer kümmern.

„Woah, warum plötzlich so feindselig?" An seiner Haltung erkenne ich, wie ernst er diese Frage meint und das bringt mich nur noch mehr in Rage.

„Warum? Wirklich jetzt? Deine Aussagen und dein Verhalten sind unterste Schublade." Menschen mit meinem Aussehen, ja selbst einige meiner Verwandten, tragen Kopftücher. Und dennoch gibt das ihm – irgendeinem dahergelaufener Ungebildeten - kein Recht, mich – jemanden, den er zuvor noch niemals gesehen hat – auf Bräuche und Sitten hinzuweisen, die sein vorurteilsvolles Gehirn mit meiner Erscheinung in Verbindung bringt. Das finde ich nicht nur frech, sondern auch ziemlich kleinkariert.

Der Kollege von vorhin, begleitet von Jace, wohnt unserem Meinungstribut bei. „Steckst du deine Nase wieder in die Angelegenheiten anderer, hm?", entkommt es dem Schönling. Die versteckte Drohung hallt überdeutlich durch seinen Spott zu mir durch.

„Nein, das tut sie nicht." Ich höre Aishas Stimme hinter mir und einen Moment später spüre ich ihre Finger an meinem Handgelenk, die mich sanft in ihre Richtung ziehen. Dass die Umsetzung ihres Vorschlages sich augenscheinlich doch als Herausforderung steigert, bleibt unerwähnt.

„Ich möchte dir nur raten, ab und an vor dem Sprechen zu denken, um dir nicht unnötig Feinde zu machen", stelle ich klar, ehe ich Aishas Rettungsversuch würdige und mich von ihr zum Fenster bringen lasse.

„Das kann man nur zurückgeben!", ruft Jace uns hinterher. Ich ignoriere ihn, blicke ausdruckslos auf Aishas Rücken.

Der Schreibtisch ist für eine bessere Nutzung mehr in die Mitte geschoben worden. Jetzt befinden sich ein kunterbunter Mix von verschiedenen Stühlen auf jeder freien Seite. Sowohl Ivana als auch Linda versuchen sich bei dem Trubel an einem Gesellschaftsspiel.

Eine Begrüßung erhalte ich nicht. Dafür greift Aisha nach dem französischen Blatt, mischt ordentlich durch und übergibt mir sieben Karten. Vier weitere legt sie vor mir auf die Holzplatte, bevor sie auf einen Hocker neben sich klopft. „Komm, setz dich zu uns!"

Ich nehme ihr Angebot an, das nicht im Geringsten anklagend oder enttäuscht klingt, obwohl ich es so erwarten würde. Immerhin geht man nicht alle Tage einen Deal ein, der einen freundliche Umgangsform verspricht, um ihn dann innerhalb kürzester Zeit zunichte zu machen. Jedenfalls normalerweise.

„Hierbei brauchst du keine Worte, bei denen du jemandem unbeabsichtigt vor den Kopf stößt", erklärt Aisha leise und betrachtet mich eingehend.

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