Stress, Stress und noch mehr Stress.
Wie ich Berlin manchmal hasste, ich war ohnehin schon zu spät und nun musste auch noch die Strassenbahn ausfallen. Ungeduldig wippte ich auf meinen Füßen hin und her und wartete die Ansage ab, die mir und den anderen wartenden Menschen sagte, dass die Bahn ausfallen würde. "Na super.", murmelte ich zu mir selbst. Sofort machte ich mich auf den Weg Richtung Ausgang der Bahnstation zum Gehweg. Ich ging schnellen Schrittes durch die Straßen Berlins, zum Glück lag das Bürogebäude nicht all zu weit weg, also brauchte ich nur circa 10 Minuten. Eigentlich war ich keine Angestellte, aber man hatte mich bei der Universal Music Group angeheuert, um für etwa ein halbes Jahr mit ihren Künstlern zusammen Songs zu schreiben. Es war das erste Mal, dass ich für so ein großes Label schreiben durfte, weswegen ich jedes Mal aufgeregt war, wenn ich das Gebäude betrat. Jeden Tag traf ich neue Musiker und es war immer spannend, vor allem weil ich für so viele Genres schreiben durfte, dass es nie langweilig wird. An diesem Tag sollte ich mich mit dem Manager von Alvaro Soler treffen, denn ich sollte ein zweisprachiges Duett mit ihm schreiben.
Als ich endlich in der Etage ankam, in der das Büro dieses Managers lag, atmete ich einmal kurz durch. "Es tut mir so unendlich Leid. Die Bahn ist ausgefallen und ich musste laufen.", entschuldigte ich mich sofort, während ich durch die Tür ging. "Ist kein Problem, Unpünktlichkeit ist auch Alvaros zweiter Vorname.", antwortete der ältere Mann freundlich. "Danke für ihr Verständnis! Dann können wir gleich anfangen oder?", fragte ich aufgeregt. "Nein, wie gesagt, auf Alva müssen wir noch warten. Er wollte Sie ebenfalls gleich kennenlernen.", erklärte mir der Mann. Es war ungewöhnlich, dass ein Künstler bei den Vertragsverhandlungen dabei sein wollte, aber es störte mich ehrlich gesagt nicht. Ich freute mich darauf, Alvaro kennen zu lernen, denn er war der einzige Musiker gewesen, für den ich bereits einmal etwas geschrieben hatte, allerdings hatten wir uns dank der vergangenen Pandemie nie getroffen und alles per E-Mail und Word-Dokumenten erledigt. Nach einigen Minuten, in denen Herr Schürrle sich mit mir über alles mögliche unterhalten hatte, klopfte es an der Tür. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht betrat der Spanier das Büro. Er strahlte sofort gute Laune aus, die ansteckend wirkte. Während sein Manager und ich über den Vertrag gingen, saß Alvaro geduldig neben uns. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, dann hatte ich meine Unterschrift auf das Blatt Papier gesetzt und legte den Stift weg. "Gut, dann könnt ihr beide jetzt direkt ins Studio gehen und euch an den Song setzen, ich hab noch ein wenig zu tun.", sagte Herr Schürrle und klatschte dabei in seine Hände. Der Spanier und ich nickten gleichzeitig und standen dann auf.
Um etwa halb 10 war ich endlich aus dem Heimweg. Es war ein anstrengender Tag, aber er war noch lange nicht vorbei. Die Universal Music Group schmiss eine riesige Party im Pearl für alle, die für sie arbeiteten. Eigentlich hatte ich gar keine Lust und wollte nur noch schlafen, aber gleichzeitig gab es auf diesen Events immer die Möglichkeit neue Kontakte zu knüpfen, also schleppte ich mich in die Dusche. Ich wusste noch überhaupt nicht, was ich anziehen sollte, aber ich wusste, dass es kein Kleid werden würde. Die lange, heiße Dusche entspannte mich ein wenig und die Musik, die im Radio lief ebenfalls, überwiegend weil ich einige meiner eigenen Songs wiedererkannte. Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, stellte ich mich in mein Handtuch gewickelt vor meinen Schrank. Eins war klar: ich würde definitiv eine schwarze Jeans anziehen, aber ich wusste nicht, welches Oberteil ich aussuchen sollte. Nach einer Weile, in der ich in den Unmengen an Tops, Shirts und Jacken herumgewühlt hatte, fand ich endlich etwas, was ich gut fand. Es wurde ein weißes, trägerloses Top, mit einem Reißverschluss vorne in der Mitte. Zufrieden mit meinem Outfit ging ich zurück ins Bad, um mich anzuziehen und mich zu schminken. Ich hielt mein Make-Up schlicht, nur etwas Wimperntusche, Lippenstift in einer etwas dunkleren Farbe als meine Lippen und etwas Highlight und das wars. Es war nur eine Party, ich würde sowieso schwitzen und es lohnte sich einfach nicht, weswegen ich auch meine Haare zu einem lockeren Dutt zusammenband. Bevor ich ging, legte ich noch eine schlichte Silberkette und ein Armband an, danach zog ich ein Paar weiße Turnschuhe an, schnappte meine kleine Tasche, in die ich hastig mein Geld, Schlüssel, Handy und meinen Lippenstift packte, und verließ dann meine Wohnung. Es war eine angenehm warme Frühsommernacht, also musste ich keine Jacke mitnehmen. Auf dem Weg nach unten rief ich mir per App ein Taxi, das nur etwa fünf Minuten später auftauchen sollte. Glück gehabt, denn es war nicht normal, so schnell ein Taxi in Berlin an einem Freitagabend zu bekommen.
Die Fahrt dauerte eine halbe Stunde, in der ich aus dem Fenster sah oder mich ein wenig mit dem Taxifahrer. Schon als wir in die Straße einbogen, konnte ich die lange Schlange vor dem Club sehen. Universal hatte die Location zwar gebucht, was bedeutete, man kam nicht ohne Einladung rein und trotzdem gab es immer wieder Influencer, die es trotzdem versuchten. Ich musste immer etwas schmunzeln, wenn ich so etwas sah. Was Menschen nicht alles für ein bisschen Ruhm und Aufmerksamkeit taten. Bevor ich ausstieg, bedankte ich mich beim Taxifahrer, bezahlte ihn mit etwas Trinkgeld und verabschiedete mich von ihm. Gelassen ging ich an der Schlange vorbei, sagte dem Türsteher meinen Namen und wurde reingelassen, was in lautstarkem Protest resultierte. Kopfschütteln bahnte ich mich durch die Menschen, die an der Garderobe anstanden. Auf dem Weg durch den Barbereich begrüßte ich einige bekannte Gesichter, darunter auch Alvaro, der zusammen mit seiner Freundin Sofia dort war. "Hätte nicht gedacht, dass ich dich so schnell wieder sehe.", scherzte er. "Ich auch nicht. Siehst mir nicht aus, wie jemand, der gerne auf Parties geht.", antwortete ich amüsiert. "Ach diese Events sind immer wieder toll. Darf ich dir die Inspiration für unseren Song vorstellen?", sagte er freundlich, während er auf seine Freundin deutete. "Sofia, das ist Mia. Sie schreibt seit heute mit mir an dem Duett. Mia, das ist meine Lebensgefährtin und beste Freundin Sofia.", stellte er uns einander vor. Wir schüttelten uns die Hände, quatschten kurz und dann hörte ich meinen Namen von der Bar. "War schön euch zu sehen, aber ich hab noch einigen Leuten hallo zu sagen.", verabschiedete ich mich von den Beiden. An der Bar erwartete mich bereits Sido, mit dem ich ebenfalls bereits gearbeitet hatte. "Hallo, Paul!", begrüßte ich ihn mit einer Umarmung. "Wie geht's dir? Haben uns ewig nicht mehr gesehen!", antwortete er, nachdem wir uns von einander gelöst hatten. "Ja, recht gut. Hab viel zu tun, Universal hat mich angeheuert, also hab ich echt viel zu tun. Und dir?", gab ich ihm als Antwort. Wir unterhielten uns noch einige Zeit, bis wir beide von anderen Leuten unterbrochen wurden. Gott, wie ich das während der Pandemie nicht vermisst hatte.
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