Rooftop (2)
Ein paar Tage nachdem mir Nico Rooftop gezeigt hatte, saß er bei mir auf der Couch und stopfte sich Popcorn in den Mund. Seit wir miteinander geschlafen hatten, hatte sich sein Verhalten mir gegenüber verändert, aber nicht ins Negative, so wie ich es erwartet hatte, sondern eher ins Positive. Er wollte mich ständig sehen, war unheimlich aufmerksam und überraschte mich sogar, indem er einfach vor meiner Tür mit Essen stand. Ich kam gerade aus der Dusche, er hatte sich währenddessen einen Film angesehen. "Was siehst du dir an?", fragte ich, bevor ich mich neben ihn setzte. Sofort legte er seinen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich. "Avengers: Endgame.", gab er mir als Antwort, nachdem er sein Popcorn fertig gegessen hatte. Ich kuschelte mich an ihn und griff ebenfalls nach der Schüssel, die auf seinem Schoß stand. Eine halbe Stunde später war der Film schon nicht mehr interessant für uns, wir waren viel zu sehr damit beschäftigt, nicht von der Couch zu fallen. Ich musste mich wirklich zusammenreißen, dass ich nicht zu laut wurde. Meine Nachbarn verfluchten uns wahrscheinlich sowieso schon und trotzdem wollte ich ihnen das nicht schon wieder antun. Nico hielt inne für einen kurzen Moment. "Warum so still?", fragte er außer Atem. Er mochte es, wenn ich mich nicht zurückhielt. "Die Nachbarn.", antwortete ich genauso schwer atmend. Ein schelmisches Lächeln formte sich auf seinen Lippen, das bedeutete nichts gutes. Auch wenn wir noch nicht so oft miteinander geschlafen hatte, wusste er bereits, was er tun musste, um mich wahnsinnig zu machen. "Scheiß auf die Nachbarn, Mia.", sagte er darauf, bevor er mir einen langen Zungenkuss gab und sich wieder bewegte. Egal wie sehr ich versuchte, mir das Stöhnen zu verkneifen, es funktionierte nicht. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht sah Nico mich an, dann schloss er die Augen, ich tat es ihm gleich.
"Ich hab Durst.", sagte Nico, als er aufstand und seine Boxershorts vom Boden aufhob. Ich hatte ihm noch nicht gesagt, dass er die Wette gewonnen hatte, denn ich wollte sehen, wie lange er brauchte, um es selbst zu verstehen. Er schien zufrieden zu sein, als er mit einem Glas Wasser wieder kam. Es dauerte nicht lange, bis wir danach ins Bett gingen. Ich war müde und wollte nur noch schlafen. Tatsächlich kuschelte Nico gerne, auch etwas, was ich nicht erwartet hatte.
Nico
Unfassbar, dass ich wirklich mit ihr in einem Bett lag. Sie hatte alle meine Annäherungsversuche abgewiesen und plötzlich hatte sie mich geküsst, also musste ich irgendetwas richtig gemacht haben. Rooftop hatte nicht nur bei ihr etwas ausgelöst. Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, sie weiterhin so zu behandeln, wie ich es zuvor getan hatte, doch egal, wie sehr ich versuchte, ohne Gefühl mit ihr zu reden, sie zu sehen oder sie anzufassen, ich konnte es nicht. Schon bevor sie mich geküsst hatte, hatte ich mich verändert. Ihre verständnisvolle Art und die Tatsache, dass sie sich ausnahmslos immer Zeit für mich nahm, machte mich weich. Oft genug, wenn ich alleine war, redete ich mir ein, dass ich sie nicht an mich ranlassen durfte. Was ich jedoch nicht begriffen hatte, war, dass ich das gar nicht musste, denn sie schaffte es irgendwie, mich zu berühren. Ich lag neben ihr im Bett, streichelte ihren Arm, während sie seelenruhig schlief mit ihrem Kopf auf meiner Brust. Mal wieder konnte ich nicht schlafen, wollte sie aber auch nicht wecken, also lag ich nun dort und starrte an die Decke. Meine Gedanken schweiften ab zu dem Moment, in dem sie mich geküsst hatte. Jahrelang hatte ich gedacht, ich hätte ein Herz aus Stein, bis zu diesem Kuss. Ich musste Lächeln, als ich an dieses Gefühl dachte. Bewegung and meiner Brust ließ meinen Gedankenstrom abbrechen und mich nach unten sehen. Mias Augen öffneten sich langsam, dann gähnte sie. Stöhnend setzte sie sich auf, rieb sich die Augen und sah sich um. Gott, wie gern ich das sah, sie war viel zu schön, wenn sie aufwachte. Als sie bemerkte, dass ich nicht schlief, sah sie mich an. "Wie spät ist es?", fragte sie verschlafen. Da ich keine Ahnung hatte, griff ich zuerst nach meinem Handy. "Es ist halb fünf.", gab ich ihr als Antwort. Sie nickte kurz und gähnte erneut, danach legte sie sich wieder hin, natürlich wieder mit ihrem Kopf auf meiner Brust. "Warum bist du noch wach?", murmelte sie im Halbschlaf. "Kann nicht schlafen.", antwortete ich gähnend. Auch wenn ich hundemüde war, ließen mich meine Gedanken einfach nicht zur Ruhe kommen. "Dann bleib ich mit dir wach.", sagte Mia immer noch verschlafen. Als ich zu ihr hinunter sah, waren ihre Augen geöffnet. "Das musst du wirklich nicht.", entgegnete ich, bevor ich erneut gähnen musste. Sie sagte nichts darauf, stattdessen griff sie nach der Fernbedienung, die links neben mir auf dem Bett lag.
Am nächsten Tag wachte ich irgendwann gegen Mittag auf. Es roch nach gebratenen Zwiebeln und Fleisch in der ganzen Wohnung, anscheinend kochte Mia gerade. Ich setzte mich auf und griff nach meinem Handy. Der Display zeigte mir unzählige Nachrichten von einiger Frauen, die ich an den Wochenenden zuvor kennengelernt hatte. "Warum ignorierst du mich?", "Warum antwortest du mir nicht?" oder "Ich kann's kaum erwarten dich wieder zu sehen!" waren die gängigsten Nachrichten. Ich rollte mit den Augen und legte mein Handy wieder weg, danach stand ich auf. Gähnend lief ich von Mias Schlafzimmer in ihre Küche, wo ich sie hinter dem Herd vorfand. Im Radio lief gerade eines meiner Lieder - Home, um genau zu sein -, zu dem sie leise mitsang. Ich beobachtete sie ein wenig und lauschte. Ihre Stimme verzauberte mich, denn sie war unfassbar klar und kraftvoll. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich sie noch nie singen gehört und ich verfluchte mich dafür, dass ich sie noch nie zuvor darum gebeten hatte. Ein Duett mit ihr wäre perfekt gewesen, aber ich respektierte es, dass sie ungern sang. "Guten Morgen.", begrüßte ich sie. Mia erschrak ein wenig und drehte sich lächelnd zu mir um. "Gott, hast du mich erschreckt!", sagte, während sie ihre Hand auf ihre Brust legte. "Tut mir Leid. Was kochst du da?", wollte ich wissen, denn ich war am Verhungern. "Spaghetti, ich hoffe du hast Hunger.", gab sie mir als Antwort und wandte sich wieder dem Herd zu. Ein Lächeln formte sich auf meinen Lippen. Langsam ging ich auf sie zu, umarmte sie von hinten und platzierte einen sanften Kuss auf ihrer Schulter. Genau das hatte sie gemeint, als sie mir auf dem Rummel diese Fragen gestellt hatte und ich genoss es, einmal nicht alleine zu sein, nicht alleine essen zu müssen oder alleine in einem Bett aufzuwachen.
Während sie unser Essen zubereitete, setzte ich mich im Esszimmer an den Tisch. Zwischen Küche und Esszimmer war zwar eine Wand, aber in dieser befand sich ein Fenster ohne Scheiben, durch das man genau auf den Herd sehen konnte. Nur etwa fünf Minuten später konnte ich sehen, wie Mia zwei Teller mit Nudeln befüllte. Da der Esstisch genau unter dem kleinen Fenster stand, stellte sie das Essen direkt darauf ab, drehte sich kurz noch einmal um und kam dann zu mir. Sie reichte mir Besteck und ein Glas, holte noch eine Flasche Wasser und Parmesankäse aus Kühlschrank und setze sich danach ebenfalls an den Tisch. "Lass es dir schmecken!", sagte sie fröhlich, bevor sie anfing zu essen. Ich nahm den ersten Löffel voller Spaghetti in den Mund. Woher konnte sie so gut kochen? Es schmeckte verdammt lecker, was ich sie dann auch wissen ließ. Sie bedankte sich lächelnd bei mir. Wir aßen in völliger Stille und ich genoss es. Ich merkte, dass die dicke Eisschicht um mein Herz langsam anfing zu schmelzen und es gefiel mir überhaupt nicht.
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