Rooftop (1)

Zwei weitere Wochen waren vergangen. Ich hatte den Song für Nico fast fertig, musste ihn nur noch einmal überarbeiten. Da der Abgabetermin schon drei Tage später war, wusste ich, dass ich die Deadline ohne Probleme einhalten konnte. An diesem Tag sollte ich ins Studio kommen, denn er wollte mir unbedingt etwas zeigen, also saß ich gerade in meinem Auto auf dem Weg dorthin. Die Parkplatzsituation war mal wieder katastrophal, als ich in die Straße einbog. Es war wirklich kein einziger Parkplatz frei, auch in den anliegenden Straßen nicht. Verzweifelt fuhr ich noch einmal um den Block, um ein letztes Mal Ausschau zu halten. Tatsächlich parkte gerade jemand aus, direkt vor der Tür. Ich sah auf dir Uhr und staunte nicht schlecht, ich hatte 20 Minuten gebraucht und ich hasste es. 

Ein gut gelaunter Nico öffnete mir die Tür. "Endlich! Schnell setz dich!", begrüßte er mich und zog mich sofort hinter sich her zum Klavier. Stumm setzte ich mich und sah ihm dabei zu, wie er Notenblätter aus seinem Rucksack kramte, dann platzierte er sie auf der Halterung über den Tasten und setzte sich neben mich. "Ich arbeite an einem neuen Song und brauche eine Meinung.", erklärte er mir, als ich ihn fragend ansah. Gespannt wartete ich darauf, dass er anfing zu spielen. Alleine die Melodie war bereits wunderschön, aber als er das erste Wort sang, wusste ich dass ich dieses Lied lieben würde. Ich beobachtete Nico, der unheimlich viel Gefühl in die Verse legte. Je länger ich ihn ansah, desto mehr fiel mir auf, wie hübsch er eigentlich war. Von seinen perfekt gestylten Haaren, bis hin zu seinen perlweißen Zähnen. Wahrscheinlich war das der Grund gewesen, warum ich mich nie wirklich von ihm belästigt gefühlt hatte und ehrlich gesagt war ich auch neugierig gewesen, ob er es wirklich mit seiner arroganten Art schaffen konnte, dass ich mich verliebe. Die Arroganz war übrigens immer weniger geworden und mittlerweile mochte er es einfach nur, mich zu ärgern, ich war ihm allerdings nie böse, denn er war schon ein lustiger Kerl und nichts von dem, was er tat, meinte er auch so. Der Text, den er sang, war so etwas, wie ein Liebesgeständnis, aber es war anders, als in seinen älteren Songs, irgendwie persönlicher und viel näher an dem Nico, den ich als Mensch kennen gelernt hatte. Mein Herz sprang mir fast aus der Brust als er folgendes sang:"So my heart was so tired and numb, it got so sick, too much went wrong". Vielleicht interpretierte ich zu viel hinein, aber es klang so, als hätte er jemanden kennen gelernt, den er wirklich mochte. Immer wieder sah er während des Singens zu mir herüber, als würde er auf eine Art Reaktion warten. Erst, als er den letzten Ton sang, fing ich an zu lächeln. Das Lied würde durch die Decke gehen, das war mir sofort klar. "Und? Was sagst du?", hakte er erwartungsvoll nach. Ich sagte gar nichts, stattdessen sah ich ihm in die Augen. Plötzlich verspürte ich den Drang, ihn zu küssen und genau das tat ich. Vorsichtig drückte ich meine Lippen auf seine. Natürlich erwiderte er den Kuss und vertiefte ihn sogar noch, was mich überhaupt nicht störte. Erst nach einigen Minuten bemerkte ich, dass ich sonst nie jemanden zuerst küsste, nur wenn ich Gefühle hatte. Oh, nein, bitte nicht. Ich hatte die Wette verloren, aber er musste es noch nicht wissen, erst wollte ich es genießen. 

Fünf Minuten lang saßen wir auf dem Klavierstuhl, dann lösten wir uns voneinander, nur um aufzustehen und uns Richtung Sofa zu bewegen. Nico zog mich sofort wieder zu sich, als wir standen und ging rückwärts auf die Couch zu. Er ließ sich darauf fallen und zog mich mit sich. Ohne den Kuss zu unterbrechen, setzte ich mich auf seinen Schoß. Die Wette war mir in diesem Moment egal, ich wollte ihn so sehr, auch wenn ich dabei die Kontrolle über mich selbst verlieren würde. Nico lächelte in den recht stürmischen Kuss hinein und ich konnte mir schon denken, was in seinem Kopf vorging. Wahrscheinlich freute er sich richtig, dass er endlich bekommen hatte, was er wollte. Meine Hände lagen sanft an seinen Wangen, während seine an meiner Hüfte ruhten. Ehrlich gesagt hatte ich mir vorgestellt, dass er mir sofort die Kleider vom Leib reißen würde, aber das tat er nicht, im Gegenteil, er wartete darauf, dass ich den nächsten Schritt machte, er zog dann lediglich mit. So wie er in einem unserer langen Telefonate über Sex gesprochen hatte, war das nicht, was er sonst tat. Ich ließ meine Hände über seine Brust zum Saum seines T-Shirts wandern und zupfte daran. Nico verstand, was ich wollte, setzte sich auf, damit ich es ihm ausziehen konnte und löste sich kurz von mir, um mir ebenfalls mein Top auszuziehen. Bevor er mich wieder auf den Mund küsste, biss er sich auf die Lippe und begutachtete meinen BH. Ich hatte einen schlichten schwarzen ohne Spitze ausgewählt, also nichts, womit man sich lange beschäftigen musste und trotzdem tat er das. 

Meine Sachen lagen irgendwo im Studio verteilt, genau wie Nicos. Er lag unter mir auf dieser Couch und zeichnete kleine Kreise auf meinem Rücken mit seinen Fingern. Wir mussten beide erst einmal runterkommen und durchatmen, denn es war extrem warm in dem Raum - nicht nur weil wir uns viel bewegt hatten, sondern auch, weil es mittlerweile Hochsommer war und das Studio im sechsten Stock lag. "Du hast mir immer noch nicht gesagt, was du von dem Song hältst.", murmelte er mit rauer Stimme unter mir. "Er war schön und mal etwas anderes, hat mir gut gefallen.", antwortete ich, ohne meinen Kopf von seiner Brust zu heben. "Übrigens hat mir das Label nochmal einen Monat für das Herzschmerzlied gegeben. Der Manager meinte ich solle Rooftops zuerst rausbringen.", erzählte er mir leise. Gut, dass ich ihm noch nicht gesagt hatte, dass ich fast fertig war, so konnte ich alles nochmal ohne Druck genau überarbeiten. Ein Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus und ich hob meinen Kopf an. Er erwiderte es und lehnte sich zu mir herunter. Nico platzierte einen Kuss auf meine Stirn und legte sich dann wieder hin. Seine Augen waren geschlossen, er war absolut entspannt, genau wie ich. Am liebsten wäre ich für immer so liegen geblieben. Tatsächlich blieben wir noch einige Stunden so dort liegen, bis wir Hunger bekamen, uns essen bestellten und dann zu ihm fuhren. Ich war noch nie bei ihm gewesen, wir hatten uns bisher immer nur im Studio, in der Öffentlichkeit oder bei Universal getroffen. "Willst du was trinken?", fragte er, als wir bei ihm angekommen waren. "Nein, danke.", antwortete ich ihm freundlich. Den Rest des Abends sahen wir uns irgendwelche Filme an, bis wir einschliefen.     

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