Nebel
Nur schwer kommt das Licht der Häuser durch den Nebel. Mond und Sterne erkennen die Soldaten erst recht nicht. Lediglich wenn sich zwei patrouillierende Soldatenpaare treffen hört man die kurzen Grüße in den Nebelschwaden.
„Max, ich sag dir, dieser Typ vom Widerstand ist einer der größten Angsthasen. Der wird nicht raus kommen und dann das ganze Dorf auf dem Gewissen haben." lacht der Linke der beiden Wachsoldaten. Den Blick lässt er über die menschenleere dunkle Straße schweifen, die rechte Hand dabei auf dem Schwertknauf liegend.
„Ich verstehe aber auch nicht, warum sich so eine Organisation gebildet hat. Die Dörfer haben doch alles was sie brauchen. Oder wie siehst du das, Tobi?" Der andere Soldaten blickt kurz zu seinen Kollegen hinüber. „Erst wegen solchen Leuten müssen die Generäle Truppen entsenden um Dörfer unter Ausgangssperre zu stellen. Durch so etwas entstehen solche Unzufriedenheit gegenüber des Landes." Mit einem Nicken stimmt der andere ihm zu.
Nach einem Versuch die Uhrzeit am entfernten Uhrenturm zu erkennen, versucht der eine Soldat seinen Kollegen von einer Umlegung der Route zu überzeugen. „Es dauert ja nicht lange und wenn du trotzdem noch dagegen bist, kannst du an der einen Ecke auf mich kurz warten. Ist ja nicht so als wären wir hier im neunzehnten Jahrhundert wo ein Serienmörder auf mich im Nebel wartet." Kopfschüttelnd akzeptiert sein Kollege den Vorschlag. „Von mir aus kannst du schnell da hin, Tobi. Hör aber einfach auf über diesen Serienmörder zu reden. Der ist bloß eine Legende aus den alten Zeiten damals." „Das ist Jack the Ripper. Es tut mir leid wenn mich Nebel immer daran erinnert." „Es tut mir Leid wenn ich zum Kommandanten gehe und einen neuen Partner zugeteilt bekommen möchte, weil Jack dir ausersehen die Kehle aufgeschlitzt hat." „Hast mich überzeugt Max." Der Soldat blickt leicht betrübt gegen die Dächer der Häuser im Dorf. Eine dunkle Erhöhung im Nebel zieht kurz seien Aufmerksamkeit auf sich, bei genaueren betrachten ist dort jedoch nichts.
„Der Nebel macht mich auch schon paranoid, Max." „Du liest einfach zu viele Bücher über Serienmörder." meint sein Kollege nur, als er sich an der Kreuzung ihrer Route ankommen. „Und jetzt renn, Tobi. Wir müssen weiter." „Jawohl." rennt der Soldat mit schnellen schweren Schritten seiner Stiefel durch den Nebel in Richtung des Uhrenturms an der Kirche. Sein Kollege hingegen blickt ihm hinterher, die Arme verschränkt und den Rücken gegen eine Wand gelehnt.
Minuten verstreichen, in denen der Nebel langsam beginnt noch dichter zu werden, sein Partner allerdings noch nicht in Sicht. Ungeduldig hebt er immer wieder die Zehen leicht an.
Irgendwann packt ihn die Wut des Wartens und er stapft selber los, um nach seinen Partner zu sehen. Der Nebel wurde derweilen so dicht, das man nicht mal mehr die Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite erkennen kann. Er macht sich auch darauf gefasst ihn zusammen zu stauchen, sobald er ihn sieht.
Vor der Kirche mit dem Turm angekommen, fehlt weiterhin jede Spur seines Kollegen. Auf das Rufen seines Namens kommt auch keinerlei Reaktion. Mit böser Verwunderung blickt er sich im Nebel um, wobei er erkennt, das die großen Türen der Kirche offen stehen, was so nicht sein sollte. Die Rechte auf seinem Schwertgriff liegend marschiert der Soldat vorsichtig auf die Türen zu.
Auch im inneren der Kirche befindet sich der Nebel, wobei er hier nur den Boden bedeckt, als würde er von einer Nebelmaschine erzeugt werden. Die Bänke, die beidseitig von einem schmalen Gang stehen, der zum Altar führt, stehen alle samt leer. Die Statuen und Portraits an den Wänden blicken in der Dunkelheit finster auf den Gang zwischen den Bänken, so auch der Soldat, bis er auf dem Boden seinen Partner liegen sieht. „Tobi!" bricht es sofort aus den Soldaten heraus und achtlos stürmt er auf seinem Kameraden zu.
Der Nebel verdeckt die Blutlache, in der die Leiche liegt und er sich hinein Kniet. „Scheiße! Was ist passiert!" fragt der Soldat ins leere, ohne eine Antwort zu erwarten. „Ich habe ihm die Kehle aufgeschlitzt. Aber erst nachdem ich seinen letzten Wunsch gehört habe." lacht eine emotionslose, kalte Stimme vor ihm. Geschockt blickt der Soldat von seinem Kollegen auf. Mitten auf dem Altar sitzt eine Gestallt in einem pechschwarzen Mantel. Die Arme und Hände die man sieht hat er komplett mit Bandagen eingewickelt. Eine dunkle Hose verschwindet in einem hohen paar Stiefel, von deren Solen Blut tropft. Unter der aufgesetzten Kapuze erkennt man nur schwach die Umrisse der schwarzen Maske. In beiden bandagierten Händen hält er jeweils eine dunkle Klinge von Messern.
Während er ein Bein angewinkelt auf dem Altar stehen hat, baumelt das andere herunter. Sofort springt der Soldat auf und zieht sein Schwert aus der Scheide. „Wer bist du!" fordert er von dem Mörder, welcher nur hallend unter der Maske lacht. „Ist es nicht offensichtlich? Ich bin der Mörder deines Kollegen! Einen Namen habe ich aber nicht, oder hatte ich bisher nicht. Sein letzter Wunsch war, das er mir einen Namen geben kann." Ein kurzes Zucken erscheint im Mundwinkel des Soldaten. „Das sieht Tobi ähnlich." gibt er zu. „Dein Kollege hat sich aber auch ganz schön Zeit gelassen mit seinem Wunsch. Ich musst ihn dazu erst auffordern, das er sich beeilt, da ich wusste, das du kommen würdest und ich sonst euch beide hätte ermorden müssen." „Wenn wir aber nicht bald an einer anderen Patrouille vorbei kommen, werden hier aber noch mehr Soldaten auftauchen." macht der Soldat dem Mörder finster klar.
„Jaja." dreht die Gestallt eines ihrer Messer im Kreis, als würde es ihn nicht interessieren. „Letztendlich wollte er mir ‚Jack the Ripper' als Namen gegeben. Nebel und so meinte er nur. Jedenfalls, muss ich dich für dieses Wunsch jetzt auch noch am Leben lassen." Jack springt vom Altar auf und öffnet seinen Mantel, unter dem ein schwarzes ärmelloses Shirt und der oberer Teil seiner Hose zum Vorschein kommt. Die beiden Messer steckt er in kleine Scheiden seitlich hinter seinen Rücken und unter dem Mantel.
„Ach ja, ehe ich es vergesse. Er wollte noch, das ich dir sage, das du der beste Kollege bist den er kennt und das du besser aufhören solltest als Soldat zu arbeiten." Seelenruhig geht der Mörder auf den Soldaten zu, welcher ihm zwischen den Bänken ausweicht, das Schwert fest umklammert. Um so näher der Mörder an ihn heran tritt, um so besser erkennt der Soldat die schwarze Maske, welche nur zwei schmale Augenlöcher besitzt. Zudem könnte sie auch aus Metall geschaffen sein.
Im vorbeigehen fügt Jack noch ernst hinzu: „Ich würde dir auch raten dich von dem Soldatendasein zu verabschieden, wenn dir dein Leben lieb ist. Ich ermorde nur Soldaten, da sie nur Schäden an der Bevölkerung anrichten."
Kurz bevor der Mörder durch die Tür im Nebel verschwinden kann, ruft der Soldat noch: „Jack the Ripper! Gehörst du zum Widerstand?!" Sofort erstarrt der Mörder in seinen Bewegungen. Langsam dreht er seien Maske in Richtung des Soldaten. „Mit diesen Aufständischen habe ich nichts am Hut. Sollte die Bevölkerung allerdings wegen ihnen noch mehr leiden müssen, werde ich auch sie als Feinde ansehen, so wie die Soldaten eures Landes." ohne weitere Worte dreht sich der Mörder wieder um und geht leise in die Stille des dichten Nebels, in dem er sich in Luft auflöst. Zeitgleich steckt der Soldat sein Schwert wieder zurück und kniet sich wieder neben seinen gefallenen Freund.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top