#9. Nein...
Ich wachte auf, aber es war noch dunkel. Kein Wunder, es war gerade mal halb drei morgens. Colin schlief neben mir noch tief und fest, genau wie ich es vorhatte. Aber irgendetwas ließ mich nicht schlafen.
Der Mond schien durch mein Zimmer und tauchte dies in ein unheimliches Licht. Ich ignorierte es einfach und atmete tief ein und aus. Ich hörte Colin einmal zufrieden schmatzen, dann drehte er sich auf die andere Seite und schlief friedlich weiter.
Aber ich fand meine Ruhe nicht mehr.
Stattdessen lag ich einfach da, starrte an die Decke. Ich schlief nicht. Ich hatte auch nicht sonderlich den Drang dazu. Es war, als hätten die paar Stunden Schlaf vollkommen ausgereicht, um meine ganzen Energiereserven zu füllen und mich wieder lebendig fühlen zu lassen.
Aber in einer gewissen Art und Weise machte es mir Angst.
Ziemlich große Angst sogar.
Denn eigentlich hätte ich erwartet, dass ich bis mindestens zwei Uhr mittags schlafen würde. Aber keine meiner Erwartungen wurden erfüllt.
Plötzlich krachte etwas, aber es war nicht hier im Schlafzimmer. Es kam von weiter hinten, ich schätze mal von der Küche.
Mich packte die Angst.
Was ist, wenn hier ein Einbrecher eingebrochen war? Oder gar ein Mörder?
Ich schluckte schwer und stand auf, Colin war von dem Krach aufgewacht und sprang auf. Er lief an mir durch die ...offene Tür Richtung Küche. Ich war verdammt sicher, dass ich sie noch gestern geschlossen hatte, wieso stand sie dann auf einmal auf?
„Colin!", zischte ich leise, aber er hörte entweder nicht auf mich oder hatte mich nicht mehr gehört.
Mit schlackernden Beinen ging ich den Flur entlang.
Niemand war zu sehen, alles war dunkel. Vorsichtig tastete ich mich an der Wand entlang, mir war das Risiko zu hoch das Licht anzuschalten. Falls hier überhaupt jemand war.
Mir fiel jedoch ein riesiger Stein vom Herz als ich Colin, wohlbehalten, in der Küche vorfand. Es lagen überall Glassplitter in der Küche verteilt, aber sonst war neben Colin und mir niemand zu sehen.
„Hm...merkwürdig." Ich ging neben meinem Hund in die Hocke und betrachtete das letzte heile Stück des kaputten Glases.
Nur eine Frage schlich sich in meinen Kopf: Wie kam das Glas von dem - nebenbei bemerkt - offenen Schrank hier auf den Boden? War hier ein Geist oder wie?
Auf einmal fing Colin an zu bellen. Ich sah ihn fragend an und drehte mich dann in die Richtung, in die Colin gebellt hatte. Ein schwarzer Schatten verschwand gerade um die Ecke, das Quietschen einer Tür ertönte.
Langsam kam ich mir wirklich wie in einem Horrorfilm vor.
Mein Herz setzte wieder einen Schlag hoch, ich bekam auf den ganzen Körper eine Gänsehaut vor Angst.
Ich stand auf und folgte mit langsamen Schritten dem Schatten. Die Badezimmertür war angelehnt, derjenige würde nur nicht wieder rauskommen. Schließlich gab es hinter dem Badezimmer nichts mehr, wo er sich verstecken könnte.
Entschlossen öffnete ich die Tür ein weiteres Stückchen und wollte das Licht einschalten, aber da war kein Lichtschalter. Stattdessen fasste ich in etwas Ekliges. Angewidert zuckte meine Hand zurück. An ihr klebte Baumharz.
Wieso klebte an meiner Hand Baumharz? Wir waren doch in keinem Wald!
Ich wagte einen Schritt rein, aber es war alles stockduster. Ich wollte mich umdrehen, aber da war nichts mehr. Keine Tür, kein Flur, kein Colin.
Rein gar nichts.
„Was ist hier los?", fragte ich, eher mich selber. Es war schließlich niemand hier.
...oder doch?
„Hilf mir."
Da war sie wieder, diese Stimme. Die Stimme von diesem Mädchen, was mich in meinen Alpträumen heimsuchte.
Ich schluckte und drehte mich wieder um. Vor mir war plötzlich wieder diese Ruine, sie war einfach aus dem nichts aufgetaucht. Es herrschte Nacht, am Himmel konnte man klar und deutlich die Sterne erkennen.
Ich ging Schritt für Schritt näher an die Ruine heran. Mit jedem Schritt wurden meine Angst und meine Panik stärker.
„Hilf mir", erklang die Stimme des Mädchens wieder, sie schien gar nicht weit weg zu sein.
...sondern direkt hinter mir.
Ich stolperte und flog auf meinen Po, dass Mädchen direkt vor mir. Sie sah genauso schön aus wie in allen anderen Träumen auch, oder vielmehr in meinen Alpträumen.
„W-Was willst du von mir?", stotterte ich, rutschte ein Stück zurück als sie einen Schritt zu mir wagte.
„Bitte hilf mir", erwiderte sie stattdessen und kam immer näher. Ich rutschte genauso weit zurück bis irgendwann eine Wand war. Ich saß fest.
„W-Was soll ich d-denn deiner M-Meinung nach t-tun?"
„Küss mich."
Ich schluckte, meine Augen wurden langsam so groß wie Untertassen.
„D-Dich k-k-küssen? A-Aber du e-existierst nicht einmal." Meine Stimme wurde immer leiser und leiser bis sie zum Ende hin brach.
Ich hatte verdammt Angst, auch wenn dieses Mädchen so unschuldig aussah. Mein Herz schlug heftig gegen meine Brust, mir trat der Angstschweiß aus.
Ich rappelte mich mit zittrigen Beinen auf und wagte einen Schritt zu ihr. Als ich fast bei ihr wahr und sie hätte berühren können, wurde jedoch alles schwarz...
Schreiend riss ich meine Augen auf und mein Oberkörper schnellte nach oben. Colin machte erschreckt einen Satz zur Seite und starrte mich an.
Ich war am ganzen Körper klitschnass und zitterte ununterbrochen. Kein Teil meines Körpers konnte bewegt werden. Alles steckte noch tief in diesem Schock-Zustand.
Es war alles wieder ein Alptraum gewesen. Sie waren noch nicht vorbei. Wieso hatte ich das nur gewusst...?
Colin bewegte sich langsam auf mich zu, er war sich anscheinend nicht sicher, ob er sich mir nähern sollte oder nicht. Doch zwei Minuten später war er dann vollends bei mir, ich zog ihn näher an mich heran und schluchzte einmal laut ein sein Fell.
„Scheiß Alpträume!", schrie ich, aber durch Colin's Fell kam nur ein „Scheisch Altreume!!" raus.
Die Tränen liefen mir ununterbrochen - wie ein Sturzbach - an meine Wange runter, ich konnte nichts dagegen tun.
Mit meiner zitternden Hand tastete ich nach meinem Handy, das neben meinem Bett am Ladekabel hing, und zog es heraus.
Ich ignorierte wieder alle Nachrichten und tippte eine Nummer ein. Dann drückte ich auf den grünen Hörer und wartete.
Und wartete.
Und wartete.
Und wartete.
Und wartete.
Ich hatte schon die Hoffnung verloren, legte auf und wählte erneut. Ich wartete genauso lange wie beim letzten Mal, nur das dieses Mal jemand ranging.
„Hallo?", ertönte es verschlafen von der anderen Seite der Leitung.
„L-Liam?"
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