#19. ...und alles nimmt seinen Lauf
Ich schreckte hoch. Alles war dunkel, neben mir lag Louis, der regelmäßig ein- und ausatmete.
Irgendetwas hatte mich geweckt.
...nur was?
Mir war das alles hier viel zu gruselig geworden. Der Mond schien durch die Wolkenlücken auf das offene Fenster neben mir herein und tauchte das Wohnzimmer in ein bedrohliches Licht.
Ein kühler Windstoß fegte durch den Raum und ließ mich erzittern.
Alles war ruhig.
Viel zu ruhig.
Ich schluckte und stand auf, um das offene Fenster zu zumachen. Aber...je mehr ich mich an den vorherigen Abend zurückdachte, desto verwirrter wurde ich. Ich hatte das Fenster auf Louis' Wunsch hin zugemacht, wieso stand es jetzt offen...?
Mein Herz fing auf einmal viel schneller an zu schlagen, meine Knie fingen an zu zittern.
Wir waren nicht alleine in der Wohnung.
Hier war noch jemand.
In mir kam die Angst hoch und übernahm meinen Körper. Ich horchte nach irgendwelchen verdächtigen Geräuschen, aber alles bis auf Louis' regelmäßigen Atem war ruhig.
Ich schluckte erneut und ging mit langsam Schritten wieder zurück zum Sofa.
Vielleicht bildete ich es mir aber auch alles nur ein. Vielleicht war ihm einfach wieder zu warm geworden und er hatte das Fenster wieder aufgemacht. Denn hier war es wirklich warm drinnen, aber das war ja schließlich normal im Sommer.
Ich nahm wieder die Decke und deckte mich zu, dann schloss ich meine Augen und versuchte zu schlafen.
Krrrrr.
Sofort saß ich senkrecht auf dem Sofa.
Ich bekam Panik, hier war wirklich jemand. Colin konnte es nicht sein, er tat solche Sachen nicht wie Teller auf den Boden fallen lassen.
Ich kam mir vor als wäre ich in einem Horrorfilm die Hauptfigur, die sich nun vor Angst in die Hose machte und wollte, dass es aufhörte. Nur war ich in keinem Horrorfilm, ich war auch nicht Schauspieler. Das hier war die Realität.
„L-Louis?" Ich rüttelte leicht an seiner Schulter, er grummelte etwas und drehte mir den Rücken zu. Ich jedoch ließ nicht locker und rüttelte stärker.
Krrrrr.
Da war schon wieder dieses Geräusch.
Eine neue Welle von Panik durchzog meinen Körper, das Adrenalin wurde mit einer unfassbaren Geschwindigkeit durch meine Venen gepumpt.
„Louis!"
„Was'n los?", murmelte er verschlafen und wandte sich wieder zu mir, beide Augen leicht geöffnet. Er hasste es, wenn man ihn bei seinem Schlaf störte, aber darauf nahm ich keine Rücksicht.
„Ich glaube, hier ist jemand..."
Ich schaute einmal nach links und nach rechts, Louis runzelte nur die Stirn. Dann schüttelte er den Kopf, schloss wieder die Augen und seufzte.
„Wer soll hier denn sein? Niall, schlaf einfach weiter..."
„Abe-"
„Niall", unterbrach er mich mahnend.
Ich seufzte wie er und legte mich wieder hin. Die nächste halbe Stunde lag ich wach und starrte an die Decke. Ich wurde einfach das Gefühl nicht los, dass hier jemand in meiner Wohnung geisterte.
Hier war jemand.
Da war ich mir zu 100 Prozent sicher.
Ich wollte nur nicht alleine nachschauen, aber Louis dachte, dass ich mir das alles einbilden würde.
Ich ließ meine Augen zufallen und glitt langsam in einen unruhigen und traumlosen Schlaf...
*
Krrrrr.
Ich schreckte erneut hoch. Dieses Mal war ich nicht der Einzige, Louis saß ebenfalls senkrecht auf dem Sofa und starrte in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.
„Glaubst du mir jetzt?"
Louis drehte seinen Kopf langsam zu mir und nickte. In seinen Augen war deutlich die Angst zu sehen, genauso wie ich Angst hatte.
Er schlug seine Decke auf Seite und ging mit langsamen Schritten auf die Küche zu. Ich blieb an Ort und Stelle, meine Beine waren wie Wackelpudding.
„Louis, sei vorsichtig..."
„Klappe, Horan", zischte er und verschwand vollends in der Küche.
Nichts passierte.
Ich saß stocksteif da und starrte wie ein Verrückter auf die Tür.
Eine Sekunde war vergangen.
Zwei Sekunden waren vergangen.
Zehn Sekunden waren vergangen.
Eine Minute.
Fünf Minuten.
Nichts regte sich. Alles war und blieb still.
Mit zitternden Beinen schaffte ich es vom Sofa und ging die wenigen Schritte zur Tür. Vor mir lag alles im Dunkeln. Ich hatte Angst, Gott wie sehr ich Angst hatte. Mein ganzer Körper war vor Angst wie gelähmt, doch irgendwie schaffte ich es.
Nun stand ich in der Küche.
Alles dunkel und kein Louis weit und breit in Sicht.
Das offene Küchenfenster erregte meine Aufmerksamkeit. Das war vorhin noch nicht offen gewesen.
Es fehlte nur noch die gruselige Musik, dann passte alles für den besten Horrorfilm des Jahrtausends.
Ich ging auf das offene Fenster zu und schaute hinunter. Da unten war nichts außer der nicht belebten Straße. Wieso war dann das Fenster offen und wo war Louis jetzt? Er konnte doch nicht einfach von jetzt auf gleich verschwinden, zumal die Küche eine Sackgasse war.
„Hilf mir."
Nein...
Das kann doch nicht wahr sein!
Ich drehte mich um und erblickte eine dunkle Gestalt, die Schritt für Schritt auf mich zukam. Ich wich zurück, jedoch war da das offene Fenster.
Ich war in einer Sackgasse.
„Bitte hilf mir."
Im nächsten Moment schlug das Fenster zu und katapultierte mich hinaus. Ich war im freien Fall, ich schloss meine Augen und wartete darauf, dass es vorbei war. Ich dachte an meine Familie, an Harry, Louis - wo immer er auch gerade war - , Liam und Zayn, an Simon, an Barbara, an alle.
Doch es kam alles anders als erwartet.
Ich landete auf einer Wiese, und es tat zu meinem Erstaunen nicht einmal weh.
Ich war umgeben von Ruinen. Genau vor mir auf einem Hügel stand wieder dieses wunderschöne Mädchen in dem weißen Kleid, jedoch zierte ihr hübsches Gesicht ein trauriger Blick. Eine Träne rollte ihre Wange herunter.
„Ich flehe dich an, bitte helf mir!"
*
Ich schreckte hoch.
Mein Atem ging verdammt schnell, der Schweiß rann mir die Stirn hinab. Mein Herz pumpte und pumpte, es wollte einfach nicht aufhören so schnell zu schlagen. Mein ganzer Körper war am Zittern, mir stand die Angst regelrecht ins Gesicht geschrieben.
Aber alles war normal.
Louis schlief neben mir friedlich und auch das Fenster war geschlossen, die Uhr gab ihr regelmäßiges Tick Tack von sich und das Surren des Kühlschrankes drang von der Küche aus ins Wohnzimmer.
Es war alles nur ein Alptraum gewesen.
Ein ganz normaler Alptraum.
Sie waren wieder da.
Dann fielen mir die Schlaftabletten ein. Mir war im Moment scheiß egal, dass ich die laut der Dame aus der Apotheke nur maximal zwei Mal im Monat nehmen durfte, aber vier oder fünf mehr sollten mich schon nicht umbringen.
...hoffe ich doch.
Ich strampelte die Decke von meinen Füßen und stand auf. Ich verlor für einige Sekunden mein Gleichgewicht und landete wieder auf dem Sofa, beim nächsten Versuch jedoch gelang es mir stehen zu bleiben. Mit wackeligen Schritten ging ich ins Schlafzimmer und griff nach der Dose Schlaftabletten.
Im Bad füllte ich mir ein Glas mit Wasser, öffnete die Dose. Aber meine Hand war ein einziges Zitter-Chaos, mir fiel die Dose auf den Boden und die Tabletten verteilten sich über das ganze Bad.
„Scheiße!", murmelte ich und hockte mich hin. Ich bekam nicht mehr alle, mir war das egal. Hauptsache, ich konnte wieder schlafen. Da kam es auf zwei oder drei Tabletten weniger nicht an.
Ich schluckte die drei - oder waren es doch vier? - Tabletten runter und stützte mich auf dem Waschbecken ab.
Einatmen.
Ausatmen.
Wieder einatmen.
Und wieder ausatmen.
Das wiederholte ich ein paar Mal bis sich mein Herzschlag gedrosselt hatte und ich nicht mehr die Befürchtung hatte, dass ich gleich einen Herzinfarkt bekommen würde.
Ich legte mich wieder zurück auf's Sofa und schlief keine zwei Sekunden später wieder ein.
Die Tabletten hatten es in sich, das stand fest.
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