Regen fällt Leise (Kurzgeschichte)
Hier möchte ich eine Kurzgeschichte von mir veröffentlichen, die ich vor vier Jahren verfasst habe. Da es eines der ersten Werke von mir war, erscheint es mir sehr passend diese Geschichte hier als erstes zu veröffentlichen. Diese Kurzgeschichte gab es schon auf Wattpad, da ich damals mit diesem Werk an einem Projekt teilgenommen habe. Ich persönlich bin sehr stolz hierauf, da die Geschichte trotz damaliger Unerfahrenheit sehr viel Emotion enthält. Genug geredet, viel Spaß beim Lesen!
Regen fällt Leise
Der Regen fällt leise auf uns herab. Ich und Nadine liegen im kühlen, verwelkten Gras. Der Sommer war sehr heiß gewesen, dieses Jahr, es war der erste Regen seit Langem. Ich lege meine Hand sanft auf die ihre, auf meinem Arm bildet sich Gänsehaut, die Härchen an meinem Arm stellen sich auf, ich fühle mich wie elektrisiert.
Nadine lächelt mich an, ich weiß, unsere Liebe ist einzigartig, wie keine andere auf diesem Planeten. Wir verschränken unsere Finger, wir sind uns einig. Wir wollen es tun. Zusammen. "Bist du bereit?" fragt sie mich, was ich bejahe. Wir schauen uns tief in die Augen, ihr Blick, voller Liebe, Hoffnung und Aufregung. Ich sehe ihr an, sie will es, genau so wie ich. Sie löst ihren Blick von meinem, ich schaue wieder nach oben, in den grauen Himmel. Der Regen tropft mir in mein Gesicht, ich blinzle einzelne Regentropfen aus meinen Augen.
"Du Nadine, ich habe Angst. Weißt du wie man es am besten macht?" sage ich und schließe die Augen, mein Atem geht schnell, wie nach einem 100-Meter-Sprint. Mein nasses T-Shirt klebt an mir, der Regen prasselt weiter auf uns herab. Es ist ein kalter Regen, aber das Feuer in meinem Inneren vermag er nicht zu löschen. Ich bin mir hundertprozentig sicher, das Richtige zu tun, auch wenn man sich da wahrscheinlich nie sicher sein kann. Aber wir werden es durchziehen, gemeinsam. Ich fahre mir mit der Hand durch mein, inzwischen völlig durchnässtes Haar und drehe den Kopf. An manchen Stellen ist das Gras plattgedrückt, es bewegte sich kein Lüftchen, es herrscht Stille. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, die Welt schien den Atem anzuhalten. Ich sehe aus den Augenwinkeln wie sich Nadine aufsetzt und ich betrachte sie näher. Sie streicht sich ihr rostfarbenes Haar aus dem Gesicht, die Grübchen am Kinn, die ich, wie alles an ihr, so liebe, sind kaum sichtbar. Wieder drehe ich den Kopf, bette ihn auf dem weichen Gras, während überall um uns herum der Regen herabfällt und ich besehe mir die grauen Wolken am Himmel. Ich suche nach Wolkenbildern, das habe ich als kleines Kind immer gemacht. Aber seit Mutter tot war habe ich eigentlich damit aufgehört. Ein Regentropfen trifft genau mein Auge, ich zucke zusammen. Nadine schaut mich lächelnd an, ob ich soviel Angst haben würde, fragt sie. Natürlich habe ich Angst, das, was wir hier machen war die schwierigste Entscheidung in meinem Leben, die ich jemals getroffen habe. Aber mit Nadine an meiner Seite bin ich zuversichtlich. Wir sind ein Dreamteam und auch diesen Schritt werden wir gemeinsam gehen.
Inzwischen ist der gesamte Himmel grau, der Regen prasselt immer heftiger auf uns herab, die Bäume biegen sich im Wind. Wir liegen nebeneinander, Schulter an Schulter, Kopf an Kopf, Arm an Arm. “Bist du bereit?“ fragt Nadine mich. “Ja.“ antworte ich kurz und schlucke hart. “Gut, hab keine Angst, es tut nicht weh.“ Sie dreht sich zu mir, gibt mir einen Kuss, immer drängender, immer wilder. Dann spüre ich einen scharfen, kurzen Schmerz an meinem Handgelenk. Ich schließe die Augen. Die Rasierklinge war tief in meine Haut eingedrungen und hat mir die Pulsader zerschnitten. Nadine legt sich wieder neben mich, auch ihre Pulsader ist aufgeschnitten. Mit geschlossenen Augen suche ich mit meiner Hand die Ihre. Ich finde sie und wir verschränken unsere Finger miteinander. Mit jedem Herzschlag sprudelt der rote Lebenssaft aus uns heraus, doch keiner von uns ist allein, wir haben uns gegenseitig. Mein Blut vermischt sich mit dem von Nadine, ihres ist etwas heller als meines und der Regen spült es weg. Wir vergehen, vergehen wie das Gras unter uns, das in der Sommerhitze vergangen ist. Wir vergehen, wie der Regen vergeht, wenn er auf die ausgetrocknete Erde fällt. Und sowie der Regen das Land neu belebt, so werden auch wir, Nadine und ich in einem anderen Leben wiederkehren. Ich spüre, wie Nadines Finger kälter werden, spüre, wie ihr Atem langsamer wird, dennoch öffne ich die Augen nicht. Auch mir wird kalt, ich fühle mich schwach, ausgelaugt. Nadine stirbt, sie haucht ein letztes “Ich liebe dich.“ Und ihr Atem stockt, ihr Herz stottert und bleibt stehen. Sie seufzt ein letztes mal, atmet ihren letzten Atemzug und ist tot. Auch ich liege hier, doch nun allein, warte, warte darauf das auch mein Leben verinnt, wie der Sand in einer Sanduhr. Ich spüre meine Finger und Zehen nicht mehr, ich bekomme Angst, Angst vor dem Tod. Ich will noch nicht sterben, denke ich mir jetzt, zu spät.
Und ich falle, falle wie der Regen, falle ins Nichts.
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