⏭ 21; i wanna stay with you
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SKZ » Haven
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[Warnung: In diesem Kapitel wird über Sex gesprochen, aber es werden keine sexuellen Handlungen beschrieben.]
»Hey, irgendwas ist doch los«, stellt Minji fest und legt sanft eine Hand auf Minhos Oberarm, während sie mit der anderen über Naris weiches Fell streicht. »Du kraulst sogar Nari bloß halbherzig«, fügt sie mit einem Lächeln hinzu. »Das kommt sonst nie vor.« Minho senkt den Blick und seufzt. Ja, sie hat recht... Seine Katze auch, denn sie beobachtet ihn mit ihren klugen goldenen Augen und er weiß, dass sie ihn ermutigen will, mit Minji darüber zu reden, was ihn schon seit gut zwei Monaten verfolgt. Seitdem Jisung ihn nach einem Kurs an der Uni überrumpelt hat.
Obwohl Minho mittlerweile nicht mehr ganz so verwirrt ist, geht ihm das Gespräch nicht mehr aus dem Kopf. »Ich hab doch mal davon erzählt, wie Jisung vor zwei Monaten oder so mit mir geredet hat? Allein?«, fängt Minho vorsichtig an und blickt wieder zurück in Minjis Augen. »Die ganze Zeit... Ich hab dir nicht alles erzählt. Weil du so Stress mit dem Stipendium und deinem Abschluss hattest. Aber es geht dich eigentlich auch was an. Und... deine Prüfungen sind vorbei, also...« Minho weiß nicht so recht, wie er sich ausdrücken, wo er anfangen soll, deswegen lässt er seine Stimme einfach abklingen, ohne seinen Satz zu beenden.
»Okay, Minho«, erwidert Minji. Sie nimmt ihre Hand von seinem Oberarm, nur um sich im nächsten Moment zu strecken und sie mit seiner Rechten zu verschränken. Eigentlich ist das total umständlich, da seine Linke viel näher bei ihr ist, an Naris Bauch in ihrem Schoß, aber sie ist dadurch ja irgendwie schon belegt. Seine Rechte ist frei. Nun gut, ist frei gewesen, jetzt hält Minji sie fest und streicht mit ihrem Daumen über seinen Handrücken. »Wenn es für dich einfacher ist... Willst du einfach drauf losreden? Ich hör dir einfach zu und unterbrech dich nicht. Und wenn du willst, dass ich irgendwie was antworte, dann sagst du es mir. Okay?«, schlägt sie vor und lächelt ihn immer noch genauso ermutigend an wie vor ein paar Minuten. Sie sieht hübsch aus, wenn sie so lächelt. Sie sieht auch hübsch aus, wenn sie irgendwie komplett neutral schaut, und sogar, dann, wenn sie eine Grimasse zieht, findet Minho.
Minji ist immer hübsch und Minho kann verstehen, warum Hyunjin sich vor ein paar Jahren in sie verliebt hat, doch er selbst schafft das einfach nicht. Er hat's versucht, weil er Minji wirklich gerne hat. Minho wünschte, sie wäre die eine Ausnahme, das einzige Mädchen, in das er sich je verlieben würde, obwohl er schwul ist, denn er mag alles an ihr, alles von ihren besten Eigenschaften bis zu ihren gewöhnungsbedürftigen Eigenheiten. Aber er kann einfach nicht. Egal, wie krampfhaft er nach irgendeinem Herzflattern oder Schmetterlingen im Bauch sucht, wie er es von den drei Mal kennt, die er wirklich verliebt gewesen ist – wenn er Minji ansieht, legt sich immer eine unbeschreibliche Ruhe über ihn. Denn es ist nicht nur ihr Shampoo, das ihn an eine friedliche Waldlichtung mit Krokussen, Lilien und Vergissmeinnicht erinnert, sondern alles an ihr. Sie ist wirklich wie eine gute Fee, eine kleine, hübsche, süße und mindestens genauso freche Fee, die ihn immer an diese Waldlichtung versetzen kann, egal, wo sie beide sich gerade wirklich befinden.
»Okay«, stößt Minho aus und legt seine rechte Hand, die von ihrer umschlossen ist, auf seinen linken Oberschenkel, damit sie sich nicht so strecken muss. »Was ich dir schon erzählt habe... Jisung findet, dass wir auch in echt zusammenkommen sollten. Weil wir uns ohne Worte verstehen und uns küssen und uns wohl dabei fühlen«, erinnert er sich zurück und lässt seinen Blick gedankenverloren durch sein Zimmer wandern. »Er meint, dass wir uns auf irgendeine Art lieben und dass wir deswegen nicht ver-liebt sein müssen, um in einer richtigen Beziehung glücklich zu sein.«
Je mehr das Gespräch gedanklich zurückkommt, desto unwohler fühlt Minho sich, einerseits, da es an sich ziemlich unangenehm gewesen ist, andererseits, da er nicht weiß, wie Minji auf den Schluss reagieren wird, zu dem er gekommen ist. Er will sie nicht abschrecken, aber verheimlichen kann er es ihr auch nicht. Er kann ihr sowieso nichts verheimlichen, und etwas, das mit ihr zu tun hat, noch weniger. »Was ich noch nicht gesagt habe«, redet er weiter, »Jisung hat gesagt, dass er denkt, wir würden miteinander schlafen. Und dass er es normal fände, wenn wir es tun würden, weil wir beide attraktiv seien und uns vertrauen.« Minho stockt zwar immer wieder, doch die Worte purzeln einfach so heraus und er kann sie nicht länger als ein paar Sekunden aufhalten. Er traut sich noch nicht wieder zu Minji zu blicken, sondern er starrt auf einen Bilderrahmen, in dem ein Foto von seiner Abschlusszeremonie aufgestellt ist, und beißt sich so fest auf die Lippe, dass es fast schon wehtut.
»Ich... Minji, erstmal war ich einfach irgendwie überrumpelt und geschockt und ich dachte mir, dass das gar nicht geht. Ich habe mir noch nie vorstellen können, mit einem Mädchen oder einer Frau zu schlafen. Sogar bevor ich wirklich gemerkt habe, dass ich schwul bin, haben sich mir bei dem Gedanken daran die Nackenhaare aufgestellt. Und ich dachte, bei dir ist das genauso. Dass ich es mir genauso wenig vorstellen kann... Aber... Du bist anders«, versucht Minho seine Gefühle in Worte zu fassen. »Nicht, weil du mich heißmachst oder ich romantische Gefühle für dich habe oder so. Ich... ich steh echt bloß auf Kerle. Aber, Minji. Ich hab mich noch nie so wohl bei jemandem gefühlt wie bei dir. Und ich mag es, deinen festen Freund zu spielen, weil alles zwischen uns so... keine Ahnung... natürlich passiert. Und ich weiß, dass mir mit dir nichts zu weit gehen würde. Nicht mal... nicht mal Sex, obwohl... du weißt schon. Ich glaub, ich brauch's nicht nochmal sagen.«
Minho wagt es nur, Minji einen einzigen flüchtigen Blick zuzuwerfen, bevor er wieder zu dem Foto sieht. Darauf sind Chan und er zu sehen, der Ältere mit seinen aschblonden Haaren, er selbst mit seinen frisch leuchtend orange gefärbten. Zu dem Zeitpunkt hat Minho sich noch Hoffnungen gemacht, dass er vielleicht doch mit Jisung zusammenkommen könnte und ist nochmal zum Frisör gegangen, um für die Fotos die Farbe auffrischen zu lassen, die ihn so an seinen Schwarm erinnert. Kaum eine Woche, nachdem Jisung mit Jisu gegangen ist, hat Minho sich dunkelbraune Haarfarbe in einem Drogeriemarkt gekauft und als Minji das irgendwie herausbekommen hat, hat sie ihm angeboten, sie ihm aufzutragen. Sein Ansatz ist damals sowieso recht breit geworden, also hätte er ihn sich nochmal bleichen lassen müssen. Da ist das Dunkelbraun viel praktischer gewesen. Und jetzt sind seine Haare sowieso wieder ziemlich nachgewachsen.
Bestimmt hat er Minji jetzt schon zwei, drei Minuten angeschwiegen und er ist sich immer noch nicht sicher, wie er seine Gefühle irgendwie erklären soll. Und sie wartet einfach ab. Sie hat nicht laut Luft eingezogen, ihn ausgelacht oder irgendwas gesagt, ihn als verrückt bezeichnet wegen dem, was er gesagt hat. Stattdessen bleibt sie still, genau wie sie es ihm versprochen hat, und hält seine Hand noch genauso fest und sanft wie am Anfang – sie hat nicht mal stärker zugedrückt oder so, oder aus Überraschung kurz lockergelassen. Auch ihr Gesichtsausdruck war ziemlich verständnisvoll, so viel er in den vier Millisekunden – maximal! – erkannt hat.
»Minji. Unsere Scheinbeziehung ist für mich momentan das Beständigste. Das, wobei ich mir immer denke: ›Wow, das ist echt schön.‹ Ich freue mich jedes Mal, dich zu sehen und ich mag es, dir nahe zu sein. Körperlich. Denn du... du gibst mir Halt und Trost«, versucht Minho es dann nochmal, die richtigen Worte zu finden. »Das war schon ziemlich früh so. Nach ein paar Monaten hatte ich mich so an deine Nähe gewöhnt, dass es komisch war, wenn du nicht an meiner Seite warst. Aber das erste Mal, als deine Nähe mich so richtig getröstet hat, das war, als ich mich vor dir geoutet habe. Und mittlerweile... du tröstest mich nicht nur. Du fühlst dich einfach irgendwie gut und richtig an und ich mag es, dich anzufassen.« Sobald Minho den letzten Satz beendet hat, presst er die Lippen aufeinander und versucht gedanklich noch einmal durchzugehen, was er gerade so alles vor sich hin geplappert hat – bis: »Oh, verdammt, hört sich das schlimm an... Ich weiß, dass ich dir gerade was über Sex vorphilosophiere, aber dass sich das SO anhört... Nein, Mist, das tut mir leid. Ich meine ›anfassen‹ ohne irgendwelche Nebenbedeutungen. Also grundsätzlich zumindest.«
Minho merkt, wie sein Gesicht ganz heiß wird, als er sich bei seinem Rechtfertigungsversuch verhaspelt, und ihm ist das alles echt peinlich... Nicht, weil es ihm im Allgemeinen schwerfallen würde, mit Minji über Sex zu reden. Sie ist seine beste Freundin und es gibt ziemlich wenige Themen, die ihm mit ihr unangenehm sind – doch seine, man könnte schon fast sagen, Erörterung, warum er mit ihr schlafen würde... Das... Ja, das ist schon eine Stufe heftiger. Doch so peinlich, dass er nicht über sich lachen könnte, ist es ihm nicht, und Minji, die die ganze Zeit aufmerksam geschwiegen hat, kichert leise mit ihm. Aber erst, nachdem er damit angefangen hat, denn über ihn würde sie nie bei etwas Ernsterem lachen, das weiß er, sondern nur mit ihm.
»Ich hab noch ein bisschen mehr zu sagen, wenn das okay ist?«, bittet Minho sie, nachdem sie sich beide wieder beruhigt haben, und drückt ihre Hand sanft. Ein bisschen besser fühlt er sich, nachdem Minji mit ihm gelacht hat, und deswegen schaut er zuerst kurz in Naris Augen, dann hoch in Minjis. Sie lächelt nicht mehr ganz so strahlend wie vorher, doch ihre Mundwinkel sind noch ein klein wenig nach oben gezogen und ihre Augen lächeln immer noch mit. Auf seine Bitte hin nickt sie und Minho holt noch einmal tief Luft, bevor er weiterredet. Entspannter dieses Mal.
»Minji, ich möchte dir noch sagen... Ich meine das alles eher emotional, denke ich. Denn auch wenn das alles eigentlich sehr körperlich ist... das ist echt nicht so. Es geht viel weniger um Lust als darum, dir irgendwie noch näher sein zu wollen, weil deine Nähe mir guttut. Und wenn das für dich zu weit geht... Ich versteh' dich. Als Jisung mich danach gefragt hat, war ich auch erstmal bloß überrumpelt und dachte, das ginge ja gar nicht. Und wenn's nicht geht, dann geht's eben nicht. Damit verlieren wir ja nichts«, erklärt Minho, während Minji ihre Augen nie von seinen abwendet und hin und wieder verständnisvoll nickt. »Am Ende... Am Ende ist es mir echt egal, was genau wir miteinander machen oder nicht. Solange du bis zum Ende unseres Lebens bei mir bist, bin ich glücklich und es ist mir so egal, auf welche Art und Weise. Ich bin mir nur hundertprozentig sicher, dass ich dich nicht mehr verlieren will, sondern so nah bei mir haben will wie möglich. Denn... Ja, du bist meine beste Freundin. Aber du bist mehr als das. Nicht romantisch oder so, sondern... Jisung hat auch gesagt, dass wir wie dieselbe Seele in zwei Körpern sind. Vielleicht sind wir nicht dieselbe Seele, aber zwei sehr ähnliche, und ich weiß, dass meiner Seele etwas fehlt, wenn du nicht da bist.«
Sobald er den Satz beendet hat, muss Minho ein paarmal tief Luft holen. Nicht mehr aus Nervosität oder Scham, sonder weil alle Worte nur so herausgesprudelt sind und er bestimmt nicht mehr als zwei, drei Atemzüge genommen hat. Während er also etwas schwerer atmet als sonst, werden Minjis Augen noch größer, der Ausdruck in ihnen weicher und sie beginnen zu schimmern. Ihr Kinn zittert ein wenig und genau wie ihre Hand, die seine mit jeder vergehenden Sekunde fester drückt. Gerade, als sie noch einmal schwer schluckt und den Mund dann doch ein Stückchen aufbekommt, miaut Nari.
Das graue Fellknäuel mustert erst Minji und legt ihr eine Pfote auf die Hand, die noch immer an dem kleinen Kopf ruht, bevor es zu Minho sieht und ihn mit seinen Bernsteinaugen auffordert, ihm auf den Boden zu helfen. Alleine kann Nari das nicht mehr, sie ist ja auch schon neunzehn, genau wie er. Vor ein paar Monaten ist sie noch selbst nach unten gesprungen, doch in letzter Zeit merkt man ihr ihr Alter immer mehr an und Minho versucht sein Möglichstes, ihr zu helfen. Irgendetwas faselt er Nari vor, als er sie aufhebt, ganz viel kitschiges Zeug in Babysprache und er kuschelt seine Wange in ihr Fell, sobald er mit ihr fest in seinen Armen vor seinem Bett steht. Minji springt auch zügig auf und öffnet ihm die Tür zum kleinen Flur, der zum Wohnzimmer führt.
Einen Moment lang verweilt Minho noch bei Nari, nachdem er sie in ihrem dick gepolsterten Bett am Wohnzimmerboden abgesetzt hat, und streichelt sie behutsam. Ihr Gang ist zwar nicht mehr ganz so frisch wie früher und sie schläft viel mehr, doch wenn sie ihn ansieht, sind ihre Augen noch genauso wach, wie er sie schon immer kennt und wie er sie auch immer in Erinnerung behalten wird. »Danke, dass du durchgehalten hast, bis ich fertig war«, flüstert Minho seiner Katze zu und bekommt als Antwort ein sanftes Miauen. Er krault noch einmal ihren Bauch, dann erst steht er aus seiner Hocke auf und wäscht sich zügig die Hände, bevor er zu Minji zurückkehrt, die an der Bettkante sitzt und gleich zu ihm aufblickt, als er sein Zimmer betritt und diesmal die Tür offen lässt. Seine Eltern sind sowieso nicht da und er kann Nari hören, falls was ist.
»Also, Minji«, ergreift Minho zuerst das Wort. Er hat sich neben sie an die Bettkante gesetzt und schaut zu ihr hinüber. »Jetzt bist du dran, nach meinem Monolog und der kleinen Unterbrechung gerade.« Minho lächelt sie an und Minji lächelt mit leicht rosa Wangen zurück.
»Gut...«, fängt Minji an. »Vielleicht erstmal vorweg: Weißt du noch, wie komisch ich anfangs beim Küssen war?« Oh ja, das waren Zeiten... Mittlerweile kann Minho darüber grinsen, wie viel Sorgen er sich gemacht hat, dass ihr erster Kuss vor seinem alten Bekanntenkreises in der Schule das Ende ihrer Freundschaft sein könnte. Damals hat er gedacht, er würde Minji schon echt gut kennen, aber die letzten eineinhalb Jahre haben ihn eines Besseren belehrt: Minji braucht zwar manchmal ein bisschen, wenn ihre Grenzen – auch von ihr selbst – überschritten werden, aber irgendwann, sobald sie sich bereit fühlt, lässt sie solche unangenehmen Momente zu einer Erinnerung werden, mit der sie sich nicht unnötig aufhält.
»Mit, ähm, mit Sex ist das, logischerweise, denke ich, noch schlimmer. Ich habe schon Angst davor. Aber mit dir... Ich hab noch nie so richtig darüber nachgedacht, aber ich vertraue dir auch, Minho, und ich habe noch nie jemandem auf dieselbe Weise vertraut wie dir. Ich fühle mich auch wohl bei dir und es macht mir nichts aus, dir nah zu sein. Eigentlich... doch, ich mag es auch, dich anzufassen. Wie hast du es noch gesagt? ›Grundsätzlich ohne Nebenbedeutungen‹, oder so...?«, sagt Minji und lacht am Ende. Sie ist total angespannt und sie zappelt immer wieder herum, wobei ihre Bewegungen viel kantiger als sonst aussehen. Wahrscheinlich wollte sie sich mit ihrem kleinen Spaß am Ende selbst irgendwie beruhigen, doch so ganz erfolgreich ist sie damit nicht.
Minho beobachtet ihr Gesicht aufmerksam, wie sich der Ausdruck darin verändert und wie sie immer wieder die Lippen so bewegt, als wolle sie noch etwas sagen, wie sie seinem Blick ausweicht – genau wie er bei ihr vorher. »Ach, komm her«, haucht er irgendwann, als sie so aussieht, als würde sie immer tiefer in dem Strudel ihrer rasenden Gedanken versinken, und legt beide Arme um sie. Erst verspannt sich ihr ganzer Körper und sie erwidert seinen Blick mit geweiteten Augen, doch schon im nächsten Moment lässt sie sich fallen und beginnt zu lächeln.
»Weißt du, ich glaube, ich bin einfach noch nicht bereit«, flüstert Minji, »es macht mir noch viel zu viel Angst.« Minho nickt verständnisvoll und streicht mit seiner Hand sanft über ihre Seite. Es ist schon eine Weile her, seitdem einer von ihnen etwas gesagt hat, denn nachdem er sie in seine Arme gezogen hatte, haben sie sich einander gegenüber hingelegt und sich einfach gegenseitig in die Augen gesehen. »Aber... ich vertraue dir wirklich. Und ich kann mir mein erstes Mal mit niemandem vorstellen, dem ich nur ein bisschen weniger vertraue als dir«, fügt sie hinzu und bricht dann den Blickkontakt.
»Minho... Bist du dir dabei echt sicher? Du... du... Denkst du, du... kannst überhaupt? Ich meine, du sagst ja selbst, dass du dir nie vorstellen konntest... mit Frauen. Und ich... selbst wenn du mir vertraust und so, heißt das ja nicht, dass... du weißt schon«, stammelt Minji hervor und ihr Gesicht beginnt, rot zu leuchten. »Verdammt, ist das peinlich.«
»Ich, ich weiß selbst nicht«, erwidert Minho. Er kann sich ja nicht sehen, aber so wie sein Kopf glüht, schaut er bestimmt nicht so viel anders aus als Minji. »Aber es gehört ja auch mehr dazu als nur das Aussehen und so, also... also denke ich schon, dass es geht. Oder... so...? Ach, keine Ahnung.«
»O-okay, gibt Sinn«, meint Minji. Sie kaut nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum, bevor sie wieder zu ihm blickt und mustert ihn danach mit ihren großen, glänzenden Augen. »Aber genug davon... Du hast am Ende ja noch was anderes gesagt, zu deiner Seele und so«, fängt sie an, wobei ihr Gesicht nach und nach das rote Leuchten verliert und nur noch ihre Wangen einen ganz zarten Rosaschimmer behalten. »Dass unsere Seelen sich ähnlich sind. Und dass deiner ohne meine was fehlt.«
Minjis Stimme wird mit jedem Wort ein bisschen leiser und sie macht eine kurze Pause, sobald sie den Satz beendet hat. Da ihre Augen Minho irgendwie erwartungsvoll und unsicher ansehen, nickt er und zieht sie an der Taille ein Stückchen näher an sich heran. Einfach so, er weiß selbst nicht so recht, warum, und er merkt es auch erst, als er es schon getan hat. »Mir geht es genauso, Minho. Und ich kann mir auch kein Leben ohne dich mehr vorstellen«, haucht Minji, als sie seine freie Hand, die zwischen ihnen liegt, in ihre beiden nimmt. »Damals, als du mich gefragt hast, ob ich deine Scheinfreundin sein will... Da hätte ich nie damit gerechnet. Ich hab dich nicht nicht gemocht, aber so richtig warm wären wir anders als durch die Beziehung wahrscheinlich nie miteinander geworden. Und jetzt... jetzt bin ich mir sicher, dass es eine der besten Entscheidungen meines Lebens war, zuzustimmen. Denn du bist das Beste, was mir passieren konnte, und mein bester Freund, dem ich nochmal ganz anders vertraue als meinen anderen Freunden. Du bist der Beste.«
Es ist genau, wie Jisung immer und immer wieder sagt... Minji und Minho würden perfekt zusammenpassen und Minho ist sich auch ziemlich sicher, dass sie beide mindestens genauso lange zusammen glücklich sein könnten wie das ältere Paar im Park, mit dem Jisung sie verglichen hat, ganz ohne ineinander verliebt zu sein. »Nennt man sowas wie uns platonische Seelenverwandte?«, fragt Minho mit einem breiten Grinsen, das sich von selbst auf sein Gesicht geschlichen hat und nicht den Anschein macht, dass es bald wieder verschwindet. »Platonische Seelenverwandte, die sich ab und an küssen.«
»Platonische Seelenverwandte... Das hört sich jedenfalls schön an«, antwortet Minji und erwidert sein Grinsen mit einem schiefen Lächeln. »Das mit dem Küssen machen wir aber auch nur, weil wir seit fast zwei Jahren so tun, als wären wir ein Paar. Daheim haben wir uns noch nie geküsst. Nur das eine Mal, als Sungie uns dazu gezwungen hat, es zu üben.«
»Wo du recht hast«, lacht Minho leise. Er erinnert sich noch gut daran, wie es ihn damals genervt hat, dass Jisung so versessen auf dieses Küssen-Üben war. Dass es damals schon irgendwie wehtat, wenn Jisung so sehr wollte, dass Minho Minji irgendwie noch näher kam. Denn das hieß schon damals, dass er nie eine Chance bei ihm haben würde, bevor Minho sich so richtig in ihn verliebte, und bestimmt wusste er es seitdem schon unbewusst. Heute ist es okay und Minhos Grinsen verschwindet nicht, obwohl diese Erkenntnis seinem Herz immer noch Stiche versetzt. Schlimme Stiche. Aber in Momenten wie diesen, in denen er sich so wohl fühlt, kann er besser mit seinem Liebeskummer umgehen. Der Liebeskummer, auf den er sich von Anfang an hätte einstellen sollen.
Momente wie dieser zeigen Minho andererseits auch, wie sehr er sich auf Minji verlässt, wie sehr er sie oft braucht, um mit seinen Gefühlen klarzukommen. Er weiß, dass er aufpassen muss, sich nicht zu abhängig zu machen und Minji nicht als eine Ablenkung von allem Unangenehmen auszunutzen, denn das wäre nicht fair. Für keinen von ihnen beiden. Aber es ist in Ordnung, wenn sie in dem jeweils anderen einen Ruhepol haben, und es ist wichtig für sie. Für sie beide. Genauso wichtig ist es doch auch, jemanden zu haben, mit dem man vertraut genug ist, um erste Erfahrungen zu machen. Und wenn es der beste Freund oder die beste Freundin ist, dann ist das auch in Ordnung. Oder nicht? Minho findet schon, besonders, wenn es sowieso jeder von ihnen erwartet. Das sagt ja auch Jisung.
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Vielen Dank fürs Lesen! Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen, und freue mich sehr über Feedback, denn das hilft mir sehr weiter. 🫧
Hier ist das 1.000-Aufrufe-Special! Und jetzt sind es schon etwas über 1.100, vielen Dank 💗
Bei der Geschichte geht es auch so langsam aufs Ende zu, ich denke mal, dass es nicht mehr als zehn weitere werden (aber ich kann mich auch täuschen haha). Für Minho wird es ab jetzt grundsätzlich nur besser. >.< Und vielleicht gibt es noch die ein oder andere schicksalhafte Fügung!
[19.11.23]
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