⏭ 20; oh, i think of you, i only fall for you

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[Warnung: In diesem Kapitel wird (sehr grob) über Sex geredet, aber es werden keine sexuellen Handlungen beschrieben.]

»Man könnte fast meinen, du wärst mir aus dem Weg gegangen«, scherzt Jisung und rempelt Minho beim Laufen spielerisch an. Wenn er nur wüsste... Minho hat sich seit Monaten nicht getraut, sich mit ihm alleine zu treffen, sondern nur, wenn mindestens eine weitere Person dabeigewesen ist – außer Jisu. Alleine mit Jisung und Jisu hätte Minho sich niemals getroffen, weil er befürchtet, dass er sich Jisu gegenüber unfair verhalten würde, obwohl sie immer nur lieb ist. Sie ist so lieb und sie macht Jisung glücklich und Minho fühlt sich wie das größte Arschloch dafür, dass er so eifersüchtig ist.

»Es war einfach viel los«, erwidert Minho und strengt sich an zu grinsen. »Jetzt gerade solltest du eigentlich auch lernen, oder nicht? Minji macht zumindest fast nichts anderes mehr.« Dass Minji jetzt gerade lernt und Jisung nicht, liegt nicht daran, dass Jisung einfach faul wäre – er ist nicht unendlich strebsam, aber wichtig sind seine  Noten für ihn schon –, sondern Minji stresst sich gerade wegen eines Stipendiums, ohne welches sie das Studium an einer Eliteuni finanziell nicht stemmen könnte. Und dann wären all ihre Bemühungen die ganzen Jahre Schulzeit dahin; findet sie zumindest. Minho versteht sie schon, denn besonders in ihrem Abschlussjahr hat sie sich für ihre nicht mal nur sehr guten, sondern herausragenden Noten besonders gequält, und er würde mit ihr leiden, wenn ein Top-Studium, das sie sich verdient, nur wegen des Geldes nicht möglich wäre.

»Naja, ich schau' eben auch drauf, genügend Pausen zu machen«, erwidert Jisung mit einem stolzen Grinsen. »Und ich wollte dich auch mal wieder sehen. Also, nur wir zwei, alleine. Ist jetzt nicht so, dass es keinen Spaß macht, dich zu treffen, wenn noch wer dabei ist. Aber zu zweit ist es doch anders, und ich hab's vermisst«, fügt er hinzu und lächelt. Er grinst nicht mehr, er lächelt. Sanft. Sanft und ehrlich, nicht mehr stolz. Und seine Augen, seine Augen sind groß und süß und sie funkeln, als wären echte Sterne darin. Kleine Sonnen, wie Jisung selbst eine ist.

Minho würde am liebsten wegschauen, weil Jisungs Gesichtsausdruck und seine Worte sich anfühlen wie ein übler Tritt in die Magengrube, doch er kann nicht. Denn so sehr Jisungs Ausdruck wehtut, da dahinter nichts mehr als eine durch und durch platonische Freundschaft steckt, so sehr zieht er Minho auch in seinen Bann. Deswegen hatte Minho Angst davor. Er wusste, wenn er sich alleine mit Jisung trifft, dann gibt es niemanden, an dem er sich festhalten kann, um sich irgendwie vor dem Strudel seiner beschissen beständigen Gefühle zu retten. »Ich auch«, quält Minho hervor, nachdem er Jisung ein paar Augenblicke einfach nur angestarrt hat. »Ist doch anders. Nur zu zweit.«

»Nicht wahr?«, fragt Jisung mit vor Freude weit aufgerissenen Augen und holt mit seiner zu einer Faust geballten Hand weit aus und schlägt dramatisch durch den Zwischenraum zwischen Minhos angewinkeltem Arm und seinem Oberkörper hindurch – und diese ganze Show, nur um sich einzuhaken. »Ich hatte schon voll Entzug. Du und ich, wir hatten zwar'n bisschen Anfangsschwierigkeiten, aber jetzt sind wir so wie japanischer Vanillepudding und Karamellsoße: Schmeckt voll solide getrennt, aber unschlagbar zusammen!«

Minho kann nicht anders, als leise loszulachen. Vielleicht... vielleicht hält er es ab jetzt doch ganz gut aus, alleine mit Jisung abzuhängen, obwohl er selbst nach fast neun Monaten immer noch tief im Liebeskummer steckt. Ja, ein bisschen unangenehm ist es schon, dass sein ganzer Arm kribbelt, dass seine Hände in seinen Hosentaschen zu schwitzen beginnen und dass sich in seinem Magen so ein flaues Gefühl breitmacht bei dem eigentlich gar nicht übertriebenen Körperkontakt. Aber... aber Jisungs Art ist so erfrischend und einfach warm, irgendwie, dass Minho sich jetzt gerade doch ganz okay fühlt. So ganz wohl ist ihm bei der Sache noch nicht, aber er fühlt sich okay. »Und das ist jetzt die Purin-Allegorie oder was?«, fragt Minho und sieht nach schräg unten zu einem strahlenden Jisung, der sich an seinen Arm klammert wie ein Koala oder so. Er selbst merkt, wie er anfängt zu grinsen, und er glaubt – heute ist ein guter Tag. Vielleicht... vielleicht ist heute sogar der entscheidende Tag, den er braucht, um seine einseitige Liebe loszulassen. Er hofft es.

»Das ist ein Vergleich, Minho. Keine Allegorie oder Metapher. Sonst wäre da kein Vergleichswort gewesen«, erwidert Jisung kopfschüttelnd. »Hast du wohl nie in Literatur aufgepasst?«, fragt er und grinst frech.

»Dann eben Purin-›Vergleich‹«, sagt Minho und grinst zurück. Vielleicht nicht ganz so frech, doch zumindest ist das Grinsen ehrlich und nicht mehr so verhalten. Anders als so ziemlich jedes andere Lächeln, seitdem Jisung mit Jisu ausgeht. »Aber weißt du was: Du musst deine Abschlussprüfung noch schreiben, ich habe sie schon hinter mir. Deswegen musst du wissen, wie du Vergleich, Allegorie und Metapher unterscheiden kannst, und ich nicht mehr. Ich hab jetzt noch kein Tier oder die dazugehörigen Menschen gesehen, die ich über Stilfiguren in Texten aufklären müsste.«

»Da kann jetzt nicht mal ich was dagegen sagen«, lacht Jisung, während er sich noch etwas fester an Minho klammert. »Tierarzt... Heftig. Du und Minji, ihr seid beide so überambitioniert, ihr passt schon echt gut zusammen. Ich warte ja immer noch auf den Tag, an dem ihr endlich einseht, dass ihr dem Ganzen vielleicht doch eine ehrliche Chance geben solltet. Küssen und so, das macht ihr ja schon alles«, redet Jisung mit gesenkter Stimme drauf los, nachdem er sich versichert hat, dass niemand nah genug ist, um mitzuhören. »Und ich kann bestätigen: Mittlerweile sind eure Visuals 1A! Falls du mir weismachen willst, euch würde das keinen Spaß machen, dann glaub' ich dir kein Wort.«

Vielleicht... vielleicht hat Minho doch zu früh gehofft, denn nach diesen Worten fühlt er sich wieder so, als würden seine Gefühle für den Jüngeren ihn verschlucken. Ausweglos nach unten ziehen und ertränken. »Jisung. Minji ist meine beste Freundin und durch die Scheinbeziehung verhalten wir uns natürlich ein bisschen anders als normale beste Freunde. Aber, Jisung, ich verspreche dir: Wir sind beide nicht ineinander verliebt«, versucht Minho ihm zu erklären. »Und zum Küssen... Ob ich das Spaß nennen würde, weiß ich nicht. Aber ich fühle mich wohl dabei. Weil Minji meine beste Freundin ist und weil wir uns seit mehr als einem Jahr öfter küssen.« Die Worte sprudeln einfach so heraus, als Minho versucht, irgendeine Rechtfertigung zu finden, warum Minji und ihn so ein Körperkontakt nicht stört. Es ist so, wie er es gesagt hat: Er fühlt sich mit ihr einfach wohl.

Anders als mit Jisung. In Jisungs Nähe fühlt er sich auch wohl, irgendwie, aber auf eine ganz andere Weise. Minho bekommt ein flatterig-flaues Gefühl im Bauch und seine Haut kribbelt an jeder Stelle, wo Jisung ihn berührt. Sein Herz beginnt zu rasen und seine Handflächen werden kalt vor Schweiß, während der Rest seines Körpers regelrecht brennt. Sein Kopf ist irgendwie überfüllt und komplett leer zugleich und wenn er schafft, etwas zu sagen, dann ist es normalerweise etwas, das ihm einfach so herausplatzt, ohne großartig darüber nachgedacht zu haben.

»Hey, aber ist das nicht ein großer Teil von dem, was eine richtige Beziehung ausmacht? Ihr vertraut euch und ihr habt keine Probleme, euch zu umarmen und zu küssen«, meint Jisung. »Ihr habt halt einfach diese ganze Verliebtheit und Unsicherheit übersprungen. Und falls ihr genau wie jetzt nicht so das Bedürfnis habt, jemanden anders so richtig zu daten, oder euch einfach weiterhin in niemanden verliebt...« Jisung schweift nachdenklich ab und blickt nach oben zum Himmel, als stünde dort, was er sonst noch sagen will. Minho ist um die kurze Pause sehr froh, denn jedes Wort ist wie ein neuer Hieb, der ihn übel trifft. Am liebsten würde Minho einfach laut schreien und sagen, dass er verdammt nochmal verliebt ist! Dass er gerne eine andere, eine richtige Beziehung gehabt hätte! Und dass er sich täglich selbst dafür geißeln könnte, wie feige er gewesen ist, bevor seine letzte Chance bei Jisung komplett versiegt ist.

Jetzt ist es viel zu spät, etwas zu sagen, auch wenn sich bei Minho mittlerweile genügend Frust angestaut hat, der größer ist als seine Angst. Doch sein Frust ist nicht so groß wie sein Anstand und seine Freude, dass Jisung und Jisu so verliebt sind und dass er ihn trotzdem noch als Freund sieht – hätte Minho was von seinen Gefühlen gesagt: Was wäre dann? Würde Jisung ihm jetzt vielleicht aus dem Weg gehen? Diese Fragen... vielleicht sind sie das einzige, das Minho vor den Gedanken daran rettet, wie sehr er es hasst, so lange gezögert zu haben. Sie retten ihn immer dann, wenn er niemanden bei sich hat, der ihn ablenken könnte.

»Siehst du das Pärchen da vorne? Also da«, bricht Jisung nach einiger Zeit, die sich angefühlt hat wie Stunden, das Schweigen und reißt Minho aus seinen rasenden Gedanken. Noch ganz verwirrt schaut Minho in die Richtung, in die der Jüngere deutet, und er braucht einen Moment, bis er das »Pärchen« findet. Eigentlich hat er sich darunter zwei überglücklich verliebte Teenager oder so vorgestellt, wie Jisung und Jisu, deswegen hat es etwas gedauert – doch da vorne, auf einer Parkbank unter einem schön leuchtend orangen Baum sitzen eine ältere Dame und ein älterer Herr, beide mit weißen Haaren und einem breiten Lächeln im Gesicht, tief versunken in einer Unterhaltung. Während Minho die beiden irgendwie total fasziniert beobachtet, wie sie sich in ihrer eigenen kleinen Welt befinden, hebt die Dame ihre verschränkten Hände zu ihrem Mund und haucht einen kleinen Kuss auf den Handrücken des älteren Herrn. »So stell' ich mir Minji und dich in ein paar Jahrzehnten vor.«

»Jisung, wie oft soll ich dir noch sagen, dass Minji und ich nicht richtig zusammen sein wollen?«, zischt Minho entmutigt. Sein Blick hängt immer noch an dem älteren Paar, denn er kann einfach nicht wegschauen. Die beiden sehen so glücklich aus, glücklich mit sich selbst und miteinander, und es ist süß, wie sie ihre Liebe so offen zeigen. Offen, aber nicht aufdringlich mit ihren verschränkten Händen und nur ein paar wenigen, aber ehrlich aussehenden, federleichten Küssen, die sie nur noch mehr zum Strahlen bringen.

»Unendlich oft, denn ihr seht genauso aus wie die beiden da«, erwidert Jisung unverblümt und sieht Minho ernst an. »Ob ihr verliebt seid oder nicht: Ihr passt einfach gut zusammen. Ihr ergänzt euch und ihr versteht euch gegenseitig besser als sonst wer – und ich muss zugeben: Bisschen neidisch bin ich schon, weil du Minji erst so'n Drittel oder weniger von der Zeit kennst, wie ich schon mit ihr befreundet bin, und sie trotzdem noch besser kennst als ich.« Er macht eine Pause, doch er ergreift gleich wieder das Wort, als Minho ansetzt, den Mund zu öffnen: »Minho! Du hast euch beide ja noch nie beobachten können. Aber... Obwohl ich weiß, dass ihr nicht in echt verliebt seid, macht ihr es mir so schwer, das zu glauben. Ihr, Minho, verdammt, ihr seid wie dieselbe Seele in zwei Körpern in zwei eigentlich komplett verschiedenen Leben, die nur aus Zufall oder Glück oder Schicksal, wer weiß das schon, irgendwie mehr miteinander zu tun bekommen haben. Und obwohl ich am Anfang echt misstrauisch war, jetzt seid ihr genauso wie dieses ältere Pärchen da vorne.«

Jetzt sind Minji und er genau wie dieses Pärchen da vorne... Minhos Kopf dröhnt, als er versucht, alles zu verstehen, was Jisung ihm gesagt hat. Er weiß doch selbst, dass Minji und er toll zusammenpassen würden – wenn er nicht schwul wäre. Ja, er kann sie lieben, irgendwie, aber nicht so, wie jeder andere Typ, der wirklich auf Frauen steht, und das ist ihr gegenüber unfair. Außerdem IST Minho schon verliebt, und zwar genau in denjenigen, der ihn am liebsten mit Minji sehen würde. Minho will in echt Jisung und Minji will irgendwen oder auch niemanden, sie hat seit dem Vorfall mit Hyunjin nie wieder über irgendwelche Schwärmereien geredet, und Jisung will, dass Minho und Minji zusammenkommen. »Wir vertrauen uns einfach. Durch das ganze Schauspiel eben ein bisschen anders als ihr beide«, quält Minho hervor und starrt zu Boden. Zu dem ganzen Laub, das die Bäume längst abgeworfen haben, statt zu dem glücklichen älteren Paar unter der vollen, leuchtend orangen Blätterkrone.

»Und ihr fühlt euch wohl dabei, oder etwa nicht?«, fragt Jisung sanfter und stupst Minho aufmunternd an, weil er offensichtlich merkt, wie das Gespräch Minhos Stimmung gedrückt hat. Er weiß eben nur nicht, was der wirkliche Grund dafür ist. »Ich meine, ihr macht das jetzt schon so lange, ihr seht mit jedem Tag überzeugender aus, ihr trefft euch regelmäßig, eure Familien lieben den jeweils anderen und sie mögen sich auch gegenseitig. Und... es gibt ja verschiedene Arten von Liebe. Solange euch eure Liebe glücklich macht, warum sollt ihr dann nicht so weitermachen? Kann doch eigentlich jedem scheißegal sein, wie's zwischen euch angefangen hat oder ob ihr so verliebt seid wie die meisten anderen Pärchen – die sich dann trotzdem schnell wieder trennen. Ist doch schön, dass ihr so vertraut seid und keine Vorbehalte gegenüber dem anderen habt.«

Minho nickt langsam, denn er kann nichts von dem abstreiten, was Jisung gesagt hat, auch wenn es so wehtut, da es von ihm kommt. Ja, die Zeit mit Minji macht ihn glücklich. Ja, er fühlt sich wohl bei ihr. Doch wenn Minho dann wieder heftig von seinem Liebeskummer eingeholt wird oder wenn irgendeine Situation ihm wieder bestätigt, dass er sich nur zu Männern hingezogen fühlt, dann beschleicht ihn ein ganz komisches, unangenehmes Gefühl, dass die Sache mit Minji nicht richtig sein kann. Dass sie unfair ihnen beiden gegenüber ist und dass er Minji nie eine Beziehung bieten kann, wie sie sie zum Beispiel mit Hyunjin hätte haben können. Dass sie Minho nie eine Beziehung bieten kann, wie er sie mit einem Mann haben könnte. Gleichzeitig spürt Minho aber auch, wie wichtig Minji für ihn ist und wie gut ihre Nähe ihm tut. Wie schön es ist, sie zu küssen oder sie festzuhalten, ganz ohne irgendwelche Schmetterlinge oder Gefühlsexplosionen, weil sie sich einfach gut anfühlt, irgendwie, und weil er dann weiß, dass sie direkt bei ihm ist und sich bei ihm genauso wohlfühlt wie er sich bei ihr.

»Und ist doch auch schön, dass ihr beide jemanden habt, mit dem ihr Pärchenzeugs machen könnt. Ich meine, ich merk' ja jetzt selbst, wie schön so ständiges Händchenhalten und Küssen ist. Ihr zwei habt halt noch die Gewissheit, dass niemand dem anderen das Herz bricht oder so«, meint Jisung nach ein paar Augenblicken und boxt Minho diesmal nicht-so-sanft in die Seite, damit er wieder zu ihm sieht. Heute sind seine Hamsterbäckchen wieder besonders süß und das freche Grinsen ruft beinahe danach, dass man es ihm aus dem Gesicht küsst. Aber das geht nicht und Minho verwirft den Gedanken, als er ihn noch nicht einmal ganz fertig gedacht hat.

»Ich meine, so eng wie ihr miteinander seid, habt ihr doch bestimmt schon mal miteinander geschlafen, oder nicht? Minjis Eltern haben sie ja sowieso auch dazu gedrängt, die Pille zu nehmen, als ihr nicht mal 'nen Monat zusammen wart, also seid ihr schon ziemlich auf der sicheren Seite«, flüstert Jisung Minho ins Ohr und man kann sein breites Grinsen regelrecht an seiner Stimme hören. Doch Minho ist so gar nicht nach Grinsen und auch nicht danach, das zu verstecken.

»Bitte was?!«, stößt Minho aus und bleibt abrupt stehen. Irgendwie rutschen dabei Jisungs Hände von seinem Arm ab und auf einmal sind ein, zwei Schritte zwischen ihnen beiden und sie starren sich gegenseitig an. »Jisung. Minji und ich schlafen nicht miteinander. Wir sind Freunde«, krächzt er nach ein paar tiefen Atemzügen, die er wirklich gebraucht hat.

»Ja klar, und deswegen haltet ihr auch nicht Händchen oder küsst euch?«, erwidert Jisung schulterzuckend. »Wäre doch voll normal, wenn ihr irgendwann mal Sex hättet. Ihr seid beide attraktiv und ihr vertraut euch. Und irgendwie liebt ihr euch ja auch und ihr zeigt euch diese Liebe nicht nur auf rein freundschaftliche Arten. Warum dann nicht auch so? Ich meine, fast jeder hat doch so Bedürfnisse, und ihr zwei seid auch noch in der komfortablen Lage, dass niemand es hinterfragt, wenn ihr miteinander schlaft. Genauso wenig wie Leute bei Jisu und mir davon überrascht sind.«

Er meint das alles wirklich ernst. Sein Grinsen ist längst verschwunden und seine Augen sind nichts als aufrichtig. An sich wäre es ja schön zu wissen, dass Jisung vollkommen Verständnis dafür hätte – wenn es nicht so verdammt wehtun würde. Diese Ehrlichkeit ist das, was Minho gerade am meisten fertigmacht. Dass Jisung wirklich alles ernst meint, angefangen damit, wie er einfach davon ausgeht, dass Minji und Minho miteinander schlafen, bis hin zu seinem schamlos-direkten Geständnis, dass er mit Jisu schläft. Natürlich hat Minho sich das längst denken können und irgendwie unbewusst hat er das auch gewusst. Doch unbewusst wissen und es wirklich bestätigt bekommen, das sind zwei komplett verschiedene Dinge. Und, verdammt, das ist nur noch der letzte Tropfen, der droht, das Fass zum Überlaufen zu bringen, denn alles, was Jisung vorher gesagt hat, ist Minho schon beinahe zu viel gewesen. Und all das hat er mit gutem Gewissen gesagt, sodass es nur noch mehr wehtut.

Wenn es so weitergeht, dann verrennt Minho sich wirklich noch in die Lüge, die die Scheinbeziehung mit Minji ist. Denn Minji hat ihm schon fast immer Zuflucht geboten und er ihr, und wenn sie sich beide wohlfühlen – was soll falsch daran sein? Sogar Jisung sagt das. Jisung, der anfangs der größte Kritiker gewesen ist, ist jetzt ihr größter Fürsprecher. Er hat schon immer ein gutes Gespür für Minji und ihre Beziehung mit Minho gehabt, warum sollte er jetzt so plötzlich falsch liegen? Vielleicht hat Minho die ganze Zeit einfach zu viel gezweifelt oder nicht erkennen wollen, dass er sich bei Jisung nicht mal den Anflug einer Hoffnung machen braucht. Vielleicht sollte es schon immer so sein, dass er mal mit seiner besten Freundin zusammenkommt, das würde ihm sogar jegliche weitere Outings ersparen. Er wäre mit einer Person zusammen, die ihm nicht das Herz bricht, der er alles anvertrauen kann, bei der er keine Hemmungen hat; und mit der er vollkommen heteronormativ leben könnte. Selbst wenn er sich dann mal wieder verlieben sollte: Hat er Lust darauf? Will er das wirklich nochmal durchmachen? Bei anderen Männern wüsste er doch sowieso recht selten, ob sie ihn überhaupt romantisch oder so sehen können, wenn sie nicht ausdrücklich sagen, dass sie schwul oder bi oder sonst was sind.

Wenn Minho sich einfach erlaubt, bei Minji Zuflucht zu suchen und sich in die Lüge ihrer Scheinbeziehung zu verrennen... Das wäre das Einfachste. Und solange sie sich gerne haben und sich wohlfühlen, dann kann das doch auch nicht falsch sein, oder? Das sagt ja sogar Jisung. Jisung, von dem Minho sich gewünscht hätte, dass er für seine Gefühle ein genauso gutes Gespür gehabt hätte wie für seine Beziehung mit Minji.

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Vielen Dank fürs Lesen! Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen, und freue mich sehr über Feedback, denn das hilft mir sehr weiter. 🫧

Auch wenn es vielleicht nicht so aussieht, dass ich mit Minho mitleide, weil ich ja die Autorin bin, die ihn überhaupt erst leiden lässt; doch, das tue ich. Aber falls das irgendwie beschwichtigend ist (mini, mini Spoiler...?): Das Ende von der Geschichte soll nicht (übel) schmerzhaft sein (":

Wie findet ihr eigentlich die Länge von den Kapiteln? Ist sie noch im Rahmen?

Alle haben mehr als ca. 1500 Wörter, aber die letzten drei z.B. sind alle um die 3000 Wörter geworden. Das liegt vor allem daran, dass ich schon mit jedem Kapitel eine Episode abschließen will, besonders wenn es kein Special gibt (die Geburtstage von Stray Kids sind ja für dieses Jahr erstmal vorüber, deshalb kann ich ein bisschen durchatmen haha) und das nächste Kapitel erst in der nächsten Woche erscheint. Und auch hier in Kapitel 20 habe ich mir eigentlich nicht sooo viele Handlungspunkte vorgenommen, aber es ist trotzdem ziemlich schnell sehr viel geworden...? (Ich glaube, ich habe einen Hang dazu, besonders relativ handlungsarme, aber gefühlsreiche Passagen ziemlich lang zu schreiben >.<) Danke für die Rückmeldung ((:

Außerdem, wo ich schon von Specials rede: Ein riesiges Dankeschön für über 1000 Aufrufe!  💗💗 Mir ist glatt die Kinnlade nach unten gefallen, als ich das gesehen habe, denn »GET COOL« ist auch noch nicht so ewig online...? Also, ehrlich, vielen lieben Dank an euch alle, es bedeutet mir so, so viel, dass die Geschichte so gut angenommen wird, denn es kommen einige Themen vor, die mir sehr wichtig sind, und »GET COOL« ist auch mit das erste Mal seit 2019/2020, dass ich wirklich (bisher >.<) durchgehend richtig Spaß am Schreiben hatte und dass sich das Updaten weniger wie ein Termin, den ich einhalten muss (will), anfühlt, sondern wie ein Tag, auf den ich mich freue, weil ich wieder etwas Neues dazu veröffentlichen kann, wie es Minho so geht und wie sich seine Beziehungen entwickeln.

Als ein kleines Dankeschön für so viele Aufrufe möchte ich morgen oder spätestens Montag ein weiteres Kapitel veröffentlichen. Momentan stehen die Chancen ganz gut, dass ich es fertig bekomme, denn ich bin bei knapp 2000 Wörtern >.<

[18.11.23]

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