⏭ 12; i try to hide this feeling that i can't control
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SKZ » Sorry, I Love You
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»Minji, ist irgendwann mal was zwischen dir und Hyunjin vorgefallen?«, fragt Minho sanft nach, als sie zu zweit in einem Café sitzen, ziemlich abgeschottet von allen anderen Gästen. Es ist dasselbe Café, in dem er sich mit Jisung nach seinem Gitarrenunterricht getroffen hat, und er hat Minji auch zu demselben Platz geführt, an dem er damals mit dem Jüngeren geredet hat. Irgendwie unbewusst – Minho hat einfach das Gefühl gehabt, dass das der richtige Ort für ihr Gespräch ist. Außerdem verdienen sie sich die Pause, denn sie haben lange nach einem passenden Geschenk gesucht und Minji ist seit dem Aufeinandertreffen mit Hyunjin ziemlich komisch drauf, obwohl sie versucht, es zu verstecken.
»Nein«, antwortet sie, während sie abwesend auf ihr Getränk schaut, »er war immer sehr nett.« Mehr sagt sie nicht und sie nimmt auch keinen Schluck Kaffee oder einen Bissen von ihrem Pain au chocolat. Dabei weiß er, wie gerne sie beides mag.
»Minji«, versucht Minho es nochmal. Er ist viel zu ratlos wegen ihres Verhaltens, um irgendwie lockerlassen zu können. Er muss wissen, warum sie, seitdem sie Hyunjin gesehen hat, so rumhängt. »Irgendwas muss es geben. Ihr saht aus, als hättet ihr euch erst frisch getrennt, ohne über den anderen hinweg zu sein.« Kaum hat Minho seinen Satz beendet, stößt Minji ein verzweifeltes Lachen aus.
»Wir waren nie zusammen«, sagt sie. »Ich war nur mal in ihn verliebt. Bevor ich auf die Oberschule gekommen bin.« Einmal kurz hat sie Minhos Blick erwidert, doch dann hat sie schnell weggesehen und ihre Wangen sind seitdem dunkelrot. Er ist sich zwar sicher, dass sie ihn nicht anlügt, aber er glaubt nicht, dass sie »nur mal verliebt war«. Wenn das wirklich »nur« so gewesen wäre, hätte sie niemals so schrecklich nervös auf Hyunjin reagiert.
»Du magst ihn immer noch, oder?«, fragt Minho nach ein paar Minuten, in denen er überlegt hat, wie er sich am besten formulieren soll, und Minji erstarrt komplett. Sie sieht sogar so aus, als würde sie nicht mehr atmen, bis sie auf einmal schnieft. Da Minho kein Taschentuch bei sich hat, schiebt er ihr hektisch seine unbenutzte Serviette zu, aus Angst, diese wenigen Worte könnten sie zum Weinen bringen. Was ja okay ist und er würde sie nicht dafür verurteilen oder so, aber schuldig fühlen, dass er sie mit seiner Frage dazu gebracht hat, würde er sich schon.
»Ich dachte, nein«, erwidert Minji wesentlich gefasster, als sie aussieht, »aber nach heute... Anscheinend schon.« Sie seufzt leise und sieht mit ihren traurigen Augen zu Minho. »Ich habe damals die Tanzgruppe gewechselt, damit ich ihn nicht immer sehen muss. Es... Es hat mir Angst gemacht, so verliebt zu sein. Deshalb wollte ich vergessen, dass ich ihn überhaupt gekannt habe.«
»Okay«, haucht Minho und lächelt sie an. Er streckt den Arm aus, genau wie Jisung bei ihm damals, und legt die Hand auf ihren Oberarm. Jisung hat ihn getätschelt und irgendwie ist alles ein bisschen unbeholfener gewesen, weil sie sich noch nicht so gut gekannt haben, aber die Berührung hat Minho damals geholfen. Und ihr hilft sie vielleicht auch. »Das ist okay. Gegen Gefühle kann man doch nichts machen.« Minji verzieht ihren geschlossenen Mund bei seinen Worten zu einem schwachen Lächeln und nickt schwerfällig. Oh weh... So hat er sie ja noch nie gesehen. Nicht mal, wenn sie beim Lernen fast einschläft, ist sie so kraftlos. Nicht mal, wenn sie irgendwelche Beleidigungen und Anschuldigungen ertragen muss, sieht sie so verletzlich aus.
»Nur eins verstehe ich noch nicht«, bricht Minho das Schweigen erst nach einigen Minuten, in denen er einfach versucht hat, sie still zu trösten. »Hyunjin sah heute nicht so aus, als ob er je die Absicht gehabt hätte, dich abzuweisen. Er sah so aus, als wäre sein Herz genauso gebrochen wie deins. Wovor hattest du dann Angst? Ihr wärt sicherlich zusammengekommen.«
»Das ist, wovor ich Angst habe«, erwidert Minji und das Rot ihrer Wangen wird noch tiefer. »Eine richtige Beziehung. Das kann ich einfach nicht. Nicht, bevor ich mit beiden Füßen im Leben stehe.« Sie schließt die Augen und wendet sich sachte kopfschüttelnd von Minho ab. »Dass Hyunjin mich wahrscheinlich auch mag, das hat mir am allermeisten Angst gemacht.«
»Nur wegen einer Beziehung hättest du doch nicht die Kontrolle über dein Leben verloren. Du kannst noch genauso gut lernen, studieren und arbeiten anfangen, wenn du einen richtigen festen Freund hast. Ganz besonders du«, sagt Minho. Er legt sich mit dem Oberkörper fast auf die Tischplatte, lediglich, damit Minji ihm in die Augen schaut, obwohl ihr Kopf gesenkt ist. »Du würdest immer noch stoisch weiterlernen, selbst wenn er nicht die Finger von dir lassen könnte.«
Zum Glück weicht Minji seinem Blick nicht aus und zum Glück sieht sie nicht mehr so niedergeschlagen aus, als sie dieses Mal zu ihm zurücklächelt. »Es ist bloß... Alles war irgendwie so ähnlich wie bei meinen Eltern«, erklärt sie, als Minho wieder normal sitzt und sie nicht mehr nach unten schaut. »Sie haben sich auch mit 15 kennengelernt. Mit 21 haben sie geheiratet, Mama hat sogar Papas Namen angenommen, obwohl das so untypisch ist, und mit 22 hat sie mich bekommen. Mama hat damals wegen der Elternzeit ihren eigentlichen Beruf verloren und hat erst immer nur zeitweise Jobs bekommen, bei denen sie gerade so den Mindestlohn verdient hat. Jetzt ist das Geld zwar genauso wenig, aber wenigstens ist ihr Arbeitsvertrag unbefristet. Mit 15 hatte sie auch einen Traum, aber wegen meiner Geburt wurde ihr der Weg zur Erfüllung versperrt.« Minho glaubt, dass er sie endlich versteht... Der Anfang der Liebesgeschichte ihrer Eltern ähnelt wirklich ihrer eigenen Schwärmerei. Ob er selbst so gehandelt hätte wie Minji, kann er nicht auf die Schnelle entscheiden, doch er käme nicht auf die Idee, das irgendwie für lächerlich zu halten oder so. Wenn man Angst hat, verhält man sich normalerweise nicht rational. »Als ich gemerkt habe, dass Hyunjin mich vielleicht auch mag, bin ich komplett durchgedreht. Ich habe meinen ganzen Lebenstraum vor meinen Augen zusammenbrechen sehen.«
»Und um sowas vorzubeugen, hast du meinem Vorschlag zugestimmt und bist meine Scheinfreundin geworden«, vermutet Minho. »Damit du dir selbst einreden kannst, du hättest einen Freund und könntest dich deswegen ja gar nicht verlieben...?« Minji weitet überrascht die Augen und nickt energisch bei seiner vorsichtigen Frage. Also hat er recht... Mittlerweile, nachdem sie einfach so miteinander gelebt haben und richtig Freunde geworden sind, hat Minho beinahe vergessen, dass er ganz am Anfang genau herausfinden wollte, welche Beweggründe Minji wirklich dafür hatte, seine Scheinfreundin zu werden – jetzt hat er die Antwort. Ungefähr fünf Monate später und ganz aus Zufall, weil er gar nicht mehr daran gedacht hat, dass er irgendwann mal nachbohren wollte.
»Du bist der einzige, der davon weiß. Ich meine, von allem. Von der Sache mit meinen Eltern bis zu meiner Flucht vor Hyunjin«, flüstert Minji ein paar Minuten später, in denen sie sich nicht zum ersten Mal heute angeschwiegen haben. »Sungie weiß, dass ich mal in Hyunjin verliebt war, aber ich habe immer versucht, so zu tun, als wäre ich darüber hinweg und als wäre es niemals so schlimm gewesen.« Minho stockt der Atem. Nicht mal Jisung weiß das alles? Nur er? Es ist ein ganz komisches Gefühl, das sich in Minho breitmacht, sobald er die Worte wirklich verarbeitet hat. Irgendwas zwischen Stolz, wie sehr Minji ihm vertraut, und ein bisschen Schuld, dass er noch nicht absolut ehrlich mit ihr ist. Obwohl er ihr genauso vertraut wie sie ihm und auch fest daran glaubt, dass sie ihn nicht als einen schlechteren oder weniger würdigen Menschen sieht, wenn er ihr die Wahrheit sagt, warum er die Scheinbeziehung unbedingt wollte. Nur... kann er das? Er hat noch nie mit jemandem darüber gesprochen, nur mit Nari, als seine Eltern beide weggewesen sind.
»Minji, es bedeutet mir viel, dass du es mir anvertraut hast«, fängt Minho an und schluckt schwer. Er schafft es doch nicht. Es ist so schwierig! Viel zu schwierig... Sie erwidert seinen Blick mit ihren großen, aufrichtigen Augen und lächelt ihn irgendwie erleichtert und ganz warm an. Minho schwankt wieder... Kann er es doch sagen? Jetzt, wo sie ihn so ansieht, glaubt er wieder daran. Er öffnet einmal den Mund, doch schließt ihn schnell wieder, weil er schon Tränen in seinen Augen spürt. Warum denn das jetzt so plötzlich?! Sonst weint er auch nicht so schnell...
Minji bemerkt offensichtlich, wie sich seine Stimmung so plötzlich verändert, und wechselt schnell die Tischseite, damit sie neben ihm sitzt. »Belastet dich auch was?«, fragt sie so leise, dass selbst Minho sie kaum hören kann. Sie rutscht noch ein Stückchen näher zu ihm, damit er mit Leichtigkeit in ihr Ohr flüstern könnte, und legt ihren Arm um seine Taille. So wie er es bei ihr immer macht... Minho fühlt sich sicher. Und er glaubt, dass sie ihn verstehen wird.
Er bewegt die Lippen ganz nah an ihr Ohr heran und holt noch einmal tief Luft, bevor er sich traut, endlich auszusprechen, was er allen schon so lange verheimlicht: »Ich bin schwul.« Nicht: »Ich mag Jungs« oder: »Ich stehe nicht auf Mädchen.« Minho zwingt sich selbst dazu, ganz konkret zu sein, statt irgendwelche Umschreibungen zu verwenden, die man viel leichter sagen kann. »Der Grund, warum ich unbedingt eine Freundin haben wollte, war, dass ich es verheimlichen kann. Es haben schon Gerüchte die Runde gemacht und... Ich habe Angst, wie alle aus der Schule reagieren«, redet er weiter und fühlt sich etwas freier, nachdem er es ihr endlich gestanden hat.
»Minho«, haucht Minji, ohne ihn lange warten zu lassen, »es bedeutet mir viel, dass du mir das anvertraust.« Sie lächelt ihn wieder so warm an und ihre Augen leuchten voller Verständnis, bevor sie sich mit der Hand an seiner Taille ein Stückchen näher an ihn heranzieht und den Kopf auf seine Schulter legt. »Und ich verspreche dir, dass ich dir helfe, es zu verstecken, bis du bereit bist, offen damit umzugehen«, fügt sie hinzu. Minho nickt, obwohl sie ihn ja gar nicht sehen kann, aber er bringt keinen Ton heraus. Er ist so dankbar... und fühlt sich sicher und verstanden.
Vor fünf Monaten hätte Minho niemals geglaubt, dass er in Minji so eine gute Freundin finden würde und mit ihr einen ganzen neuen Freundeskreis. Eigentlich hat er sie sich ja nur zufällig ausgesucht, weil es gerade praktisch für ihn gewesen ist. Vielleicht ist dieser Zufall ja in Wirklichkeit Glück gewesen, oder sogar Schicksal... Wer weiß das schon. »Ich glaube, ich liebe dich«, platzt er auf einmal heraus und reißt sich damit selbst aus seinen Gedanken. »Nicht auf die ›Ich bin verliebt in dich‹-Art, sondern eher auf die ›Ich vertraue dir und kann mir kein Leben mehr ohne dich vorstellen‹-Art«, erklärt er sich. Dabei hat Minji zu keinem Zeitpunkt irgendwie geschockt gewirkt oder so, sondern er meint, dass sie ihn von Anfang an richtig verstanden hat.
»Kennst du die griechischen Arten der Liebe? Mit Eros und Agape und so?«, fragt Minji ihn und Minho verneint. Bestimmt hat er mal beiläufig davon gehört, aber es hat ihn nicht wirklich interessiert. Jetzt schon; wenn Minji über etwas redet, können die langweiligsten Dinge spannend klingen. »Bei uns... Das ist vielleicht eher eine Mischung aus Pragma und Philia, Beständigkeit und Freundschaft. Ich finde... Das passt zu uns.«
»Pragma und Philia also...«, erwidert Minho und lacht leise. »Du hast recht. Bei uns ist das wahrscheinlich was zwischen Pragma und Philia.« Minji lacht mit ihm und tätschelt nochmal seine Seite, bevor sie ihren Arm zurückzieht und sich aufrecht hinsetzt. Irgendwie schade... Denn Minho hat es überhaupt nicht gestört, als sie ihn so gehalten hat. Es hat ihm gefallen und er hat sich wohlgefühlt und er wird auch in Zukunft weiterhin ihre Nähe suchen, wenn er Trost braucht. Das weiß er jetzt schon.
»Auf diese Art... Ich glaube, ich liebe dich auch«, sagt Minji strahlend, während sie Minho in die Augen sieht. Ja... Bei ihr ist er sicher. Und Minho zweifelt nicht daran, dass Minji weiß: Sie ist es genauso bei ihm.
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Vielen Dank fürs Lesen! Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen, und freue mich sehr über Feedback, denn das hilft mir sehr weiter. 🫧
Drei Tage verspätet endlich das neue Kapitel >.< Eigentlich habe ich ja bis zum 15. alles vorgeschrieben, aber am Wochenende war ich leider gar nicht online. Entschuldigung deswegen! Ich hoffe, diesen Samstag update ich wieder regulär.
Und ich hab mal ein paar Fragen an euch: Wie mögt ihr die Charaktere? Gibt es irgendwelche Eigenheiten, in denen ihr euch wiedererkennt? Oder gibt es was, das euch richtig an ihnen aufregt? Und habt ihr (einen) Lieblingscharakter(e)? Das sind jetzt schon einige Fragen auf einmal & ihr müsst sie auch nicht (bzw. nicht alle) beantworten, aber das würde mich interessieren. (Vielleicht kann ich dann auch Anpassungen machen, wie oft die Charaktere auftreten oder ob sie sich zum besseren verändern hehe). Danke jedenfalls für die Antworten!! 💗
[17.10.2023]
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