Laurens PoV

Rosenthal schloss die Tür hinter sich. Ich seufzte einmal tief und erlaubte mir dann selber zu weinen. Ich nahm vorsichtig Joeys Hand und strich mit dem Daumen darüber. Meredith hatte vorhin genau die richtige Frage gestellt. Warum gerade Joey? Joey verdiente alles Gute in der Welt. Ich wollte kein Schmerzensgeld und ich war mir sicher, dass Joey auch keines wollte. Was ich wollte, was wir alle wollten, war, dass Joey wieder auf die Beine kommt. Joey liebte es, mit uns allen herumzualbern, das und viele andere Dinge vermisste er. Davon war ich überzeugt. Ob er wohl irgendwie mitbekommen hat, dass wir da waren? Wahrscheinlich nicht. Eine Frage, die auf die Liste kommt. Die Liste mit Fragen, die ich Joey fragen will, wenn er wieder aufwacht. Falls er wieder aufwacht. Verdammt, nein, Lauren! So darfst du gar nicht erst anfangen zu denken! Er wird aufwachen, bald. Er braucht nur seine Zeit.

"Ich besuche dich morgen wieder", sagte ich laut zu ihm, dann küsste ich ihn auf die Stirn. Es fühlte sich schön an. Ich lächelte ihn traurig an und ging dann wirklich. Vor der Tür warteten wirklich alle. Es war inzwischen halb neun. Rosenthal legte einen Arm um mich und wir gingen. Vor uns hatte Brian einen Arm um Meredith gelegt, so wie Rosenthal es bei mir getan hat, und Jaime ging neben ihnen her. Und wieder war ein Platz in unsere Reihen unbelegt.

"Was denkst du?", fragte Rosenthal nach einer Weile.

"Was, wenn er... naja... was, wenn er stirbt?" Ich verstummte.

"Nein, Lo. Das ist so unwahrscheinlich wie... ach, ich weiß nicht. Aber bitte, tu mir einen Gefallen und denk nicht mehr daran. Du würdest auch dir selber einen Gefallen tun"

Ich nickte. Er hatte recht, es war unwahrscheinlich.

"Danke, Bri. Das brauchte ich einmal hören. Es ist nur so... ich habe Angst, ihn zu verlieren. Ist das egoistisch?"

"Nein, Lo, ganz und gar nicht. Wir haben alle Angst. Und jetzt versuch', nicht mehr daran zu denken"

Den Rest des Weges gingen wir schweigsam. Wir hatten beschlossen, dass wir alle zu Holden gehen wollten. Er hatte die größte Wohnung von uns allen und wir wollten nur ungerne die Nacht alleine verbringen. Dafür war ich dankbar.

"Müssen wir Joeys Eltern eigentlich Bescheid sagen?", fragte Jaime irgendwann.

Oh shit! Natürlich mussten wir nicht, aber wir würden es dennoch tun. Würden wir ihnen erst am nächsten Tag oder sogar noch später Bescheid geben, würden sie uns den Kopf abreißen.

"Sind sie schon im Urlaub? Weiß das jemand?", fragte ich. Alle schüttelten den Kopf.

"Sollen wir sonst einfach versuchen, sie anzurufen?"

"Müssen wir wohl" Brolden klang nicht begeistert.

Ich seufzte. Das würde nicht leicht werden.

"Hat jemand ihre Nummer?", fragte Meredith.

"Ja, ich. Hat Joey mir mal für Notfälle gegeben", antwortete ich.

Ich wählte die Nummer. Warum musste ich das tun? Ja gut, ich könnte jemanden von den anderen bitten, es zu tun. Aber nein, ich kann das!

Es klingelte. Es klingelte. Es klingelte. Es klingelte. Es klingelte.

"Hallo, Richter", meldete sich Joeys Mutter.

"Hallo, Mrs Richter. Hier ist Lauren. Lopez."

"Oh, schön, dich zu hören, Lauren. Aber wie oft soll ich dir noch sagen, mich Denise zu nennen"

"Ja, natürlich, Denise. Sorry"

"Macht ja nichts. Also, gibt es einen Grund, dass du anrufst?" Dann, bevor ich antworten konnte, rief sie in die Wohnung hinein, wahrscheinlich zu Joeys Vater: "Es ist Lauren!"

Die anderen sahen mich fragend an, aber ich gab ihnen keine Erklärungen. Ich musste mich seelisch darauf vorbereiten, was ich ihr gleich sagen musste.

"Also, Denise", begann ich ernst. Ich hörte, wie auch Denise am anderen Ende der Leitung ernst wurde. "Joey hatte einen Unfall. Wir dachten, ihr solltet davon wissen. Er ist im Krankenhaus, noch bewusstlos. Tut mir leid"

Denise war ganz still geworden und sagte eine ganze Weile gar nichts.

"Denise?", fragte ich.

"Und... und wisst ihr sonst irgendwas? Wie ist das passiert? Was ist überhaupt passiert?"

Ich schilderte ihr in Kurzform die ganze Geschichte. "Tut mir leid, dass euer Urlaub jetzt so traurig sein wird"

"Was redest du da? Wir können jetzt unmöglich Urlaub machen. Wir kommen so schnell es geht zu euch"

"Ja, natürlich. Hätte mich ehrlich gesagt auch etwas gewundert"

"Vielleicht sind wir ja schon morgen Abend bei euch. Wir gucken gleich nach Flügen"

"Ja, tut das. Wir halten euch auf dem Laufenden"

"Danke. Und Gute Nacht"

"Gute Nacht", dann legte ich auf.

"Gut gemacht. Was machen sie nun?", fragte Brolden. Sie hatten natürlich das, was Denise gesagt hatte, nicht mitbekommen.

"Sie kommen so schnell wie es geht her, vielleicht sind sie schon morgen Abend hier"

"Gut. Kommt, lasst versuchen, etwas Schlaf zu bekommen"

Wir verteilten uns alle quer durch das Wohnzimmer. Brian hatte zwei Couches, die beide Platz für zwei boten. Auf der einen lagen Brolden und Meredith aneinander gekuschelt. Meredith hatte ihren Kopf auf Brians Brust gelegt und Brian hatte seine Arme um sie herum gelegt und sie zu sich herangezogen, um sicherzugehen, dass sie nicht herunterfällt. Beide waren fast sofort eingeschlafen und nun ging Meres Kopf wegen Brians regelmäßigen ruhigen Atems auf und ab.

Auf der anderen Couch lagen Jaime und Rosenthal auch aneinander gekuschelt, aber doch auf eine andere Art als die beiden anderen. Mehr wie Freunde, während Brian und Meredith... Warte, was? Brian und Meredith mochten sich?! Ja, natürlich, aber auf diese Weise?

Ich war zu müde, um länger darüber nachzudenken. Ich hatte mir eine sehr gemütliche und warme Decke ergattert und ein ebenso gemütliches Kissen und hatte es mir auf dem Teppich bequem gemacht. Doch schlafen konnte ich nicht. Ich hatte zu viele Gedanken im Kopf. Würden die Leute im Krankenhaus uns sofort anrufen, wenn Joey aufwacht? Oder würden sie bis zum nächsten Tag warten? Ich würde mich jetzt so gerne an Joey kuscheln, so wie Meredith es tat. Der Gedanke ließ mein Herz schneller schlagen. Warum? Wir hatten das schon so oft getan, wenn wir alle bei einem von uns übernachtet haben. Ja gut, ich hatte einen Crush auf ihn, das hatte ich mir vor einiger Zeit eingestanden, aber das wird wieder vorbeigehen. Aber könnte ich ihn auch wirklich auf diese Art richtig mögen. Warte!? Nein, das konnte nicht sein. Ich mochte ihn nicht so. Wir sind beste Freunde. Ich habe keine so starken Gefühle für ihn, nein.

Oder vielleicht doch?

Oh, nein. Ich habe schon so genug Sorgen. Ich hab gerade keinen Kopf, um mir über meine Gefühle zu Joey klar zu werden. Das musste für später warten.

"Lo?", fragte Rosenthal aus der Dunkelheit.

"Hm"

"Kannst du nicht schlafen?"

Ich schüttelte den Kopf, dann merkte ich, dass er mich ja nicht sehen kann. "Nein"

"Kann ich was für dich tun?"

"Kannst du zu mir herunterkommen?"

Ich hörte das Rascheln der Bettdecke, dann Schritte. Brian legte sich neben mich und ich ließ ihn unter die Decke und kuschelte mich an ihn. Eine Weile lagen wir so da, weder er noch ich waren eingeschlafen.

"Du magst ihn, oder? Joey?"

Ich schluckte. Ich hatte diese Möglichkeit gerade eben erst selber in Betracht gezogen und schon fragte Brian mich das. Hatten die anderen das vielleicht alle schon lange vor mir herausgefunden?

"Natürlich mag ich ihn. Wir sind beste Freunde", antwortete ich nur.

"Das ist nicht, was ich meine. Magst du ihn im Sinne von: Hast du Gefühle für ihn?"

Ich starrte in die Dunkelheit. "Ich weiß es nicht. Ich hab mich das eben auch gefragt. Ich habe seit einiger Zeit diesen Crush auf ihn, aber ich dachte immer, dass das wieder vorbei geht. Ich kann es also nicht bestätigen, aber auch nicht leugnen. Ich muss darüber nachdenken, dann kann ich dir vielleicht eine Antwort geben"

Eine ganze Weile waren wir still. Es war nichts zu hören, außer die regelmäßigen Atemzüge von Brian, Meredith und Jaime.

"Und du? Hast du Gefühle für ihn?", fragte ich zum Spaß.

Obwohl es dunkel war, merkte ich, dass er mich ungläubig ansah. Dann lachten wir beide, wenn auch leise.

"Für einen Moment dachte ich, du meinst das ernst", lachte er.

"Meinte ich auch", antwortete ich, aber wir lachten weiter. Nach einer Weile wurden wir wieder still.

"Weißt du, Brian, du bist ein großartiger Freund. Das wollte ich mal sagen" Dann kuschelte ich mich wieder an ihn und wir schliefen beide bald ein.

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