Laurens P(oint) o(f) V(iew)
Es war ein eiskalter Dezembertag. Wenige Tage vor Weihnachten. Der 20. Dezember, um genau zu sein. Die Bäume waren kahl, die Luft kalt und die Straßen leer. Ich war mit Joey, Jaime, Brian, Brian und Meredith unterwegs. Wer von uns die verrückte Idee hatte, draußen herumzugehen, während die Wege teilweise vereist waren, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass es keine gute Idee war. Aber das haben wir alle erst viel später gemerkt.
"Wollen wir uns in das Café da an der Ecke setzen und uns etwas aufwärmen?", fragte Jaime. Wir anderen nickten und somit überquerten wir vorsichtig die Straße. Entgegen meinen Erwartungen war es in diesem Café relativ leer. Ich hatte gedacht, dass alle möglichen Menschen sich in dieses Café drängen würden, denn viele gab es an der Straße nicht. Doch da dies nicht der Fall war, gab es genug freie Stühle für uns und wir setzten uns alle an einen Tisch. Brolden ging an den Tresen und bestellte für uns alle unsere Standardbestellung.
"Und was macht ihr so über Weihnachten?", fragte Meredith.
"Ich wollte zurück nach Kalifornien zu meinen Eltern, aber sie haben mir geschrieben, dass über Weihnachten und Silvester im Urlaub sind. Also bleibe ich hier", sagte Joey.
"Oh, sorry Mann. Willst du mit zu uns kommen? Meine Eltern haben sicher nichts dagegen. Ich wollte sie für ein paar Tage besuchen", bot Rosenthal an.
Joey Gesicht leuchtete auf. "Vielen Dank, gerne!" Er klopfte seinem Freund dankbar auf die Schulter.
"Ich denke, ich bleibe hier. Vielleicht finde ich ja jemanden von euch, der etwas Zeit mit mir verbringen will", sagte Jaime.
"Ja, geht mir genauso", sagte Holden. "Meredith?"
"Ich auch"
"Sieht so aus, als wäre ich die Einzige, die zumindest ein Stück fahren muss", sagte ich schließlich, nachdem ich eine ganze Weile geschwiegen hatte.
"Jup, scheint so. Aber du bist ja nicht mal eine Stunde von hier weg und du bleibst auch nicht lange. Ich kann verstehen, dass das hart für dich ist, solange von mir getrennt zu sein", witzelte Brolden, woraufhin ich ihn, da er unglücklicherweise zu meiner Rechten saß, leicht gegen den Arm boxte.
"Ja Brian, ohne dich können wir nicht"
Wir lachten. Es war nicht mal besonders lustig gewesen, aber wir lachten dennoch. Wir alle liebten Brian, um genau zu sein liebten wir alle. Sie waren alle unsere besten Freunde, manchmal sogar unsere Brüder und Schwestern.
Plötzlich riss uns ein lautes Rufen aus unserem Lachanfall und wir verstummten.
"Joeeeeyyyyy!", rief eine hohe weibliche Stimme, als sie sich uns näherte. Ich saß mit dem Rücken zu ihr, doch Joeys Gesicht nach zu urteilen, gehörte sie nicht zu der Sorte von Menschen, die in die Gruppe an unserem Tisch gepasst hat. Denn Joeys Gesicht fiel. Aus dem Lachen, das eben noch auf seinem Gesicht war, ist ein Ausdruck des Entsetzens geworden.
"Oh nein, nein, nein!", wiederholte er flüsternd.
"Wer ist das?", fragte Meredith.
"Meine 'Freundin'", sagte er leise und setzte Anführungszeichen bei dem Wort "Freundin".
"Du hast ne Freundin?!" Ich spürte ein Ziehen in der Brust. Joey hatte eine Freundin? Was war das, was ich in mir spürte? Eifersucht? Ja, ich hatte einen massiven Crush auf ihn, aber das verbot ihm ja nicht, eine Freundin zu haben. Aber etwas traurig machte es mich doch, schließlich hatte er es uns, und besonders mir, nicht gesagt.
"Nein, also schon, aber ich will nicht. Ich will Schluss machen. Deshalb hab ich euch auch nie was gesagt. Ich mochte sie eigentlich nie wirklich. Ich erklär euch das nachher alles"
Gerade als er den Satz beendet hatte, kam seine "Freundin" an unserem Tisch an und setzte sich ohne Hemmungen auf seinen Schoß.
"Hiiiii Joeyyy!", kreischte sie und gab ihm einen widerlichen Kuss, der von ihm nicht erwidert wurde. Doch das schien sie nicht zu stören.
"Hallo Schatz, hast du heute einen schlechten Tag?", fragte sie und verstrubbelte ihm sein Haar. Eigentlich mag er das, wenn man es freundschaftlich tut. Wir machen das oft. Ich konnte von einem Gesicht ablesen, dass er gerne "Ich habe immer einen schlechten Tag, wenn du da bist" gesagt hätte, doch er tat es nicht.
"Ohh, das liegt sich an deinen Freunden hier. Komm, lass uns woanders hingehen"
Das war Joey zu viel. Verständlich. Wenn mein Freund so über meine Freunde sprechen würde und das auch noch in deren Anwesenheit, würde ich wahrscheinlich auch so reagieren. Den Blicken der anderen zu urteilen, dachten sie sich das gleiche. Wir alle wussten, dass wir Joeys wahre Freunde sind.
"Hör zu, Jessica", begann Joey. Ich drückte ihm die Daumen. Ich wusste zwar, dass er stark genug war, um ihr die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, doch manchmal war ich mir nicht sicher, und diesmal war es wichtig. Nicht nur für ihn, auch für mich.
"Jaah, Joey? Wo möchtest du hin?"
"Ich möchte nirgendwo hin. Ich möchte genau hier bleiben. Hier bei meinen Freunden. Bei meinen Freunden, die mich akzeptieren wie ich bin, bei denen ich mich nicht verstellen muss. Bei meinen Freunden, die genau wissen, was ich mag und wen ich mag. Sie wissen, dass ich sie liebe, und dass ich dich nicht mal mag. Ich habe ihnen bis du reinkamst nichts von dir gesagt, weil ich wusste, dass ich sowieso in den nächsten Tagen wieder mit dir Schluss machen würde. Ich möchte eine Freundin, die ich mag, die ich liebe. Ich möchte eine Freundin, die meine Freunde akzeptiert, so, wie sie sind, denn ich möchte meine Freunde um nichts in der Welt aufgeben, und das wissen sie. Ich möchte dich nun bitten aufzustehen, zu gehen und eigentlich möchte ich dich auch nicht wiedersehen. Ich würde ja sagen, dass es schön mit dir war, doch das wäre gelogen. Deshalb sage ich nur: Lebewohl"
Jessicas Gesicht war unbezahlbar. Als sie sich gefasst hatte, stand sie tatsächlich auf, doch dann tat sie etwas Unverständliches und Unvorhersehbares. Sie gab Joey eine Ohrfeige, und zwar mit Schmackes.
"Lass ihn in Ruhe", sagten Meredith und ich gleichzeitig.
"Ihr-" Jessica zeigte auf Mere und mich und sprach mit böser Stimme. "haltet euch da raus, ja?"
"Du-" Holden war aufgestanden und zeigte auf Jessica. "sprichst mit keinem meiner Freunde so. Nicht mit Joey" - er zeigte auf Joey - "Nicht mit Mere" - er zeigte auf Meredith - "Nicht mit Lauren" - er zeigte auf mich - "und auch mit keinem anderen"
"Du denkst, du kannst mir was sagen? Du- Zwerg"
Es stimmte schon, im Vergleich zu Jessica war Brian wirklich klein, dennoch kein Grund, das zu sagen. Rosenthal und Meredith standen nun auch auf, doch Joey sagte: "Ach, lasst mal, sie soll nur abhauen"
Und Gott sei Dank, sie tat es.
Joey sah erschöpft aus.
"Du schuldest uns eine Erklärung. Wann? Warum?"
"Vor einer Woche bin ich in sie reingerannt"
"Der Klassiker", murmelte ich.
"Wir haben kaum ein Wort gewechselt und schon gibt sie mir ihre Nummer", fuhr Joey fort, ohne auf mich zu achten. "Am nächsten Tag schrieb ich sie an, fragt mich bitte nicht, warum. Und sie fragt mich sofort, wirklich fast noch in der gleichen Minute, ob wir irgendwo was trinken gehen wollen. Ich wusste nichts über sie, deshalb dachte ich, kann ja nicht so schlimm werden. Da hab ich mich geirrt. Sie ist mir so auf die Nerven gegangen. Dauernd hat sie mich geküsst, bäh" - Joey machte ein angewidertes Gesicht - "aber ich hatte nicht die Nerven, ihr zu sagen, dass sie das lassen soll. Ich wollte nur, dass das so schnell wie möglich vorbei ist. Und man muss dabei immer noch im Kopf behalten, dass das ein öffentlicher Ort war, wir waren nicht alleine. Das war mir echt unangenehm. Irgendwann 'musste' ich dann weg. Doch am nächsten Tag sind wir uns wieder über den Weg gelaufen und allem Anschein nach hat sie unser Treffen so verstanden, dass wir jetzt zusammen wären. Fünf Tage habe ich das über mich ergehen lassen. Das Ende habt ihr gerade selber erlebt."
Wir schwiegen alle für einen Moment.
"Tut mir leid", sagte ich irgendwann. Es tat mir leid, dass er das durchgemacht hat, nicht, dass es zu Ende war.
Joey sah mich überrascht an. "Muss es nicht. Du kannst ja nichts dafür"
"Ich hab gemerkt, dass etwas mit dir nicht stimmt. Aber ich dachte, wenn du es uns erzählen willst, wirst du es auch tun. Deshalb habe ich dich in Ruhe gelassen"
Ein Gemurmel aus "Ich auch" entstand unter den anderen.
"Ist alles nur halb so schlimm", sagte Joey schließlich. "Außerdem ist es ja jetzt vorbei. Wollen wir wieder rausgehen?"
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