See und Folgen (alt.Kap.)

Einen Mond später hatte ich Chen endlich überzeugt, Kuraiko und mir einen Ausflug zu genehmigen. So fand ich mich sechs Tage darauf am Ufer eines nahen Sees wieder, während Ray, der Meister des Feuers, mich unsanft aus dem Schlaf holte und mir die Arme brutal auf den Rücken drehte. Begleitet wurde er von einigen dieser Halbblut-Elementarmeister, aber nicht allen.

Meine (reinblütigen) Schwäger Krux und Acronix waren auch unter ihnen. Auch hatten sie Kuraiko bereits entdeckt, allerdings trug sie ihre Kapuze. Was mir erlaubte, unseren Notfallplan einzusetzen. Nach einiger Zeit klärten wir die Situation schließlich. Ich konnte ihnen einreden, Kuraiko hieße Caym, wäre mein hijo und schlug ein Duell um das Bleiberecht am See vor: „Caym" gegen einen Elementarmeister bei freier Waffenwahl. Dass sie magische Kräfte besaß, verschwieg ich.

Zu Beginn stand es ziemlich schlecht um Kuraiko. Der Elementarmeister der Gedanken hatte sich bereiterklärt und momentan die Oberhand. Immerhin war er relativ alt und hatte dementsprechend viel Erfahrung, während sie weder ernstzunehmende Erfahrung besaß noch ihre Kräfte offensiv einsetzen konnte.

Er dagegen benutzte seine Kräfte ziemlich häufig, was ich natürlich spüren konnte. Dennoch schwächelte er nach einiger Zeit. Sie kämpften bereits fast eine Stunde, als beide auf den Bäumen kämpften und ihre Schwerter verloren. Er geriet ins Wanken, fiel und riss sie mit. Mit einem Platscher landeten beide im See. Eine Minute verging, zwei und nach drei tauchten sie schließlich auf.

Kuraiko hatte den bewusstlosen Halbblüter fest im Griff und benutzte anscheinend Airjitzu. Für den Bruchteil einer Sekunde war der Zauber erkennbar, löste sich aber in der Luft auf. Sie landete stehend am Ufer, spuckte Wasser und der völlig durchnässte, bewusstlose Elementarmeister prallte wenige Meter weiter auf dem Boden auf. Sie packte ihn und schleuderte ihn gegen den nächstbesten Baum.

Wasser spuckend kam er wieder zu sich, um dann von ihr am Hals gegen den Baum gehoben zu werden. Sie würgte ihn, zerschnitt ihm die Kleidung und trat ihm in die Weichteile. Er musste kurz vor dem ersticken stehen. Ich grinste. Kuraiko schob ihn am Genick zu einem Feld wilder Brennnesseln, zerschnitt seine Unterhose und schubste ihn geradewegs in das Feld.

Ich stand einfach nur daneben und lachte mich kaputt, während die Niederlage den Elementarmeistern einfach nur peinlich war. Ohne Wiederworte packten die Elementarmeister ihre Sachen und verzogen sich. Beim Mittagessen erklärte Kuraiko mir auf Nachfrage, sie hätte den Reizfilter des Elementarmeisters zeitweise regelrecht abgestellt. Dies hätte er nicht vertragen. Trotzdem wollte ich begreifen, von was sie da redete. Schließlich standen wir barfuß am Ufer. Langsam überlagerte sie meine Wahrnehmung mit ihrer.

Die Schläge und Peitschenhiebe nach N-4-5-2, denen Ronin und ich unterzogen wurden (nachdem man uns mit 1,5 Promille Alkohol erwischt hatte), wirkten lächerlich gegen das, was sich später als Reizüberflutung herausgestellt hatte. Ich zitterte am ganzen Körper, die Augen geschlossen und Ohren zugehalten. Das Licht blendete, alles war viel zu laut. Auf ihre Empfehlung hin schlief ich schließlich ein.

Als ich aufwachte, war es bereits dunkel und Kuraiko nirgends zu finden. Das Zittern hatte bereits komplett aufgehört, trotzdem war ich noch geschwächt. Ein Rascheln und der verzweifelte Schrei einer Frau drang aus dem Wald. Mit einem Messer bewaffnet, bahnte ich mir einen Weg durch das Unterholz in die Richtung, aus der das Geräusch vermutlich gekommen war. „Was zum..." weiter kam ich nicht, als ich auf einer kleinen Lichtung angekommen war. Kuraiko lag gefesselt auf dem Waldboden, in einigem Abstand hockte Lilith an einem Baumstamm und weinte. Erschrocken ließ ich das Messer fallen und kniete mich neben sie. „Lilith...". „Sie ist es oder?" fragte sie mich.

Kurze Zeit später saßen wir am Ufer im Mondenschein, Kuraiko schlief bereits. „Wie hast du uns eigentlich gefunden, Lilith?" fragte ich sie. „Seit einer Weile sind meine Geschwister und ich bei den Halbblütern. Da ja inzwischen Friedensverhandlungen mit den Serpentinen laufen, benötigt Wu nicht alle in der Basis. Meine hermanos waren unter denjenigen, die nicht verhandeln, sondern sich erholen sollten. Wir waren ziemlich verwundert, als sie bereits heute Nachmittag mit einem ziemlich verängstigten Meister der Gedanken wiederkamen. Ich hatte von Acronix nur nebenbei erfahren, dass ein gewisser Caym ihn nackt in die Brennnesseln geschubst hatte. Dass Caym in Wirklichkeit meine hija ist, wusste ich nicht. Ich hatte vor, sie zu entführen und zum willenlosen Jäger zu trainieren".

Sie brach in Tränen aus, woraufhin ich sie in den Arm nahm. Längst bereute sie ihre Brutalität. Immerhin waren die Jäger willenlose Geschöpfe, zum Morden erzogen, selbst wenn sie selbst dabei draufgingen. Ich nahm ihren Kopf und küsste sie. Mein Zeichen, dass ich ihr verzieh. Sie erwiderte den Kuss und fuhr mit ihrer Hand über meine Beine.

Versunken ineinander verbrachten wir eine wundervolle Nacht voller liebe. Morgens badeten wir noch im kühlen Wasser, als sie mir gestand, bei ihrer Befruchtung hätten sich von den sechs Eizellen nicht eine, sondern drei eingenistet. Ein Mädchen und zwei Jungen. Bei der Geburt wurden die Geschwister von einer Anomalie erfasst und verschwanden in den Welten.

Die schwache, erstgeborene Kuraiko Akaya Lelah und ihre Brüder Jiro Kelet und Iven Paimon waren unauffindbar. Lilith äußerte auch die Vermutung, Jiro und Iven könnten ebenfalls wieder die Welten gewechselt haben. Immerhin waren die drei gemeinsam verschwunden. Leider musste sie am nächsten Nachmittag gehen, damit niemand Verdacht schöpfte. Dieser Abschied fiel mir besonders schwer.

Kuraiko und ich verbrachten insgesamt einen halben Mond am See, bis auch wir gehen mussten, Nasya begleitete uns. Wir waren uns in dieser Zeit nähergekommen als in den vier Monden zuvor. Ich konnte sie in den Arm nehmen-ein Vertrauensbeweis, wie sie mir erklärte. Sie benutzte Ausdrücke, die ich nicht verstand und war generell viel offener als im Kloster. Auch ich merkte, dass Chen und Garmadon weit entfernt wirkten. Sie hatten keinen Einfluss auf uns, was ziemlich entspannte.

Als wir zurück am Kloster durch das Tor treten wollten, wurde ich von Garmadon überrumpelt und gegen die Wand gedrückt. Derweil drückte Chen Kuraiko auf den Boden und zielte mit einem Messer auf ihre Kehle. Im nächsten Moment lag er neben ihr, das blutende Messer in der Hand. Sie regte sich nicht, von der Wange bis zur Stirn zog sich ein tiefer Schnitt durch ihre linke Gesichtshälfte. Er packte sie und schleifte sie blutend in das Kloster. Bei ihrem Anblick musste ich mich übergeben, woraufhin Garmadon vor mir zurückwich.

Erst am nächsten Abend konnte ich Chen überzeugen, mit der sinnlosen Folter von Kuraiko, Lara und Karl aufzuhören und ihre Wunden richtig versorgen. Die tatsächliche Herkunft von Karl und Lara war aufgeflogen, weshalb Chen beide gefoltert hatte.

Inzwischen war es hell draußen, trotzdem ließ ich die Vorhänge geschlossen. Kuraiko lag auf ihrer Matratze und zitterte, ihr Atem war regelmäßig, aber stoßweise. Karl hatte mir eine durchsichtige Flasche mit einem seltsamen Verschluss gegeben, falls sie Durst haben sollte. „Sie wird wissen, wie man daraus trinkt" hatte er nur gesagt. Kuraikos Geist tastete nach meinem und ich ließ mich auf die Bindung ein. Sie war einigermaßen bei Bewusstsein und ich gab ihr die Flasche, wobei ich darauf achtete, sie nicht zu berühren.

Ihr Arm verkrampfte sich und sie trank tatsächlich aus der Flasche, wobei sie die Flasche mit dem Oberarm gegen ihren Körper presste. Bei dem knacken der Flasche erschrak ich. Die Bindung wurde schwächer, blieb aber bestehen. Entweder schlief sie oder war wieder ohnmächtig. Ich nahm die Flasche und sah sie mir genauer an. Sie hatte sich seltsam verformt und war fest verschlossen. Vermutlich hatte Karl sie mitgebracht, als er in dieser Welt strandete.

Die Bindung erlaubte es mir, mich eingehend mit Kuraikos Zustand zu befassen. Ihr denken und handeln war von einer seltsamen Kraft überlagert, die ich schon immer bei ihr bemerkt hatte, allerdings nicht so stark. Es sah aus wie ein Art System zur Datenerfassung und -verarbeitung. Diese Strukturen waren tatsächlich eine Wahrnehmung der Umgebung und reagierten auf physischen Kontakt zu ihr.

Auch Geräusche wurden erfasst, allerdings als Störfaktor. Die Strukturen waren ein Teil ihres Wesens selbst, also keine Bedrohung. Ich zog mich aus ihrem Geist zurück, um sie zu schonen. Bei meiner Rückkehr überrollte mich die Erinnerung an meine Reizüberflutung. Mir wurde klar, dass sie gerade selbst in einer drinstecken musste. Ihr „System" war überlastet und hatte entsprechend reagiert. Sie war völlig verängstigt. Nur Zeit konnte jetzt helfen.

Zeit, die wir nicht hatten. Alle paar Stunden reagierte sie auf die Flasche. Zwischendurch hatte Karl mich abgelöst, damit ich wenigstens irgendwann Schlaf bekam. Es war einfach ermüdend und frustrierend, hilflos neben ihr zu sitzen, während das Zittern nicht nachließ.

Am dritten Tag verkündete Garmadon, dass er seinem Bruder beistehen müsste, da der Schlangenkonflikt kurz vor der Eskalation stand. Bisher hatte ich mich ihm gegenüber zurückhalten können, vor allem nachdem er zugegeben hatte, Chen zum versuchten Mord meiner hija angestiftet zu haben. „Und warum gehst du nicht gleich?" Ich war verärgert, da er uns einfach so alleine ließ.

„Was meinst du damit, was ist nur los mit dir?" stammelte er. „Du weißt ganz genau, was los ist!" knurrte ich ihn an und schob ihn aus dem Zimmereingang in den Flur. Mit meiner Selbstbeherrschung war es längst vorbei. Wir stritten lautstark und prügelten uns schließlich. Es endete schließlich damit, dass wir in „seinem" Zimmer landeten, wo Chen uns trennte. Garmadon packte seine Sachen zusammen und verließ das Kloster.

Am nächsten Morgen öffnete Kuraiko endlich ihr rechtes Auge und war imstande, kurze Wege zu laufen. Das Zittern war stark abgeklungen, seitdem sie ihre „Ohrstöpsel" verwendete und ihr Atem war wieder weitestgehend normal. Trotzdem sprach sie nicht, war beim Laufen übervorsichtig, zeigte keine Regungen in ihrer Mimik und Körpergeräusche waren schlichtweg nicht vorhanden. Augenkontakt bestand gar nicht. Nur über die Bindung konnte sie mir endlich mitteilen, was mit ihr los war. Chens Angriff hatte sie in einen schweren Schockzustand versetzt, wodurch bei ihr anscheinend „totaler Mutismus" ausgelöst wurde.

Als ich von ihr erfuhr, dass Karl laut den Strömen eigentlich Iven Paimon war, also der drittgeborene, nutzte ich mit seinem Einverständnis seine Kräfte, um Lara endlich nach Hause schicken zu können. Sie trennten sich in Frieden, da sie vorher erkannt hatten, dass sie nicht zusammenpassten. Es hatte wenigstens den Nebeneffekt, dass wir weniger angreifbar waren und ich mich auf Kuraiko und Iven konzentrieren konnte. Ich gab ihm stundenweise Einführungen in verschiedenste Techniken seiner dunklen Magie und auch er hatte teilweise Kontrolle über die Zeit. Die Zeit in Ungewissheit war einfach unerträglich und extrem Kräftezehrend.

Eines Abends verhielten sich Kuraiko und Iven merkwürdig. Bei beiden fand ich eine gepackte Tasche, woraufhin ich die Vorräte überprüfte. Es war genug, um zwei Personen für einen halben Mond zu versorgen. Sicherheitshalber packte auch ich mir eine Tasche mit Kleidung und meinem Buch, bevor ich schlafen ging.

„Clouse!" Ich schreckte aus dem Schlaf hoch. Es war Chen gewesen, der gerufen hatte. Da wurde die Tür aufgebrochen und Ray stürmte in mein Zimmer, gefolgt von Krux, Gravitation und Erde. „Wenn du weißt, was gut für dich ist, rate ich dir, deine Tasche zu packen und mitzukommen!" keifte er mich an und hielt mir ein Schwert an die Kehle. Noch im Schlafanzug schnappte ich mir die Tasche und zog eine Jacke über. Ray und Krux packten mich und schleiften mich vor die Tore des Klosters.

Wu und Metall hatten derweil Chen auf dieselbe Art aus dem Kloster geholt. Bis auf den Meister der Gedanken warteten alle anderen Elementarmeister draußen. „Ray, wie wir es besprochen hatten!" wies Wu ihn an. Er ließ los, nur damit Acronix mich an seiner Stelle hielt. Als Ray auf das Kloster zuging, bekam ich ein ungutes Gefühl. Zuerst brannten die Mauern, bevor das Feuer die Dächer erreichte. Kuraiko. Iven. „Nein!" keuchte ich und versuchte, mich dem Griff der Zwillinge zu entziehen.

„Unser Späher konnte gestern Nacht eine Gestalt mit einer Tasche das Kloster verlassen sehen. Caym ist garantiert in Sicherheit" versuchte Krux, mich zu beruhigen. Einer der beiden war also entkommen. Die Bindung zu Kuraiko brach ab, ich fiel auf die Knie. Sie war zu schwach gewesen, um zu fliehen. Eine Mischung aus Angst, Wut und Trauer kam in mir auf, ich sann auf Rache. Eine einzelne Träne rollte über meine Wange. Iven hatte überlebt, aber meine einzige hija war tot.

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Hi!

So, jetzt wäre das auch geklärt. Ich musste das in 2 Kapitel aufteilen, damit es einigermaßen ordentlich aussieht.

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