Herzstück (modern)

Philipp starrte etwas nervös auf einen herumliegenden Ball, bei dem sich niemand dazu bequemt hatte, ihn aufzuräumen. Er hätte es machen müssen, aber diesen Gedanken warf er gleich weg. Wichtiger war ja auch, dass er das nun folgende Gespräch gut überstünde - ohne allzu viel zu sagen, was er bald doch wieder bereuen würde. Denn in der Sportstunde, die der begeisterte Lehrer mit einem Fußballspiel gefüllt und soeben abgeschlossen hatte, war ihm etwas aufgefallen. Er kannte seine Klasse nicht, und wollte sie erst einmal spielen lassen und sehen. Tom war ihm dabei besonders aufgefallen, dieser nicht eben bescheidene, aber irgendwie schon charismatische Junge, Spielmacher des örtlichen größten Vereins. Er hatte das Spiel an sich und seine Mitspieler mit sich gerissen, und forderte immerzu den Ball. Wirklich immerzu.
Häufig gelang ihm, was er wollte; aber letztlich ging das Spiel nur unentschieden aus. Weil er eben zu präsent gewesen war und die anderen Kinder sich kaum getraut hatten, mal untereinander ohne Tom einen Angriff aufzuziehen. Da konnte Katharina frei durch sein, und stattdessen spielte Fabio doch wieder auf den mäßig Postierten, einfach weil dieser es lautstark gefordert hatte und Katharina nicht. Das war traurig, und es sollte sich ändern, dafür musste er als Lehrer sorgen. So holte er sich den großen Jungen an seine Seite. "Tom", begann er, "der Name stimmt doch oder?" Der Junge bejahte.
"Gut, nun: Ich habe, wie du dir denken kannst, euer Fußballspiel gesehen." "Ach", schmunzelte der Fußballer, "wäre ich ja gar nicht drauf gekommen. Ich hätte das Spiel letztlich auch echt gewinnen müssen." "Ja, das stimmt. Aber eines sag ich dir: Fühl mal deine Brust." Tom tat wie geheißen: "Da ist das Herz, warum?" "Das Herz ist das Wichtigste. Es schlägt automatisch, wenn es stillsteht, liegst du da. Und mit seinem Puls geht deine Spannung hoch oder herunter. Ich glaube, du hast als das Herzstück gespielt." Tom grinste kaum verhohlen, ein Versuch es zu verbergen, wäre aber auch gescheitert. "Aber", fiel ihm Philipp in die Freude über das Lob, "jetzt bin ich mal ein Gegner. Ich reiße", er machte eine harte entsprechende Handbewegung, "das Herz heraus. Weißt du, was das Herz macht?"
Äh, es ist tot?" - Toms Sicherheit zerging wie Pudding unter dem Druck der Worte. "So", schloss nun Philipp: "Du brauchst den Körper. Er muss dich beschützen und er bewegt sich für dich. Dafür kannst du ihn am Leben halten."

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