Farben - des Todes
Single Shot Writing Games - "Bunt"
Ich bin als Kind zu dem Schluss gekommen, dass das Leben im Herzen grau sei. Das haben mich ungezählte Dinge gelehrt – euch vielleicht auch, nur dass ihr es nicht selbst feststelltet.
Es begann mit einem Regenbogen. Meine Mutter hatte begeistert auf ihn gezeigt, seine Farbe schimmerte blass in der nassen Luft, und ein bisschen bunter wurde die Welt. Doch dann erinnerte mich mein Bruder an das, was gewesen war: graue Wolken.
Ich fand die Gesellschaft bunt. Ist sie auch. Aber graue und braune Kräfte sind präsent und mächtig – da helfen auch die weißen Glatzen nichts, bei Beamten oder freien Radikalen.(1) Die Frauen sind bunt, Haare werden gefärbt; wurde es aber mit Wasser oder Zeit, den zwei Essenzen des Lebens gewaschen, so verschwand es wieder. Denn es waren alles Lügen, tote Farbe auf lebendigem Gewebe.
Ich freute mich am farbigen Essen. Obst war schön, Gemüse auch. Und dann die Süßigkeiten! Das zuckrige Zeug war gefärbt wie meine schönsten Träume. Natürlich waren sie auch nicht lebendig – aber Farben können lügen. Ich verschlang gierig mit Augen und Zähnen, bis es Probleme mit einer Farbstoffallergie und natürlich dem ganzen Zucker gab. Das übersüßte Leben von den Farben zu befreien, tat weh. Und würde euch ebenso wehtun.
Die Farben hatten mich geschwächt. Ich fand jedoch eine Hoffnung - ich ging zum Baumarkt, und kaufte einen Eimer leuchtender Farbe. Als ich später das Augenelixier öffnete, überkam mich ein Verlangen. Ich schnüffelte, leckte nach dem Wunder in meiner Verzweiflung. Bis meine liebe Mutter mich vom Boden auflas und ins Krankenhaus fuhr, weißer, grauer Steine und Betten. Hier heilte man mich einmal mehr vom teuflisch Bunten.
Aber meine Suche wollte kein Ende finden. Unbezähmbar wie ich war, begehrte ich alles, was nur irgendwie meine geliebten Farben brächte. So kam ich an kleine Kapseln, und war in neuen Träumen, sah ungeahntes buntes Spiel. Es war einfach unbeschreiblich, so will ich es auch gar nicht weiter versuchen. Nur – es kam, wie es zu kommen hatte – meine Mutter fand mich tot, erblasst, in meinem Zimmer. Nach zu vielen schwarzen Tiefs hatte ich es zu grell gewollt.
Aber ich kam nicht in die mir ja bereits bekannte Hölle. Ein Engel fuhr mir durch die ewig grauen Haare, und schlagartig wurden sie blond. Aber dann fragte er mich: „Farben, sagst du, darf es nicht geben?" „Ja", bestätigte ich. „Nun", sprach er festen, aber lieben Tones, „ich möchte dir etwas zeigen." Und er deutete auf eine Wiese, wie jene, die der Winter immer mit weißbraunem Schnee bedeckt. Aber sie war grün und es wuchsen Blumen in ihr, zart und schön. Prächtig, das erste wahre Licht, das ich sah. „Du", meinte der Engel, fandest den Tod bei den Farben. Aber ist dies hier kein Leben?"
1) siehe „Unscheinbarer Bua" (EAV)
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