Net-Love

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Diese Kurzgeschichte ist jetzt mit in dieses Buch gewandert, das sie sich so alleine fühlte. Ich hab diese Geschichte geschrieben, als ich noch ein unschuldiges junges Mädchen im ungefähren Alter von 16 Jahren war. Habt also ein wenig Mitgefühl und seid nicht zu kritisch. Wenn ich irgendwann Zeit und Lust dazu habe, will ich sie mal überarbeiten. Da das allerdings noch in weiter Ferne liegt, darf das gute Stück hier erstmal bleiben. Zudem spielt es in einer Zeit, in der Internet zuhause noch nicht selbstverständlich war und man die meistens dazu in ein Internet-Cafe musste.


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Es sind Sommerferien und es ist ein wunderschöner Tag zum Shoppen, also beschließe ich nach dem Frühstück Claudia anzurufen. Ich denke, dass sie mit Sicherheit mitkommt nach Karlsruhe und außerdem, wer weiß, vielleicht findet sich sogar ein hübscher Boy... Als ich mit ihr telefoniere und sie frage, ob sie Lust hätte einen Einkaufsbummel zu machen, willigt sie sofort ein. Sie sagt aber, sie hätte erst in einer Stunde Zeit und dass wir uns in Bretten treffen könnten. Ich bin froh darum, Claudia ist eben eine echte Freundin, denn schließlich muss ich mich erst noch anziehen, ich habe nämlich im Schlafanzug gefrühstückt.

Ich frage meine Mutter, ob sie mich zum Bahnhof nach Bretten fährt . Sie ist einverstanden. Am Bahnhof wartet auch schon Claudia ganz ungeduldig. Sie ruft mir von weitem zu: "Hi Yvette! Wo bleibst du denn? Unsere Stadtbahn fährt gleich!" Also verabschiede ich mich schnell von meiner Mutter und laufe zu Claudia.

Dass die Stadtbahn nicht vor unserer Nase davonfährt, ist wirklich Glück. Aber es ist noch mal gut gegangen und wir haben es gerade noch geschafft. Schnaufend setzen wir uns in einen Viererplatz. Die Fahrt ist ziemlich langweilig, denn erstens ist kein hübscher Junge in der Bahn und zweitens dauert sie für meinen Geschmack sowieso zu lange.  Am Marktplatz steigen wir aus und stürzen uns in die Läden. Wir haben einen Riesenspaß. Nach ungefähr zweieinhalb Stunden, fünfzehn Läden und fünf Einkaufstüten später, sind wir fix und alle und beschließen in ein Chat-Cafe zu gehen.

Als wir es betreten sind noch zwei Computer nebeneinander frei, wir bezahlen für eine halbe Stunde Chatten und setzen uns. Bevor ich mit chatten anfangen kann, brauche ich noch einen Decknamen. Ich überlege kurz und schreibe dann: "Denise". Diesen Namen habe ich mir früher immer ausgedacht, wenn Claudia und ich irgendwas zusammen gespielt haben. Als ich starte habe ich auch gleich einen gewissen "Danillo" an der Angel. Er begrüßt mich mit "Hi, Denise Baby, hast Lust auf nen kleinen Quicky?"
"Was für ein blöder Arsch!" denk ich und schreibe zurück: "Nein, Fick dich selber, wenn du so notgeil bist!", wie ich erwartet habe beendet er daraufhin das Gespräch. Ich gehe weiter auf die Suche, aber es hat keiner Lust sich mit mir zu unterhalten.

Claudia dagegen chattet, was die Tasten hergeben. Mit wem sie sich wohl unterhält? Sie scheint einen voll netten Typen an der der Angel zu haben. Ich beneide sie irgendwie. Während ich nur eine totale Niete hatte, scheint sie das große Glück getroffen zu haben. Ich schaue ihr eine Weile zu, es hat offensichtlich wirklich gefunkt zwischen den beiden. Sie sieht richtig glücklich aus. Oh, wie gerne würde ich an Ihrer Stelle sein! Ich schaue mir die Jungs an den Computern and und überlege, wer wohl der Glückliche sein könnte. Aber keiner macht ein aufschlussreiches Gesicht.

Da meine halbes Stunde noch nicht vorbei ist, denke ich mir einen neuen Namen aus und starte. Als "Julia" bin ich sehr beliebt, denn plötzlich wollen drei Boys mit mir chatten und alle heißen Romeo. Man was hab ich für Glück.. lauter Romeos.... Auf sowas könnte ich wirklich verzichten! Aber was soll's. ich füge mich meinem Schicksal und probiere die Nummer Eins.
Das ist ja auch wieder so ein Macho, wie ich beim chatten merke und der zweite ist ein Vollidiot. Bleibt also noch Romeo Nummer zwei. Er begrüßt mich mit "Hallo Julia!", und darunter erscheint ein Gewirr aus den Buchstaben "J" und "R". Erst nach einer Weile erkenne ich, dass es eine Rose darstellen soll. Ich bin total gerührt und schreibe zurück.
"Hallo Romeo. Danke für die Rose. Die ist echt süß. Schickst du die eigentlich jeder Julia, die dir über den Weg läuft oder bist du einfach nur hoffnungslos romantisch?" Nach einer Weile kommt eine Antwort: "Freut mich, dass sie dir gefällt. Und um deine Frage zu beantworten, nein, du bist die Erste. Und sicher willst du wissen, warum ich sie dir schicke. Aber das verrate ich dir vorerst noch nicht. Aber du könntest mir verraten wie alt du bist."
Meine Antwort : "Ich bin 15 und um dir weitere Fragen zu ersparen, ich wohne in Sulzfeld und gehe in Karlsruhe aufs Gymnasium . Und du?"
Er schreibt, dass er 17 ist auch in Sulzfeld wohnt. Er macht gerade eine Lehre in Eppingen als Kaufmann in einem Skaterladen. Als ich das lese, rutscht mir ein Grinsen übers Gesicht. Ein Vielleicht-Skater!!! Schade, dass ich ihn nicht sehen kann. Da erste bemerke ich, dass Claudia neben mir sitzt und sich einen abgrinst. Ich frage sie, was los uns warum sie nicht mehr chattet. Darauf antwortet sie: "Weil meine halbe Stunde abgelaufen ist!"
Ich bekomme einen Schock und frage sie, warum bei ihr die halbe Stunde abgelaufen ist und bei mir nicht? Da grinst sie nur noch breiter und sagt, dass sie mir eine halbe Stunde spendiert hat. Ich muss wohl völlig blöd aus der Wäsche schauen und sie erklärt mir verschmitzt: "Du hast doch gerade einen süßen Boy an der Strippe und ich hätte nicht ertragen können, wenn du mir die Ohren vollgeheult hättest, weil deine halbe Stunde abgelaufen ist."
Ich freue mich tierisch und am liebsten würde ich sie küssen, lasse es dann aber lieber und nehme sie nur in den Arm um ihr meine Dankbarkeit zu zeigen. Sie weiß gar nicht, wie glücklich ich bin!! Auf einmal sagt sie: "Wenn du mich weiter so erdrückst, dann ist diese halbe Stunde auch vorbei und du kannst deinen Romeo gleich vergessen!"

Ein bisschen verlegen wende ich mich wieder dem Bildschirm zu. Da steht immer noch der Text, aber unten dran eine neue Frage: "Können wir uns mal treffen?" Ich bin einverstanden, schreibe ihm aber: " Du weißt doch gar nicht, wie ich aussehe und ich weiß nicht, wie du aus siehst. Außerdem kenne ich gar nicht deinen richtigen Namen, schließlich heiße ich auch nicht Julia."

"Deswegen will ich da ja treffen! Also was meinst du?" Claudia sagt mir, ich soll ich doch meine Telefonnummer geben. Eigentlich will ich das gar nicht, aber sie besteht darauf. Dann gebe ich ihm eben meine Nummer, wenn du dann zufrieden bist.

Also schreibe ich ihm: "Ich bin einverstanden, ich schreibe dir meine Nummer, dann kannst du mich anrufen. Schließlich wohnst du ja auch in Sulzfeld... und vergesse sie nicht!!!!"

Plötzlich blinkt es ganz aufgeregt in der rechten oberen Ecke und 10 Sekunden später ist der Bildschirm schwarz! "Scheiße!" Oh Mann, meine Zeit ist abgelaufen. Hoffentlich hat er meine Nummer noch bekommen. Claudia schaut mich voller Mitleid an: "Arg traurig?! "
"Ach was! Ich hoffe bloß, er ruft mich an!" antworte ich ihr, "aber was war eigentlich mit deinem Typ?" Sie sagt ganz enttäuscht: "Erinnere mich bloß nicht an den, am Anfang war er ja ganz nett, aber zum Schluss! Toootal ätzend!!!"

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