Kapitel I

Zugfahrt unter Muggeln

"Ausstieg in Fahrtrichtung links. Bitte beachten sie den Höhenunterschied zum Bahnsteig."

Marys Blümchenkoffer schwankte gefährlich als der ICE mit einem Ruck zum stehen kam.

"Warum sind wir nicht mit einem 3We gefahren?", maulte Lucy anklagend. Sie hatte den Kopf auf ihre Hände gestützt und starrte missmuttig aus dem Fenster. 3We war die Abkürzung für World-Wide-Wizard-express und war wesentlich schneller und Lucys Meinung nach auch angenehmer als die Deutsche Bahn.

Felder und Wiesen zogen an ihnen vorbrei und Mary fühlte sich an zu Hause erinnert. Ihr ehemaliges Haus hatte unweit von einem Rapsfeld gestanden, welches von einer Blumenwiese, durch die sich ein kleiner Bach schlängelte, umgeben war. Das Beste war eine riesige Trauerweide gewesen auf der sie ein Baumhaus gebaut hatten. Mary seufzte, vielleicht würde sie es nie wieder sehen... Wieso mussten sie nur umziehen?

Sie wurde schlagartig in die Wirklichkeit zurück gerissen als sich ein männlicher Kopf durch die geöffnete Abteiltür schob. Der Köpf gehörte einem etwas dicklichen grauhaarigen Mann mit Adlernase und einem Coffe to Go Becher in der Hand: "Ist hier noch frei?" Er deutete auf den Platz neben Lucy. Diese verzog angewidert den Mund. Jetzt war ihre Laune endgültig im Keller.

Doch Luna warf ihr nur einen strengen Blick und antwortete: "Natürlich, setzen sie sich doch"
Verärgert nahm Lucy ihren Rucksack vom Sitz, wobei sie ihren Kater Zeus aufschreckte, der auf ihrem Schoß geschlafen hatte. Fauchend sprang er dem Mann entgegen und landete auf seinem rechten Knie; er sah aus als wollte er gleich seine Hose zerfetzen.

"Hatschi!", lachte der Mann. "Ich habe Katzenhaarallergie."
Erst jetzt schien Zeus zu bemerken, dass er im Begriff war mit seinen Krallen Löcher in die Jeans zu boren. Er fauchte ein letztes mal um zu demonstrieren das er hier nicht willkommen war und sprang zurück zu Lucy, die recht zu frieden mit sich aussah.

Der Mann wühlte in seiner Aktentasche und zog ein schwarzes Gerät heraus, was er auf klappte, einen Knopf drückte und augenblicklich wurde der Bildschirm hell. Der Muggle drückte einige Tasten, etwas bimmelte und auf dem Bildschirm erschien der Schriftzug Anmelden. Mary und Lucys Bruder Philius beäugten den schwarzen Kasten fasziniert. Der Mann hob den Kopf und lächelte ihn an: "Nah? interessierst du dich auch für Computer kleiner? Das ist ein MagicX310 ganz neu rausgekommen. Leider hängt mein Internet die ganze Zeit. Ich hab hier kein Wlan."
Die ganze Familie starrte ihn verständnislos an; denn Computer, Wlan, Internet gehören nicht in den täglichen Sprachgebrauch der Zauberer. Und Lucy fragte sich was zum Teufel denn MagicX310 bedeutete.

Nun blickte der Computermuggle (so hatte ihn Mary heimlich getauft) wichtigtuerisch in die Runde. "Ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt: Mein Name ist Fidelius Grimm. Ich bin der Leiter der Deutschen Sparkasse", Dabei betonte er Leiter und Sparkasse besonders und sah sie dann an als erwartete er, das sie sich jetzt alle vor ihm verbeugten.

"Angenehm", sagte ihr Vater verunsichert. "Samuel Lovegood, meine Frau Luna und das sind unsere Kinder Marilla, Lucia und Xenophilius"

Herr Grimm nahm genüsslich einen Schluck aus seinem Coffe to Go Becher. Und noch einen. Und noch einen.

Innerlich verfluchte Lucy diese ganzen Mugglevocabeln. Coffe to Go, Computer, Internet, Wlan, Sparkasse. Wenn sie angekommen waren würde sie alle im Lexikon nachschlagen.

Die nächsten Stunden zogen sich nur schleppend dahin. Sie ließen Deutschland hinter sich und Lucy hatte das Gefühl schon etwas von der salzigen Brise der Ostsee zu schmecken, auch wenn sie wusste das das Meer noch viel zu weit entfernt war. Gelangweilt schlug sie die Beine übereinander und legte ihr Buch zur Seite. Es war richtig grottig, außerdem würden sie bald in Brüssel umsteigen.

Sie angelte nach der perlenbesetzten Handtasche ihrer Mutter um nach der Tüte mit den Schokofröschen zu suchen, die sie wie immer zwischen dem ganzen Krimskrams nicht finden konnte. Schnaubend beförderte sie eine Zeitschrift mit dem Titel Gnome - Unsere kleinen Freunde in Haus und Garten ans Tageslicht, dann eine völlig vertrocknete Spulenwurzel (die ihre Mutter immer dabei hatte für den Fall das sie mal von einem Pogrebin gebissen wurden) und endlich ein paar Schachteln mit Schokofröschen die laut in ihren Verpackungen quakten.

Fidelius Grimm war schon allerhand wunderlichen Menschen begegnet, aber einen Familie wie diese hatte er noch nie angetroffen. Er schüttelte den Kopf und betrachtete unauffällig Mrs. Lovegood: Sie trug mindestens vier Röcke übereinander, darunter eine Jeans und dann las sie ihre Zeitschrift auch noch verkehrt herum. Am meisten iritierte ihn jedoch die Überschrift der Zeitschrift: Wie schützt man sich vor Mackligen Malaclaw Bissen? Mr. Lovegood war in einen violettfarbenen Umhang gekleidet und sein Sohn mit dem komplizierten Namen streichelte eine Eule. Ja, richtig eine Eule. Ein Uhu um genau zu sein, den er die ganze Zeit mit Keksen fütterte. Fidelus war sich nicht sicher ob das Tierschutzgesetz die Haltung von Eulen als Haustieren einfach so gestattete. Und dann auch noch diese Zwillinge! Besonders die eine mit der agressieven Katze war einfach komisch - er hätte schwören können, dass sich ihr langes blondes Haar vorhin an den Spitzen einfach rosa gefärbt hatte. Ha! Jetzt passierte es schon wieder! Und ihre Schwester löste allen Ernstes ein Kreuzworträtsel über H-Ö-L-L-E-N-H-U-N-D-E!

Der Knaller war allerdings, fand er, dass die Mutter in ihrer Handtasche tatsächlich Kröten mit sich herumschleppte die die Kinder auch noch aßen!
"Hey, Mary ich hab Severus Snape!", rief der kleine Junge jetzt begeistert. "Der ist sooo selten!
"Echt? Zeig mal Philius" Das Kreuzworträtsel-Mädchen sah ihm über die Schulter und verzog enttäuscht das Gesicht: "Ich hab schon wieder Harry Potter. Den hab doch schon zehnmal!"
Jetzt mischte sich auch die andere Schwester ein: "Ich hab Dumbledore. Der fehlt dir doch noch Philius oder?"
Philius zog einen ganzen Stapel dieser merwürdigen Sammelkärtchen daus der Hosentaschen und nickte: "Guck mal durch was du davon noch brauchst." Lucia schaute die Karten durch und fand schon bald eine, die sie anscheinend noch nicht hatte. Die Kinder tauschten noch mehr dieser Karten und Fidelius Grimm widmete sich wieder seiner Arbeit am Laptop.

Nach einer Weile öffnet jemand die Abteilür. "Die Fahrkarten bitte!" Luna wüllte in ihrer Perlenhantasche aus Indien nach den Fahrkarten, wärend der Schaffner breitbeinig, mit verschrengkten Armen im Türramen stand und sie misstrauisch musterte.

Als Luna die Tickets nach einer Weile immernoch nicht gefunden hatte, sondern nur ihrgendwelchen Krimskram, wie Bonbonpapier zutage förderte, wurde der junge Bahnangestellt ungeduldig. Er wippte mit dem rechten Fuß und wante sich dann an Fidelius Grimm. Der hatte seinen Fahrschein natürlich schon griffbereit. Gelangeilt stempelt der Schaffner die Karte ab, da hatte Luna ihre endlich gefunden. Als der junge Mann auch diese apgeknippst hatte, knallte er ihnen noch drei Kinderfahrkarten auf den Tisch. Dann warf er den Lovegoods noch einen abschätzenden Blick zu, knallte die Tür zu und ging schnellen Schrittens den Gang entlang.

"Ein überaus höflicher junger Bursche", warf Luna in die Runde.

Im selben Moment ertönte die Durchsage: "In wenigen Minuten erreichen wir Brüssel Hauptbahnhof. Ausstieg in Fahrtrichtung rechts. Alle gegebenen Anschlusszüge werden erreicht. Vielen Dank für die Fahrt mit der Deutschen Bahn und auf Wiedersehen!"

Familie Lovegood wuchtete ihre Koffer nach draußen und auch für Fiedelius Grimm endete hier die Reise.

Jetzt mussten sie nur noch mit der Fähre über das Wasser nach England fahren, in ein neues Leben.

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