Reiseblog Tag 1
Kurz vorweg: Mein Mann erfuhr enttäuscht, dass Noah und ich Wattpad-Namen haben und er nicht. Er durfte sich dann einen aussuchen und heisst hier nun Jack.
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Wir befinden uns auf dem Weg zu kurzen Ferien in Frankreich. Mein Grossvater wohnt dort und wird morgen stolze 95 Jahre alt. Diese Feier wollen wir natürlich nicht verpassen.
Die Zugfahrt in der Schweiz verlief ereignislos, an der Grenze mussten wir umsteigen. Da wir vierzig Minuten Zeit hatten, trafen wir rasch einen Cousin meines Mannes und machten uns dann pünktlich auf die Suche nach unserem Gleis. Nicht zu spät, denn wir hatten nicht einberechnet, dass wir noch über die Grenze laufen mussten. Zum Glück wurden wir nicht kontrolliert.
Ich suche mit Noah auf dem Arm nach einem Platz in dem winzigen überfüllten Zug, während mein Mann nach einem geeigneten Ort für unseren grossen Kinderwagen sucht. Der Schaffner läuft durch den Zug und schnauzt Jack unfreundlich an. Woher er denn den Kinderwagen habe? Jack zeigt mit dem Finger in unsere Richtung und verkündet laut, dass zu dem Kinderwagen auch noch ein Baby gehört. Wir sitzen ganz hinten im Zug, hinter uns befindet sich nur noch die Tür zum Räumchen des Schaffners. Dieser läuft dann auch an uns vorbei, schaut Noah verzückt an und sagt: "Ohh, hier ist also das Baby! Du bist aber süss!"
Zwei Stunden Zugfahrt warteten auf uns. Und der Schaffner kam alle paar Minuten aus seiner Kabine heraus unter dem Vorwand, aus irgendeinem Grund durch den Zug laufen zu müssen. Und wirklich jedes einzelne Mal machte er einen Kommentar zu Noah!
"Ohh hallo du! Du bist aber hübsch! Ohh, wie schön, dass du mich anlächelst. Was hast du nur für ein schönes Lachen!"
"Ohh, isst er oder schläft er? Ihnen auch einen guten Appetit."
"Mit Papa spielen ist das Tollste, nicht wahr mein Kleiner?"
"Ohh, du gähnst ja! Wirst wohl langsam müde."
"Wo ist euer Baby? Ahh, dort vorne im Kinderwagen? Ob es wohl einschlafen kann?"
"Wie witzig, dass ihr ihm Kopfhörer aufgesetzt habt!"
"Schscht, jetzt schläft er tatsächlich. Wie süss! Der war aber auch so müde."
Ich sage es euch: Die Liste würde kein Ende nehmen. Irgendeinmal verdrehten wir nur noch die Augen, als wir die Tür zur Kabine aufgehen hörten. Zweimal kam er auch mit einer Frau, die im Zug mitfuhr, um ihr Noah zu zeigen, als wäre er der Grossvater oder stolze Onkel. Wir waren regelrecht froh, als die zwei Stunden endlich um waren und wir aussteigen konnten. Natürlich verirrten wir uns aber am Bahnhof und trafen den Schaffner tatsächlich noch zweimal an und er zeigte uns, wo der nächste Lift stand.
Ich kenne die Stadt eigentlich, doch es war schon lange her, dass ich sie zuletzt gesehen habe. Wir fragten eine Frau, wie wir zum richtigen Quartier kommen und stiegen daraufhin ins Tram. Natürlich verpassten wir die Haltestelle um auf den Bus umzusteigen und so fuhren wir noch zwei Stationen weiter, denn ich war mir sicher, dass ich vom Spital aus wusste, wie wir zu meinen Grosseltern finden. Ich führte Jack und Noah durch irgendwelche kleinen Nebengassen den Hügel hinauf und beide sahen mich nur verunsichert an. Jack weiss, dass man sich auf meinen Orientierungssinn nicht verlassen kann. Jedoch verirrte ich mich kein einziges Mal und fünfzehn Minuten später standen wir vor der Tür zu meinen Grosseltern.
Sie freuten sich riesig, uns zu sehen. Besonders mein Grossvater, denn er hat Noah noch gar nicht kennengelernt. Meine Grossmutter war im Sommer einmal in die Schweiz gereist. Während sie Noah überglücklich in Empfang nahmen, mit ihm Geschenke auspackten und spielten, durften wir die Quiche essen, die meine Grossmutter für uns vorbereitet hat. Wir blieben zwei Stunden, dann machten wir uns auf die Suche nach unserer Ferienwohnung, die wir ab 17h betreten durften. Zuerst liefen wir vorbei. Dann kamen wir uns vor wie Eindringlinge. Wir nahmen die Treppe in den ersten Stock und öffneten die Tür. Wie in der Beschreibung stand, steckte der Schlüssel von innen. Jack betätigte den Lichtschalter - ohne Erfolg. Auch alle weiteren Lichtschalter funktionierten nicht, also machten wir uns mit unseren Handytaschenlampen auf die Suche nach dem Sicherungskasten - erfolglos.
Schliesslich trat Jack auf den Wintergarten hinter der Küche hinaus, den ich noch gar nicht entdeckt hatte - dort ging das Licht an und Jack fand auch einen Sicherungskasten. Jedoch funktionierte dieser bloss für den Wintergarten. Wir lasen die Beschreibung mehrfach durch aber es stand nichts da, was den fehlenden Strom erklärt hätte. Jedoch gab es einen Vermerk, dass wir irgendwo ins Erdgeschoss gehen müssten, falls das Internet nicht funktioniert. Also machte sich Jack auf den Weg nach unten, traf auf einen Araber, der dort wohnte und fragte ihn um Hilfe. Er las die Beschreibung, fand aber, dass wir schon in der Wohnung suchen müssten und kam mit herauf.
Noah lag die ganze Zeit über bei mir schlafend in der Trage und wachte nun langsam auf. Deshalb gingen wir in den Wintergarten und setzten uns dort auf die Couch. Plötzlich gingen die elektrischen Storen zu der Tür, zu der wir in den Wintergarten gekommen sind, zu - das bedeutete wohl, dass wir endlich Strom hatten. Kaum waren die Storen wieder oben, betrat Jack den Wintergarten und erklärte mir, wo der Sicherungskasten versteckt war: in einem oberen Kloschränkchen auf der Toilette. Wir verbanden uns also mit dem Internet und schrieben meiner Grossmutter, dass wir nun wieder hinüberkommen würden um unsere Sachen abzuholen.
Zum Abendessen bei meinen Grosseltern gab es Zwiebelsuppe, selbstgebackenes Brot und Käse, dazu die Reste von der Quiche. Wir liefen wieder zu unserer Ferienwohnung und stellten erleichtert fest, dass der Strom noch funktionierte. Noah und ich schliefen in dem kleinen grossen Bett, Jack quartierte sich nach einer halben Stunde selbst aus und übernachtete aus Platzgründen auf dem Sofa.
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