Die ersten Wochen
Ich habe immer gedacht, am Anfang seien Babys langweilig: sie schlafen die ganze Zeit, interessieren sich für gar nichts und zum spielen sind sie auch noch zu klein. Als mein Sohn dann zur Welt kam, schrie er nicht. Er schlief auch nicht. Mit schwerem Köpfchen lag er auf meiner Brust und sah mich grossen, staunenden, dunkelblauen Augen an. Dasselbe tat er mit seinem Vater und mit allen Besuchern, die am selben und darauffolgenden Tag im Spital zu Besuch kamen. Ich hatte so viel Freude an ihm und merkte in seinem Blick auf Anhieb viel Intelligenz.
Aktives Greifen lernen Babys normalerweise ab drei Monaten, aber wenn ich meinem Sohn den Finger hinstreckte, nahm er ihn und hielt ihn fest. Wir waren neun Monate lang eine Person gewesen und sind abrupt getrennt worden - diese kleine Berührung war so viel wert und spannender als jedes Spiel auf der Welt! Ich durfte erfahren, dass im selben Bett schlafen, stillen, einander betrachten so spannend ist. Und mein Sohn liebt es, zuzuhören. Er lauscht jedem Gespräch, jedem Geräusch, jeder Musik und ganz besonders mag er es, wenn man ihm etwas vorsingt.
Noah verlangte von sofort an, dass er bei uns ist, wenn wir essen. Und so lag er mit ca. anderthalb Wochen auf einem Teppich im Essbereich und schaute auf einmal nicht mehr uns an sondern die blau-weiss karierten Vorhänge. Wir waren erstaunt! Unsere Hebamme riet uns dazu, dem Kleinen Kontrastbilder zu zeigen. Also druckten wir welche aus, und da sie uns recht langweilig erschienen, suchten wir uns einfache Ausmalbilder und färbten diese mit klaren Farben an. Noah liebt alle Bilder und betrachtet sie stundenlang voller Faszination. Jeden Tag bemerken wir Fortschritte. So lernte er plötzlich, Menschen oder interessanten Gegenständen mit den Augen zu folgen. Meistens zeigt er uns selbst, was ihn gerade interessiert: farbige oder gemusterte Kleidung, Mobiles, Spielzeug oder die Person, von der er auf den Arm genommen werden möchte.
Wenn wir bei Noah's Grosseltern zu Besuch sind, wird viel gesungen. Langsam erinnere ich mich wieder an all die Lieder und Fingerverse, die meine Eltern mir als Kind beigebracht haben und auch Noah zeigt viel Interesse und Freude an ihnen. Lachen erwidern konnte er bereits mit fünf Wochen, auch wenn es heisst, dass Babys das erst mit drei Monaten lernen.
Um ihm die Möglichkeit zu geben, mit uns zu kommunizieren noch bevor sein Mund Wörter zu produzieren lernt, bringen wir ihm einfache Gebärden bei. Ganz besonders oft üben wir mit Noah die Gebärden für Mama und Papa und ich kreischte fast auf vor Stolz, als Noah nach bereits einer Woche üben tatsächlich auf einmal seine Faust an die Wange legte und Mama sagte.
"Hast du gerade Mama gesagt?", fragte ich ihn und Noah strahlte mich an. Dann stupste er mit der Faust sein Kinn an. Ich rief meinen Mann und erzählte ihm, dass sein Sohn soeben Papa gesagt hatte.
Unsere Hebamme hält sich nie an die Zeiten, die wir abgemacht haben und kommt oft mehrere Stunden zu spät. So erwischte sie uns neulich beim Brunchen. Wir assen Kochbananen mit scharf gewürzten Pouletschenkeln aus dem Ofen und luden sie dazu ein, mitzuessen. Sie nahm Noah auf den Arm und fragte ihn, ob er auch mitessen möchte. Mein Mann und ich lachten und auf einmal schob sie unserem sechs Wochen alten Sohn eine Scheibe Banane ein Stück weit in den Mund. Noah leckte an der Banane, saugte und nuckelte und genoss sichtlich den neuen Geschmack.
"Zum Mitessen ist es für Noah noch zu früh", sagte unsere Hebamme, "aber er darf schon kosten. Und da er beim Essen immer bei euch sein möchte, will er bestimmt auch mit euch essen."
Jeden Tag lernt Noah ein bisschen mehr, sich nicht nur unseren Wünschen zu beugen sondern auch seine Bedürfnisse mehr einzufordern. So streckt er mittlerweile die Arme aus, wenn er auf den Arm möchte oder macht die Gebärde für den Elternteil, der ein Bäuerchen mit ihm machen soll. Nachts strampelt er sich auf die eine oder andere Seite des Bettes (wenn er mit in unserem Bett schläft) und stupst uns mit der Faust an um uns zu wecken.
Gestern gab ich ihm etwas Wassermelone zum kosten und dann steckte ich mir das Stück selber in den Mund. Sofort schrie Noah empört auf und grinste mich breit an, als ich ihm ein neues Stück anbot.
Die ersten Wochen, das gegenseitige Kennenlernen, die täglichen Entwicklungsschritte, alle Spiele und Lieder und Noahs Reaktionen darauf sind die allerschönste und spannendste Zeit bisher.
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