Der Babybonus

Neulich an einem sehr heissen Tag in unseren Ferien blieben wir den ganzen Tag daheim ohne das Haus zu verlassen. Die Läden im Dorf haben bei uns bis 19:00 Uhr geöffnet, also gingen wir um 18:30 trotzdem nach draussen um einige wichtige Besorgungen zu machen. In der Tür zum Treppenhaus hing ein Zettel, den ich mir aus Neugierde durchlas, während mein Mann mit Baby im Tragtuch diesen einfach ignorierte und sich auf den Weg machte. Auf dem Zettel stand, dass das Trinkwasser im ganzen Dorf mikrobiologisch verunreinigt ist und wir es auf gar keinen Fall trinken dürfen. Selbst zum Abwaschen von Früchten und Gemüse oder zum Händewaschen war es nicht mehr geeignet. Aber wir sahen das pragmatisch und hängten unserer Einkaufsliste in Gedanken noch Wasserflaschen an.

Doch natürlich waren wir zu spät - warum haben wir das Haus auch nicht früher verlassen? Wir hatten die Möglichkeit, Wasser mit Kohlensäure zu kaufen, das uns beiden nicht schmeckte. Oder aber wir konnten 2dl Flaschen kaufen, die komplett überteuert waren, dafür mit schönen Bildchen drauf. Die Verkäuferin entschuldigte sich dafür, dass sie nicht mehr Vorräte hatten und wir entschlossen uns, das Wasser einfach abzukochen und in den Kühlschrank zu stellen.

Nachdem wir unsere restlichen Besorgungen eingesammelt hatten, machten wir uns auf den Weg zur Kasse, als mein Mann fast mit einer anderen Verkäuferin zusammenstiess. Erschrocken entschuldigte sie sich, unterbrach sich dabei aber und rief: "Oh, wie süss! Ein Baby!"
Vor uns an der Kasse stand eine Frau, die Wasser mit wenig Kohlensäure eingepackt hat. Ihre Waren wurden gerade gescannt, als die Verkäuferin von eben auf einmal wieder auftauchte und sich vor mich und meinen Mann drängte. Mit einem langen Blick auf unser Neugeborenes hielt sie ein Sixpack Einliterflaschen Evian (mein Lieblingswasser) hoch und verkündete, dass sie das eben zufällig im Lagerraum gefunden hatte. Die Frau vor uns drehte sich um.

"Wollen Sie das haben?", fragte uns die Verkäuferin. "Sie haben ja ein Baby."
"Wenn wir dürfen", erwiderte ich, "denn vor uns ist auch noch jemand." Die Verkäuferin richtete sich an die Frau vor uns und fragte höflichkeitshalber. Sie widerholte auch die Worte "für das Baby" mehrfach, obwohl uns das Wasser niemand streitig machen wollte. Wir nahmen es dankend an.

Daheim stellten wir fest, dass wir sogar Glück hatten, erst so spät einkaufen gegangen zu sein, denn die Meldung erschien erst eine halbe Stunde bevor wir das Haus verlassen hatten. Und dann überlegten wir uns, weshalb die Verkäuferin zunächst fast mit meinem Mann zusammenstiess und auf einmal hinter uns her rannte um uns die Flaschen Evian zu bringen. Hatte sie diese eventuell für sich auf die Seite gestellt mit der Absicht, sie nach Ladenschluss selbst zu kaufen? Und uns gesehen und befunden, dass wir das Wasser dringender benötigen als sie? Was meint ihr?

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