Das Rad dreht sich

Celebrian, 05. Juni, Jahr 67 V.Z

Nach und nach hatte sich das Leben in Rohan wieder normalisiert, soweit das mit einem neuen Erben möglich war. Und mit dem Kronrat. Ich hasste die meisten von diesen alten Besserwissern. Mein Sohn war noch keine drei Monate alt und sie diskutierten bereits über Dinge wie einen eigenen Haushalt oder sogar seine Verlobung! Zum Glück aber konnten sie ohne meine Unterschrift nichts beschliessen. Darum hatten sie sich nach kurzer Zeit wieder wichtigeren Dingen gewidmet.

Heute hatten Théodred und ich uns etwas frei genommen. Die Gemeinsame Zeit ausserhalb unseres Schlafzimmers war rar. Trotzdem hatten wir uns mittlerweile aneinander gewöhnt. Ob wir „genug Liebe" füreinander empfanden, wie es in einer guten Ehe sein sollte, wusste ich nicht. „Celebrian?" „Ja?" „Habt ihr euch eigentlich schon Gedanken über Arnor gemacht?" „Was für eine Frage! Ich mache mir andauernd Gedanken über Arnor. Worauf willst du hinaus, mein Gemahl?"

„Es ist nur so, Ihr seid die Erbin nach unserem Sohn. Und Alasdair wird, sofern Eru will, König von Rohan werden. Er wird aber nicht an zwei Orten gleichzeitig regieren können. Das heisst Arnor würde durch Rohan verwaltet werden. Und ein Königreich ohne König ist angreifbar."

Ich seufzte. „Müssen wir jetzt wirklich über Politik sprechen, wenn wir schon einmal alleine sind?" Théodreds Miene wurde weich. Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.

„Ich will dich nicht so besorgt sehen, mo leannan. Aber es geht um unsere Zukunft. Und wer weiss, wann wir das nächste Mal die Gelegenheit haben, ganz offen zu sprechen?"

„Also gut." Ich seufzte. Was schlägst du vor?" „Wir haben zwei Möglichkeiten, und beide beruhen auf Glück. Entweder wird unser nächster Sohn der Thronfolger von Arnor, oder deine Mutter macht noch einmal eine gute Partie und bringt ein Kind zur Welt. Somit wären die Königshäuser wieder getrennt."

„Das klingt alles so einfach. Du redest von einem weiteren Sohn, als könnte man sich einen Erben auf dem Marktplatz erkaufen. Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie viele Frauen im Kindbett sterben?"

„Ja, das ist mir bewusst. Aber du bist jung und gesund, du solltest dich nicht mit solchen Gedanken befassen." Ich wusste, dass Théodred mich beschwichtigen wollte, aber das war mir einerlei.

Wie lange waren wir jetzt verheiratet? Ungefähr ein Jahr. Rückblickend hatte ich in diesem Jahr stets versucht, das richtige zu tun. Aber was hatte ich damit erreicht? Ja, ich hatte die Linie gesichert. Damit war meine Pflicht als Frau vorläufig erfüllt. Aber es braucht einen Erben und einen Ersatz, für beide Königreiche, mahnte eine leise Stimme in mir. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und sah meinen Gemahl an.

„Ich kenne meine Pflicht sehr wohl! Aber ich sehe es nicht ein, weshalb wir uns über vage Vorstellungen der Zukunft Sorgen machen. Es gibt viel wichtigere Belange zu klären, jetzt da die Erbfolge gesichert ist. Ich muss die Zunge der Rohirrim wieder erlernen. Was sollen die Menschen Rohans über mich denken, wenn ich im Herzen ihrer Heimat eine fremde Sprache anstatt der ihrer spreche? Ich bin nicht naiv. Wenn das Volk sich gegen mich auflehnt..."

Théodred antwortete nicht sofort und schien über meine Worte nachzudenken. „Ich verstehe Eure Sichtweise, denke ich jedenfalls. Ihr bevorzugt es, euch um Angelegenheiten zu kümmern, die Ihr direkt beeinflussen könnt, nicht wahr? Aber gut, dann lass uns die Zeit nutzen."

„A bheil banrìgh comasach a th'annad?"

Das brachte mich zum Schmunzeln. Théodred hatte mir nicht nur eine wirklich seltsame Frage gestellt, er hatte es auch mit einem sehr breiten Rohirrim-Akzent gemacht.

„Hast du deine Königin gerade wirklich gefragt, ob sie nützlich ist? Das grenzt an Hochverrat!"

Er lachte nicht. „Ja, und so wird es im ganzen Land zu hören sein wenn du weiterhin nur Gàidhlig sprichst. Nicht nur du musst dich umgewöhnen, dein ganzer Hofstaat auch. Du musst Einheit demonstrieren, Gemahlin."

Ich seufzte. „Bidh mi..." Ich räusperte mich und legte mir die Worte zurecht. „Je... vais.... changer... des choses." Er hatte Recht, ich musste einiges ändern. Und ich würde mit diesen frevelhaften Haarnetzen anfangen.

Bevor wir das Gespräch weiterführen konnten, erreichte uns ein Bote. „Majestät, Eure Hoheit? Bitte Entschuldigt die Störung, aber ich habe einen dringenden Brief aus Arnor zu überbringen. Die Regentin gab mir die Anweisung, ihn Euch persönlich zu übergeben."

„Was kann Mutter denn nur wollen? Sie hat mir doch erst letzte Woche geschrieben.", fragte ich verwirrt und lehnte mich mit dem Brief an die kühle Wand der Halle Meduseld.

„Meine teure Tochter, ich hoffe dieser Brief erreicht dich so schnell wie irgend möglich. Wie du weisst, habe ich zuverlässige Informanten in Gondor. Also verzichte ich auf weitere Erklärungen, denn die Zeit rennt. Der Zustand von König Eldarion hat sich in den letzten Wochen massiv verschlechtert. Es wird von einem Unfall und einer entzündeten Wunde gesprochen. Was wirklich geschehen ist, wissen wir nicht.

Fakt ist, dass der Konrat das Land regiert, bis der König sich erholt hat. Sollte dies nicht der Fall sein, so Gnade uns Eru! Auch wenn Eldarion sich Verfehlungen hat zuschulden lassen kommen, so war er stets darauf bedacht, den zerbrechlichen Frieden zwischen Gondor und Rohan zu bewahren. Er hat die Folgen des Ringkrieges von Kindesbeinen an miterlebt und wollte nicht noch mehr Leiden verursachen.

Wenn aber der schlimmste Fall eintritt, stehen uns düstere Jahre bevor. Sofern es nicht zum Rosenkrieg zwischen dem Kronrat und der königlichen Familie kommt, wird der Thron an Prinzession Sienna gehen. Sie ist jung und gemäss Berichten temperamentvoll. Wer kann vorhersehen was sie tun wird, wenn sie an der Macht ist? Sofern man sie nicht klangheimlich verheiratet hat, ist sie an keinen Mann gebunden. Es wird somit sehr schwierig sein, ihr Grenzen zu setzen.

Bis wir mehr wissen, kann ich dir jedoch keinen besseren Rat geben, als dich auf einen Sturm vorzubereiten. Wäge dich nicht in falscher Sicherheit!"

Ich liess den Brief sinken und atmete einmal tief durch. "Dhia glèidh rìgh Eldarion..." (Gott schütze König Eldarion)

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