3.Kapitel Ein königlicher Abend
3.Kapitel Ein königlicher Abend
Da die Trauerzeit unbedingt eingehalten werden musste, war mein Hochzeitstag genau so schlicht gestaltet wie der silberne Ehering von Théodred und mir, aber das störte mich nicht.
Als wir, die beiden neuen Herrscher den Saal betraten, sanken alle auf die Knie und verharrten in dieser Position bis mein Gemahl und ich den Thron erreicht hatten. Kaum sassen wir, setzte die Musik ein und die Höflinge jubelten.
Wie es das Protokoll verlangte enthielt das Essen kein Fleisch, dafür eine beachtliche Auswahl an Salaten sonstigen Speisen, die für diese karge Region typisch waren.
Mutter und taten alles, was von uns erwartet wurde. Wir nahmen Segenswünsche von Botschaftern entgegen, versprachen den einheimischen Adeligen Familienmitglieder in den Hofstaat aufzunehmen, planten Besuche auf diesem oder jenem Landsitz, diskutierten über Veranstaltungsorte für Bankette oder Turniere. Im Grunde genommen tat ich dabei nichts, ausser zu nicken und oberflächliche Kommentare abzugeben.
Der sonnige Tag wich bereits dem sanften Abendrot, als ich mich ganz im Sinne des Protokolls neben meinen Mann an den Tisch aus dunklem Holz setzte. „Haben die werten Ambassadoren meiner Gemahlin genug Zeit gestohlen?" Erschrocken zuckte ich zusammen, als sich die kräftige Hand von Théodred auf meine legte.
Er hat mich angesprochen! Was verlangt die Etikette schon wieder? Muss ich meine Hand wegziehen?
Es fiel mir beim besten Willen nicht ein, also lächelte ich kurz zaghaft. „Mein werter Gemahl, die Botschafter haben der Königinwitwe und mir viele äusserst wertvolle Ratschläge gegeben, die gewiss auch Euch zugutekommen werden."
Kaum hatte ich geendet, setzte die Musik ein und die ersten Tänze begannen.
Seine Dunkeln Augen funkelten amüsiert. Er beugte sich zu mir hinüber und raunte: „Ich bin überzeugt, dass Ihr und Eure Mutter mich zu gegebener Zeit informieren werdet, was es zu beachten gilt."
Etwas an der Art wie er das sagte, brachte mich zum Schmunzeln. Dieses erstarb sofort, als Théodred weitersprach. „Nach Sonnenuntergang ist es Zeit, uns zurückzuziehen."
Innerlich erstarrte ich. Die Hochzeitsnacht hatte ich völlig verdrängt! Meine Bediensteten hatten sich oft darüber den Mund zerrissen, was wohl so geheimes im Ehebett passieren musste, das keine verheiratete Frau je darüber sprach.
Besorgt spähte ich aus dem Fenster. Der Einbruch der Nacht würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Ein leichter Druck auf meine Hand riss mich aus meinen Gedanken. „Darf ich Euch um einen Tanz bitten, werte Gemahlin?" Unsicher suchte ich den Blick meiner Mutter, die aber mit einem älteren Herrn in ein Gespräch vertieft war. „Welchen Tanz würdet Ihr denn während der Trauerzeit als angemessen erachten?", fragte ich, um Zeit zu gewinnen.
Der Gedanke an einen Tanz mit meinem Mann schien mir so wenige Wochen nach Elfwines Tod eine Sünde in den Augen Erus zu sein.
„Kommt." Er liess meine Hand los, stand auf und verbeugte sich tief vor mir. Die Musik verstummte, alle schauten zu uns. „Meine werte Gemahlin, erweist Ihr mir die Ehre mit mir zu tanzen?" Jetzt hatte ich keine Wahl mehr. Ich erhob mich langsam von meinem Thron und stellte mich mit einem strahlenden Lächeln neben Théodred. Plötzlich hatte ich eine Idee. „Es ist mir eine Ehre, mein werter Gemahl. Wenn Ihr mir erlaubt, den Tanz zu wählen." Er nickte. „Selbstverständlich."
„Spielt eine Pavane!" Beim Einsetzen der Musik konnte ich ein Lächeln nicht unterdrücken. Die Pavane war ein geradetaktiger, feierlich-langsamer Schreittanz. Einem königlichen Ehepaar durchaus würdig, wie ich fand. Hand in Hand begannen wir zu der langsamen Musik zu tanzen, Takt für Takt. Das Stück näherte sich schon bald seinem Ende zu, und damit auch seinem schwierigsten Teil. Mein Mann, der mich überragte, kniete sich nieder während er meine Hand hielt, ich schritt im Takt der Musik um ihn zwei Mal um ihn herum. Auf die letzte Note des Stückes hin sank ich vor ihm langsam und anmutig zu Boden.
Dieser Moment hätte von mir aus noch ewig andauern können. Seit ich gestern aus meiner Kutsche ausgestiegen war empfand ich das erste Mal eine Art kindliche Freude. In diesem Moment vergas ich die Sorgen um meine unmittelbar bevorstehende Hochzeitsnacht und um meine Krönung. Alles schien so surreal, so weit weg zu sein. Doch wie alle wundersamen Momente war auch dieser viel zu schnell vorüber. Die anwesenden applaudierten begeistert. Mein Gemahl richtete sich auf und half mir aufzustehen, wie es sich gehörte.
Wir verliessen den Festsaal und begaben uns gemeinsam in die geräumigen Gemächer, die man für uns hergerichtet hatte. Zwei Zofen nahmen mir schweigend meinen Schleier ab und lockerten die Schnüre meines Oberkleides. Als sie damit fertig waren, brachten sie eine kleine Schale mit Wasser, in der wir uns die Hände wuschen.
Sie knicksten, wünschten uns eine gute Nacht und verliessen die Gemächer, jetzt war ich mit alleine meinem Ehemann, dem ich vor wenigen Stunden Treue und Gehorsam versprochen hatte.
Kurz darauf standen wir uns in unseren Unterkleidern gegenüber. Er setzte sich auf das grosse Bett und deutete mir, mich zu ihm zu setzen. Ich gehorchte und spannte mich an, als er mir mit seiner rechten Hand langsam dem Hals entlangfuhr. „Hast du Angst?" Ich nickte. Zu meiner Verwunderung lächelte er darauf. „Mach einfach genau das was ich dir sage, ja? Dann wird es dir nicht wehtun."
Ich betete stumm um Erus Segen für unsere Ehe und liess ihn gewähren.
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