1.2 ~ die Einladung

Es ist der Zonk!

Da steht es, das plüschgewordene Grauen und funkelt uns aus kleinen, fiesen Knopfaugen an, begleitet von einem infernalischen Tröten. Instinktiv halten sich die meisten beim Einsetzen dieses Kreischens die Ohren zu, andere springen entsetzt von ihren Stühlen auf. Ich dagegen mache einen Satz, der sich gewaschen hat und komme erst wieder zu mir, als ich mit meinen Händen die Tür meines Kleiderschranks ertaste. Verstörung macht sich breit, als mir bewusst wird, dass nicht die Studiofanfare in mein abgedunkeltes Zimmer hineinbrüllt, sondern mein Smartphone.

Das ganze Leben ist ein Quiz, und wir sind nur die Kandidaten", dudelt es unerbittlich blechern und verzerrt vor sich hin, bis es dem Anrufer anscheinend zu blöd wird und er entnervt auflegt.

Werd' wach, Jess, werd' wach, stöhne ich lautlos vor mich hin und massiere meine vor Schmerz pulsierenden Schläfen, während ich versuche, mich zu orientieren und meine mir kurzzeitig abhanden gekommenen fünf Sinne wieder einzusammeln. Ist spät geworden heute Nacht und anscheinend auch völlig chaotisch.

„Unbekannte Nummer" blinkt es mir entgegen, als ich das Telefon stirnrunzelnd in die Hand nehme. Dass ich wegen Abwesenheit anscheinend 17 Anrufe verpasst habe, trägt auch nicht unbedingt zu meiner Beruhigung bei, denn noch immer schlägt mir mein Herz bis zum Hals. Von Erleichterung, dass die Nummer im Fernsehstudio nur ein wirrer Traum gewesen ist, nicht die geringste Spur. Denn dazu hat sich das Erlebte leider viel zu real angefühlt. Um runterzukommen, bräuchte es da schon stärkere Geschütze. Und ich rede nicht von der nur noch zu einem guten Drittel gefüllten Wodkaflasche und den im ganzen Zimmer verstreuten Red-Bull-Dosen, die von der Party gestern Abend übrig geblieben sind.

Oh ja, ich kann mir vorstellen, was hier gelaufen ist: Vermutlich sind alle Vögel ausgeflogen, bis auf meine Mitbewohnerin Lucy, die auf der Couch im Wohnzimmer liegengeblieben ist, bis sie irgendwann den Telefonterror sattgehabt und mein Telefon der Ladestation entrissen hat, um es da hin zu befördern, wohin es von Anfang an gehört hätte, nämlich zu mir.

Und das alles nur, weil ich dieses Teil ausnahmsweise außerhalb meines Zimmers an den Strom hängen musste, um es in Hörweite zu haben, falls er anruft oder mir eine Nachricht schickt. Tja, falls oder hätte, denn eigentlich hätte mir schon nach dem letzten Date klar sein müssen, dass ich mir das ganze Theater auch hätte sparen können. Außer den 17 verpassten Anrufen, die natürlich nicht von ihm sind, herrscht auf meinem Display Funkstille. Nicht mal eine simple Whats-App-Nachricht finde ich darauf - statt dessen hat der Kerl seine Nummer blockiert und mich doch glatt geghosted. 

Werd' wach, Jess? Oh ja, und wie wach ich jetzt bin. So wach, dass ich jetzt auf 180 bin wie ein HB-Männchen. Was für eine grenzenlose Unverschämtheit! 

Was das Daten angeht, habe ich ja schon so einiges erlebt, aber dieser Typ setzt dem Ganzen die Krone auf. Tinder ist für mich gestorben – aber sowas von! Ruckzuck habe ich die App gelöscht, und für einen Moment geht's mir tatsächlich besser. Doch wohin mit dem Rest meiner Energie? Da sich Lucy immer noch nicht rührt und sich unser Saustall von Studentenbude nicht von selbst aufräumt, wüte ich mit einem Müllsack bewaffnet durch das Chaos.

Ich habe keine Ahnung, wieviel Zeit vergangen ist, nachdem ich die letzten Reste unseres feuchtfröhlichen Abends in die Tonnen im Hof befördert habe. Die Bude ist nun zwar nun wieder einigermaßen begehbar, aber genauso leer wie die Fußböden und der Kühlschrank ist leider aber auch mein Magen, der sich lautstark bemerkbar macht. Mist, wo sind die Flyer, wenn man sie braucht. Egal, es muss auch so gehen. Gut, dass ich noch diese Lieferservice-App habe, die mir Lucy irgendwann aufgeschwätzt hat. Ist sie doch noch zu etwas gut – die App. Oder hat jemand was anderes gedacht?

Pizza Hawaii... yummi! Oder doch lieber Penne Arrabiata oder Pizza Diavolo, mit einer Extraportion von den kleinen grünen Dingern, die ich bis heute weder richtig schreiben noch aussprechen kann? Egal - ich nehme das erstbeste, was mir unter die Augen kommt und gebe meine Bestellung durch. Gefühlte fünf Minuten später klingelt es auch schon, als ob es kein Morgen gäbe. Hui, das ging aber schnell! Voller Vorfreude reibe ich mir die Hände und atme tief durch, bevor ich die Tür aufreiße. Doch es ist nicht der Pizzabote. Vor mir steht ein Kerl in der typischen Uniform eines Limousinenservices.

Besagtes Corpus Delicti wartet nur wenige Schritte entfernt und mit laufendem Motor am Straßenrand und ich glaube, nicht richtig zu sehen. Ich fasse es nicht: Die Limousine ist pink.

A/N: So, da wäre er nun endlich – der Beginn der Story, die jeden Monat einen neuen Drive bekommt. Sicherlich habt ihr schon erraten, welchen Schreibvorschlag aus dem ersten Monat ich wirklich weiterverfolge. Und bevor der Februar neue Überraschungen bereithält, noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache.

Um leichter den Überblick zu behalten, in welchem Monat der vorgeschlagenen und von mir umgesetzten Prompts ich mich gerade befinde, habe ich die Kapitel entsprechend durchnummeriert: 1.1, 1.2, 1.3 usw. stehen für den Januar, 2.1, 2.2, 2.3 usw. für den Februar, und so weiter.

Und nun viel Spaß mit der Crew und ihrem pinken Cadillac.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top