Chapter 27
Etwas misstrauisch folgt Nico ihm, das Essen fest in der linken Hand.
Je weiter sie sich von der Fußgängerzone entfernen, desto weniger Leute begegnen ihnen. Die letzen Sonnenstrahlen werden von den hohen Häusern abgehalten und es ist auffallend düster.
„Sicher, dass wir richtig sind?", fragt Nico leise und sieht sich wachsam um.
Mate nickt und geht zielstrebig auf ein ziemlich heruntergekommenes Gebäude zu.
Teile des Dachs fehlen und die Tür sieht auch schon wie mehrmals geflickt aus.
Die Wände sind in einem schmuddeligen Weiß gestrichen, von denen der Putz abbröckelt und an ihr lehnen mehrere äußerst unfreundlich aussehende Leute.
„Mate, was ist das hier?", zischt Nico leise und läuft jetzt neben ihm.
„Das billigste Hotel, was ich finden konnte", gibt der mit einem schwachen Grinsen zurück.
„Das ... das ist die reinste Schr ... sieh dir das an. Das bricht wahrscheinlich über uns zusammen!"
„He, so kaputt sieht es noch nicht aus." Lächelnd zwängt er sich an einem breiten Kerl vorbei, der in der Tür lehnt.
Eilig schlüpft Nico hinter her.
Drinnen ist es noch dunkler und nach dem sich Nicos Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben entdeckt er einen großen Tresen, hinter dem ein bulliger Typ steht.Er trägt eine ehemals weiße Schürze und hat einen großen Schnauzer.
„Hallo. Wir brauchen ein Zimmer", sagt Mate bemüht freundlich und tritt an den Tresen. Der Mann beugt sich ein Stück nach vorne.
Nico sieht sich um und entdeckt zahllose Gestalten in den Ecken. Manche sitzen an Tischen, die von Zigarettenrauch umhüllt sind, andere lehnen einfach an der Wand. Nicht wenige haben Messer oder Pistolen.
„Soso. Ein Zimmer. Für euch zwei?" Der Wirt deutet mit einem Finger auf Mate und Nico, der sich daraufhin wieder zu dem Tresen umdreht.
Mate nickt.
„Was habt ihr hier denn vor? Luxusurlaub?" Er lacht laut und schief und ein paar im Raum stimmen ein. Anscheinend hören sie genau zu.Mate verzieht ärgerlich das Gesicht und Nico lehnt sich bedrohlich gegen das Holz.
Es fühlt sich irgendwie schleimig und ein wenig klebrig an. Hier ist wohl ein Bierglas zu viel kaputt gegangen.Schnell stellt er sich wieder aufrecht hin und versucht möglichst unbemerkt, seinen Arm an seinem T-Shirt abzuwischen.
„Wir wollen einfach nur ein Zimmer, oder haben Sie keins mehr?", fragt Mate unfreundlich.
„Natürlich haben wir noch welche. Aber ... ich weiß nicht, ob noch eins für euch dabei ist." Ein gemeines Grinsen stiehlt sich auf sein Gesicht.Nico drückt Mate die Tüte mit dem Essen in die Hand und beugt sich über den Tresen, diesmal genau darauf achtend, das Holz nicht zu berühren.
„Also wie dieser Schuppen hier aussieht, haben Sie jemanden, der ein Zimmer sucht bitter nötig!", knurrt er und funkelt den Mann wütend an.
„Soll das etwa eine Beleidigung sein?" Der Kerl trommelt mit den Fingern auf das Holz. Ihm scheint der Klebeeffekt nichts auszumachen.
„Nein, nur ein Hinweis."Für einen Moment starren sich beide mit tödlichen Blicken an. Die Finger des Wirts erstarren und seine Augen verengen sich. Nico hat die Muskeln angespannt, ist jederzeit bereit einem Schlag auszuweichen, oder zurückzuhauen.
In dem Zwielicht wirkt durch sein dunkles T-Shirt umso bedrohlicher und Mate kann gerade noch so ein Grinsen unterdrücken.Es ist wirklich erstaunlich, wie aus dem kleinen Jungen so ein beeindruckender Mann geworden ist.
Nicos unterschwellige Drohung zeigt endlich Wirkung.Brummend nimmt der Wirt einen Schlüssel von einem Haken hinter sich und reicht ihn über den Tresen.
Dann spuckt er neben sich auf den Boden und meint: „Ist nur zur Kontrolle. Bevor irgendwelche Bullen hier absteigen."Nico lässt ihn nicht aus den Augen und nimmt den Schlüssel.
„Vielen Dank", sagt Mate und zieht ihn ein Stück zurück.
„Ach ja. Jedes Mal, wenn ihr in das Zimmer wollt, müsst ihr Geld in den Spalt neben dem Schlüsselloch werfen", ruft ihnen der Wirt noch hinter her. Wortlos gehen beide an den dunklen Gestalten vorbei eine schmierige Treppe hoch.
„Welche Nummer?"
„31."Nico sieht sich um und entdeckt durch Zufall die richtige Tür. Die Zahlen sind wild durcheinander gewürfelt, an manchen Türen fehlt eine Ziffer oder gleich beide.
„Hier."Mate steckt den Schlüssel in das Schloss, kann ihn jedoch nur halb drehen.
„Er hat es also doch ernst gemeint", seufz er und steckt eine Münze hinein. Mit einem Klicken schwingt die Tür ganz auf.
„Abzocke", knurrt Nico und betritt den Raum.Das Zimmer hat ein Doppelbett, einen Tisch und zwei Stühle. Auch ansonsten wirkt es deutlich sauberer, als der Bereich unten.Nur das Fenster ist verrußt und gewährt keinen Blick nach draußen.
„Lass uns was essen", beschließt Mate und schließt die Zimmertür. Er stellt die Tüte auf den Tisch und packt das Essen aus.
„Man, war der unfreundlich", seufzt er und nimmt einen Bissen.
„Ich hoffe wir müssen so kurz wie möglich bleiben", brummt Nico und fängt ebenfalls zu essen. Das Zeug schmeckt wirklich gut.
„Wir bleiben hier so lange drin, bis es dunkel ist, dann holen wir uns ein Taxi zu der Villa und warten dort auf Liz. Wenn alles glattgeht, können wir Morgen schon wieder von hier verschwinden", erläutert Mate den Plan und Nico nickt nachdenklich.
„Denke, das ist das Beste."
Beide sitzen still da und essen fertig.Nico lässt den Blick durch das Zimmer schweifen.
„Ein Doppelbett", stellt er mit zusammengezogenen Augenbrauen fest.
Mate sieht auf und fängt an zu grinsen.
„Wenn wir Liz gerettet haben könnte es etwas eng werden."
Nico brummelt etwas vor sich hin, dann ist es wieder ruhig. Von draußen sind leise Rufe zu hören.
„Auf jeden Fall sollten wir so wenig wie möglich rein und raus gehen", bricht Nico schließlich die Stille.
„Ja, ich packe schon mal die ...", Mate dreht sich um und erstarrt.
„Was denn?", fragt Nico und fegt Krümel von seiner Hose.
„Wir haben unsere Tasche am Flughafen vergessen."
„Scheiße!"
„Jetzt wissen wir wenigstens, was wir in der Zeit noch machen können", scherzt Mate und steht auf.
Nico seufzt und stapft hinter Mate zur Tür.„Hast du Geld dabei, damit wir wieder reinkommen?", fragt er, bevor er die Tür zuzieht.
„Japp. Den Schlüssel habe ich auch", antwortet Mate und Nico lässt die Tür ins Schloss fallen. Es klickt ein paar Mal, dann ist es still, von einem leisen Gemurmel, was von unten kommt, abgesehen.Zügig laufen sie die Treppe hinunter, durch den verqualmten Raum im Erdgeschoss, am Tresen vorbei und nach draußen.Er jetzt werden sie etwas langsamer und Nico schiebt die Hände in die Hosentasche.
„Hoffentlich bekommen wir noch ein Taxi", überlegt Mate leise und biegt zurück auf die Fußgängerzone. Sofort wirkt alles viel freundlicher: Die hellen Steine, aus dem die Häuser und die Straße gepflastert sind, die wenigen Menschen, die vorbei eilen, um vor der Dunkelheit zuhause zu sein.
Die Sonne steht blutrot am Himmel, kann jeden Moment hinter den Häusern versinken.Nico und Mate werden wieder schneller.
Das Taxi bringt sie direkt vor die große Eingangstür des Flughafens und beide steigen aus.
„Können Sie hier auf uns warten?", fragt Mate, und als der Mann nickt, schlägt er die Tür zu.Im Flughafengebäude ist deutlich weniger los, als heute Mittag, doch trotzdem wuseln noch überall Leute herum.
Suchend blickt Nico sich um und entdeckt jemanden vom Flughafenpersonal.Die Frau steht hinter einem Schalter und sortiert gerade irgendetwas.
„Ähm, hallo." Nico bleibt vor dem Schalter stehen und Mate stellt sich direkt hinter ihn.
„Wie kann ich Ihnen helfen?", fragt die Frau und sieht auf.
„Wir haben unsere Koffer hier vergessen", erklärt Mate.
„Ach so. Ist Ihr Gepäck mit einem Namen versehen?", will sie wissen.
Mate nickt.
„Dann geben sie mir bitte Ihren Namen und den Flug."
Nico kramt in seinen Taschen und zieht das ziemlich verknitterte Flugticket heraus, während Mate der Frau seinen Namen diktiert.
„Ich schau mal nach, ob ich Ihr Gepäck finde", sagt sie und rauscht davon.Nico lehnt sich gegen den Schalter, worauf Mate ihn schnell wegzieht.Beide starren vor sich hin, bis Mate etwas in Nicos Hand glänzen sieht. Überrascht und misstrauisch sieht er genauer hin: Nico steht gelassen da, mustert eine große Pflanze, neben dem Schalter und spielt mit einem Messer.
Mate wird kreidebleich, sieht sich hastig um und schnappt sich das Messer.Nico sieht auf und verzieht das Gesicht.
„Das hat doch niemand gesehen!", protestiert er und schnappt nach dem Messer.
„Nico! Wir wollen doch nicht gleich am ersten Tag verhaftet werden, weil wir mit Messern in einem Flughafen rumlaufen!", beschwert sich Mate und steckt das Messer ein.Nico will gerade den Mund aufmachen, als die Frau wieder da ist.
„Sie haben Glück gehabt. Ich habe ihre Tasche gefunden, bitte folgen Sie mir." Eilig läuft sie auch schon wieder davon und Mate beeilt sich, ihr zu folgen. Nico bleibt einfach stehen und wartet.
„Vielen Dank", sagt Mate, während er mit großen Schritten neben der Frau herläuft, die schon fast anfängt, zu rennen.
„Keine Uhrsache", keucht sie und versucht verzweifelt mit Mate schritt zu halten.Sie führt ihn zu einem Raum, wo anscheinend alle größeren Sachen aufbewahrt werden, die hier vergessen wurden.Die große schwarze Reisetasche, die Mate und Nico mitgenommen haben ist auch dabei.Erleichtert schnappt Mate sich die Tragegurte und hängt sich die Tasche über die Schulter.
„Auf Wiedersehen." Er geht zügig zu Nico zurück, der gelassen an dem Schalter lümmelt.
„Ah, da bist du ja", sagt Nico und richtet sich auf.
Nebeneinander gehen sie nach draußen. Nico flucht leise.
„Es ist schon ziemlich dunkel, wir müssen uns beeilen!"Die Sonne ist schon längst verschwunden und die Straßen werden nur noch von vielen Straßenlaternen in schummriges Licht getaucht.
Mate erschaudert leicht. Es ist auch noch deutlich kühler geworden. Na toll!
Hastig suchen sie das Taxi, das sie zum Flughafen gefahren hat, und entdecken es mitten in einer Schlange von weiteren Taxis.Nico und Mate steigen ein und schon geht es wieder los.
„Ich habe das Gefühl, wir leben fast nur noch in Taxis", flüstert Nico, sodass der Fahrer ihn nicht hören kann. Mate lächelt leicht, doch sobald er denkt, dass Nico ihn nicht mehr ansieht, fallen seine Mundwinkel nach unten.
Besorgt mustert Nico ihn aus den Augenwinkeln. Mate sieht ziemlich besorgt aus, wie er so dasitzt, mit gerunzelter Stirn und zusammen gekniffenen Lippen.Nico stößt ihn ermunternd an.
„Das schaffen wir."
Mate dreht den Kopf zu ihm und nickt, scheint aber trotzdem nicht richtig da zu sein.Das Taxi hält direkt neben dem heruntergekommenen Hotel, allerdings scheint der Taxifahrer es eilig zu haben, um wieder da wegzukommen.
Mate gibt ihm noch etwas extra und hievt die schwere Tasche vom Rücksitz.Nico steht schon in der Tür zum Hotel.Gemeinsam gehen sie hinein, an den nur schwach erkennbaren Tischen vorbei und die Treppe hoch.
Anscheinend findet hier so eine Art Party statt, denn mehrere Zimmertüren stehen offen und aus einer schallt laute Musik.
„Gut, dass wir heute Nacht nicht hier sind", meint Mate und öffnet die Zimmertür, nachdem er etwas Geld hineingeworfen hat.Nico brummt nur irgendetwas und fischt seinen Pullover aus der Reisetasche.
Er ist schwarz, genau wie das T-Shirt das er trägt, nur die dunkle Hose hat einen leichten Blaustich.
„Kommst du?", fragt Mate und steht auch schon wieder in der Tür.
„Halt, wir brauchen noch Bewaffnung", meint Nico nur mit einem breiten Lächeln im Gesicht und zieht zwei Pistolen aus der Tasche.
Mate verdreht die Augen, kann aber nicht verhindern, dass er lachen muss.
„Wie hast du es eigentlich geschafft, die mitzuschmuggeln, ohne, dass jemand die bemerkt hat?", will er dann immer noch grinsend wissen.
„Talent", antwortet Nico und weicht geschickt einem leichten Schlag von Mate aus.Die eine Pistole schiebt er sich hinten in den Gürtel, die andere bindet er sich mit einem speziell dafür vorgesehenen Band, unter seiner Hose an seinen Knöchel.
„Willst du auch was?", fragt er, während er sich weitere Bewaffnung in die Pullovertaschen stopft.Mate greift nach einem Messer, hält es kurz in der Hand und legt es dann wieder zurück.
„Nein, denke nicht."
„Bist du sicher? Ich will nicht, wenn wir gerade draußen stehen noch mal zurück. Denk dran, das kostet!", erinnert ihn Nico, doch Mate schüttelt nur erneut den Kopf.
Nico zuckt mit den Schultern, macht den Reisverschluss der Tasche zu und wirft sie auf das Bett.„Dann los."
Draußen ist es noch dunkler geworden, was aber auch daran liegen kann, dass hier keine Straßenlaternen sind.Zügig machen sie sich auf den Weg, um mal wieder Taxi zu fahren.Der Mann ist sehr freundlich und versucht auch die angespannte Stimmung, die Mate und Nico verbreiten, durch ein lockeres Gespräch zu beheben, weigert sich dann jedoch, bis vor das Anwesen zu fahren, wodurch die beiden das letze Stück zu Herr Moralez riesigem Anwesen wieder laufen müssen.
Der Weg zieht und zieht sich, bis sie endlich die weiße Einfahrt erreichen, und selbst die ist noch ganz schön lang.Nico seufzt frustriert und stapft weiter.
„Steigen wir wieder durch das Fenster?", flüstert Mate, als sie das Anwesen erreichen.Nico ist neben ihm kaum zu erkennen.
„Gute Idee, wir können nur hoffen, dass sie das kaputte Ding nicht schon entdeckt haben."
Vorsichtig schleichen sie um das Haus herum. Konzentriert sieht Mate jede Fensterscheibe genau an, es ist mittlerweile so dunkel, dass er Mühe hat, etwas zu erkennen.
„Hier ist sie", raunt Nico hinter ihm, und hält ihn am Arm zurück, gerade als Mate um eine Ecke biegen will.Nico wirft ihm einen Blick zu, den er nicht ganz deuten kann, und steigt dann durch das kaputte Fenster in den Wäscheraum.Leise seufzend klettert Mate hinterher, warum musste er auch ausgerechnet an dem Fenster vorbeilaufen?
„Sorry, es ist einfach zu dunkel", flüstert er und Nico nickt.
Sie tasten sich eher durch die ganzen Stapel von Wäsche, als das sie bewusst einen Weg erkennen können.
Als Mate sich in einem riesigen Tuch verheddert und prompt in noch mehr Wäsche fällt, kann er nur mit Mühe ein wütendes Knurren unterdrücken. Es ist ja fast so, als würde Herr Moralez die Wäsche hier drin züchten!
„Mein Gott, was ist das hier für ein Raum?", zetert er leise, bevor Nico ihm den Mund zuhält und gerade noch einem hohen Turm ausweichen kann, der wackelt und dann umfällt.
„Zum Glück ist das Zeug leise, sonst hätten wir schon den kompletten Haushalt vor der Tür", knurrt Nico und hilft Mate wieder auf die Beine.
Endlich sind sie bei der Tür angekommen und Nico schiebt sie vorsichtig ein Stück auf. Der Gang dahinter ist stockdunkel und alles ist still.
Perfekt.
Behutsam schiebt er sich nach draußen, dicht gefolgt von Mate. Dann drückt er die Tür wieder zu und sieht sich um.
Plötzlich gibt Mate einen unterdrückten Laut von sich, und als Nico herumfährt, blendet ihn eine Taschenlampe, die direkt auf sein Gesicht gerichtet ist.Er flucht auf und reißt schützend die Arme hoch, als er auch schon jemanden hinter sich spürt, der versucht ihn festzuhalten.Das ist ein Hinterhalt, eindeutig. Doch woher wussten sie, dass Mate und er heute Nacht versuchen würden, hier einzubrechen?
Seine Gedanken rasen, Panik macht sich für eine Sekunde in ihm breit, als sich zwei Pranken um seine Arme schließen.Mate hat es geschafft, seinen Angreifer abzuschütteln und kommt jetzt Nico zu Hilfe, der gerade dabei ist, seinen Angreifer gezielt mit Tritten auszuschalten.
„Komm", ruft Mate und zieht ihn ein Stück weiter, als vor ihnen auch schon drei weitere Leute auftauchen. Alle tragen dunkle Anzüge.Mate verflucht ihre Unachtsamkeit. Sie hätten wissen müssen, dass die Angestellten von Herr Moralez keinesfalls normale Angestellte sind.Fluchend tritt er zu, doch kann nicht verhindern, gleich von zwei auf einmal gepackt und festgehalten zu werden.
Auf Nico haben sich gleich vier gestürzt, die ganz schön mit ihm zu ringen haben.Nico kämpft verbissen, doch die Leute sind unheimlich stark, jemand rammt ihm eine Hand in den Bauch. Ein schmerzerfülltes Stöhnen entweicht ihm, als er auch schon den nächsten Hieb bekommt. Taumelnd kommt er wieder auf die Füße, Mate muss mit ansehen, wie Nico einen weiteren Schlag gegen den Kopf bekommt und zu Boden geht.
Nicos ganzer Körper schmerzt, doch er schafft es, wieder auf die Beine zukommen. Einen Moment schwankt er, dann ist er bereit.Gezielt schlägt er einem eine Faust in den Rücken, dem anderen zieht er die Beine weg, als er plötzlich ein Klicken hört. Ein kaltes, gnadenloses, wohlbekanntes Klicken.
Seine Hände erstarren in ihrer Bewegung, auch Mate hält sofort still.
„Hände hoch! Noch ein Schlag und ich drücke ab!" Die Stimme ist eiskalt und Nico zweifelt nicht einen Moment daran, dass der Kerl sie umbringt, sobald sie eine falsche Bewegung machen.
„Hier entlang." Plötzlich geht das Licht an und für eine Sekunde müssen alle die Augen zusammenkneifen.Gerade als Nico zu einem Schlag ausholen will, spürt er die Pistole an seinem Hinterkopf.Sofort lässt er den Arm sinken.
„Vorwärts, los, macht schon!"
Grob werden Mate und er den Gang entlang gestoßen, um Ecken und Kanten, bis sie vor einer riesigen Tür stehen. Acht Profikiller, überlegt Nico und versucht sich ihre Erfolgschancen auszurechnen. Mit der Pistole sind sie eigentlich gleich null. Finster zieht er die Augenbrauen zusammen.Einer der Bediensteten öffnet die gigantische Tür und Mate und Nico werden in einen riesigen Saal gestoßen. In der Mitte steht eine lange Tafel aus dunklem Holz. Der Fußboden glänzt in dem hereinfallenden Mondlicht, bis jemand das Licht anmacht.
„Das hier ist der große Speisesaal", erklärt einer der Männer und bindet Nico und Mate die Hände zusammen. Außerdem ziehen sie sämtliche Bewaffnung aus Nicos Taschen, während der vor sich hinflucht. Seine Pistolen und Messer, einfach flutsch.
„He, das will ich wiederhaben, das war nicht gerade billig", knurrt er, doch die Leute ignorieren ihn einfach.
„Hier werdet ihr warten, bis Herr Moralez wieder zurück ist, was nicht mehr allzu lange dauern kann."
Ein anderer lacht grausam. „Ja, der letze hat stundenlang um Gnade gebettelt."
Nicos Blick wird immer finsterer.
„Halten Sie die Klappe", faucht Mate den Mann an. „Wir machen Moralez fertig, und sie fliegen gleich hinter her, für das, was Sie Liz angetan haben!"
Die Angestellten werfen ihm nur einen spöttischen Blick zu, anscheinend zweifeln sie keine Sekunde daran, dass Herr Moralez Mate und Nico kalt machen wird.
In dem Moment ist eine Tür zu hören und aufgebrachte Stimmen.Überrascht hebt Mate, Schlechtes ahnend, den Kopf.Die Stimmen werden immer lauter und zwei der Angestellten verlassen den Raum.
„..Darf doch nicht wahr sein!", hören sie für einen Moment jemanden wüten.
„Liz?", fragt Mate und sieht Nico an, der mit großen Augen zur Tür des Speisesaals starrt, die gerade wieder zufällt.
Er nickt langsam. „Liz!", brüllt er dann und macht einen Schritt nach vorne.
Sofort hat Nico die Pistole an seinem Kopf.
„Kein Wort mehr", knurrt der Mann und spannt den Hahn. Die Tür geht auf und Herr Moralez kommt herein. Er hält sich die rechte Hand und sieht ziemlich schlecht gelaunt aus, allerdings schleicht sich bei Mates und Nicos Anblick ein Lächeln auf sein Gesicht, das alles andere als freundlich aussieht. Besonders, als er die Pistole sieht, die auf Nico gerichtet ist.
„Wen haben wir denn da?", meint er und kommt näher. Er trägt einen schicken Anzug und seine Haare sind nach hinten gekämmt, wahrscheinlich war er bis gerade eben geschäftlich unterwegs.Nicos Augen verengen sich.
„Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass sie tot sind, wenn Sie nach ihr suchen? Ach ja ... das Gleiche gilt ja leider auch für Elizabeth!" Seine Stimme trieft vor geheucheltem Mitgefühl und er streicht sich ein paar Haare zurück, die ihre schnieke Form verlassen haben.
„Sie Mistkerl", flucht Mate, doch verstummt, als sich die Pistole von Nico weg und auf ihn richtet.Herr Moralez lacht gekünstelt.
„Eigentlich ist es mir ganz recht, dass sie ausgerechnet heute Abend aufgetaucht sind. Meine Laune kann dringend eine Besserung vertragen."Die Tür geht einen Spalt auf und ein ziemlich eingeschüchtert aussehender Mann wird von einem anderen hinein gedrängt.
„Ah." Herr Moralez Lächeln wird noch eine Spur breiter. „Ich dachte, Sie sollten vielleicht wissen, warum sie sterben werden."
Nico sieht zu dem Mann hinüber und flucht leise. Es ist der Taxifahrer, der sie heute Mittag hier hergebracht hat.Der Mann scheint sich sichtlich unwohl in seiner Haut zu fühlen und dreht seine Mütze in seinen Fingern hin und her.
„Willkommen. Vielen Dank, für die Informationen, die Sie uns gegeben haben", meint Moralez und schüttelt dem Taxifahrer die Hand, der daraufhin zusammenzuckt und auf die Boden sieht.
„Und hier sind einhundert Euro, wissen Sie, es lohnt sich, mir einen Gefallen zu tun", fügt er hinzu und drückt ihm einen Schein in die Hand.
„Vielleicht wollen Sie sich noch Auf Wiedersehen sagen." Moralez schiebt den immer stärker zitternden Mann auf Nico und Mate zu.
„Ich ... ich wollte ... das nicht", stottert der Fahrer und die Mütze fliegt in seinen bebenden Fingern hin und her.
„Schon ok", brummt Mate, sein finsterer Blick ist auf Moralez gerichtet.
„Na dann. Bringt ihn raus und sorgt dafür, dass er seine Klappe hält", weißt dieser einen Angestellten an, der den Mann am Kragen packt und nach draußen zerrt.
„Sie sind abscheulich", sagt Nico und versucht unauffällig seine Hände zu befreien, doch das Seil sitzt zu fest und schneidet in seine Handgelenke.Wieder lacht Herr Moralez kalt und rückt ein Abzeichen auf seinem Anzug zurück.
„Ich bin Geschäftsmann."
Einer der Bediensteten, der direkt neben ihm steht, nickt mit einem fiesen Grinsen und lehnt cool da. Auch er hat eine Pistole an seinem Gürtel, doch zum Glück hat bisher nur der andere sie gezogen.
Plötzlich sind schelle Schritte zu hören und Herr Moralez dreht sich wütend zur Tür um.
„Nico? Mate?" Die Stimme ist ganz leise und zaghaft.
Nico reißt den Kopf hoch. Sein ganzer Körper ist angespannt. War das Liz?
„Liz!?"
„Klappe", brüllt der Mann, der gerade noch Mate bedroht hat, und fuchtelt mit seiner Waffe hin und her. Warum muss ausgerechnet der Mann uns mit einer Waffe bedrohen, der gerade dabei ist die Nerven zu verlieren?, denkt Mate und zieht schützend den Kopf ein.
„Nico!"
Das ist eindeutig Liz, auch wenn die Stimme durch die dicke Tür sehr gedämpft ist. Bevor Nico sich auch nur bewegen kann, zieht Herr Moralez die Pistole aus dem Gürtel des Angestellten neben ihm und richtet sie auf Nico. In dem Moment bricht ein Tumult los: Ein lauter und klarer Schrei ist zu hören, dann ein ebenso lautes Fluchen. Poltern dringt in den Speisesaal, es klingt, als würden Möbel umfallen.
Moralez Blick wird immer finsterer und er brüllt einen Angestellten an: „Machen Sie schon!", und deutet auf die Tür.
Mate beißt die Zähne zusammen. Nico sieht zu ihm herüber. Das war eindeutig Liz! Wütend ruckelt er an seinen Fesseln, doch hört schlagartig damit auf, als im einer der Angestellten einen Schlag in den Rücken versetzt. Still bleibt er sitzen obwohl sein ganzer Körper nach Kampf schreit. Der Gedanke Liz nicht helfen zu können ist fast unerträglich.
Der Mann rennt sofort erschrocken los und verschwindet aus dem Raum.Wieder ein Schrei, diesmal schmerzerfüllt. Ein dumpfer Knall, dann noch einer. Stille. Alles ist totenstill, Nico wagt kaum, zu atmen.
„Was haben Sie mit Liz gemacht?", schreit Mate und wirft sich nach vorne, Herr Moralez wirbelt herum und drückt ab.
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