Capter 8
Es riecht köstlich. Auf einem riesigen Tisch sind Berge von Essen aufgetürmt, von Brot, Käse und Wurst über gebratenem Hähnchen, Suppe und Gemüseauflauf.
Mein Magen fängt prompt an zu knurren, ich habe seit einem Tag nicht mehr richtig gegessen. Auch Finja sieht das Essen mit gläsernen Augen an. Bestimmt hat sie noch nie im Leben so viel Essen auf einmal gesehen.
Bevor einer der Bediensteten oder Herr Moralez selbst uns aufhalten können, stürzen wir uns schon auf das Essen. Ich schnappe mir einen Teller, greife nach einer Schöpfkelle und klatsche erstmal eine große Portion Kartoffelgratin darauf. So was gab es bei uns bisher nur zu besonderen Angelegenheiten.
Einen Moment überlege ich noch, mich zu benehmen, doch dann siegt der Hunger und eine kleine Stimme in meinem Kopf, die sagt, dass Herr Moralez es eh nicht anders verdient hat.
Blitzschnell schnappe ich mir noch zwei Stücke Hähnchen und eine Scheibe Brot, lasse mich auf einen Stuhl fallen und fange an, alles in mich hinein zu stopfen.
„Halt! Das ist ja, sofort aufhören!“ Doch weder Finja noch ich beachten ihn. Das Essen schmeckt einfach wunderbar und zu wissen, dass ich diesmal genug essen kann, ohne, dass jemand versucht es mir wegzunehmen ist einfach wunderbar.
„Elizabeth! Hör auf deine Gabel wie ein Mordwerkzeug zu halten und iss langsamer!“ Er versucht mich festzuhalten und packt meine Hand, in der ich gerade einen Löffel voll Suppe halte. Die Suppe spritzt in alle Richtungen, doch der Großteil kippt auf Herr Moralez weißes Hemd.
„Jetzt tut doch was!“, brüllt er die Angestellten an, welche sofort angerannt kommen. Während er verzweifelt versucht den Fleck mit einer Servierte abzubekommen werde ich von zwei Leuten gepackt und festgehalten.
„Das … Finja, mein Gott! Das ist ja babarisch!“ Herrn Moralez Stimme schraubt sich in die Höhe und er lässt die Servierte fallen. „stoppt dieses Kind!“
Fast das ganze Brot auf einmal in den Mund steckend, trotz der zwei Leuten an meinen Armen, drehe ich mich zu ihr um und sehe, wie sie drei Teller vor sich stehen hat. Auf dem einen stapelt sich Brot mit Käse, auf dem zweiten ist fast das ganze Kartoffelgratin und den dritten braucht sie nicht, weil sie sich die Suppe einfach so in den Mund gießt.
Ein Mann zerrt an der Suppenschüssel, was allerdings nur zu Folge hat, dass ungefähr die Hälfte der Suppe nicht in Finjas Mund, sondern auf ihrem Kleid landet.
„Das reicht!“ Erschrocken zucke ich zusammen und sehe zu Herr Moralez, der mit der Faust auf den Tisch haut. „Langsam und gesittet essen, also mit Messer und Gabel!“ Sein zorniger Blick trifft erst mich, dann Finja.
Ich halte inne, werfe dann den beiden Bediensteten, welche immer noch mich festhalten einen bösen Blick zu und greife zu meiner Gabel. Die beiden lassen mich los und ich spieße eine Kartoffel auf.
„Elizabeth! Halte die Gabel richtig und spieß die Kartoffel nicht auf, sondern heb sie einfach mit der Gabel hoch.“ Er kommt mit seiner Gabel zu meinem Teller, um es mir zu zeigen, doch ich reiße mein Essen sofort weg. Gerade noch so kann ich verhindern, dass es auf dem Fußboden landet. Leicht schwankend stelle ich meinen Teller dann wieder ab und schiebe meine Gabel unter die Kartoffel.
He, das funktioniert ja wirklich, danke ich, hebe die Gabel hoch zum Mund und flupp, fällt die Kartoffelscheibe hinunter. Wütend schiebe ich wieder die Gabel drunter und will sie gerade wieder hochheben, als sie erneut runterfällt. Mein Magen knurrt demonstrativ.
Frustriert starre ich auf die Kartoffelscheibe, als einer der bediensteten meinen Ärmel aus der Soße fischt.
„Hoppla“, murmel ich und spieße die Kartoffel auf und stopfe sie mir in den Mund.
„Eliz… Finja, was zum Teufel! Mit einem Messer sticht man nicht zu, man schneidet!“
Gemächlich kauend sehe ich zu ihr rüber. Finja kämpft mit dem Messer und hält es so, als wolle sie wirklich gleich jemanden erstechen.
„Verdammtes Ding!“, flucht sie schließlich, wirft es einfach hinter sich und beißt in das Hähnchenstück hinein.
„Haltet sie fest!“, brüllt Herr Moralez, doch Finja wirft einfach noch die Gabel nach dem Mann, der sie festhalten will und keiner traut sich an sie ran. Begeistert reiße ich mich los und stopfe das zweite Stück schnell in mich hinein.
„Wehe!“, drohe ich, als die beiden mich wieder packen wollen und lege das Messer zum Hähnchenschneiden neben meinen Teller.
„Das ist doch die Höhe!“ zetert Herr Moralez, doch keiner kommt seinen Befehlen mehr nach. Das Gefühl von Essen im Magen ist so berauschend, dass ich sofort die überbackenen Kartoffeln hinter her schiebe. Noch während ich den letzten Bissen eher runterschlucke als kaue greife ich nach dem ganzen Hähnchen, stelle es vor mich und fange an mit den Händen das Fleisch abzureißen. Ein Stück landet auf meinem Kleid, ich wische es ab und esse einfach weiter. Die verlegen und etwas entsetzt aussehenden Bediensteten, die um den Tisch herumstehen bemerke ich gar nicht.
Herr Moralez sitzt auf dem dritten Stuhl und sieht irgendwie grün im Gesicht aus, doch das stört mich herzlich wenig.
Im nu ist das Hähnchen verputzt und ich greife gerade nach dem Teller mit dem salzigen Gebäck, als Finja es tut. Einen Moment sehen wir uns finster an, dann überlasse ich den Teller ihr und schnappe mir stattdessen den Rest der Suppe. Statt eine Schöpfkelle zu nehmen gieße ich sie einfach von der Schüssel aus auf meinen Teller und bekleckere dabei schon wieder mein Kleid. Sofort kommt ein Bediensteter angerannt und will mit einem Lappen das gröbste abwischen, doch ich winke nur ab.
„Lassen Sie ruhig!“ Ich nehme den Teller und kippe die Suppe in mich hinein.
Dann sitze ich da, schlucke den Rest hinunter und fühle mich bis oben hin voll. So satt habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt, es tut schon fast weh, so viel habe ich gegessen.
„Das, hicks, war wirklich gut“, bemerke ich und tätschel meinen Bauch. Na toll! Jetzt habe ich auch noch Schluckauf vom zu schnellen Essen.
Obwohl es noch etwas gibt sitze ich nur da, zu voll um noch irgendwas anzurühren, obwohl der Schokoladenpudding wirklich gut aussieht.
Es ist still, von Finjas Kaugeräuschen und meinem Schluckauf mal abgesehen.
Ich zöger einen Moment, dann greife ich schließlich doch, mit soßigen Fingern, nach der Schüssel mit dem Schokopudding.
„Nein!“, ruft Herr Moralez, stürzt sich auf die Schüssel, doch ich bin schneller, ziehe sie gerade noch rechtzeitig weg und kippe mir den gesamten Pudding auf den Schoß.
Wütend sehe ich ihn an.
„Na toll!“, fluche ich, sammel den Pudding hastig von meinem Kleid und esse ihn schnell auf. Er schmeckt gut, doch nicht so toll, wie er ausgesehen hat.
Mein Magen protestiert und ich verziehe das Gesicht.
„Ok, das war zu viel.“ Stöhnend rutsche ich ein Stück tiefer und halte mir den Bauch. Noch vor einer viertel Stunde hatte ich das Gefühl zu verhungern und jetzt hätte ich zu gern auf etwas von dem Essen verzichtet.
Herr Moralez sieht Finja und mich böse an.
„Das werden wir auf jeden Fall noch mal üben!“ Seine Stimme zittert leicht vor Wut.
Ich werfe Finja einen schnellen Blick zu. Sie ist immer noch am essen, aber deutlich langsamer als am Anfang. Wie schafft sie es nur diese Mengen zu verdrücken?
„Das reicht jetzt“, sagt Moralez und nickt ein paar Bediensteten zu, die Finja ein Stück zurück ziehen, so, dass sie nicht mehr an das Essen herankommt.
In dem Moment geht die Tür auf und ein Junge kommt herein. Er scheint in unserem Alter zu sein und trägt ein schniekes weißes Hemd wo ein paar Rüschen drauf sind. Ich muss mich beherrschen nicht zu kichern.
Herr Moralez dreht sich beim Zufallen der Tür in seine Richtung um, doch keine Regung ist auf seinem Gesicht zu erkennen.
„Das ist mein Taugenichts von einem Sohn“, erklärt er, während er den Jungen aus kalten Augen ansieht. „Er wird uns nach Brasilien begleiten.“ Ich kann keine Ähnlichkeit in ihren Gesichtern erkennen, nur die Haare haben die gleiche Farbe.
Finja wirft ihm einen flüchtigen Blick zu und starrt dann wieder das Essen sehnsüchtig an.
Ich muster den Jungen. Er scheint auf jeden Fall keine gute Verbindung zu seinem Vater zu haben. Sein Mund ist verkniffen und seine Augen grau und kalt, seine blonden Haare sind mit Gel zurück gestrichen. So im ganzen wirkt er wie ein Gangster, der sein Geschäft irgendwie leicht verfehlt hat. Ein Anfänger der versucht hat seine fehlende Kompetenz durch eine ordentliche Portion Gel und die entsprechenden Klamotten zu verbergen und dabei maßlos übertrieben hat.
Seine grauen Augen bleiben an mir hängen und ein spöttisches Lächeln tritt in sein Gesicht.
„ich wusste gar nicht, dass deine beiden Super-Bodyguards zwei kleine Mädchen sind, die noch nicht mal vernünftig essen können“, bemerkt er mit einem belustigten Tonfall. Wütend ziehe ich die Augenbrauen zusammen und sehe an meinem Kleid runter.
Es sieht ziemlich eingesaut aus, na und? Was bildet sich dieser blöde Schnösel eigentlich ein?
Herr Moralez schenkt seinem Sohn jedoch keine weitere Beachtung und sieht wieder Finja und mich an.
„Es sind noch genau“, er wirft einen kurzen Blick auf die Uhr, „einernhalb Stunden bis der Flug geht, also habt ihr beide noch eine Stunde um die Kleider wieder sauber zu machen.“ Er schenkt uns ein kaltes Lächeln.
Entsetzt sehe ich ihn an. „Was? Aber, Sie haben doch bestimmt total viele von denen.“
„Na und? Und jetzt los! Bringt sie in die alte Kammer und gebt ihnen einen Eimer und Seife.“ Herr Moralez steht auf und verlässt den Raum.
„Das ist doch … hey lass mich mich los, ich kann alleine laufen“, herrsche ich den Jungen an, der mich unsanft vom Stuhl hochzieht.
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