Kapitel 5 - Böses erwachen

,,Nein nein, verdammt", murmle ich wütend vor mich hin, als ich durch ein klingelndes Geräusch die Zimmerdecke erblicke und mich blitzschnell aufsetze.

Ich hatte es geschafft, er stand vor mir, wieso habe ich diesen blöden Wecker gestellt, arg. Das war meine letzte Chance, wieso habe ich ihn auch nichts Wichtigeres gefragt. Ich gab nur unnötige Sätze aufgrund meiner Aufregung von mir. Verdammt, wie kann man nur so blöd sein. Mehrmals haue ich mir auf die Stirn. Ich habe es echt verbockt, man ey, ich hätte ihn echt gerne kennengelernt. Was soll ich denn jetzt Mary berichten? Schließlich ist es bereits sieben Uhr, das heißt ich muss schon gleich los. Ich hoffe nur, dass ich meinen Eltern wieder ausweichen kann. Dennoch sollte ich mich langsam fertig machen, damit ich nicht erneut zu spät zur Schule komme. Frustriert es nicht geschafft zu haben, herauszufinden, wer er ist, stehe ich auf und beginne mich anzuziehen. Ich habe sowieso das Gefühl gehabt, das er sich seinem letzten Traum nicht bewusst war, denn schließlich erinnerte er sich nicht mal an mich.

Nachdem ich mich angezogen habe, gehe ich ins Bad um mich fertig zu machen. Ich putze meine Zähne und mache auch meine Haare wieder. Nachdem das nun erledigt ist, gehe ich wieder in mein Zimmer und entspanne noch etwas in meinem Bett, währenddessen scrolle ich durch den Instagram Account von Blaine dem Kronprinzen und Crushe ihn
sogar etwas.

,,Nathan, komm mal runter", ruft plötzlich aus dem Nichts meine Mutter nach oben. Reflexartig verdrehe ich meine Augen. Das kann doch jetzt nicht wahr sein, das zum Thema ich will meinen Eltern heute aus dem weg gehen, die wollen bestimmt wieder über meine in Anführungszeichen stehende Heilung reden. Am liebsten würde ich ja in meinem Zimmer bleiben, aber so wie ich meine Mutter kenne würde sie dann hochkommen und das würde dann richtig krachen.

Na gut Nathan, atme einfach tief durch und dann wird das schon, schließlich musst du dir das nur für einen Moment über dich ergehen lassen. Weiterhin seufzend nehme ich meinen Rucksack und verlasse mein Zimmer. Über irgendwas reden meine Eltern, aber ich kann sie leider nicht richtig verstehen. Unten angekommen, ziehe ich mir bereits meine Schuhe und Jacke an, ich will damit meinen Eltern einfach zeigen, dass ich es eilig habe, vielleicht komme ich so schneller aus dem Haus. Bevor ich die Küche betrete, atme ich nochmal tief ein und aus. Na gut, dann mal los, los geht's in die Höhle der Löwen. Vorsichtig öffne ich nun die Tür und Überraschung, es kehrt Stille ein. Genau dann, wenn ich hineinkomme, zufall? Ich glaube nicht.

,,Morgen Mutter, Morgen Vater", spreche ich betont beim Betreten der Küche, aber eine Antwort kommt nicht.

,,Nathan, setzen", spricht mein Vater direkt und sieht mich nicht einmal dabei an, er schaut nur auf seine blöde Zeitung.

Seufzend setze ich mich an den bereits gedeckten runden Tisch, welcher in der Mitte der Küche steht. Ich kann schon riechen was gleich passieren wird und das sind nicht die Brötchen im Backofen. Ich bin nur froh, wenn ich das hier gleich hinter mir habe. Ich würde auch bezweifeln, dass ich hier sitze, weil die beiden eine Erleuchtung hatten und sich entschuldigen wollen.

Meine Mutter kommt jetzt zum Tisch und bringt auf einem Wege die Brötchen mit. Mein Vater nimmt daraufhin die Zeitung runter und nimmt sich ein Brötchen, aber einen Blick zu mir würdigt er nicht.
Still schweigend nehme ich mir daher auch ein Brötchen aus dem Korb und beginne es aufzuschneiden. Das Schweigen an diesem Tisch ist wirklich unerträglich, hier spricht keiner auch nur ein Wort. Ich warte im Grunde nur noch den Moment ab, im welchem wieder ich und meine Heilung Thematisiert wird. Währenddessen mache ich mir mein Brötchen fertig und Belege es mit Käse und Wurst.

,,Heute ist Dienstag Nathan", spricht plötzlich meine Mutter als ich gerade vom Brötchen abgebissen habe. Na super, das ist der Moment.

,,Nach der Schule hast du deine nächste Therapie Stunde, dein Therapeut hatte mir mitgeteilt das du rückfällig geworden bist, stimmt das?", fragt sie mich ernst und sieht mir mit einem etwas verärgerten Blick in die Augen. Auch mein Vater sieht mich endlich mal an.

,,Ach rückfällig? Ist das so?", frage ich ironisch und etwas frech zurück.

,,Hör zu junger Mann", spricht meine Mutter mit erhöhter stimme und packt meinen Arm. ,,Du bist krank, wir tun das nur damit es dir besser geht, also sei nicht so frech! Sei froh, dass du unter unserem Dach wohnen darfst."

Ruckartig ziehe ich meinen Arm weg und sehe sie dabei mit einem tödlich Blick an.

,,Sicher dass ihr das für mich tut? Ich glaube, das tut ihr nur für euch, weil ihr euren Sohn einfach nicht akzeptieren könnt wie er ist, Religion hin oder her", entgegne ich meiner Mutter genervt und stehe dabei auf. Kurz darauf steht auch meine Mutter auf und sieht mich erbost an.

,,Du gehst gefälligst zu dieser Sitzung und benimmst dich, ist das klar?", befiehlt sie mir laut in einem ernsten Ton.

,,Weißt du was... Mutter?", spreche ich zur ihr leise und setze kurz ab. ,,Es ist bestimmt nicht meine Identität, die dich stört, sondern das ich einfach nicht das Kind bin, was du dir gewünscht hast."

,,Was fällt dir ein so mit mir zu reden, weißt du was, ich bereue es, dass ich dich jemals zur Welt gebracht habe!", schreit sie plötzlich und schlägt dabei auf den Tisch. Ihr Gesicht ist rot vor Wut, und ihre Worte schneiden wie Messer. Für einen Moment kehrt Stille ein, als sie das gerade gesagt hat. Selbst mein Vater sieht mich schockiert, aber auch erbost an. Das war gerade wie ein Stich in meinem Herzen. Ich wusste das sie mich nicht leiden können aber das?

,,Dann bereue es, denn ich kann nicht mehr unter einem Dach mit einer Person leben, die mich so verachtet!", schreie ich ihr unter mittlerweile Tränen zurück und schlage ebenso auf den Tisch.

,,Du wirst hierbleiben, ob du willst oder nicht! Und hör endlich auf zu heulen! Wie alt bist du? Sechs?"

,,Versuch es! Ich werde mich gegen dich zur Wehr setzen, egal was es kostet! Ich bin hier schließlich nicht das Kind."

Auch nach diesem Satz kehrt wieder Stille ein, das habe ich gerade nicht wirklich gesagt, oder? Ich bin definitiv tot.

,,Ich könnte jetzt dazu etwas sagen, aber schließlich bin ich die Erwachsene und reife hier. Dennoch muss ich sagen, dass du der schlechteste Albtraum bist, den ich mir je vorstellen kann!", wirft mir meine Mutter mit einer gesenkten Stimme gegen den Kopf.

,,Und du bist die grausamste, intoleranteste und fanatischste Person, die ich je gekannt habe!", antworte ich ihr mit einer wuterfüllten und zittrigen Stimme.

Ehe ich mich versehen kann, holt nach dieser Aussage meine Mutter aus und klatscht mir eine. In ihrem Blick sehe ich keine Reue, sie sieht mich an, als wäre ich nur ein Klotz an ihrem Bein und mehr nicht. Ich kann spüren, wie der Schmerz auf meiner Wange zu pochen beginnt und sich immer mehr Tränen in meine Augen bahnen. Ich fühle mich in diesem Moment, nicht nur körperlich, sondern auch emotional verletzt. Sprachlos und schockiert stehe ich da und halte meine Hand an meine Wange, während meine Augen immer feuchter werden. Ohne ein weiteres Wort wende ich mich ab, nehme meinen Rucksack und gehe durch die Haustür raus.

,,Vergiss nicht die Therapie", ruft schnell meine Mutter noch hinterher, bevor die Haustür ins Schloss fällt. 

,,Ich hasse euch", schreie ich mit voller Kraft zum Haus, wobei selbst meine Stimme gegen Ende versagt. Ich kann das alles nicht mehr, ich will dieses Leben nicht mehr. Diese Streitereien mit meiner Mutter, während mein Vater nur da sitzt und nichts tut, weil es ihm einfach egal ist. Wieso habe ich das nur verdient, wieso? Mit Tränen in den Augen gehe ich in einem flotten Tempo zur Schule, meine Atmung ist dabei völlig unkontrolliert. Ich brauche Mary, ich kann gerade nicht ohne sie. Die Träne laufen mir wie eine Lawine über die Wangen, ich fühle mich, als könnte ich niemals wieder aufhören zu weinen, ich schaffe es einfach nicht, nicht so wie ich es die letzten Wochen schaffte. Zum ersten Mal, hatte mich meine Mutter geschlagen, ich hasse sie so abgrundtief, wie kann so jemand nur Mutter werden. Ich wünsche mir echt nie geboren worden zu sein, denn mehr als nur Leid konnte mir das Leben bis jetzt eh nicht bieten, ich bin für jeden doch nur eine Enttäuschung. 

Nach diesem gefühlt unendlichen langen Weg komme ich endlich bei der Schule an. Ich fühle mich kaputt und ohne jegliche Energie, zum Glück habe ich endlich aufgehört zu weinen, wahrscheinlich weil meine Augen ausgetrocknet sind. Ich hoffe das man nicht sieht, dass ich geweint habe. Obwohl? Ist mir eigentlich egal. Etwas vor mich hin Schluchzend, zücke ich mein Handy. Es ist gerade mal 7:40 Uhr, ich hoffe, Mary ist schon da und kann zu mir kommen.

,,Mary, kannst du zum Haupteingang kommen, es ist etwas Schlimmes passiert, ich brauche dich, bitte."

Hoffnungsvoll auf eine schnelle Antwort starre ich auf mein Handy. Bitte Antworte, du hast gesagt, du wärst immer für mich da, wenn was ist, bitte verdammt. Meine Hände zittern wie verrückt, ich kann kaum noch mein Handy halten. Auch ein paar Tränen laufen mir bereits wieder an den Wangen herunter, es waren wohl doch nicht alle, verdammt.

,,Shhht, ich bin da, ganz ruhig, es wird alles wieder gut werden, ich bin bei dir, es ist vorbei", flüstert mir Mary plötzlich ins Ohr als sie mich überraschend aus dem Nichts in den Arm nimmt. Sie war schneller da, als wenn sie mir noch geantwortet hätte. Zitternd stecke ich nur noch mein Handy in die Hosentasche und kralle mich mit beiden Händen an ihrem Pulli am Rücken fest.

,,D-danke", flüstere ich zittrig. ,,I-ich will nie w-wieder nach H-haus-s-e zurück."

,,Das musst du auch nicht, ich bin ja jetzt da, wollen wir auf die Bank hier vorne gehen? Da können wir über alles reden."

Ich nicke spürbar und gebe ein zittriges hmm als Bestätigung von mir. Mir fehlt gerade einfach jegliche Kraft und mein Kopf ist kurz vor dem Explodieren. Ich entferne mich aus der Umarmung und wische mir die Tränen von den Wangen. Zusammen gehen wir zu der Bank rüber, dabei bemerke ich immer wieder wie besorgt sie mich ansieht. Ich will eigentlich nicht, dass sie sich noch mehr Sorgen um mich macht als ohnehin schon, schließlich hat sie doch eh schon genug um dir Ohren. Dennoch brauche ich sie gerade einfach, ich kann einfach nicht ohne sie, sie ist der einzige Mensch, dem ich vertrauen kann und welcher auch wirklich für mich da ist. Ich mag mir kaum vorstellen, was nur ohne sie wäre...

Bei der Bank angekommen, setzen wir uns hin. Dabei nimmt sie meine Hand in ihre und sieht mir tief in die Augen. 

,,Na komm, sag schon, was ist passiert?", fragt sie mich ruhig und streicht mir mehrmals über meinen Arm.

,,Ich... es ist n-nur... verdammt, t-tut mir leid", spreche ich ganz aufgewühlt zu ihr, da ich einfach keinen klaren Gedanken gefasst bekomme. Ich blicke nach vorne, ziehe mehrmals die Nase hoch und schluchze immer wieder vor mich hin. Wieso fällt mir das gerade nur so schwer, wieso kriege ich nicht ein richtiges Wort raus, was soll das denn jetzt. Es ist, als würde mir ein Kloß im Hals stecken, welchen ich einfach nicht heruntergeschluckt bekomme.

,,Hey, mach ganz langsam, wir haben Zeit, Unterricht wird eh überbewertet, vor allem bei unseren bekloppten Lehrer, bis auf Frau Smith natürlich."

Ganz Sanft streichelt mir Mary weiterhin über den Arm. Wegen ihrer Aussage muss ich sogar etwas Grinsen.

,,Ja da hast du wahrscheinlich recht, diese Schule ist auch einfach nicht zu gebrauchen", schmunzele ich etwas zittrig vor mich hin.

,,Da ist er ja wieder, der tolle und humorvolle Nathan, den ich mein Leben lang schon kenne", antwortet mir Mary leicht grinsend.

,,Ja sieht wohl so aus."

Etwas lachend bestätige ich Mary ihre Aussage und wische mir dabei die letzten Tränen aus den Augen. Ich weiß nicht wie, aber aufmuntern konnte sie mich schon immer gut, sie weiß einfach wie man mich beruhigen kann.

,,Weißt du, es war einfach nur schrecklich", setze ich kurz ab, atme einmal tief ein und blicke nach vorne zum Himmel hoch, dabei Falte ich meine Hände ineinander. ,,Meine Eltern hatten mich runter gerufen, ich kam dem nach und in der Küche eskalierte es dann auch schon. Es ging um meine heutige Therapiesitzung, auch wenn es im Grunde um meine Identität und das ganze drumherum ging. Wir begannen uns irgendwann anzuschreien und ich sagte Sachen, die ich nicht hätte sagen sollen. Sie zwar auch aber ob sie es bereut? Wahrscheinlich nicht. Das Ende vom Lied, sie hat mir eine...", durch ein plötzlich auftretendes und vor allem schmerzendes Gefühl in meiner Brust, stoppe ich kurz und atme erneut tief ein, während ich versuche die Tränen zu unterdrücken um alles verständlich erzählen zu können.

,,Sie hat mir eine verpasst. Jap, genauso habe ich sie auch angesehen. Schließlich bin ich dann davon gelaufen... es war einfach so... so... schrecklich... es tut mir leid, dass ich jetzt wieder... scheiße... was habe ich nur falsch gemacht... wofür verdiene ich das nur... Mary... ich bin ehrlich... ich hasse mein Leben verdammt nochmal..."

Ich konnte nicht anders als erneut zu weinen, die Tränen kamen einfach hoch wie ein Tsunami als ich Mary erzählte, was am Ende geschehen ist. Ich weiß nicht wieso, aber mein Herz, es tut so weh, dieses Stechen ist gerade unerträglich. Mary umarmt mich jedoch nur noch und zieht mich fest in ihre Arme. 

,,Weißt du was?", flüstert sie zittrig. 

Ich zucke mit den Schultern.

,,Ich weiß das willst du nicht, aber um noch mehr Ärger aus dem Weg zu gehen, geh später zu der Therapie, sitze die Zeit ab, sprech kein Wort, schreib dann deinen Eltern und komm zu mir und bleib über Nacht, was sagst du dazu?"

Ohne lange zu überlegen, Nicke ich, entferne mich nach einem Moment aus der Umarmung und sehe in ihre nassen Augen.

,,Verdammt, jetzt hast du ja auch geweint", sage ich etwas lachend und reibe mir durch die Augen.

,,Ja sieht so aus", antwortet sie ebenfalls etwas lachend. Daraufhin sehen wir uns nur leicht grinsend an, wodurch bei uns beiden die Tränen stoppen.

Hey ihr lieben, das war jetzt mal ein etwas krasserer Einblick in Nathan sein Leben bei dem es mal richtig krachte, was leider bei ihm Zuhause zu häufig passiert. Jetzt versteht ihr vielleicht, warum er seine Eltern gerne meiden möchte. Manchmal frage ich mich, warum bei manchen Menschen die Toleranz derartig getrübt wird durch Vorurteilen, Hass, Medien und Religion und diese daraus entstandene Intoleranz sogar über die Liebe des eigenen Kindes gestellt wird? Ohne das die Eltern ein schlechtes gewissen haben? Schließlich ist es das eigene Kind was darunter leidet? Was denkt ihr darüber? Lasst es mich gerne wissen, denn so ein Leben ist bei vielen heutzutage noch Alltag, was eigentlich nicht mehr so sein sollte.😔❤️

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