Kapitel 15 - Traum
,,Liam", flüstere ich suchend als ich mich von Dunkelheit umgeben wiederfinde. Ich taste um mich herum und spüre plötzlich mein Handy. Ich schalte es an und leuchte um mich.
,,Verdammt", murmle ich und lege mein Handy neben mich ab, dabei lege ich mich wieder zurück auf den Rücken. Wieso falle ich immer aus dem Traum, wenn ich Liam begegne? Das macht doch keinen Sinn. Ich muss aber sagen, dass er mich eben sehr nervös gemacht hat, als er plötzlich hinter mir stand. Und diese... diese Umarmung... sie fühlte sich so schön und geborgen an.
Wieso nur habe ich das so genossen, auch wenn es für eine Sekunde war? Er war schließlich nicht echt. Aber warte mal... mein Handy.
Ruckartig setze ich mich auf und greife nach meinem Handy. Es ist wieder fünf Uhr und...
,,Liam", flüstere ich kurz überrascht, als ich feststelle, dass er endlich geschrieben hat. Mary hatte recht, er wird zurückschreiben und das hatte er auch, um 23 Uhr. Ob er wohl wieder nicht schlafen kann? Mit dieser Frage im Kopf öffne ich Insta, denn ich bin neugierig, was los war und warum er nicht mehr zurückgeschrieben hatte.
,,Hey Nathan, danke für das Angebot, dass ich dir immer schreiben kann. Daher tut es mir leid, dass ich mich jetzt erst melde, ich bin bei dem Film irgendwie eingeschlafen, wahrscheinlich weil ich die letzte Nacht nicht wirklich schlafen konnte. Ich hoffe, du bist nicht sauer, denn du bist in dieser Stadt im Moment mein einziger Freund und ich möchte auch weiterhin mit dir befreundet sein, da ich weiß, dass du bestimmt genug freunde hast und nicht noch einen brauchen tust, der sich nie meldet."
Ich weiß nicht wieso, aber ich starre gerade nur fassungslos auf meinem Bildschirm. Diese Nachricht schmerzt mir gerade sehr im Herzen. Was ist nur mit Liam los? Warum schreibt er sowas? Ich würde wegen sowas doch nie sauer sein und wenn er wüsste, wie viele Freunde ich eigentlich habe würde er sich stark wundern. Es sind nämlich null. Mary zähle ich nicht dazu, sie ist eher Familie für mich und bedeutet mir die ganze Welt. Ich kann aber fühlen, dass da irgendwas ist, wahrscheinlich das, was Frau Smith sagte, dass wohl irgendwas bei ihm passiert sei.
,,Keine Angst, ich bin nicht sauer, das würde ich nie, du schuldest mir auch keine Antwort, daher mach dir keinen Kopf. Ich freue mich das du geschrieben hast und wenn ich ehrlich bin, ich habe nicht annähernd so viele Freunde wie du glaubst. Es ist aber schön zu wissen, dass du wohl auf bist und hey, allein vorhin bin ich bei einem Film eingeschlafen, sowas ist schon jedem passiert, da brauchst du dich auch nicht für rechtfertigen."
Mit einem feuchten Gefühl in den Augen starre ich auf den Chat. Dass er so denkt, tut mir sehr leid, ich hoffe nur, wenn er diese Nachricht später liest, muntert ihn das auf.
Erleichtert das alles gut ist, mache ich mein Handy wieder aus und lege mich mit meinen Händen am Hinterkopf, wieder hin. Dabei muss ich durch und durch an den Traum denken. Irgendwas war komplett anders als sonst, allein Dumbledore, das war total merkwürdig. Aber der Moment mit Liam, dieses Funkeln in seinen Augen als er sich mir näherte, seine Augen waren so glasig.
Ehe ich weiter denken kann, bemerke ich wie etwas aufleuchtet, das kann nur mein Handy sein. Ich richte mich auf und nehme es in meine Hand. Liam hat geschrieben, er ist wieder wach, wie letzte Nacht. Ohne zu zögern, öffne ich direkt den Chat.
,,Danke für die Worte, das bedeutet mir viel. Du kannst auch nicht schlafen, oder?"
,,Es geht, ich bin gerade von einem Traum aufgewacht und bin auch gestern relativ früh eingeschlafen, daher alles gut. Warum bist du noch wach?"
Wieso habe ich das Gefühl, das etwas bei ihm los ist? Ich kann sehen, wie er immer wieder beim Schreiben zögert und nichts abschickt. Weiß er etwa nicht, was er schreiben soll? Fällt es ihm vielleicht schwer? Warte mal, vielleicht fällt es ihm ja wirklich schwer. Wenn ich mich recht erinnere, sagte Frau Smith doch etwas zu mir.
,,Ich dürfte dir das gar nicht sagen, ich weiß nur es ist etwas vorgefallen und dadurch kam es zum Umzug, tut mir leid. Er wird dir das aber bestimmt noch selber erzählen, das weiß ich. Treff ihn vielleicht mal die Tage und zeig ihm alles, er würde sich bestimmt freuen, denn ich wette, er mag dich, schließlich sagte er das du seinen Morgen gerettet hast und er auch gerne ein Foto von dir machen würde."
Ich glaube, Frau Smith hat recht.
,,Was würdest du dazu sagen, wenn wir heute Nachmittag gegen vierzehn Uhr etwas zusammen machen? Ich könnte dir die Stadt zeigen. Na, was sagst du?", schreibe ich ihm grinsend, dabei kann ich spüren, wie meine Wangen plötzlich ganz warm werden.
Ich weiß es auch nicht, ich fände es einfach schön, mit ihm was zu machen, denn ich glaube, er geht bei sich zu Hause sonst noch wie eine Pflanze ein.
Wahrscheinlich noch wegen der letzten Nachricht zögert er diesmal viel länger, bis er plötzlich wieder beginnt zu schreiben und auch nicht mehr zögert. Irgendwas muss bei ihm vorgefallen sein, etwas was ihn nicht schlafen lässt, alleine, dass er nicht auf diese Frage antwortet und dann diese Aussagen von Frau Smith, ich bin mir sicher, dass etwas nicht stimmt. Schließlich hält er sich bis jetzt auch mit Informationen zurück und wirkt jedes Mal beim Schreiben wie ein anderer Mensch. Ich frage mich nur, was ihn so derartig schwer belastet?
,,Gerne, aber wäre es okay, wenn ich dich von der Schule abhole? Du hast um 13:15 Uhr Schluss, oder?"
Wieso möchte er mich denn von der Schule abholen? Ich hätte gedacht, dass ich einfach zu ihm komme? Eigentlich stört mich das ja nicht, aber wenn wir zusammen gesehen werden... ich habe Angst, dass er alles herausfindet. Ach was solls, schließlich wird er einen Grund haben mich abholen zu wollen und wenn er es herausfindet, dann ist das so und wenn er mich dann nicht akzeptiert, wie ich bin, dann weiß ich es wenigstens und erspare mir vielleicht eine Menge Schmerz.
,,Klar können wir so machen, dann treffe ich dich vor dem Eingang um 13:15 Uhr. Freue mich schon."
Mit einem breiten Grinsen habe ich die Nachricht abgeschickt. Gespannt auf das, was er antwortet, blicke ich auf das Liam schreibt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das heute ein toller Nachmittag wird und ich ihn sogar noch mehr kennenlernen werde. Dass ich das gerade getan habe, habe ich allein Mary und Frau Smith zu verdanken. Schließlich haben sie mich dazu gepusht. Es ist aber nicht nur Liam, ich hoffe so sehr, dass Frau Smith eine Lösung für meine Probleme parat hat und ich endlich mal wieder atmen kann. Ich muss aber sagen, dass Liam ganz schön lange schreibt, der schreibt doch jetzt nicht einen Roman, oder?
,,Danke, ich werde dann mal versuchen noch etwas zu schlafen, damit ich später wieder fit bin. Ich weiß nicht, ob man es merkt, aber ich freue mich wirklich dich zu sehen, bis später."
Ich weiß nicht wieso, aber ich kann spüren, wie mir gerade eine Träne an der Wange hinunterläuft. Ich fühle mich gerade wie erstarrt. Diese Nachricht bedeutet mir gerade echt viel. Denn so etwas hatte mir noch nie jemand, bis auf Mary, geschrieben. Während ich gerade antworten will, stelle ich fest, dass Liam direkt nach seiner letzten Nachricht offline gegangen ist. Aber ich schreibe ihm trotzdem noch etwas, vielleicht sieht er es noch und hilft ihm besser einzuschlafen.
,,Dass du dich freust, macht mich gerade sehr glücklich, ich freue mich auch auf später. Schlaf du schön, Gute Nacht und schöne Träume", antworte ich ihm breit lächelnd. Aber was ist das, was ist das wieder für ein Stechen in meiner Brust, das hatte ich letztens schon. Vor Freude auf den heutigen Tag, ignoriere ich das Stechen in meiner Brust und denke nicht weiter darüber nach, da es sich irgendwie doch schön anfühlt. Zufrieden, mit voller Vorfreude lege ich mich wieder hin und lege mein Handy ausgeschaltet neben mich. Ich kann es vor Aufregung kaum abwarten, was wohl heute alles geschehen wird. Dennoch beschäftigt mich weiterhin Liam, was ist nur bei ihm los? Warum schläft er kaum? Was ist nur passiert? Ich wüsste das echt zu gerne, aber wie Frau Smith so schön sagte, er wird es mir irgendwann selber erzählen, wenn er sich dazu bereit fühlt.
Nach einer Weile höre ich auch schön Mary ihren Wecker ertönen. Wenn ich ihr gleich erzähle, dass ich Liam treffe, wird sie ausflippen.
,,Guten Morgen", gähnt sie laut. ,,Du bist ja schon wieder wach, schlafen ist echt nicht dein Ding, oder?", spricht sie etwas ironisch und reibt sich dabei durch die Augen. ,,Warte mal, wieso grinst du so, was ist passiert?", fragt sie mich plötzlich ganz aufmerksam und steht auf. Jetzt muss ich es ihr sagen, sie ahnt es schon, ich dachte nur sie würde mich nicht grinsen sehen, aber anscheinend kann sie es sogar sehr gut.
,,Na gut, ich sage es dir." Ich setze mich auf und sehe sie an. ,,Jetzt halt dich gut fest, ich treffe mich später mit Liam, er holt mich von der Schule ab."
Wie versteinert steht sie plötzlich da und sieht mich an. Nach einem Moment kann ich wahrnehmen, wie sich immer mehr ein breites Grinsen in ihr Gesicht schleicht. ,,Ahhhh", schreit sie plötzlich vor Freude. Vor Schreck zucke ich zusammen und sehe wie sie Energiegeladen in Ekstase gerät, sie stampft immer wieder auf den Boden und wirbelt mit ihren Armen immer wieder wie wild hoch und runter. Es ist gerade so, als ob die Freude sie völlig überwältigt. Sie freut sich ja mehr als ich.
,,Mary Jones, geht es eigentlich noch", höre ich plötzlich eine wütende Stimme von der Tür aus rufen. Oh verdammt, es ist Mary ihre Mutter, welche in einem Bademantel gekleidet ist. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass sie die Tür aufgemacht hat.
,,Tut mir leid Mama", antwortet Mary plötzlich ganz ruhig, streichelt dabei ihren Arm und sieht zum Boden runter. Ihre Mutter schnauft kurz und sieht dann plötzlich lächelnd zu mir.
,,Guten Morgen Nathan, es ist schön, dass du hier bist, ich hoffe, du hast gut geschlafen."
,,Ähm guten Morgen Frau... Jones. Die Nacht war gut... danke", antworte ich ihr etwas unbeholfen und sehe sie mit großen Augen an. Erneut schnauft sie und blickt zu Mary, kurz darauf verlässt sie das Zimmer.
,,Vielleicht habe ich es gerade etwas übertrieben", flüstert sie leise und kommt langsam zu mir rüber.
,,Aber nur ein bisschen", entgegne ich ihr lachend und kneife dabei etwas meinen Daumen und den Zeigefinger zusammen.
Sie drückt nur meine Hand weg. ,,Du Idiot." Sie setzt sich neben mich und sagt: ,,Ich freue mich einfach so für dich, du musst mir dann alles erzählen, auch wie er so ist und ob er genauso von der Art wie beim Schreiben ist."
,,Danke, das ist lieb von dir. Keine Sorge ich erzähle dir alles, ich bin aber auch wegen Frau Smith heute aufgeregt, ich hoffe so sehr das sie mir helfen kann."
,,Das wird sie, das weiß ich", spricht sie optimistisch und packt meine Hand. ,,Du darfst nur niemals aufgeben und wenn etwas ist, bin ich für dich da."
,,Danke", antworte ich und umarme sie kurz. ,,Ich muss dir aber noch etwas sagen, versprich mir aber ruhig zu bleiben."
Sie nickt ungeduldig, als würde sie schon ahnen, was ich sagen will.
,,Ich hatte einen Traum, ich war in Hogwarts, es war unglaublich, aber was dann geschehen ist, wirst du mir nie glauben...
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