Kapitel 1 - Schule
Triggerwarnung: Diese Story behandelt Themen wie Mobbing, Schikanen, Intoleranz, Verfolgung und auch Hass. Sollten dir diesen Themen zu nahe gehen, bitte nicht alleine weiter lesen, und mit jemandem darüber reden. Falls dir all das nichts ausmacht und dich sowas sogar interessiert, viel Spaß beim Lesen :)
Deprimiert sitze ich nach meiner Heulattacke um fünf Uhr auf meiner Fensterbank, blicke aus dem Fenster und scrolle nebenbei auf meinem Handy durch das Internet. Verzweifelt suche ich nach einer Antwort auf den Vorfall von eben, aber nichts, ich finde nur Aussagen wie: ,,Wissenschaftlich ist das unmöglich" oder ,,In einer Fantasy Welt vielleicht, aber im echten Leben? Keine Chance."
Super und was soll ich damit jetzt anfangen? Frage ich mich innerlich, als ich eine Augenbraue hochziehe. Egal, das bringt alles eh nichts, schließlich bin ich jetzt wieder in der Welt, welche man leben nennt und nicht die in meinen Träumen.
Seufzend mache ich mein Handy aus und blicke weiter aus dem Fenster, wartend, dass endlich meine Eltern das Haus verlassen würden, denn auf ihr Gequatsche von ich brauche Heilung, weil ich schwul bin, brauche ich heute mit Sicherheit nicht. Reicht schon das ich deswegen in der Schule gemobbt werde, vor allem von einer Gruppe von Schülern, die es besonders auf mich abgesehen hat und das seit Jahren. Sie sind wie eine Mafia, sie verticken Drogen, nehmen Anfragen an, wenn jemand verprügelt werden soll und komischerweise geschieht es fast immer mir. Einer in dieser Gang heißt Max, er hat eine Halbglatze, trägt fast immer schwarze adidas Klamotten und ist tatsächlich der Schlimmste von allen, ich würde glatt sagen er ist der Boss, da er wohl alle Sachen regeln soll. Außerdem schikaniert und verprügelt er mich seit der fünften Klasse. Wenn ich doch bloß nicht die Schule gewechselt hätte, aber hey, meine Eltern wollten lieber in einer sehr religiösen Stadt leben, was wohl mit dem Gedanken an Heilung für mich herging. Sie hofften, dass diese Stadt mich heilt, aber am Arsch, sie macht mein Leben nur noch schlimmer und lässt mich jeden Tag Schikane einstecken, aber wenigstens ging ich ab dem Tag an auf die Schule meiner besten Freundin, welche ich seit dem Kindergarten kenne.
Aber weiter zur Gang, denn da wäre noch der gute Ryan mit dem Irokesen Haarschnitt und den Biker Klamotten. Er ist eher der ruhigere, aber liefert dafür die Drogen. Zum Glück lässt er mich in Ruhe. Wie diese Gang aber an diese Drogen kommt, frage ich mich noch heute. Vielleicht sollte ich mir auch welche holen, dann wird das Leben vielleicht erträglicher. Na gut, jetzt zum dritten in der Gang, er heißt Kevin, er hat seine Haare sehr kurz und trägt bis auf ein paar Piercings ganz normale Klamotten, er treibt im Grunde die ganzen Schulden ein, wenn jemand nicht zahlt. Das kommt auch mal mit einer Pracht Prügel umher. Und der vierte dieser Truppe ist Luke, er ist im Grunde nur ein Mitläufer und besorgt immer Getränke oder was zu essen für die drei. Sie behandeln ihn tatsächlich echt schlecht, aber er will unbedingt den Dreien dienen, was ich überhaupt nicht verstehen kann, aber hey, ist ja seine Entscheidung. Ich glaube aber auch, dass es daher kommt, weil das Gerücht herumgeht, dass er schwul sein soll und deswegen schließt er sich der Gang an. Vielleicht setzen sie ihn sogar unter Druck, entweder er gehorcht der Gang oder bekommt Prügel. Tja, was soll man sagen, wir haben echt ein tolles Schulsystem, selbst die Lehrer tun nie etwas gegen diese Gang, da sie selbst vor ihnen erzittern und das, obwohl sie gerade mal alle neunzehn Jahre alt sind. Tolle Schule, oder? Aber wenigstens gibt es ein Licht im Tunnel, meine beste Freundin Mary, welche ich heute endlich wieder sehe nach diesem katastrophalen Wochenende.
,,Endlich", gebe ich erleichtert von mir, als ich ein lautes Geräusch von draußen höre. Es sind meine Eltern, endlich sind sie weggefahren. Dann werde ich mich mal fertig für die Schule machen. 07:30 Uhr zeigt mein Handy, als ich darauf blicke. Ich werde wohl zu spät kommen, aber das passt schon. Vor der ersten Stunde verpasse ich eh nichts und meine beste Freundin sehe ich auch erst nach der zweiten Stunde im Mathematik Unterricht. Seufzend gehe ich von der Fensterbank runter und ziehe mir meinen schwarzen Hoodie und meine schwarze Jeans an, denn schwarz trage ich wirklich sehr gerne, außerdem habe ich eh nichts anderes und es passt immer zu meiner Stimmung. Daraufhin gehe ich meine Zähne putzen, schminke mich so, das niemand sehen kann das ich geweint habe und style mir etwas die schwarzen Haare zur Seite. Ich weiß nicht wofür, aber dennoch wollte ich für die Schule gut aussehen, auch wenn es keinen interessieren würde und mir oft die Frisur schon zerstört wurde als Milch oder Essen über mich gekippt wurde. Wenn ich schon beim Thema bin, habe ich schon gesagt, dass ich Menschen hasse? Nein? Jetzt habe ich es. Deswegen wäre ich auch lieber einsam auf dem Mars geblieben und niemals wieder in dieser Welt aufgewacht.
Nachdem ich fertig bin, ziehe ich mir meine
schwarz-weißen Nikes an und nehme anschließend meinen Rucksack, aus meinem Zimmer und begebe mich runter in die Küche. Ich schmiere mir noch schnell ein Nutella Toast und verlasse das Haus. Auf dem Weg zur Schule verspeise ich mein Toast, währenddessen schweife immer mal wieder in meinen Gedanken ab, denn dieser Typ aus meinem Traum geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Wer war er nur und wie konnte er in meinen Traum eindringen und ihn zum Absturz bringen? Ich werde es wahrscheinlich nie wieder schaffen, derartig perfekt zum Mars zu gelangen, da die ganze Arbeit durch diesen schlimmen Abbruch futsch ist. Dennoch frage ich mich, ob ich diesem mysteriösen Typ jemals wieder begegnen werde, sofern es mir nicht doch noch irgendwie gelingt, erneut zum Mars zu gelangen, woran ich aber sehr zweifle.
Ich weiß nicht wieso, eigentlich will ich dem nicht erneut begegnen, aber andererseits macht er mich neugierig. Mal davon abgesehen das er echt gut aussieht und eine friedliche Stimme hat, frage ich mich echt wie er das gemacht hat? Na gut, er fragte mich am Ende, wer ich bin und was ich hier mache, daher wird er wohl kaum der Auslöser gewesen sein, es macht mich aber dennoch etwas stutzig, wie er wohl damit zusammenhängt. Außerdem frage ich mich, ob er wirklich real ist oder nicht.
Bei der Schule angekommen bemerke ich, dass der Unterricht schon angefangen hat. Ich blicke auf mein Handy und sehe, es ist schon 8:05 Uhr. Na ja, so spät ist es auch nicht, zwar kann es mein Lehrer gar nicht ab, wenn ich zu spät komme, aber egal.
Nachdem ich das Schulgebäude betreten habe, begebe ich mich zu meinem Raum. Ich öffne die Tür und sowohl mein Lehrer als auch die ganze Klasse blickt zu mir, na super.
,,Entschuldigen sie bitte die Verspätung Herr Ehlers, das wird nicht wieder vorkommen."
Mein Lehrer hingehen sieht mich nur grimmig an und zeigt mit seinem Finger auf meinen Platz. Ich verstehe, was er von mir will, worauf ich mich sofort zu meinem Platz in der hintersten Ecke begebe. Die verhassten Blicke meiner um die dreißig Klassenkameraden ignoriere ich, hier kann mich wirklich niemand leiden und die ganzen Lehrer wette ich auch nicht. Ich frage mich echt, wie mir das Leben so fies mitspielen konnte. Mit einem Seufzer setze ich mich nun auf meinen Platz. Englisch-Unterricht, wuhuu, Gott wie ich dieses Fach hasse. Zu meinem Glück geht die Stunde wie im Flug herum, ich wurde bis jetzt nicht einmal dran genommen, was wahrscheinlich daran liegen wird, weil die Klasse so groß ist und die Chance daher sehr gering ist, dass Schüler dran genommen werden, die sich nicht melden. Außerdem bin ich den Lehrern eh egal, denn wann haben sie mir mal geholfen, wenn ich schikaniert wurde? Genau. Nie. Zum anderen ist es Glück, denn mein Kopf schweifte die ganze Zeit wegen letzter Nacht ab. Wieso nur geht mir dieser Typ nicht mehr aus dem Kopf, wenn ich doch nur verstehen könnte, wie das alles möglich sein kann. Nach dieser denkreichen Unterrichtsstunde erklingt dann auch endlich der Gong.
,,Ihr könnt jetzt gehen, wir sehen uns Freitag, eine schöne Woche euch noch", verabschiedet uns unser Lehrer in die Pause. Bin ich froh, dass ich diesen Unterricht hinter mir habe, jetzt habe ich endlich Mathematik mit Mary und dann noch Erdkunde. Wo ich sagen muss, dass Erdkunde wirklich ein einfaches Fach ist, daher wird der Tag ab jetzt wie im Flug herumgehen. Nachdem alle den Raum verlassen haben, begebe ich mich jetzt auch hinaus, tatsächlich gehe ich immer, als letzter, um niemanden in die Quere zu kommen. Denn desto weniger ich jemanden nerve, desto feiner bin ich raus. Dennoch hoffe ich heute von dieser Gang in Ruhe gelassen zu werden, da ich für sowas heute einfach keine Kraft mehr habe. Entspannt, aber auch wachsam, begebe ich mich durch den Schulflur zum nächsten Raum, wo ich gleich Mathematik haben werde. Auf Mathe freue ich mich schon sehr, Mathe ist absolut mein Lieblingsfach, außerdem kann ich dort immer anderen helfen. Im Grunde der einzige Moment, in der sich andere mit mir abgeben und ich auch etwas vom täglichen Tratsch mitbekomme.
Nach etwas Weg komme ich auch schon beim Matheraum an. Ich sehe bereits von weitem, wie mir meine beste Freundin Mary, welche mit ihren wunderschönen langen dunkelbraunen Haaren, ihrem kuscheligen roten oversized Pulli, ihrem schwarzen Rock und ihren rot schwarz gestreiften langen Socken, neben der Tür zum Matheraum an der Wand sitzt und lächelnd zu mir winkt. Ich jedoch winke nicht zurück, da ich einfach keine Aufmerksamkeit erregen will. Jedoch schleicht sich ein kleines Grinsen in mein Gesicht, denn Mary ist nämlich trotz der ganzen Umstände, mein einziger Lichtblick im Leben und bringt mich immer zum Lächeln.
,,Hey Nathan, setz dich, wie war dein Wochenende so?", fragt sie neugierig und signalisiert mit ihrer Hand etwas tätschelnd neben ihr auf dem Boden das ich mich setzen soll.
,,Hey...", gebe ich seufzend von mir und setze mich widerwillig Mary zu liebe auf den Boden. ,,Mein Wochenende war eigentlich wie immer, einsam und ohne jede Freude", antworte ich ihr frustriert und blicke dabei kurz zum Boden. ,,Aber sag schon, wie war dein Wochenende?", frage ich von mir ablenkend, blicke wieder hoch und grinse sie an. Ich bemerke jedoch das ihr Blick ganz besorgt wirkt.
,,Sag schon, was ist los, derartig angeschlagen kenne ich dich gar nicht, ich bemerke doch, wenn du nicht ehrlich zu mir bist, daher sag schon, was ist passiert?"
,,Es ist nichts, wirklich, du weißt doch wie mein Leben ist", antworte ich ihr überzeugend, um sie zu beruhigen und setze mir ein erzwungenes Lächeln auf.
,,Nathan", setzt sie ab und sieht mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. ,,Sag jetzt, was ist los, ich bin deine beste Freundin, mich kannst du nicht belügen."
Ich schlucke kurz und seufze, dabei blicke ich zum Boden. ,,Na gut... letzte Nacht tauchte jemand in meinem Traum auf... ich weiß nicht, wer er war und wie das möglich sein konnte... aber das sorgte dafür, dass mein Traum zusammenbrach... seit fünf Uhr bin ich wach gewesen und hatte dann fast zwei Stunden lang meinem Traum aber auch meinem Leben hinterher geweint..."
Ich blicke wieder hoch zu Mary. Dabei bemerke, wie besorgt sie mich noch immer ansieht.
,,Nathan", spricht sie kurz in einem sanften Ton und legt ihre Hand auf meine. ,,Ich weiß es ist nicht leicht, aber selbst um fünf Uhr, wenn was ist, ruf mich an, ich stehe dir immer zur Seite und bin für dich da, du bist nicht allein."
Auch wenn sie sagt, sie will für mich da sein, macht mich das irgendwie noch trauriger. Schließlich will ich sie damit nicht nerven, ich weiß genau wie auch ihre Familiensituation aussieht und sie hat definitiv genug um die Ohren. Ich will einfach für niemanden eine Last sein. Wenn ich mit der Schule fertig bin, sofern ich so lange durchhalte, verlasse ich diese Stadt und fange ein neues Leben an, denn ich will nicht mehr in dieser Gefangenschaft leben. Um sie zu beruhigen, nicke ich ihr nur zu, auch wenn es nicht die Wahrheit ist.
,,Du, sag mal", setzt sie ab, nähert sich meinem Ohr und flüstert mir etwas in einem verlegenden Ton zu: ,,Dieser Typ in deinem Traum... sah er denn gut aus?"
Ganz warm im Gesicht schaue ich mit großen Augen nach vorne. Hat sie mich das gerade echt gefragt?
,,Oh da wird aber jemand rot, ich werte das mal als ein ja."
Sie grinst nur amüsiert vor sich hin und wackelt dabei mit ihrem Kopf und ihren Beinen hin und her. Sie ist echt verrückt mir so etwas in dieser Stadt zuzuflüstern und auch noch zu sagen ich würde rot werden.
Aber ich kann einfach nicht anders als plötzlich zu Grinsen und kurz zu kichern, was sie mitbekommt.
,,Na geht doch." Stupst sie mich lachend an.
,,Was würde ich nur ohne dich machen Mary, du bist echt die beste. Und um auf deine Frage zurückkommen...", ich setze ab, nähere mich langsam ihrem Ohr und flüstere. ,,Er war verdammt süß und hatte eine zum dahin schmelzende sanfte Stimme"
Ihr Blick darauf ist echt unbezahlbar, ich kann sehen, wie sie sich ein "Aww" stark verkneifen muss, am liebsten würde sie es einfach laut raus sagen, aber ihr ist die Gefahr in dieser Stadt bewusst. Denn das Lächeln vergeht sowohl ihr als auch mir schnell wieder und wir halten einen plötzlichen ernsten Augenkontakt, der sich wie eine Ewigkeit anfühlt.
,,Irgendwann kommt der Tag, an dem wirst du glücklich werden und diese Stadt hinter dir lassen", spricht sie leise zu mir und legt ihre Hand auf meine Schulter. Ich hoffe wirklich, dass sie recht hat, denn die Hoffnung, dass ich jemals richtig glücklich sein werden habe ich eigentlich vor langer Zeit aufgegeben. Das Einzige, was verblieben ist, ist der Traum diese Stadt irgendwann zu verlassen. Ein Traum ohne Therapeuten, ohne Verfolgungen, ohne Angst leben zu müssen, keinen Schmerz mehr zu spüren und einfach nur frei zu sein. Doch ist dieser Traum wirklich umsetzbar? Ist das überhaupt eine Realität, die existiert? Nicht mal auf meinem Handy kann ich mir Sachen zum Thema Homosexualität ansehen, denn es gibt nichts, die Angst in dieser Stadt ist zu groß und wenn etwas auf dem Handy entdeckt wird... ich mag gar nicht darüber nachdenken, was dann passieren könnte, wenn ein falscher Mensch das sieht. Es würde wahrscheinlich schlimmer als jede Therapie sein.
Doch der plötzliche Gong reißt mich aus den Gedanken und ich erblicke Mary, welche mich plötzlich fest in eine Umarmung zieht. Kurz darauf merke ich auch warum, denn Tränen haben sich in meine Augen gebahnt. Verdammt, wieso passiert mir das immer, wie oft solch ich mir noch schwören nicht zu weinen, wenn es dann eh wieder passiert. Ich darf einfach keine Emotionen mehr zulassen, nicht so wie heute Morgen. Denn es ist nicht lange her, als ich nach einer Therapiestunde emotional aufgelöst am Rand der City Bridge auf dreißig Meter Höhe stand und ich fast...
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