Misstrauen - Jak x Ollie [F3 x F3]
Für: mylittlelibrary
Gefühl: Misstrauen
Stichpunkte: Ollie hat eine Freundin. Jak misstraut ihr sehr und es kommt zu Streitigkeiten. Seit Anfang der Saison haben sie eine enge Freundschaft aufgebaut und beide leiden unter dem Streit.
Charaktere: Carlton Jackston "Jak" Crawford x Oliver "Ollie" Bearman
A/N: Ich habe vom englischen Rechtssystem keine Ahnung, aber hatte bezüglich Sex mit Minderjährigen was nachgelesen. Alles andere ist meine reine Autorenfreiheit.
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„Jak ..."
„Spar es dir. Ich will nichts hören."
„Bitte, Jak."
„Wenn wir lange genug ruhig sind, denken die anderen vielleicht, dass wir uns zerfetzt haben. Dann guckt sicher einer nach uns. Und diesen Moment nutze ich dann, um abhauen zu können."
Verzweifelt blickte Ollie auf seinen Teamkollegen. Aber seit man sie hier eingesperrt hatte, hatte Jak ihn nicht einmal angeschaut, hatte ihm immer den Rücken zugedreht oder laut fluchend gegen die Tür geschlagen. Und die Wahrscheinlichkeit war schon groß, dass Arthur, Dino oder Robert sie hören würden. Immerhin lag der Keller nicht hunderte Kilometer tief im Boden, sondern war direkt über dem Pausenraum der Academy.
„Wir ... wir sind seit 20 Minuten hier drin. Die lassen uns erst raus, wenn wir geredet haben."
Gleichgültig zuckte der US-Amerikaner mit den Schultern. Lieber biss er sich die Zunge ab, als auch nur ein weiteres Wort mit Oliver reden zu müssen. Schon schlimm genug, dass er sich mit diesem die Luft zum Atmen teilen musste. Missmutig stapfte er in eine Ecke des geräumigen Kellers und ließ sich auf den Getränkekisten nieder. Wenigstens war es kein nasser, kleiner, dunkler Keller, in den man sie gesperrt hatte.
Um Jak nicht noch wütender zu machen, verzog sich Ollie in die andere Ecke des Kellers, ließ sich auf dem Boden nieder, zog die Beine fest an den Körper und umschlang diese mit seinen Armen, bevor er den Kopf darauf senkte und bitterlich weinte. Minutenlang hatte er versucht, die Tränen zurückzuhalten, aber es ging nicht mehr.
„Echt jetzt? Flennst du?"
Noch Anfang der Saison hätte Jak ihn sofort in die Arme genommen, ihn gehalten und sanft hin und her gewiegt, bis er sich wieder beruhigt hatte. Sie waren so gute Freunde geworden, hatten sich sofort verstanden.
Die Tränen durchnässten seine Hose und er schlang die Arme noch fester um seine Beine. Verzweifelte Schluchzer verließen seine Kehle, die er einfach nicht unterdrücken konnte. Er war wohl der Letzte, der so heulen durfte. Immerhin war er das Arschloch hier im Keller.
„Dass du mich so beleidigen würdest, hat echt wehgetan. Niemals im Leben hätte ich damit gerechnet, dass ausgerechnet du mich mit Worten so verletzen könntest. Und das absichtlich. Ich blöder Idiot hatte gedacht, dass wir einen guten Draht zueinander haben, dass wir uns echt gut verstehen und das nicht nur, weil wir im gleichen Team fahren."
Es waren viele Minuten vergangen. Stille hatte den Keller erreicht, als Ollie wohl auch keine Tränen mehr hatte - oder diese einfach unterdrückte. So gerne Jak auch weiter geschwiegen hätte, so sehr wurmte es ihn auch, was ihm der Brite alles an den Kopf geworfen hatte. Der Anfang der Saison hatte so einen guten Start gehabt. Er verstand sich richtig gut mit Ollie und Arthur. Sie waren zwar Konkurrenten und Teamkollegen, aber außerhalb des Sports hatten sie eine echt gute Freundschaft aufgebaut. Schnell hatte er Vertrauen zu dem Briten und Monegassen gefasst, hatte diesen einige wichtige Eckdaten seines Lebens erzählt.
„Ich weiß, dass keine Worte entschuldigen können, was ich gesagt habe. Aber du sollst wissen, dass es mir wirklich von Herzen leid tut, was ich in meiner Wut gesagt habe."
„Wut? Du warst doch nicht wütend. Du hast nur nicht verkraftet, dass ich dir die Wahrheit gesagt und nicht wie andere einfach deiner Vorstellung zugestimmt habe. Du hast noch großkotzig behauptet, wie gut du dich fühlst, weil wir drei uns so gut verstehen, dass wir nicht nur Konkurrenten sind. Bist du so naiv gewesen und hast geglaubt, dass ich deswegen alles toll finden werde, was du machst? Wenn du wirklich geglaubt hast, dass wir eine Freundschaft hatten, hätte dir klar sein müssen, dass ich dir auch unangenehme Dinge sagen werde, dass ich nicht alles feiern werde, nur weil du es feierst. Aber nun gut, so habe ich dann gemerkt, dass dir unsere Freundschaft nie was bedeutet hat. Du brauchtest nur jemanden, der dich bestätigt, der nie seine eigene Meinung kundgibt. Sobald es dir nicht gepasst hat, dass ich nicht deiner Meinung bin, war ich ... was war das noch mal? Ach ja. Dumm. Blöd. Neidisch. Eifersüchtig. Und als schwuler Kerl hatte ich ja sowieso keine Ahnung von Frauen, also sollte ich doch meine Klappe halten. Waren das nicht in etwa so deine Äußerungen, als ich dir gesagt habe, dass Claire nicht die ist, für die sie sich ausgibt?"
Ollie spürte den Blick des anderen richtig auf seinem Körper brennen, aber er war nicht in der Lage, den Kopf zu heben, um den US-Amerikaner anschauen zu können. Zu groß war die Scham und der Ekel über sich selbst.
Ihm war irgendwie immer wichtig gewesen, was Jak dachte, egal um was es dabei in seinem Leben ging. Ob es nun die passende Jeans zum Anziehen war oder das Besprechen der Rennstrecken. Er hatte den Gleichaltrigen immer miteinbezogen, hatte dies immer als sehr wichtig empfunden. Natürlich hatte er auch zu Arthur einen guten Draht, bei weitem aber nicht so gut wie zu Jak. Es war Jak gewesen, der ihm bei seinem Heimweh geholfen hatte. Es war Jak, mit dem er zusammen Filme geschaut und gekuschelt hatte, wenn ein Rennwochenende beschissen gelaufen war. Es war immer Jak. Selbst als dieser ihm gestanden hatte, schwul zu sein, änderte dies nichts an seiner Bindung zu dem Lockenkopf.
Er war nicht homophob. Jak war ja mit einem Mal kein anderer Mensch, nur weil er ab diesem einen Moment wusste, dass er schwul war. Sie hatten weiterhin eine Menge Spaß, unternahmen sehr viel und hielten auch regen Kontakt, wenn sie mal Freizeit hatten.
Bis Claire in sein Leben trat. Mit dieser Frau ging alles in die Brüche. Er war so dumm, so naiv und so verdammt verliebt gewesen, dass er das Misstrauen seitens Jak einfach nicht hören wollte. Als auch noch Dino und Arthur ihn auf Claire angesprochen hatten, war er so sauer gewesen, dass er diesen vorgeworfen hatte, sich mit Jak verbündet zu haben, nur weil dieser eifersüchtig sei.
„Meine Mom hat mir erzählt, dass sie es als Teenager auch nicht einsehen wollte, als ihre Eltern meinten, ihr erster Freund sei nicht der Richtige."
„Ich bin nicht deine Mom! Ich war dein Freund! Alles, was ich wollte, war, dass du die Wahrheit siehst! Dass du merkst, wie falsch das Miststück ist, dass sie nur mit dir spielt. Weißt du, das Einzige, was wirklich als halbe Ausrede bezüglich deines Verhaltens zählen könnte, wäre dein Alter. Jung, verliebt. Man sieht alles durch die rosarote Brille und will von anderen nicht hören, dass die Liebe seines Lebens eine hinterlistige Schlange ist. Das hätte ich auch alles hingenommen, das gehört zum Erwachsenwerden scheinbar dazu. Aber dein Verhalten mir gegenüber war abartig und widerwertig! Du hast mich als eifersüchtige Schwuchtel bezeichnet, die nur neidisch ist, weil Claire das bekommt, was die Schwuchtel wohl haben will! Du hast es verdient, dass sie dich betrogen und belogen hat! Du hast all die Scheiße verdient, Oliver!"
Voller Wut ballte Jak die Fäuste, widerstand nur schwer dem Drang nachzugeben und irgendwo gegen etwas zu schlagen. Aber eine gebrochene Hand war jetzt das Letzte, was er gebrauchen konnte. Wütend wischte er sich über die Augen, wollte nicht noch weitere Tränen wegen des Briten vergießen. Jede einzlene Träne für Ollie war zu viel, zu unnötig. Teenager hin oder her, das Verhalten des anderen war unfassbar schmerzhaft gewesen und es war auch nur den anderen zu verdanken gewesen, dass er nicht zu René gegangen war, um sich über das Fehlverhalten von Ollie zu beschweren. Indirekt hatte sich der Brite ihm gegenüber sehr deutlich als homophob dargestellt, als diesem die Beleidigungen ausgegangen waren.
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„Jak?"
„Was willst du, Arthur? Mich noch mal einsperren?"
„Nein. Ich wollte nach dir sehen. Dino sagte, du wolltest nicht zum Abendessen. Angelina ist nicht so begeistert."
„Nicht mein Problem. Ich habe keinen Hunger. Und ich will ganz sicher nicht noch mehr unnötige Zeit mit Oliver verbringen und so tun, als sei alles toll."
Leise schloss Arthur die Zimmertür und trat weiter in das Gemeinschaftszimmer von Jak und Dino. Sein Weg führte direkt zum Bett, in welchem sich sein amerikanischer Teamkollege unter der Decke versteckt hatte.
„Oliver hat René alles erzählt. Mal ganz ehrlich, man müsste schon blind und vollkommen neben sich sein, um nicht zu bemerken, dass zwischen euch was vorgefallen ist."
„Und? Macht es jetzt alles besser?"
„Nein, das nicht. Aber ich glaube, du solltest da noch was wissen."
„Hat es mit der Liebe seines Lebens zu tun? Dann interessiert es mich nicht. Aber Ollie interessiert mich auch nicht mehr. Ich bin auch 17! Und ich war auch schon verliebt und ich war auch schon unglücklich verliebt, habe mich aber nie so verletzend wie Oliver verhalten."
Wie sollte er Jak nur davon überzeugen, ihn zuzuhören? Irgendwie konnte er das Abwehrverhalten ja auch nachvollziehen. Das, was sich Ollie geleistet hatte, war wirklich unterste Schublade gewesen und auch beleidigend und homophob. Und dass dieser auch Dino und ihn mit in die Sache reingezogen hatte, war auch nicht richtig gewesen und trotzdem konnte er den Briten doch ein wenig verstehen. Ollie war fast noch ein Kind. 17 Jahre waren ja nun wirklich noch kein Alter. Und nur weil Ollie eine Karriere im Rennsport anstrebte und ziemlich erfolgreich in der Formel 3 unterwegs war, war dieser noch lange nicht erwachsen, sondern steckte so manches Mal noch richtig in der Pubertät, was das Verhalten vielleicht ein wenig entschuldigen konnte.
„Du hast damals erzählt, dass du Claire mit einem anderen Typen gesehen hast. Dass die beiden sehr vertraut gewirkt hatten."
„Die haben geknutscht! Das war offensichtlich mehr als nur vertraut!"
„Dieser Typ ... Das war ihr zweiter Ehemann. Von ihrem ersten hat sie sich direkt nach der Geburt des zweiten Kindes scheiden lassen."
„Was?!"
Ruckartig schoss Jak unter der Decke hervor, schubste Arthur dabei fast vom Bett.
„Ollie hat alles erzählt. Wir wussten ja nur, dass er angeblich ja auch irgendwann mitbekommen hat, dass Claire ihn betrügt. Aber das war nicht so ganz die Wahrheit. Seine Eltern haben ihr nämlich auch nicht getraut und jemanden beauftragt, doch etwas mehr über Claire herauszufinden. Tja, dieser Mann hat sehr viel mehr herausgefunden, als Mrs. & Mr. Bearman erwartet hatten."
„Dass sie verheiratet war? Scheinbar zweimal."
„Claire heißt nicht Claire. Je nachdem, wo sie gerade ihre Opfer hatte, nutzte sie einen anderen Alias. Sie war eine Mia, Jane und Natascha. Sie war eine June und Lizzy. Und sie hatte noch andere Namen. Bei Ollie war sie Claire. Die lustige 18-jährige Studentin Claire, die sich Hals über Kopf in Ollie verliebt hatte."
Das musste Jak erst mal verdauen. Dass mit diesem Miststück etwas nicht stimmte, ahnte er von Anfang an. In dem Moment, wo Ollie ihm diese Schlange vorgestellt hatte, wusste er, dass diese nicht die war, die sie versuchte vorzugeben. Und spätestens als er Claire beim Knutschen mit einem anderen Typen gesehen hatte, fühlte sich Jak in seinem Bauchgefühl bestätigt.
„Sie hat das auch mit anderen gemacht?"
„Ja, nicht nur in England. Sie war auch in Wales und Schottland aktiv. Und es gab wohl auch zwei Anzeigen aus Irland."
„Hat sie das mit Ollie wegen des Geldes gemacht? Ollie ist 17. Noch gar nicht volljährig. Sein Dad ist bei Unterschriften immer dabei."
„Soweit ich mitbekommen habe, hat sie schon genug abstauben können. Ollie hat ja die Verfügung über sein Konto. Und da sprang wohl auch hin und wieder etwas Schickes für Claire heraus. Eine neue Handtasche, Kleider, Schuhe. Teuer essen gehen. Und wenn sie genug abgesahnt hatte oder man ihr zu dicht auf der Spur war, ist sie abgehauen."
„Sie hat sich Ollie nur wegen seines Status' geangelt?"
„Genau wie die anderen Opfer. Es waren alles Jungs aus reichem Haus zwischen 16 und 18 Jahren."
„Und ihr Mann wusste davon?"
„Die beiden sind ein eingespieltes Team. Während sie sich ihre Opfer sucht und diese angelt, macht er die Klamotten, Taschen und Schuhe zu Geld, welche sie von ihren Freunden bekommen hat. Und nebenbei musste ja auch jemand auf die Kinder aufpassen."
„Sie ist keine 18-jährige Studentin?"
„Nein. Claire ist 24 und Mutter von zwei Kindern im Alter von zwei und drei Jahren."
„24?! Das ... das ist doch strafbar, wenn sie etwas mit Minderjährigen anfängt."
Besorgt fuhr er sich durch die Locken. Hatte Ollie mit dieser Frau geschlafen? Hatte er irgendetwas in dieser Richtung erwähnt? War es möglich, dass diese Claire ihn vielleicht genötigt hatte?
„Keine Angst, Jak. Ollie hat nicht mit ihr geschlafen. Sie wollte wohl, aber Ollie nicht. Bei anderen Opfern sieht die Lage anders aus und deswegen steht sie auch wegen Missbrauchs von Minderjährigen vor Gericht. Gesetzlich darf man in England wohl auch mit 16 Jahren einvernehmlichen Sex haben. Nichtsdestotrotz hatte sie Sex mit Minderjährigen, die das wohl nur zugelassen hatten, weil SIE gewisse Druckmittel eingesetzt hatte. Aber es gibt auch noch viele andere Punkte, weswegen sie sich jetzt vor Gericht wiederfinden wird."
Immer wieder schüttelte Jak den Kopf, griff sich in die Haare. Ollie war an so eine schlimme Person geraten? Und er hatte diesem noch an den Kopf geworfen, dass er es verdient hatte, betrogen und belogen zu werden. Dabei war Ollie einfach nur ein verliebter, naiver, pubertierender Teenager gewesen.
„Wie ... wie hat Ollie das alles erfahren?"
„Dieser Mann ist zur Polizei gegangen, um seine Beweise vorzulegen. Zu seinem Erstaunen kannte man Claire dort wohl schon sehr gut. Und man hatte schon einiges zusammengetragen. Es war ein junger Mann aus London, der Anzeige gegen sie erstattet und damit alles ins Rollen gebracht hat. Es war für Ollie natürlich ein heftiger Schlag gewesen, als die Polizei bei ihm und seiner Familie aufgetaucht ist. Erst da hat er auch erfahren, dass seine Eltern jemanden beauftragt hatten. Was wohl nicht das schlimmste Übel war, als er all das von seiner Freundin erfahren musste. Erst wollte er das nicht glauben, war der Polizei scheinbar auch echt unfreundlich gegenüber. Aber die Beweise ließen sich einfach nicht leugnen und dann hat man ihm Kontakte zu anderen Opfern hergestellt. Ja, dann musste Ollie einsehen, dass Claire nicht die Frau war, für die er sie gehalten hat und für die er seine Freundschaften zu anderen mit Füßen getreten hatte. Im Keller wollte er dir davon erzählen."
„Aber ich war so wütend, habe ihn nicht zu Wort kommen lassen."
„Ollie hat das verstanden. Er schämt sich so sehr für sein Verhalten, dass er wirklich überlegt hatte, Prema zu verlassen."
Geschockt weiteten sich seine Augen. „Macht er aber nicht?"
„Nein. René hat in Ruhe mit ihm geredet. Als du nicht zum Abendessen gekommen bist, ist Ollie auch wieder in unser Zimmer verschwunden. Ich weiß, dass er dir wirklich wehgetan hat. Aber bitte rede noch mal mit ihm. Ollie tut es wirklich so leid. Wir wissen doch, dass unser kleiner Brite kein homophobes Arschloch ist. Ollie war und ist einfach ein Teenager. Natürlich rechtfertigt das nicht alles, aber einen kleinen Teil."
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Wenn er die Tür weiterhin nur anstarren würde, wäre weder seinem Herzschlag noch Ollie geholfen. Er musste unbedingt mit dem Briten reden, musste klarstellen, dass er einfach nur enttäuscht war, aber niemals wollte, dass Ollie in Erwägung zog, PREMA zu verlassen.
Einmal noch atmete Jak tief durch, hob die rechte Hand und klopfte vorsichtig an die Tür.
Mit jeder verstrichenen Sekunde verdoppelte sich sein Herzschlag und er fühlte richtig, wie trocken sein Mund wurde. War Ollie vielleicht doch noch weggegangen? Hatten die anderen das vielleicht nicht mitbekommen? Aber wenn er dem Glauben schenkte, was Arthur erzählt hatte, war Ollie nach dem Gespräch mit René und dem ausgefallenden Abendessen direkt auf sein Zimmer verschwunden.
„Du?"
„Darf ich reinkommen?"
Jak erschrak ein wenig, als er den Gleichaltrigen erblickte. Rote geschwollene Augen blickten ihn traurig an. Im Allgemeinen sah Ollie wirklich scheiße aus und er wusste sehr genau, dass seine Anschuldigungen aus dem Keller einen Anteil an diesem Aussehen trugen. Noch ein Grund mehr, sich bei dem Briten zu entschuldigen.
„Geht es dir gut? Brauchst du etwas?"
Kaum, dass er in das Zimmer gebeten wurde und die Tür geschlossen war, wirbelte er zu Ollie herum, widerstand geradeso dem Drang, diesen in die Arme zu ziehen. Eine traurige Nachwehe ihres Streits. Bevor es Claire gegeben hatte, konnte sie sich immer nahe sein, konnten sich in die Arme nehmen und einander Halt geben.
„Wieso sollte ich etwas brauchen?"
„Keine Ahnung. Zum Reden? Zuhören?"
„Dein Ernst? Jak, du hast im Keller klargemacht, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben willst. Du bist sicherlich nur hier, weil Arthur bei dir war. Sonst hättest du keinen Fuß in dieses Zimmer gesetzt, geschweige denn wärst in die Nähe gekommen."
„Ich habe meine Worte im Keller auch ernst gemeint. Jedes einzelne. Ich habe dir vom ersten Moment an gesagt, dass mit Claire etwas nicht stimmt. Aber ich bin nicht hier, um dir das unter die Nase zu reiben, dir zu sagen, dass mein Misstrauen berechtigt war. Ich bin hier, weil ich wissen möchte, wie es dir geht. Wie es dir wirklich geht. Und ich möchte wissen, ob dich diese Schlange zu etwas gedrängt hat, was du nicht wolltest. Arthur hat erzählt, dass sie mit den anderen Opfern Sex hatte und da auch manchmal Druck ausgeübt hat, um diesen zu bekommen."
Ollie wusste tatsächlich nicht, was er erwartet hatte, als plötzlich Jak vor der Tür stand. Im Grunde war er davon ausgegangen, dass sie beide keine unnötigen Worte mehr miteinander wechseln würden. Vielleicht hatte er ja ein klein wenig gehofft, dass Arthur zu Jak gehen würde, diesem alles erzählen und dass der US-Amerikaner dann zu ihm kommen würde. Aber daran geglaubt hatte er nicht. Nicht nach dem, was zwischen ihnen vorgefallen war.
„Wieso bist du besorgt? Solltest du dich nicht bestätigt fühlen?"
„Weil sie dich wirklich betrogen und belogen hat? Ollie, echt jetzt? Ja, natürlich war ich sauer auf dich und maßlos enttäuscht. Du hast unsere Freundschaft wegen dieser Bitch mit Füßen getreten, du hast dich mir gegenüber homophob benommen und warst ein Arschloch. Aber verdammt noch mal, du warst ein 17-jähriger verliebter Bengel. Glaubst du nicht auch, dass ich mal verliebt war? Du bist nicht der Einzige und wirst auch nicht der Letzte sein, der sich in die falsche Person verliebt und erfährt, was für ein mieses Stück diese ist. Ich war genauso unmöglich. Wir beide sind im gleichen Alter. Ich weiß sehr genau, wie es sich anfühlt, verliebt zu sein, auf Wolke 7 zu schweben. Und trotzdem hatte ich nicht das Recht zu sagen, dass du das alles verdient hattest. Das hat niemand verdient."
In der Nähe von Jak war es ihm schon immer schwergefallen, die Kontrolle über sich zu behalten. Wenn er weinen musste, dann weinte er. Wenn er schreien wollte, hat er geschrien. Jak hatte nie etwas gesagt, nicht gelacht oder es anderen gepetzt. Der Lockenkopf war immer da gewesen - und in genau diesem Moment war er auch wieder da. Es war, als wäre er an seinem Safe Place angekommen, kaum dass er die Arme von Jak um sich spürte, den vertrauten Geruch wahrnahm, als er an die schmale Brust gezogen wurde.
Sanft wurde sein Rücken gestreichelt, sein Kopf wurde ruhig gehalten und beständige, ruhige Worte drangen an sein Ohr.
Jak hielt ihn. Er hielt ihn, wie schon so oft in diesem Jahr. Nach schlechten Rennen, bei mieser Laune oder sonstigen Ereignissen.
„Ich konnte es nicht, Jak."
„Was konntest du nicht?"
„Mit ihr schlafen. Es hat sich so falsch angefühlt. Ich habe mich so unwohl gefühlt, als sie versucht hat, mich auszuziehen."
„Sie bekommt ihre Strafe, Ollie. Ich hoffe, eine lange und gerechte."
Auch wenn er den anderen nur ungern losließ, tat er dies doch. Aber nur, um Ollie die Tränen vom Gesicht zu wischen und diesen gutmütig anzulächeln.
„Es ist scheiße, wenn man verliebt ist und man das Gefühl hat, man steht allein da. Du bist in dieser Saison so ein guter Freund geworden und es hat mir so wehgetan, als du die schlimmen Sachen über Claire gesagt hast. Ich wollte das alles mit dir teilen, wollte mit dir darüber reden, wie es wohl sein wird, wenn ich Sex haben werde und ob ich sie meinen Eltern vorstellen soll. Ich war mir so sicher, dass sie die Richtige ist. Nicht unbedingt zum Heiraten, aber ich hatte schon gedacht, dass wir eine langfristige Beziehung führen könnten. Dann kommen deine Anschuldigungen und später erfahre ich noch, dass meine Eltern sehr wohl von ihr wussten und jemanden auf sie angesetzt hatten. Jetzt weiß ich ja, dass ihr es gut gemeint hattet, dass ihr mich schützen wolltet. Aber vor ein paar Tagen wart ihr miese Verräter für mich. Ich habe geglaubt, ihr gönnt mir die Liebe nicht."
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass dir deine Familie die Liebe nicht gönnt."
Nachdem sich Ollie wieder unter Kontrolle hatte, führte er diesen zur Couch, zog den Briten wie selbstverständlich an seinen Oberkörper, nachdem sie sich beide gesetzt hatten. Erneut fuhr er damit fort, den Rücken zu streicheln, die Haare zu durchwühlen.
„Meine Eltern waren jetzt nicht so misstrauisch wie deine, weil bei meinem ersten Freund auch kein Anlass dafür bestand. Aber ich war damals auch erst 14 Jahre jung gewesen. Glaub mir, ich hätte es dir von Herzen gegönnt, dass Claire die Richtige für dich ist. Aber ich konnte meinem Bauchgefühl bis jetzt immer trauen und es hat mir sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass mit Claire etwas nicht in Ordnung war.
Es war unfassbar, wie sehr ihm dieser Körperkontakt zu Jak gefehlt hatte. Fast fühlte es sich an, als sei er endlich wieder an seinem sicheren Ort, bei der Person, der er alles anvertrauen konnte.
„Danke, Jak."
„Hm?"
„Dass du mich nicht aufgegeben hast. Dass du unsere Freundschaft nicht aufgegeben hast."
Lächelnd zog er den Briten enger an sich, setzten einen Kuss auf dessen Kopf.
„Das hätte ich niemals getan. Dafür bist du mir viel zu wichtig. Streitereien gibt es in jeder Freundschaft. Wir beide sind sicher nicht die einzigen, die sich mal wegen einer Frau in die Haare bekommen haben. Es war echt ein mieses Gefühl, dich zu sehen. Du warst so glücklich, so verliebt. Und ich habe mich so verabscheut, weil ich ihr einfach so misstraut habe. Mir war doch so wichtig, dass du glücklich bist, aber mein Gefühl kam immer wieder dazwischen."
So wirklich ausmalen wollte Ollie es sich nicht, wenn er Jak vielleicht wirklich für immer verloren hätte. Sein Teamkollege war ihm so wichtig geworden, dass die Funkstille zwischen ihnen wirklich schmerzhaft gewesen war. Aber damals war er einfach zu stur und verliebt gewesen, um zu sehen, dass Jak ihn wirklich nur schützen wollte.
„Ein wenig hatte ich gehofft, dass du selbst merkst, dass etwas an meinen Worten dran ist. Dass du vielleicht sogar siehst, dass sie einen anderen küsst. Aber selbst da war ich nicht sicher, ob du dich nicht hättest von ihr einwickeln lassen. Wenn man verliebt ist, sieht man vieles nicht. Will es nicht sehen. Man baut Scheiße. Als Arthur mir von den anderen erzählt hat, war ich wirklich geschockt. Das hätte ich nicht erwartet."
Instinktiv kuschelte er sich fester an den US-Amerikaner, suchte nach dessen Hand und umklammerte diese. Die Erinnerungen an die Gespräche, aber auch die Nachrichten mit den anderen Jungs taten weh. Es waren so viele Jungs in seinem Alter auf das Übelste betrogen und belogen wurden. Einigen hatte diese Frau so viel mehr Leid angetan als ihm selbst.
„Ich bin für dich da, Ollie. Immer."
„Sind ... sind wir auch so schlimm? So hinterhältig?"
„Wir?"
„Ja. Sind wir Jungs auch so? Spielen wir auch mit den Gefühlen von anderen? Ist es einfacher, sich als Junge in einen anderen Jungen zu verlieben?"
„Es wird auch manipulative Jungs und Männer geben, die das Gleiche abziehen wie Claire. Da ist das Geschlecht völlig egal. Natürlich fühlst du dich jetzt unsicher, aber nur weil Claire so ein Miststück war, sind nicht alle Mädchen und Frauen so."
Brummend schüttelte Ollie den Kopf, ruckelte und ruckelte so lange, bis er sich liegend an Jak schmiegen konnte. Im jetzigen Moment konnte ihm jedes Mädchen, jede Frau und auch die Liebe gestohlen bleiben. Auch wenn Claire nicht seine erste Liebe war, so war diese schon die Frau, für die sein Herz so richtig heftig geschlagen hatte, mit der er sich viel mehr als eine Beziehung hatte vorstellen können, auch wenn er mit seinen 17 Jahren noch verdammt jung war.
„Du bist nicht so. Dein Freund hat großes Glück."
„Ich habe keinen Freund, Ollie."
„Noch nicht. Aber wenn du ihn hast, dann wird er mit dir ganz viel Glück haben. Du bist witzig, charmant, unterhaltsam. Du hast dein Herz am rechten Fleck und bist voller Güte und Gerechtigkeit. Du würdest einen anderen Menschen niemals so scheiße behandeln."
Mit dem letzten Satz hatte er wohl recht. Nie würde ihm in den Sinn kommen, andere Menschen so zu behandeln, wie Claire es getan hatte. In seinen Augen hätte man Ollie auf Händen tragen müssen, allein schon, um dieses bezaubernde Lächeln des Briten zu bekommen. Ollie war ein herzensguter, ehrlicher und liebevoller Mensch. Jedes Mädchen durfte im Grunde dankbar für die Aufmerksamkeit sein, welche diese von dem Briten bekam. Ollie war genau der Typ Mann, für den sein Herz schneller schlagen würde. Ollie war in seinen Augen ein absoluter Traumtyp.
„Ist zwischen uns jetzt wieder alles gut?"
„Ja. Auch wenn ich wohl noch länger gewartet hätte. Ich war mir sicher, dass du merken würdest, dass sie eine falsche Schlange ist. Aber ich bin Arthur und Dino auch nicht wirklich böse, dass sie uns eingesperrt haben oder dass Arthur vorhin mit mir geredet hat."
„Ich habe dich und deine Freundschaft gar nicht verdient."
„Das lass mal meine Sorge sein."
Schon seine Eltern hatten immer gesagt, dass er ein sehr feines und gutes Gespür für Menschen hatte und auch bei dem Vergeben seiner Freundschaft. Es gab niemanden in seinem Leben, der seine Freundschaft nicht auch wirklich aus und mit ganzem Herzen verdient hatte.
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„Ich glaube, wir müssen uns heute leider das Zimmer teilen."
„Echt? Wie schlimm aber auch."
Lächelnd küsste er die weichen Lippen seines Freundes, der neben ihm stand, als er die Zimmertür vorsichtig wieder schloss.
Nachdem sie länger weder etwas von Jak noch von Ollie gehört hatten, kam doch etwas Sorge in Arthur und Dino hoch, weswegen sie sich entschlossen hatten, bei dem Briten vorbeizuschauen. Leise hatten sie die Tür geöffnet, nachdem aus dem Inneren des Raumes nur Stille zu vernehmen war.
„Meinst du, die beiden haben es wieder hinbekommen?"
„Sah das Bild für dich irgendwie anders aus?"
Schmunzelnd griff Arthur nach der Hand des Jüngeren, zog diesen mit sich. Es war ja nicht so, dass er unendlich traurig darüber war, dass er sich diese Nacht mit dem Schweden das Zimmer teilen musste. Immerhin teilten sie schon seit einigen Monaten auch ihre Betten, wann immer dies möglich war.
„Sie haben schon süß ausgesehen, so kuschelnd und schlafend."
„Jak wird das schon gemacht haben. Ollie ist ihm viel zu wichtig, als dass er diesem auf ewig hätte böse sein können. Vielmehr war er wirklich besorgt, als er die Wahrheit über Claire erfahren hat."
Auch wenn er die Geschichte vom Monegassen gehört hatte, war Dino noch immer fassungslos. Ihr kleiner Ollie-Bär hatte so eine Scheiße nicht verdient. Das hatte im Grunde niemand. Aber Ollie-Bär gehörte zu ihnen und sie beschützten sich untereinander.
Das Misstrauen seitens Jaks und Ollies Eltern hatte den Briten vor noch schlimmeren Schmerzen bewahrt. Auch wenn es Ollie die nächste Zeit sicher noch nicht wieder gut gehen würde, so waren sie sich sicher, dass ihr Brite sein Lächeln wiederfinden würde. Und wenn Jak persönlich es herauskitzeln musste.
Jak würde seinen Ollie niemals aufgeben. Egal was für Frauen noch kommen und gehen würden.
ENDE
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