Letzte Worte
Anisha POV:
"Hallo meine Kleine", sagt mein Vater und lächelt mich an. "Nein! D-das kann nicht sein... Das geht überhaupt nicht! Ich hab dich sterben sehen! ICH HABE DEINE LEICHE IN DEN HÄNDEN GEHALTEN!", schreie ich schmerzerfüllt. Tiefe Trauer legt sich auf mich und nimmt mir die Luft zum Atmen. Ein süffisantes Lächeln ziert sein Gesicht. "Hat sehr echt gewirkt oder?" "Was ist mit Mum?! Lebt sie auch noch?" Er lacht. "Nein, sie ist in der Tat tot. Sie hat mich und das alles hier nicht verstanden.." Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. "Wie konntest du nur zu so etwas fähig sein?", hauche ich. "Sie wollte mich aufhalten, davon abbringen das hier durchzuziehen", sagt er kalt und ohne eine Regung. "DU MONSTER! SIE HAT DICH GELIEBT UND DAS IST DER DANK DAFÜR?!?", schreie ich zutiefst verletzt. Schmunzelnd sieht er mich an. "Du hast ihr Temperament", flüstert er und streicht mir über die Wange, doch ich weiche ihm angewidert aus. Zornestränen bahnen sich ihren Weg aus meinen Augen und meine Wangen hinunter. Wie kann er nur so herzlos sein? Wo ist mein mitfühlender, liebender und liebenswerter Vater hin? Was hat ihn dazu getrieben so grausam und herzlos zu werden? "Sag mir.. Wieso hast du das getan?", flüstere ich tonlos. Er legt den Kopf schief und mustert mich. "Deine Mutter und ich hatten ziemliche Probleme, von denen du und dein Bruder natürlich nichts mitbekommen habt. Sie hat mich in den Wahnsinn getrieben. Irgendwann bin ich dann dem Boss dieser Sekte begegnet. Er hat mich angeworben und wir haben ein neues Opfer gesucht. Da kamst du mir sofort in den Sinn. Du bist so unschuldig und rein", sagt er lächelnd. Ich lache bitter. "So unschuldig bin ich nicht mehr", sage ich kopfschüttelnd. Mein "Vater" sieht mich geschockt an. "Wie meinst du das?" Wieder lache ich bitter. "Ich bin nicht mehr so unschuldig wie du denkst", sage ich. Ja, ich habe fast einen Menschen getötet. Ich wurde fast vergewaltigt und bin wahrscheinlich verrückt. Mein Vater ballt seine Hände zu Fäusten. Sie zittern vor unterdrückter Wut. Dann holt er aus und lässt seine flache Hand auf meine Wange sausen. Ein lautes Klatschen ertönt und ein brennender Schmerz durchzuckt meine Wange. "Das hast du grade nicht getan", zische ich und halte mir meine Wange. Keine Antwort. Wütend funkele ich meinen Vater an. "Ani.." "Du seelenloses Schwein!" Nun bin ich diejenige, die vor Wut zittert. Nicki ignoriere ich in diesem Moment komplett. 'Ani beruhig dich!' Wie zum Geier soll ich mich beruhigen?! Der Mann da, mein Vater! Wie kann ich nicht sauer sein? Er hat meine Familie zerstört! Das ist nicht mehr mein Vater! 'Ich weiß, aber du musst ruhig bleiben, sonst könnte Nicklas auch noch etwas passieren. Du musst dich darauf konzentrieren ihn zu befreien', weist Eric mich an. Ich gebe mir innerlich einen Ruck und mache unauffällig ein paar kleine Schritte auf Nicki zu. "Was ist der Sinn dieser ganzen Sekte?", frage ich meinen Vater. "Das verstehst du nicht", murmelt dieser. "Dann versuch es mir zu erklären." Ich mache noch ein paar Schritte auf Nicki zu.
"Die Götter wollen nicht, dass wir in so einer Welt leben. Nur die reinsten und unschuldigsten Menschen sind für die Rituale geeignet, die uns auf die Götterwelt vorbeireiten", sagt er und geht zum Fenster. Diesen Moment seiner Unachtsamkeit nutze ich und knie mich zu Nicklas runter. Ich versuche den Knoten seiner Fesseln zu lösen. "Die Rituale sollen diese Menschen brechen, haben viele gesagt", murmelt mein Vater und blickt weiterhin gedankenverloren aus dem Fenster. Man, jetzt komm schon du verdammter Knoten! Geh auf! Hektisch werfe ich meinem Vater einen kurzen Blick zu. Dann bekomme ich endlich den Knoten auf. "Warte auf den richtigen Moment", flüstere ich Nicki ins Ohr. Grade noch rechtzeitig richte ich mich wieder auf, bevor sich mein Vater wieder zu uns umdreht. "Doch dich scheinen sie nicht gebrochen zu haben", haucht er und tritt näher zu mir. "Natürlich haben sie das. Sie haben mich gebrochen und mir alles genommen. Jayden und ich haben versucht uns ein neues Leben auszubauen. Doch dann kommst du mit deinen verdammten Plänen und machst alles mit einem Schlag zunichte! Jayden liegt verdammt noch mal im Koma!", fauche ich. "Es tut mir leid", sagt er leise. Wie bitte? "Es tut mir leid, dass er da mit reingezogen wurde. Ihn sollte es nicht treffen.. Es wäre besser gewesen, wenn er mit deiner Mutter gestorben wäre." Diese Worte wecken eine so unbeschreibliche Wut in mir. "Du bist ein Monster." Es wundert mich, wie ruhig ich diese Worte ausspreche, obwohl die Wut wie Lava in meinem Inneren brodelt.
"Ich glaube es ist an der Zeit mein Werk zu vollenden", murmelt mein Vater und tut, als hätte er mich nicht gehört. Er greift in die Tasche seines Mantels und zieht einen Revolver hervor. Mit großen Augen sehe ich meinen Vater an. Als er die Waffe auf Nicki richtet, werden meine Augen umso größer. "Tu das nicht." "Verstehst du nicht, dass ich das tun muss Ani?", sagt er und sieht mich eindringlich an. "Nein tue ich nicht. Ich verstehe dich überhaupt nicht mehr", erwidere ich und gehe langsam auf ihn zu. "Willst du wirklich alles zerstören, was mir lieb ist? Willst du wirklich töten?", frage ich und stehe nun genau vor ihm. Er sieht mir kalt in die Augen und nickt. "Es ist der einzige Weg!" Was ist nur aus dir geworden Dad? Er hat seinen Finger gefährlich nahe am Abzug. Jetzt oder nie! Ich greife nach dem Revolver und versuche ihn ihm zu entwenden. "Ani.. Lass das!", ruft er verzweifelt. "Ich lasse nicht zu, dass du mir alles nimmst!" Verbissen versuche ich seinen Griff um den Revolver zu lösen, dabei löst sich ein Schuss. Und dann noch einer. Mein Vater sinkt zu Boden. "Noch irgendwelche letzten Worte?", frage ich und richte die Mündung auf ihn. "Ich-" Ich lasse ihn nicht ausreden, sondern betätige den Abzug. Ein lauter Knall ertönt und das Licht in den Augen meines Vaters erlischt.
Fassungslos lasse ich den Revolver fallen. "Ani?" Langsam drehe ich mich zu Nicklas. Er zieht scharf die Luft ein. Mit gerunzelter Stirn sehe ich an mir herunter. Meine Augen weiten sich und meine zitternde Hand wandert zu meinem Bauch. Meinem blutenden Bauch. Ich sacke zu Boden. "Ani!", schreit Nicki und springt auf. Das Seil, welches seine Handgelenke aneinander hielt, fällt zu Boden und er stürmt zu mir. "Nein nein nein! Tu mir das jetzt nicht an", sagt er hektisch und presst seine Hände auf meinen Bauch um die Blutung zu stoppen. "Nicklas. Sieh mich an", sage ich mit schwacher Stimme. Er sieht mich an und ich erkenne Tränen in seinen Augen. "Es ist okay. Ich bin bereit dafür", hauche ich und hebe meine Hand, was einen ungeheuren Kraftaufwand benötigt. Ich lege meine Hand auf seine Wange und streiche vorsichtig darüber. "Ich bin es aber nicht! Ich will dich nicht verlieren! Du bedeutest mir so viel!" Die Tränen lösen sich aus seinen Augen und bahnen sich ihren Weg über sein Gesicht. "Tust du mir einen letzten Gefallen?" Er nickt. "Alles!" Ich lächele und auch meine Tränen fließen nun. "Pass auf Jayden auf. Er ist alles was mir noch geblieben ist", hauche ich. Meine Kraft verlässt mich und meine Hand gleitet von seiner Wange. "Nein Ani! Bleib bei mir! Es wird alles gut!", sagt Nicklas verzweifelt. Mit verschwommener Sicht sehe ich ihn ein letztes Mal an. "Ich liebe dich Nicklas." Dann wird alles schwarz.
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