16| Richtig will gelernt sein

Zittrig mit krampfenden Händen festige ich meinen Griff. Nun ziehe ich sie an ihren langen, schönen, weichen Haaren hinter mir her. Ein kurzer Blick zurück, offenbart mir ihr Leid. Zahlreiche Tränen fließen ihr Gesicht herunter. Doch sie wehrt sich nicht mehr so wie eben. Ihre Arme baumeln, kraftlos auf dem Boden. Schleifen dabei über den rauen, kühlen Boden. Warum wehrt sie sich nicht mehr? So gut, es meine Beine mir noch erlauben folge ich Sheera.  Habe ich denn irgend eine Wahl? Für Sheera ist das nur ein Spiel, oder vielleicht so etwas wie eine Übung?
Meinen Blick kann ich einfach von Myra nicht mehr abwenden. Dieser Hass auf mich selbst wird so nur größer. Mit jeder einzelnen Sekunde, wo ich sie betrachte und ihre Haare in meiner Hand spüre. Aber etwas fasziniert mich gerade so sehr an ihr. An ihren Lippen erkenne ich, wie diese sich ganz langsam, zarkhaft, kaum bemerkbar bewegen.

Dennoch kein einziger Ton oder Laut trinkt aus ihnen. Was will sie mir nur sagen? Fleht sie um milde? Zu gerne würde ich ihr diese gegeben, doch es steht nicht in meiner Macht. Sprangen ihre Augen eben noch hin und her so sind diese jetzt fest fixiert auf mich. Tief, ohne sie von mir abzuwenden schaut sie mir in meine Augen, fasst so als würde sie versuchen mich zu erreichen. Diese Faszination hat mich fest im Griff, ergreift immer weiter Besitz von mir. Sie stoppen nicht ihre Lippen. Ihre Lippen führen immer genau gleich dieselbe Bewegung aus. Wie eine endlose Schleife. Bilde ich es mir etwa ein? Ihre Augen blitzen ein paar mal intensiv auf. Sofort fällt es mir auf, ich soll ihre Lippen lesen. „Ich vertraue dir. Nur du kannst sie besiegen. Ich verzeihe dir.“ Mir stockt der Atem. Bilde ich mir das ganze nur ein, versuche ich mich so etwa unschuldig zu reden? Ganz kurz, kaum sichtbar nicke ich, worauf sie mir für den Bruchteil einer Sekunde ein friedvolles Lächeln zu wirft. Tatsächlich, ich habe mir das nicht eingebildet. Eine Lust über kommt mich, ausgelöst durch ihre armselige Hilflosigkeit. Doch ihre Worte verstärken diese nur weiter.

Ist es das was Sheera verspürt? Macht? Überlegenheit? Im Gegensatz zu vor ein paar Minuten fühle ich mich besser. Dachte ich vorhin noch, ich wäre schwach und armselig, so erkenne ich es jetzt. Tief in ihren stummen Worten lag ein Plan. Sheera's Schwäche ist zugleich ihre Größte Stärke. Macht. Nur solange sie die Überhand hat, macht es für sie Sinn. Myra hat es verstanden. Alleine sind wir beide schwache. Wie eine Fliege hilflos in ihrem Netz gefangen, können so nur auf den Tod wachten. Eigentlich missbillige ich ihre Idee, doch was bleibt uns übrig? Ich muss mich ihr ganz und gar hingeben. Nur wenn ich sie kontrolliere, nein sogar dominiere bin ich stark genug. Zwar waren ihre Worte stumm , als auch lautlos, doch strotzen sie nur so vor Stärke und Kraft. Dieses Leid was sie absofort ertragen wird, sie wird es hinnehmen. Umgekehrt könnte sie es nicht, so viel habe ich hier bereits  aufgegeben. Noch viel mehr habe ich verloren. Ja, gewinnen können wir es. Meinen Preis kenne ich dafür. Mitleid, Vernunft und meine Menschlichkeit quasi alles was mich ausmachte, werde ich opfern müssen. Feuer bekämpft man mit Feuer. Wahnsinn mit noch mehr Wahnsinn. Sie hat das Kriegsrecht ausgerufen.

In diesem gibt es keine Regeln, dass hat sie mir selbst gesagt. Myras Preis ist die jugendliche fast noch komplett unverletzte Schönheit ihres Körpers. Dabei ist ihr Wille soviel stärker als ich dachte. Brechen muss ich sie nicht, schließlich ist sie meine allerletzte Vernunft. Ab jetzt existiert diese nicht mehr in mir. Das Blut wallt in meinen Adern, ein Grinsen stiehlt sich in mein Gesicht. Immer stärker und kraftvoller fühle ich mich. Als würde neues Leben in mir erwachen. Jeder meiner Schritte kraftvoller und energischer als der vorherige. Ja, das ist es Macht. Schließe genau jetzt meine Augen, folge nur noch ihren Schritten vor mir. Tief ein und aus atme ich. Spüre ich doch ganz genau meinen so intensiv starken Puls, wie er diese neue Lebensenergie verteilt. In Gedanken sage ich mir immer wieder: Macht. Gefolgt von: Ich bin der Herr. Sie werden vor mir niederknien. Beide. Nur ich kann es beenden. Das Spiel ich werde es drehen. Ihr werde ich zeigen wer das wahre Monster ist. Ausgelöst von diesen Gedanken, die mich immer weiter in meinen Bann ziehen, wird mein Griff an ihren Haaren soviel intensiver.

Ein lautes schreien hinter mir lässt mich meine Augen öffnen, augenblicklich meine Bewegung stoppen. Meinen Kopf drehe ich leicht zu ihr, aber so das ich Sheera noch fest im Blick habe. „Wer hat dir erlaubt zu sprechen?“ Mit eiskalter Stimme frage ich Mira. Auch Sheera stoppt, aber dreht sich nicht um. Meine Chance, denn sie lauscht nur. „Du tust mir weh Jason.“ Flehend spricht sie um Gnade, doch erkenne ich wieder Stumme Worte. Sie lauten: „Greif nicht alleine an, der Zeitpunkt ist der falsche. Gemeinsam.“ Meint sie das ernst? Will auch sie sich opfern? Aber recht hat sie, alleine sind wir verwundbar. Nur jetzt muss ich dafür sorgen das Sheera sie ständig in meiner Nähe lässt. Genauso muss ich ständig in Sheera's Nähe sein. Unsägliches Leid wird sie ertragen müssen, doch zum Glück möchte sie es so. Was die Tatsache für mich ertragbarer macht. „Du hast es wieder getan. Ich habe dir nicht erlaubt zu reden Myra.

Dafür musst du bestrafft werden. Hast du das verstanden?“ „Ja", mehr bringt sie nicht herraus, zum Glück alles andere würde wohl sofort auffliegen. Weit, kraftvoll holt meine Hand aus. Sinnlos und unnütz wäre es zu Schauspielern. Laut, krachend mit einem sehr deutlich vernehmbaren klatschen trifft meine Handinnenfläche ihr Gesicht. Sheera hatte ihre Wunden damals wirklich perfekt behandelt. So rot wie eine Kirsche wird ihre Wange. Den Schmerz ich sehe ihr ihn förmlich an, doch sie verkraftet das. Das muss sie einfach, damit unser Plan aufgeht. Noch mehr Tränen laufen aus ihren Augen, doch kein einziger Ton.
„Warum stoppst du Sheera? Haben wir es nicht eilig?“ Ohne Reue spreche ich sie direkt an. Stelle mich direkt auf eine Augenhöhe mit ihr. Sofort setzt sie sich wieder in Bewegung. Wieder schleppe ich Myra hinter mir her.

„Hat da jemand sein tiefstes inneres verborgenes Selbst etwa entdeckt?“

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